LETZTE INSTANZ: Interview mit Holly Loose

07.05.2018 | 14:51

Die LETZTE INSTANZ positioniert sich auf "Morgenland" klar gegen Krieg und Hass. Wir sprachen mit Sänger Holly über seine Intention hinter dem neusten Album.

Erst einmal vielen lieben Dank, dass du dir die Zeit für die Beantwortung unserer Fragen nimmst. Zunächst: Der Release des Albums "Morgenland" liegt nun schon einige Wochen zurück. Wenn du alle Rückmeldungen, ob nun von der Presse, auf sozialen Netzwerken oder auf der Tour, zusammennimmst - welches Resümee ziehst du daraus?
Alles in allem sind wir mit der Resonanz recht zufrieden. Aus diversen Fankommentaren lesen wir eine deutliche Zustimmung heraus. Auch die Presse ist sehr wohlwollend, was nicht immer so war. Den direkten Draht haben wir natürlich auf den Konzerten, und die erscheinen uns und unseren Fans als sehr kurzweilig. Zuweilen sagt man uns nach, dass diese Tour die Beste war, die wir seit langem gespielt haben. Insgesamt also sind die Resonanzen sehr positiv und versprechen einen schönen Festivalsommer.

Um bei der aktuellen Tour zu bleiben: Wie reagieren die Leute auf eure doch sehr klare politische Ausrichtung? Gibt es da regionale Unterschiede?
Nein, überhaupt nicht. Es ist ja auch völlig klar, dass wir hier nicht einfach irgendeine Seite bevorzugen und supporten, sondern ganz klar auf menschliche Positionen verweisen. Deswegen sträube ich mich ein bisschen dagegen, wenn unser Handeln als ein politisches deklariert wird. Dem ist nicht so. Es ist der gesunde Menschenverstand, der uns so handeln lässt. Und das ist regional unabhängig.

Wo genau lag für dich die Initialzündung, das Album mit derart viel verbaler und sozialkritischer Schlagkraft zu gestalten?
Wir leben in einer brisanten Zeit. Nicht zuletzt, weil wir mit den sozialen Medien näher aneinander sind und manchmal gefährliche und unreflektierte Nachrichten erhalten. Die Schwarmintelligenz reagiert da zuweilen etwas panisch, aber das ist ein anderes Thema, welches wir vielleicht später noch einmal behandeln. In erster Linie reagieren wir, genau wie viele andere Menschen, auf die zunehmende soziale Kälte und den Wahnsinn, der uns umgibt. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.

Glaubst du daran, dass man mit tiefgehender, intelligenter Musik die Menschen diesbezüglich wirklich zum Nachdenken anregen kann oder hältst du die Fronten dafür für zu verhärtet?
Ich glaube unbedingt an das Gute in einem jeden Menschen. Ich glaube an den guten Geist, der uns umgibt, ohne jetzt religiös zu werden. Es ist eher etwas Spirituelles, wenn ich sage, dass rings um uns eigentlich nur Gutes ist. Wir erkennen es nur nicht immer (oder immer seltener). Dem wollen wir entgegen wirken und sagen: "Hey, hört mal her. Die Welt ist nicht scheiße. Nur menschliches Handeln ist zuweilen Scheiße. Und die scheißeste Scheiße aller Scheißen ist der Krieg!" Und das trifft und erreicht Leute. Hier und überall im deutschsprachigen Raum. Wenn es schöne Übersetzungen für den Satz gäbe, bin ich mir sicher, erreichte er die ganze Welt.

Was ist für dich in dieser Hinsicht auf "Morgenland" DER Titel, welcher eure Intention zusammenfasst oder den man als pars pro toto für "Morgenland" sehen kann? Gibt es einen solchen Titel oder funktioniert die Platte nur als großes Ganzes?
Nein. Jeder Song funktioniert prinzipiell auch für sich. In Zeiten von Streaming und Einzeldownload macht ein Konzeptalbum nicht mehr wirklich Sinn, es sei denn, man setzte auf Kundenbindung. Jedes Lied trägt eine Facette zum Thema "Morgenland" in sich, aber im Sinne unseres Interviews würde ich schon sagen, es sind die Lieder 'Mein Land' und 'Children', die das Thema Frieden und Menschlichkeit (im positiven Sinne) aufgreifen und weiter tragen.

"Morgenland" lässt sich nicht nur in seiner gängigen Definition lesen, sondern kann auch ein Land in (vielleicht nicht allzu) ferner Zukunft beschreiben. Wohin geht es deiner Ansicht nach mit dem "Land von morgen"? Unterscheidet sich das sehr von dem, was du dir für die Zukunft diesbezüglich wünschen würdest?
Nein. Das Land von morgen ist ja quasi schon da. Viele wissen es nur noch nicht. Vielleicht braucht es auch noch ein, zwei Generationen, um alles zum Guten zu wenden. Wenn ich mich mit meiner 18-jährigen Tochter und ihren FreundInnen unterhalte, bin ich positiv gestimmt und habe Hoffnung. Jetzt darf nur der Finger am roten Knopf nicht nervös werden.

In eine ganz andere Kerbe als ein Großteil der Platte schlägt 'Schwarz', eine Ode an die Szene. Wie sortierst du dich und LETZTE INSTANZ denn ein? Fühlt ihr euch zu 100 Prozent als Teil der Schwarzen Szene angekommen oder seht ihr euch da als übergreifenden Grenzgänger?
Wir sind die Grenzgänger, ganz klar. Wenn man uns einem Genre oder gar einer Szene zuordnen möchte, würde ich mich selbst, in der Gänze des INSTANZ-Schaffens, der Gothicszene im weitesten Sinne zuordnen. Nach wie vor. Wir mögen die Menschen und das Gemeinschaftsgefühl dieser Szene sehr. Für sie haben wir die Hommage 'Schwarz' geschrieben.

Welche Wünsche hast du für dich und deine Band für die kommende Zeit? Gibt es nach der Tour einen Gig, auf den du dich derzeit besonders freust?
Das ist natürlich ganz klar das Jubiläum der Band. Wir werden offiziell 20 Jahre alt und das feiern wir zusammen mit ZERAPHINE, LORD OF THE LOST und vielen anderen am 13.10.2018 im alten Schlachthof zu Dresden. Darauf konzentriert sich gerade alles. Was danach kommt, werden wir sehen. Momentan gibt es dafür noch keine freien Denkkapazitäten.

Möchtest du noch etwas loswerden und unseren Lesern mitteilen?
Ich wünsche dir und euch alles Gute, Frieden und Gesundheit.

Redakteur:
Leoni Dowidat

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