LENGSEL: Interview mit John Robert Mjaland
27.12.2006 | 22:07Nachdem LENGSEL soeben ihre zweite Scheibe bei Whirlwind Records veröffentlicht haben, musste ich ein paar Fragen durchs Netz jagen, denn "The Kiss The Hope" ist verdammt stark ausgefallen. Sechs Jahre liegen zwischen der letzten Veröffentlichung der Musiker, die auch bei EXTOL zocken, und dies ist auch die Ursache für eine lange Wartezeit. Doch lest selbst...
Stefan:
Hallo John! Danke, dass du dir Zeit für meine Fragen genommen hast. Zunächst möchte ich dir zu eurer neuen, fesselnden Produktion "The Kiss The Hope" gratulieren. Ich war überrascht, wie gut die CD geworden ist. Meine erste Frage dazu wäre, welche Musiker denn involviert waren und wie die aktuelle Besetzung von LENGSEL lautet?
John:
Wir möchten bei LENGSEL nicht gerne von "Mitgliedern" reden, wir sehen die Band selbst eher als eine Art Freundeskreis. Um genauer zu sein, sind wir zu dritt: Ole (Halvard Sveen), Tor (Glidje) und ich (John Robert Mjaland). Wir kennen uns nun schon seit 20 Jahren und LENGSEL ist das Resultat dieser spielenden Kinder. Neben LENGSEL sind wir alle auch bei EXTOL am Start.
Stefan:
Natürlich muss ich die Frage stellen, wieso es sechs Jahre lang gedauert hat, ehe der Nachfolger von "Solace" erschienen ist? Ich schätze mal, dass euch neben EXTOL und anderen Projekten wenig Zeit geblieben ist?
John:
Da liegst du richtig. Es waren verschiedene Projekte nach "Solace" am Laufen, die unsere Aufmerksamkeit und Zeit auf sich zogen. Es gab da zum Beispiel die Bands GANGLION und ESPE, aber hauptsächlich lagen die Aktivitäten bei EXTOL. LENGSEL wurden erst vor kurzem wieder zum Leben erweckt. Das war so ähnlich, wie wenn man einfach wieder Lust hat Ball zu spielen...
Stefan:
Wie kam es nun dazu, dass die zweite LENGSEL-Scheibe im Kasten war? Ich meine, war das immer schon geplant mit LENGSEL weiterzumachen, oder ist es gar WHIRLWIND RECORDS zu verdanken, dass es euch noch gibt?
John:
Wir haben immer mal wieder über ein zweites Album nachgedacht und geredet. Als WHIRLWIND uns dann ein Angebot unterbreiteten, begannen wir an unseren Ideen zu arbeiten und plötzlich waren wir im Aufnahmeprozess. Also haben WHIRLWIND tatsächlich eine große Rolle gespielt.
Stefan:
Wie würdest du euren Sound beschreiben, was sind eure Einflüsse und kannst du mir ein paar Bands nennen, die einen ähnlichen Stil wie LENGSEL verfolgen?
John:
Der Sound ist lärmend und chaotisch, wie üblich. Es herrscht die gleiche Atmosphäre wie auf "Solace" - ich würde sagen, dass sie sogar noch etwas wilder ist. Was ich neu an der Scheibe finde, ist hauptsächlich das Songwriting und die Verschiedenheit darauf. Wir haben uns nicht unter Druck gesetzt und daher sind die Spontaneität und Kreativität einfach so geflossen. Einige Songs erinnern mich an ANATHEMA, THE CURE und SCARY MOTION PICTURE-Soundtracks.
Stefan:
Wieviel Arbeit steckt in "The Kiss The Hope"? Ich schätze mal eine Menge, weil die CD nach wesentlich mehr klingt, als lediglich einem Nebenprojekt von EXTOL-Musikern. Wer ist eigentlich hauptverantwortlich für das Songwriting?
John:
Es war mehr Arbeit, als wir erwartet hatten, aber alles in allem denke ich, dass wir ein halbes Jahr mit dem Album verbracht haben, bis es bei Whirlwind landete. Tor hat sich am meisten an diesem Prozess beteiligt, aber wir drei haben das Album zusammen gemacht. Jeder hatte seinen Anteil, im wahren LENGSEL-Geist.
Stefan:
Es sind keine Texte im Booklet abgedruckt, nur ein paar Symbole. Der depressive, bedrückende LENGSEL-Sound weist jedoch darauf hin, dass euch die Texte nicht unwichtig sind. Wovon handeln sie und was bedeuten euch die Texte?
John:
Wenn du dir das Booklet genau betrachtest, dann findest du einen Songtext zu 'Eternal 7' und es gibt Verweise zu allen Liedern. Wir haben kein einfaches Konzept zum Album und es ist eine komplizierte Mischung verschiedener Themen. Wir denken, dass die Musik und die Aufmachung eine besondere Stimmung erzeugen, möglicherweise keine harmonische, aber so ist die Realität, welche wir ebenso darstellen wollen: die Fetzen und Fragmente des Lebens. Eine Sache ist deutlich - das ist der Kreis.
Stefan:
Für EXTOL ist bekannt, dass die Musiker Christen sind. Wie ist das bezüglich LENGSEL, ist es euch wichtig, eine Botschaft zu verkünden und was denkst du, wie in der Szene eine Band akzeptiert wird, die eine solche Botschaft verkündet?
John:
Ich denke nicht, dass es einen großen Unterschied macht, dass wir Christen sind - wenn es überhaupt einen Unterschied macht. Alles was wir tun, ist ein Resultat unserer Lebenseinstellung, demnach sind uns unsere Ansichten wichtig.
Stefan:
Warum spielt ihr eine derartige Musik, die eine eher depressive Stimmung erzeugt und könntest du dir auch vorstellen, in einer Poser-Rock-Band zu spielen?
John:
Ich würde das Album nicht als depressiv bezeichnen. Vielleicht gibt es depressive Elemente darauf, aber ich fühle nicht, dass es den Großteil ausmacht. Es gibt zum Beispiel auch viel Humor darauf und wir müssen uns nicht vorstellen in einer Poser-Band zu spielen, wir haben ESPE.
Stefan:
Was gibt es für Zukunftspläne mit LENGSEL? Plant ihr auch Konzerte zu spielen und denkst du, dass es möglich ist, LENGSEL neben EXTOL ernsthaft weiterzuführen? Wo sind die Grenzen dafür, zwei derartige Bands am Start zu haben?
John:
Ich zweifle daran, dass es Konzerte geben wird. Es ist zu schwierig zu bewältigen, es müssten auch neue Musiker ins Boot geholt werden. Aber wir werden ganz sicher weitere CDs veröffentlichen! Die Zeit und Energie sind die einzigen Dinge, die uns daran hindern könnten.
Stefan:
Wenn ihr ein Konzert spielen würdet, wäre es dann sehr schwierig die Atmosphäre von der CD auch auf der Bühne zu erzeugen?
John:
Ich bin nicht sicher, für uns wäre es das Gleiche. Für viele Hörer denke ich jedoch, dass bereits Bilder in ihren Köpfen existieren, wie es aussehen oder klingen sollte. Somit würde die Antwort "Ja" und "Nein" lauten.
Stefan:
Gibt es bereits Pläne für ein weiteres Album?
John:
Wir reden bereits darüber, ja.
Stefan:
Weihnachten steht vor der Türe. Was machst du über die Feiertage?
John:
Ich werde mit meiner Familie einen Kurztrip nach England machen. Sonst habe ich keine Pläne. Ich schätze, dass die anderen zu Hause bleiben, wie üblich mit "ribbe" (traditionelles Weihnachtsessen – der Verf.) und "fenalår" (wahrscheinlich Hammelkeule – der Verf.).
Stefan:
Welche CDs waren 2006 deine Favoriten?
John:
Das ist sehr schwierig. Vielleicht MARS VOLTA, DEFTONES, BONNIE PRINCE BILLY. Ich habe keine besonderen Favoriten in diesem Jahr.
Stefan:
Welche Hoffnungen hast du für das Jahr 2007?
John:
Musikalisch hoffe ich, dass wir das beste EXTOL-Album überhaupt veröffentlichen werden, außerdem viel touren und das Jahr mit einem weiteren LENGSEL-Album abschließen werden. Wir werden sehen... ;-)
Stefan:
Danke für's Interview!
John:
Bitte.
- Redakteur:
- Stefan Lang