In der Gruppentherapie: STONEGARD - "From Dusk Till Doom"

27.08.2008 | 21:39

Zwei Jahre hat es gedauert bis das Zweitwerk der Norweger STONEGARD den offiziellen Weg nach Deutschland gefunden hat. Dass dies nicht an der Qualität liegen kann, haben wir für euch in unserer Gruppentherapie ausmachen können. Aber lest selbst.

Auf die richtige Mischung kommt es an. Wer sich traut Thrash Metal, Göteborgschule, Grungevocals, Stoneratmosphäre und Schwarzwurzelgekeife in einen Topf zu werfen, braucht das richtige Rezept, um etwas Schmackhaftes dabei zu zaubern. Die Jungs von STONEGARD sind offensichtlich Spitzenköche. Zwar ist das Menü schnell verzehrt - der Minutenzeiger schafft lediglich 35 volle Umdrehungen - doch ist jeder Gang eine echte Delikatesse. Und das, obwohl die oben genannten Zutaten in immer neuen Variationen serviert werden. Dennoch kommt jede Nummer schnell zum Punkt, spielt seine Stärken an den richtigen Stellen aus und bleibt so auch gut im Gedächtnis. Das ist dann auch die ganz große Kunst an "From Dusk Till Doom": STONEGARD haben eine vielschichtige, in allen möglichen und unmöglichen Genres wildernde Platte abgeliefert, die dennoch eingängig, markant und unverwechselbar ist. Das schaffen tatsächlich nur ganz wenige Truppen. So ist die Tour im Vorprogramm von ENSLAVED zwar mutig, doch dürfte der Sound der Norweger den tendenziell offenen, da eher progressiven Schwarzheimerfans, durchaus gut rein laufen. Ein starkes Stück, das sich Metaller jeder Coleur anhören sollten.
[Peter Kubaschk]

Thrash ohne Nieten und Achtziger-Trendseglerei, DARKANE-Gummizellen-Gesangspassagen, Siebziger-Hardrock-Vibes, CORROSION OF CONFORMITY, Grunge-Anleihen – die Norweger STONEGARD schotten sich schon mit den Auftaktnummern ihres zweiten Albums, 'From Dusk Till Doom' und 'The Last Good Page', von diversen Fanverbänden ab. Wenn dann noch Depri-Metal hinzukommt, wie ihn MISERY LOVES CO. auf dem vergessenen Kleinod "Your Vision Was Never Mine To Share" verewigt haben ('Crooked Feathers'), stehen der Zielgruppenfindung schon einige Hindernisse im Weg. In 'Morpheon', 'S&C' und 'Helios, Cursed' treffen Simpel-Thrash-Beats auf eine mitunter wehleidige Alterna-Melodieführung, die sich auch um einen Black-Metal-Gitarrenlauf schlängeln darf. Kammerflimmern bei der Szenepolizei; an anderer Stelle ertönt Jubel, weil versucht wurde, Songs zu formen, die nicht schon in hundertfacher Ausführung in der Sammlung stehen. Tunnelblick-Aktionismus, der bei einer derartigen Vorgehensweise im schlimmsten Fall den Fluss der Kompositionen unterbrechen könnte, ist nicht auszumachen. Das Quartett zapft seine Inspirationsquellen mit Bedacht an, bleibt locker und liefert eine unmoderne, zukunftsorientierte, ohne Schmeiß-uns-weg-Hits auskommende Platte ab, die Abstand zur Vollkommenheit hält, aber detailreich arrangiert wurde. "From Dusk Till Doom" sollte man aufgrund des vergleichbaren Ansatzes direkt nach FEAR MY THOUGHTs "Isolation" hören.
[Oliver Schneider]

STONEGARD bringen mit "From Dusk Till Doom" kein wirklich neues Werk auf den Markt, was die Qualität der Musik natürlich keineswegs schlechter macht, aber dazu später mehr. Anno 2006 spielten die Norweger einen beeindruckenden Gig als Support von Evergrey und konnten damit entweder pure Begeisterung auf der einen Seite und mächtig verwirrte Gesichter auf der anderen Seite ernten, denn der Sound ist keinesfalls leichte Kost, live erst recht nicht! Als einer der "beeindruckten" Gäste kaufte ich mir natürlich sofort sämtliche Scheiben, die am Merch Stand zu haben waren, die da wären "Arrows" und das großartige und damals neue "From Dusk Till Doom". Nun halte ich das Album also wieder in den Händen und viel hat sich nicht geändert, bis auf das Coverartwork (welches allerdings vom Booklet der ersten "From Dusk Till Doom"-Version entnommen wurde). Macht nichts, denn STONEGARD beeindrucken auch nach zwei Jahren gleichermaßen und erschaffen mit ihrer irren Mischung aus allen möglichen harten und weniger harten Rock/Metal-Sounds eine einzigartige, originelle und innovative Scheibe. Irgendwo zwischen extremen Metal mit viel skandinavischem Death-Metal-Einschlag, Grunge (vor allem beim Gesang), Stoner-Rock und Prog bleiben die vielseitigen Songs erst nach mehrmaligem Hören so richtig im Ohr hängen, denn hier passiert einfach zu viel. Sei es der Gesang, der zwischen fiesen Schreien (manchmal fast schon im Hardcore-Stil) und wunderschön cleanen Vocals (ALICE IN CHAINS, ich höre den Einfluss!) eine breite Palette an Emotionen abdeckt ist einfach nur grandios! Instrumental wird man hier mit einer Salve an schnellen Riffs bedient, die sich schnell in groovige Parts, Ohrwurm-Refrains und emotionale Klänge verwandeln. Ein absolut vielseitiges Werk, das allen Freunden innovativer Musik ohne Scheuklappen-Denken und Genre-Grenzen nur wärmstens empfohlen werden kann!
[Caroline Traitler]

Ohne die von psychedelischen Bands der sechziger Jahre in der Rockmusik vorangetriebene Spacigkeit; ohne einen gewissen britischen Ex-Krautrocker und Rock'n'Roll-Fan, der nach seinem Rauswurf bei HAWKWIND unter dem Einfluss des Punks eine kleine, feine Band namens MOTÖRHEAD gründete; ohne eine rege Stromgitarrenmusikszene rund um das kalifornische Pazifikbecken in den Siebzigern und Achtzigern; ohne die Erfolge zahlreicher Bands aus Seattles Grungeszene Mitte der Neunziger; aber auch ohne die neue, aufgeschroffte Hymnenhaftigkeit moderner, alternativer Metalbands wie MASTODON oder TOOL - ohne all dies hätte der Sound von "From Dusk Till Doom" heutzutage wohl kaum seine Verortung gefunden. Dass STONEGARD mit den Kollegen von AUDREY HORNE befreundet sind, ergibt auch stilistisch Sinn. Zunächst klingt ihr Album ein wenig sperrig, doch nach und nach erschließt es sich in all seiner Vielfalt, die weit über typisch skandinavische Metalklänge hinausgeht. Bereits der Titelsong verbindet Blackened Thrash und Doom zu einer räudig groovenden Einheit, und 'The Last Good Page' steht dem nicht nach, bringt sogar noch psychedelisch angehauchte Hardrock-Gitarrenläufe mit ein. 'Morpheus' bettet eine erhabene Grunge-Gesang-Melodie (denke: SEND NO FLOWERS) in knüppel-doomiges Ambiente: zäh, wuchtig, krautig, und doch hymnisch. 'Crooked Feathers' bietet ausgehärteten, feierlichen Doom. In 'Helios, Cursed' werden psychedelisch-doomige Gitarrenriffs von Blastbeats zermörsert, liegen hymnisch grooviger und angeschwärzter Keuchgesang im Clinch. 'Rescue' ist feierlich wogender Heavy Metal par excellence. Einzig die moderne Thrash-Hymne 'S & C' bleibt auch nach mehrmaligem Hören noch etwas zerfahren. Das zerklüftet doomende 'Blade' und das hartnäckig apokalyptisch groovende 'Locust' können dagegen wieder voll überzeugen. Wer sich auf "From Dusk Till Doom"s eigentümliche Mischung aus alternativ angerocktem Thrash und schwarzem Doom einlassen kann, wird von STONEGARD reich entlohnt.
[Eike Schmitz]

STONEGARD sind auf jeden Fall eine verwirrende Band. Hört man den Namen möchte man sie am liebsten in die Viking-Metal-Ecke direkt neben ENSLAVED einordnen. Dazu trägt natürlich noch bei, dass sie eben mit ENSLAVED gemeinsam auf Tour gehen werden. Beim Albumtitel "From Dusk Till Doom" denkt man dann doch eher an die Doom-Götter von CANDLEMASS oder SOLITUDE AETERNUS. Aber beides wäre einfach falsch, denn die Norweger bewegen sich eher in einer Schnittmenge aus modernem Power- und Thrash Metal à la MACHINE HEAD, MERCENARY und einer Prise Stoner Rock. Und das machen sie erstaunlich gut, denn "From Dusk Till Doom" überzeugt auf einem durchgehend hohen Niveau. Das Quartett Torve, Flissundet und die zwei Gjerde's (Håvard und Erlend) haben daher einen perfekten Nachfolger für ihr starkes Debütalbum "Arrows" abgeliefert. Der Silberling ist abwechslungsreich und pendelt durchgehend zwischen harten und weichen Passagen. Songs wie das Titelstück 'From Dusk Till Doom' , das grandiose 'Last Good Page', das langsame 'Croocked Feathers' und das sehr geschwindigkeitsvariierende 'Blade' können wirklich begeistern. Also, unbedingt mal reinhören, denn STONEGARD werden sicher der Geheimtipp des Jahres!
[Martin Schneider]

Zu behaupten, das Album würde mir gefallen, wäre eine krasse Untertreibung. Vielmehr bläst mich der Sound der Norweger schier davon. Ihre Fähigkeit, zum zerreißen dünn gewebte Melodiebögen neben Vulkanausbrüche Marke Pompeji zu arrangieren, ist schlicht grandios. Trotz des Wortes "Doom" im Titel der Scheibe und der damit verbundenen Gefahr gähnender Langeweile für Genrefremde, stricken STONEGARD mit jedem Part einen geschickten Zauber, brillant und glasklar, dem sich mit Sicherheit kaum einer entziehen kann, der auf ansprechend formulierte und modern vorgetragene Musik steht. Doch auch eine gewisse Mainstream-Kompatibilität müssen sich die Jungs vorwerfen lassen: Der Refrain von 'S&C' kommt ein wenig seicht daher, ganz im Fahrwasser moderner Emo-Veröffentlichungen. Da der Song aber aus mehr als einem Part besteht, gelingt den Stonern auch hier der Schulterschluss zu einer coolen Rock-Nummer – mit Double Bass.

Apropos komplexe Songstrukturen: 'Morpheon' beweist die Faszination der STONEGARD-Jungs für Progressives und weist neben einem Refrain voller in Musik gepresste Freiheit, ein Feuerwerk an originellen Arrangementideen auf. Obwohl die Formation schon seit dem Jahre 2000 agiert, liegt uns mit "From Dusk Till Doom" erst das zweite Werk als Re-Release vor. Das mit diesem Album erspielte Niveau macht nicht nur Lust auf mehr (was hoffentlich bald passieren wird), sondern legt auch die Messlatte für Folgendes verdammt hoch. Ich denke aber, dass uns mit diesem Album nur der Beginn des sich entfaltenden Potentials ins Haus geflattert ist. Oder will ernsthaft jemand bezweifeln, bei 'Crooked Feathers' nicht zutiefst berührt zu werden?
[Julian Rohrer]

STONEGARD werden als Thrash'n'Roll angepriesen. Was immer das auch sein mag, vermag ich auch nach intensivem Konsum ihres Zweitlings "From Dusk Till Doom" nicht zu sagen. Man hört der Chose sofort den skandinavischen Akzent an, da die neun Songs ziemlich düster aus der Anlage bollern, was für mich ein Manko und ein Widerspruch obendrein ergibt. Rock'n'Roll ist knackig, frisch und spritzig, aber halt nicht düster. Den Thrash-Anteil höre ich sofort in den knuffigen Riffs des eröffnenden Titelsongs. Da sind irgendwo THE HAUNTED unter den modernen Soundgebilden versteckt. Dieser Eindruck ändert sich mit den nachfolgenden Nummern allerdings schlagartig, denn von nun an wird weniger Wert auf Riffs denn auf rüdes Verdreschen des Drumkits gelegt. Mit diesem permanenten Geplopper werde ich nie zu Recht kommen. Dabei können STONEGARD doch gute Melodien schreiben, wie sie in beinahe allen Kompositionen beweisen. Leider erschrecken sie mich immer wieder mit diesen unnötigen Hackbrett-Attacken. Und warum Sänger Torgrim Torve so häufig wie ein Brüllwürfel im Kochwasser schreien muss, wo er doch eigentlich eine sehr schöne Singstimme besitzt, entzieht sich ebenfalls meiner Kenntnis. In den guten Momenten, wie im KATATONIA-artigen 'Crooked Feathers' oder während des Album-Highlights 'Blade', welches mit abgestoppter Dynamik und einem grandiosen Aufbau daherkommt, gefällt mir das Quartett, das eine gewisse Nähe zu den kürzlich erst therapierten AUDREY HORNE aufweist, ziemlich gut. Die Stilistik hingegen erklärt sich mir nicht.
[Holger Andrae]

STONEGARD sind eine dieser Bands, die wirklich unvergleichlich eigen klingen. Ein Phänomen also, das in der heutigen Musiklandschaft nicht allzu oft auftaucht. Umso unverständlicher, dass der eigentlich schon 2006 erschienene Rundling "From Dusk Till Doom" (geiler Titel!) nicht wirklich viel Aufmerksamkeit erfuhr und nun nochmals als "European Edition" veröffentlicht wird.

Von Sonnenaufgang bis zum Verderben tönen die Norweger durchweg innovativ und eigenständig, mischen einen fiesen, mitreißenden und umwerfenden Cocktail aus (Technik-)Thrash, Stoner Rock, grandiosen Melodien, Gekeife und Ohrwurmrefrains. Klingt komisch? Auf jeden Fall. Bereits das Titelstück als Opener verwirrt zunächst, da das Ganze klingt, als wäre eine Wagenladung MASTODON mit 'nem Zug stadionfüllender Radio-Rocker zusammengestoßen und hätte dabei eine Menge Wüstenstaub aufgewirbelt. STONEGARDs größter Vorteil - und die Tatsache, die sie so einzigartig macht - ist die Fähigkeit, zwischen etlichen Tempi mühelos hin- und herschalten zu können, ebenso wie der Härtegrad meist innerhalb der Kompositionen mehrfach verändert wird. Sänger Torgrim ist ein wahres Chamäleon am Mikro, dabei stehen ihm seine Kollegen an den Instrumenten in nichts nach: Jedes Tempo, jeder Stil-Umbruch und jede Spielerei kommt so locker-flockig aus den Boxen, dass man viele technische Feinheiten (und davon gibt's eine Menge!) fast gar nicht wahrnimmt.
Dabei klingt "From Dusk Till Doom" immer wie aus einem Guss und geht so schnell ins Ohr, dass man die ganze Scheibe bereits beim zweiten Durchlauf freudig mitträllert. Ganz große Klasse und definitiv ein Geheimtipp, der sich lohnt!
[Rouven Dorn]

Redakteur:
Eike Schmitz

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