Interview mit Luca Turilli (LT's RHAPSODY), Teil 1

05.07.2012 | 21:36

Luca Turilli ist ein redefreudiger Mann. Deshalb servieren euch das Interview mit ihm in drei Teilen. Viel Spaß!

Luca Turilli

Seit dem 22. Juni steht es in den Läden, das neue Album von Luca Turillis RHAPSODY, "Ascending to Infinity". Es präsentiert neben dem neuen Sänger Alessandro Conti wieder jede Menge Cinematic Metal, wie Turilli seine Musik gerne bezeichnet. Doch hinter diesem Album liegen 15 Jahre RHAPSODY (OF FIRE), eine lange Zeit voller Höhen und Tiefen für Luca Turilli, Alex Staropoli und Co. Zusammen mit Luca Turilli diskutieren wir in diesem dreiteiligen Interview-Special die Gegenwart und Zukunft seiner RHAPSODY und lassen zudem die Vergangenheit RHAPSODY (OF FIRE)s Revue passieren. In diesem ersten Teil geht es vor allem um dem Split zwischen Luca Turilli und Alex Staropoli und den neuen Sänger auf "Ascending to infinity", Alessandro Conti.

Luca, Ich selbst bin ja beruflich in der Biologie tätig und was mit RHAPSODY geschehen ist, erinnert mich so ein bischen an eine Zellteilung. Aus eins mach zwei, aber beide haben dasselbe genetische Material. Was kannst Du uns dazu sagen?

Luca ist diese Frage natürlich schon gewohnt und holt weit aus:

Schau mal, wenn Du über 20 Jahre lang (eine Periode von 15 Jahren offizieller Releases) an einer Sache wie dieser großen Fantasysaga ("Emerald Sword") arbeitest, die aus künsterlicher sowie auch psychischer Sicht so dermaßen einnehmend ist und irgendwie sogar zum Teil Deines Lebens wird, dann brauchst Du irgendwann auch mal eine Veränderung. Wir hatten am Ende einfach nicht mehr diesen großen Spaß wie zu Beginn, dazu kamen die vielen Probleme mit den Namensrechten und später mit dem Management (Magic Circle - TB), das nimmt einen mit der Zeit doch mit. Wir hatten den Split eigentlich schon vor fünf bis sechs Jahren beschlossen. Doch wir wollten unbedingt diese Saga fertig machen und haben uns dafür aufgeopfert und die letzte Energie darauf verwendet, diesen artistischen Zyklus zu einem guten Ende zu bringen, doch danach war es für uns beide wichtig, auf getrennten Wegen neue Kraft zu schöpfen und neuen Spaß an der  Musik zu finden. Deshalb war der Split nötig.

Was den Namen angeht, gibt Luca zu, dass es für Außenstehende etwas komisch klingen mag, dass es nun zwei RHAPSODY-Bands gibt. Er erklärt die Situation wie folgt:

Alex und ich, wir haben in der Vergangenheit gemeinsam enorm viel in die Band investiert, nicht nur emotional sondern – gerade in den Zeiten mit den Problemen – auch finanziell. Daher dachten wir, dass es für uns beide das Beste ist, wenn wir uns den Namen RHAPSODY teilen. Es ist ja ein Name, der sich mittlerweile enorm etabliert hat, und es ist für uns beide das Einfachste, mit diesem Namen wieder Fuß zu fassen. Ich möchte hier ausdrücklich die freundschaftliche Natur unsere Trennung unterstreichen,  denn sonst wäre diese Namensteilung gar nicht möglich gewesen. Wir müssen uns in diesem gegenseitigen Einvernehmen eigentlich um nichts streiten, bei dieser Vereinbarung können wir beide unter dem Namen RHAPSODY oder RHAPSODY OF FIRE Musik machen. Vergiß nicht, dass es ein enorm wichtiger Aspekt ist, mit einem bereits etablierten Namen und Logo und auch Image im Business Erfolg zu haben, Du musst einfach nicht mehr von vorne anfangen und so hat jeder von uns die 50:50 Chance, eine neues Business im Rahmen dieses RHAPSODY-Abenteuers zu starten.

Dies klingt absolut einleuchtend und sollte auch die Skeptiker von der Richtigkeit dieser Maßnahme überzeugen.

 

cover

Kommen wir zum neuen Album "Ascending to infinity". Luca erläutert ausdrücklich, dass das Album nicht als sein Soloalbum gesehen werden soll, sondern als das elfte RHAPSODY-Album. Die Nennung seines Namens im Logo ist auch nicht darauf zurückzuführen, dass Luca unbedingt erpicht darauf wäre, seinen Namen genannt zu sehen, sondern die einzige juristisch korrekte Lösung, um den alten Streitereien um die Namensrechte Rechnung zu tragen. Doch nur zum Musikalischen:

 

Ich dachte immer, dieses typische Element der RHAPSODY Musik entstünde auf Basis der genialen Zusammenarbeit des Duos Turilli/Staropoli, und bin überrascht, dass die Musik auch ohne Deinen Partner so urtypisch rhapsodisch klingt. Jedoch mit einem großen Unterschied zu früher, und der ist Alessandro Conti.

 

Ich wollte auf jeden Fall weiter dieses bombastische, cinematische Element in meine Musik einbauen, so wie wir es auch mit RHAPSODY gemacht haben. Deshalb bin ich sehr froh, einen Sänger gefunden zu haben, der es mir erlaubt, auf dieselbe Art und Weise zu komponieren wie früher. Er hat einfach eine ähnliche Klangfarbe wie Fabio Lione, aber auch eine ähnliche Variabilität., die es mir auch wieder erlaubt, untypische, epische Stücke wie 'Lamento Eroico' zu schreiben.

Wie kommst Du denn zu einem Mann wie Alessandro Conti?

Nun, erstmal wusste ich nach dem Split noch nicht, dass ich überhaupt mit RHAPSODY weiter machen würde. Die Plattenfirma hatte für mich etwas in der Art von AVANTASIA im Sinn gehabt, was aber noch mehr in Richtung Soundtrack gehen sollte. Dabei habe ich festgestellt, dass mir etwas beim Komponieren fehlt und zwar das Metal-Element. Ich mag einfach epische und bombastische Musik und die musikalisch maximale Power bietet mir nur die Kombination aus der orchestralen Kraft der akustischen klassischen Musik und eben der kraftvollsten elektrischen Musik - dem Heavy Metal.

Auf Alessandro bin dann ich eigentlich durch Fabio (Lione) gestoßen, nachdem ich unzählige Sänger für mein Soundtrack-Projekt auf YouTube gescreent habe. Ich kannte Alessandro bis dahin gar nicht, aber ich was sofort fasziniert von seiner Stimme, die mich in ihren Höhen an Michael Kiske erinnert hat. Weißt Du, Kiske bedeutet mir alles, ich liebe diese hohe, klare, kraftvolle Metal-Stimme und "Keeper Of The Seven Keys" war meine überhaupt erste Metalscheibe.

Haha, so ähnlich war es bei mir auch; ich habe Kiske übrigens letztens auf dem Rock Hard Fest gesehen, mit UNISONIC,  und sie haben tatsächlich 'March Of Time' gespielt!

WIRKLICH??? Und das sagt Du mir jetzt, wo wir es gerade erst gecovert haben? (Anm. TB: zu hören als Bonustrack auf "Ascending to infinity")

Haha, und ich finde, Kiske hat das sogar echt super gesungen.

Das sollte ich mir doch unbedingt mal anhören...

...weisst Du, früher habe ich Bands wie SPANDAU BALLET oder PET SHOP BOYS, ELTON JOHN und viel Popmusik gehört, bis eben HELLOWEEN diesen Metal-Impact in ansonsten immer noch sehr melodische poppige Musik gebracht haben. Als ich Alessandro dann das erste Mal hörte, war es wie früher, ich dachte mir: WOW, dieser Sänger vermittelt mir genau dasselbe Gefühl wie damals Kiske, als ich einfach fasziniert war, etwas cooles Neues zu hören und denke, WOW, ja das ist es! Ähnlich wie Kiske hat Alessandro selbst in höchsten Tönen immer noch Power in der Stimme und das ist etwas sehr seltenes für einen Sänger. Dann fragte ich ihn, ob er mir auch andere Klangfarben bieten könnte und er sang etliche Sachen aus Pop, Rock und  Metal, Lieder von CELINE DION, QUEENSRYCHE u.v.m. Und es war wie verrückt, er konnte einfach alles. Dann habe ich heraus gefunden, dass er in einer HELLOWEEN-Coverband sang, wo er jeden Abend  bei Songs wie 'March Of Time' oder 'Ride The Sky' eine außerordentliche Performace abliefern musste. Ich denke, das hat seine Stimme so gut trainiert. Zudem hat er auch einen klassischen Background, er war in der selben Schule wie Startenor Luciano Pavarotti und wurde dort klassisch ausgebildet. Das heißt, er bringt auch den opernhaften Background mit und erwies sich somit als absolut perfekter Kandidat, um wieder RHAPSODY-Musik zu machen. Dazu sind wir musikalisch absolut auf einer Wellenlänge, er war absolut fasziniert davon, - anstatt Sänger eines AVANTASIA-Soundtrackkonzepts - nun der Sänger von RHAPSODY zu sein, er war schon früher ein Fan der Band und geht nun in seiner Rolle voll auf. Es  ist fantastisch!

 

A. Conti

Was hat eigentlich die Plattenfirma gesagt, als Du Dich entschieden hast, nun doch mit RHAPSODY weiter zu machen und dann auch noch mit so einem unbekannten Namen wie Alessandro Conti als Sänger?

 

Klar gab es Ideen, mit bekannteren Namen zu arbeiten, beispielsweise Roy Khan (ex-KAMELOT) oder bekannteren italienischen Sängern, aber für mich war es wirklich sehr wichtig, Alessandro in der Band zu haben, wegen seiner großen Variabilität und weil ich mit ihm RHAPSODY machen konnte. Zudem schreibe ich gerne italienische Lyrics, weil sie einfach am besten zu dieser cinematischen Musik passen. Die Situation ist vielleicht ein wenig mit der von Fabio vor 15 Jahren vergleichbar, auch er war damals unbekannt, doch er hat sich dann einen Namen mit RHAPSODY gemacht und wurde von alles Seiten akzeptiert. Und so ähnlich läuft es auch mit Alessandro. Wir kommen grad zurück von unserer Promotion-Tour in Frankreich und dort hat er schon den Rang eines Vokal-Superhelden. Ein wichtiger Aspekt ist hier einmal mehr, dass wir unseren Namen behalten haben und Alessandro unter dem RHAPSODY-Banner wunderbar promoten können. Und dennoch, die Reaktionen sind wirklich überrraschend euphorisch, denn man würde erwarten, dass ein neuer Sänger einer etablierten Band mit mehr Skepsis betrachtet wird. Für Alessandro läuft es aber bislang super .

 

Wann werden wir dich mit Alessandro live sehen?

Natürlich gibt es Tourpläne und wir werden November und Dezember die grösste Tour  bislang machen, mit über 30 Gigs in Europa. Wir versprechen hier auch einige spektakuläre visuelle Überraschungen. Wir haben eine Kooperation mit Dream Day Media und arbeiten dort mit Ove Lingvall zuammen, der eines der besten cinematischen Musik-Videos, das ich kenne zu KAMELOTS 'Great Pandemonium' gedreht hat. Er hat für uns jetzt das 'Dark Fate Of Atlantis'-Video produziert und auch für die Liveshows - gerade in Deutschland - wird es einiges Spektakuläres zu sehen geben. Das verspreche ich Dir.

 

Das war es für den ersten Teil, in Teil zwei gehen wir dann tiefer hinein in "Ascending to Infinity" und beleuchten vor allem die Lyrics,  im dritten Teil treten wir dann mit Luca die Reise in die Vergangenheit an und lassen 15 Jahre RHAPSODY Revue passieren. Bis dahin hört IHR bitteschön "Ascending To Infinity" und huldigt einem neuen Sangesgott: Alessandro Conti!

 

Redakteur:
Thomas Becker

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