LORDS OF DECADENCE: Interview mit Norbert, Andy, Paul und Bernd

10.10.2006 | 21:51

Ihr mögt melodischen Death Metal finnischer bzw. schwedischer Prägung? Ihr zählt Bands wie CHILDREN OF BODOM, IN FLAMES und SOILWORK zu euren Faves? Dann solltet ihr unbedingt mal die LORDS OF DECADENCE anchecken! Das Quartett ist eine der vielversprechendsten Nachwuchsacts aus dem benachbarten Österreich, stand 2003 als einzige Metal-Band im Finale des Emergenza-Wettbewerbs, gewann 2004 den Opener-Slot auf dem Summer Breeze Festival...
Live stehen sie für eine energiegeladene Show, und auf dem zweiten Album "Bound To Fall" befreien sie sich erfolgreich von jeglichen Plagiats-Vorwürfen. Mit wie viel Herzblut sie hinter ihrer Musik stehen, merkt man auch dem folgenden Interview an, in dem alle vier Lords - Gitarrist/Sänger Norbert Leitner, Bassist/Sänger Andy Tuma, Schlagzeuger Paul Tikal sowie Gitarrist Bernd Kladler - unheimlich viel zu berichten haben.

Elke:
Erzählt mir doch bitte erstmal, wie die LORDS OF DECADENCE eigentlich zusammen gefunden haben.

Andy:
Norbert und ich kennen uns schon, seit wir fünf Jahre alt waren, wir sind Nachbarn in einer winzig kleinen Ortschaft nördlich von Wien. Zum Glück hat sich unser Musikgeschmack in exakt die selbe Richtung entwickelt, sonst stünden wir heute nicht hier (lacht). Viele Jahre später, im Herbst 2000 - Norbert und ich hatten gerade beschlossen, eine Metal-Band zu gründen - hatte ich das unheimliche Vergnügen, unserem Land zu dienen, soll heißen, ich musste zum Bundesheer (bzw. zur Bundeswehr - so nennt man's bei euch). Das einzig Positive dort war, dass ich bei einem meiner langen Nachtdienste mit "Rekrut Kladler" vom Nebenzimmer ins Plaudern kam - und siehe da: Der war doch tatsächlich Metalhead und ein 1-A-Gitarrist! Als sich dann noch herausstellte, dass Bernds jüngerer Bruder Werner Schlagzeuger war, war die Sache gegessen: Ein paar Tage später wurde die erste Jamsession in Bernds Jugendzimmer angesetzt, und der Rest ist Geschichte, wie man so schön sagt. (lacht)

Leider entschied sich Werner im Sommer 2004 aus der Band auszusteigen, was natürlich sehr traurig war, weil er ja ein sehr guter Freund von uns allen geworden ist. Trotzdem musste es weitergehen, wir inserierten in diversen Webzines und da hatten wir wirklich Glück: Auf eines unserer ersten Inserate meldete sich Paul, er war überhaupt erst der dritte Drummer, den wir "ausprobiert" haben. Und es war Liebe auf den ersten Blick! Nach der ersten gemeinsamen Nummer - und ich bitte das jetzt wirklich nicht falsch zu verstehen (lacht) - war klar, dass Paul unser neuer Drummer ist. Und seitdem werken wir vier am Lords-Sound.

Elke:
Was macht ihr im "wirklichen Leben" - Jobs, besondere Interessen, persönliche Details?

Andy:
Persönliche Details gäbe es sicher haufenweise über uns zu erzählen, ich weiß nur nicht, ob das jetzt sooo interessant ist, wir sind doch eher Durchschnittstypen, würde ich sagen. Wir stehen mit beiden Beinen im Leben, haben unsere regulären Jobs (da ist vom EDV-Techniker und Journalisten über den Feuerwehrmann bis zum Skilehrer alles dabei) und sind jetzt nicht unbedingt die abgefreakten Metaller aus der Unterwelt. Und ich glaube, gerade das ist einer unserer größten Vorteile: Wir haben uns nicht darauf versteift erfolgreich zu sein. Klar, wir probieren was nur geht - aber wenn's nicht klappt, steht keiner von uns vor dem Nichts, denn wir haben alle ein Leben neben der Musik. Wir sind einfach gute Freunde, die halt ein etwas zeit- und geldaufwendigeres Hobby haben als so manch andere. Unsere Hauptintention ist und bleibt Spaß zu haben und Musik zu machen, die uns gefällt.

Elke:
Euer erstes Album "Cognotive Note Of Discord" entstand zunächst in Eigenregie und wurde erst nachträglich von dem italienischen Label Scarlet Records lizenziert. Wie seid ihr mit dem Label in Kontakt gekommen, und hat sich die Zusammenarbeit für euch ausgezahlt?

Bernd:
Stimmt, "Cognotive Note Of Discord" ist wie auch jetzt "Bound To Fall" komplett in Eigenregie entstanden. Nachdem wir es mit "Cognotive..." zur Eigenproduktion des Monats im Rock-Hard-Magazin geschafft hatten, haben sich einige Labels für uns interessiert - unter anderem auch Scarlet Records aus Mailand/Italien. Natürlich waren wir damals alle sehr überrascht über die doch ziemlich vielen Angebote, da diese CD ursprünglich nur als Demo gedacht war und ihr eigentlicher Sinn darin bestand, sie an Veranstalter etc. zu schicken, vor allem um an Gigs zu kommen. Letztlich konnte uns Scarlet mit dem besten Angebot überzeugen, und so haben wir unser Erstlingswerk den Italienern anvertraut. Natürlich hat sich die Zusammenarbeit alleine schon aus Promotionsgründen für uns ausgezahlt. Das Album ist immerhin weltweit erhältlich und es gibt Reviews in allen wichtigen Magazinen und E-Zines. Das Beste, was einer jungen Band wie uns passieren konnte...

Elke:
Stilistisch wart ihr damals merklich von drei Bands beeinflusst: CHILDREN OF BODOM, IN FLAMES und SOILWORK. Die Meinungen darüber, ob ihr nun eine gute oder schlechte "Kopie" dieser Bands darstellt, gingen bei meinen Kollegen sehr weit auseinander (siehe Review). Solch extrem gegensätzliche Auffassungen sind in den Rezensionen von POWERMETAL.de eher selten. Wie fielen denn die Kritiken in anderen Magazinen aus?

Bernd:
Natürlich können wir unsere Einflüsse nicht leugnen. Die drei genannten Bands waren damals nicht nur unsere Faves, sondern auch irgendwie eine Art Richtschnur. Für uns war immer klar, dass wir harten, aber melodischen Metal machen wollen. Dass wir mit "Cognotive..." keinen komplett neuen Sound erfunden haben, ist uns bewusst. Ich finde aber dennoch, dass wir mit unserem Debüt für alle Freunde des Melodic Death Metals ein gutes Album abgeliefert haben. By the way: Es sei erwähnt, dass auch ein Alexi sich gerne mit Anleihen von anderen Musikern bedient (lacht). Man weiß ja, dass ein gewisser Herr Malmsteen zu seinen Vorbildern gehört, und das hört man auch bei einigen CoB-Songs sehr deutlich heraus.

Was die Reviews zu "Cognotive..." betrifft, kann ich nur sagen, dass 95 % sehr gut ausgefallen sind. Die restlichen 5 % waren eher negativ, gerade wegen oben genannter Gründe. Wir haben aber prinzipiell kein Problem mit negativen Reviews, solange sie konstruktiv sind. Dass wir nicht den Geschmack aller treffen können ist logisch, und dass wir die Gefühle so mancher "Die-Hard-Fans" von SOILWORK, IN FLAMES und CHILDREN OF BODOM verletzt haben, weil unsere Songs zu ähnlich klingen, kann ich mir auch nicht wirklich vorstellen. Wir fühlen uns eher bestätigt, wenn wir mit den Top-Acts verglichen werden.

Elke:
Es gibt noch einige weitere Parallelen zu den genannten Bands. Erst mal sollt ihr euren Namen einem CHILDREN OF BODOM-Song entliehen haben. Und ein komplett weißes Outfit wie bei eurem Gig auf dem Summer Breeze vor zwei Jahren hatte man zuvor auch schon mal bei IN FLAMES gesehen. Wolltet ihr auf Nummer sicher gehen, in dem ihr euch zunächst in jeder Hinsicht an euren Vorbildern orientiert, um so das Interesse der entsprechenden Zielgruppe zu wecken?

Andy:
Nein, das war sicher nicht die Intention dabei. Bei unserem Outfit war's eigentlich eher Zufall: Das reicht zurück bis zu unseren frühesten Anfängen, als wir noch auf Bandcontests spielten. Als wir 2003 (als einzige Metalband) im Finale des Emergenza-Bandcontests standen, wollten wir uns irgendwie vom Rest der Bands abheben, die halt in Jeans und T-Shirts auftraten. Wir haben uns dann einfach überlegt, dass sich jeder von uns eine Farbe für sein Outfit aussucht und das zu einem seiner "Markenzeichen" macht. Bernd war komplett blau angezogen, Werner (unser damaliger Drummer) schwarz, ich rot und Norbert eben weiß. Die Sache ist ziemlich gut angekommen, hat ja auch witzig ausgesehen, und wir haben das auch für ein paar Gigs beibehalten. Aber nach einer Zeit waren wir drei alle "neidisch" auf Norberts White-Look, weil der einfach am geilsten rüber kam - gerade bei den Lichtshows, weil weiß einfach am besten reflektiert. Na ja, und dann haben wir einfach beschlossen, uns alle weiß anzuziehen. That's it.

Dass das IN FLAMES auch mal gemacht haben, ist natürlich wahr und das haben wir auch gewusst, aber wir haben es ihnen sicher nicht bewusst nachgemacht. Wie gesagt war es damals unser Hauptziel, uns irgendwie von den anderen Bands abzuheben, und so was (also ein geplantes Outfit) gab's nicht oft bzw. gibt's ja auch heute nicht so oft. Nach einer Zeit sind wir aber wieder davon abgekommen - heute spielen wir in den Klamotten, auf die wir einfach Lust haben. Aber vielleicht fällt uns ja wieder mal etwas Witziges ein, mal sehen.

Was den Bandnamen betrifft, ist es aber tatsächlich so wie du sagst: Der ist indirekt von CHILDREN OF BODOM entliehen. Das reicht aber noch weiter in die Vergangenheit zurück, da waren wir überhaupt erst zu zweit, Norbert und ich. Es war spät abends, wir saßen bei ein paar Bier und guter Mucke auf der Terrasse seiner Eltern und überlegten uns einen Namen für unsere in Planung befindliche Band. Und irgendwann kam der Song 'Children of Decadence' von CoB aus den Boxen. Das Wort "Decadence" hat mir immer schon irrsinnig gut gefallen, und das "Lords" kam halt dann einfach dazu. Man darf da auch nicht zuviel reininterpretieren, wir suchten schlichtweg einen Namen, der etwas her macht, universell einsetzbar ist (also jetzt nicht typisch Black- oder Death-mäßig) und uns gefällt. Ganz nüchtern waren wir bei diesem Brainstorming zwar nicht mehr, aber wir denken - auch im Nachhinein betrachtet - eine ganz gute Wahl getroffen zu haben.

Elke:
Das zweite Album "Bound To Fall" trägt offenbar wieder den Stempel "Eigenproduktion". Was ist aus der Zusammenarbeit mit Scarlet geworden?

Bernd:
Momentan sind wir noch auf der Suche nach einem Deal bzw. Label für "Bound To Fall". Ob es Scarlet oder ein anderes Label sein wird, wird sich zeigen. Zurzeit warten wir jedenfalls noch die Reaktionen der Labels, die wir bemustert haben, ab.

Elke:
Auch wenn der Begriff schrecklich abgedroschen klingt, so finde ich "Bound To Fall" eine ganze Ecke erwachsener als das Debüt. Zum einen, weil ihr euch darauf nicht mehr ganz so stark an euren Vorbildern orientiert, zum anderen ist es stilistisch vielfältiger, ihr integriert hier und da ein paar "genrefremde" Elemente, die mir gut gefallen. Ihr seid denke ich auf dem guten Weg zu einem eigenen LORDS OF DECADENCE-Stil, oder?

Norbert:
Danke für das Kompliment! Ich finde auch, dass "Bound To Fall" auf jeden Fall erwachsener und reifer klingt als "Cognotive...", aber auch moderner, aggressiver und vor allem eigenständiger. Beim ersten Album waren wir noch auf der Suche nach unserem Sound. Wir waren noch eine sehr junge und unerfahrene Truppe, und wie schon erwähnt song- und soundmäßig eher an einige größere Bands angelehnt, denn wer erfindet schon von heute auf morgen einen neuen Sound? Beim zweiten Album haben wir versucht, die Elemente beizubehalten, die uns gefallen und Härte nachgelegt. Ich glaube wir sind damit auf einem ganz guten Weg.

Elke:
War die Herangehensweise an die Songs dieses Mal anders? Und woher kommt der verstärkte Einsatz von klarem Gesang, der übrigens ziemlich gut rüberkommt?

Norbert:
Im Großen und Ganzen hat sich beim Songwriting-Prozess für "Bound To Fall" gar nicht so viel geändert. Ich schreibe den größten Teil der Songs alleine im eigenen Studio. Ich habe allerdings meine Fühler in den letzten Jahren nicht nur in den Heavy-Bereich ausgestreckt, sondern beschäftige mich u. a. auch durch meinen Job als Tontechniker mit vielen anderen Musikstilen. Das hat automatisch den Sound/die Songs der Lords mit verändert. Speziell der vermehrte Einsatz von cleanem Gesang, für welchen hauptsächlich ich auf dem Album zuständig bin, ist für mich eine neue Herausforderung und öffnet mir neue Möglichkeiten beim Songwriting. Mehr kann ich eigentlich auch nicht dazu sagen - Ich schreibe einfach die Mucke, die mir gefällt, oft ist hier gar nichts geplant, es passiert einfach. Ich bin mir sicher, das nächste LoD-Album wird wieder anders klingen und neue Features beinhalten. Mal kucken...

Elke:
Auch die Texte sind nicht mehr ganz so "angepisst" wie auf dem Debüt. Wer ist bei euch hauptverantwortlich für die Texte, und wie persönlich sind sie?

Paul:
Die Texte schreiben hauptsächlich Andy und ich. Was dabei verarbeitet wird, hängt großteils vom aktuellen Tagesgeschehen ab. Wir tragen beide nicht den Weltschmerz auf unseren Schultern, aber ab und zu geht einem was am Nerv und dann schreibt man darüber.

Elke:
Trotzdem sind die dieses Mal gar nicht mehr so "fuck-lastigen" Lyrics immer noch mit einem "Parental Advisory"-Sticker versehen - gibt's dafür eine Zensurbehörde, oder schreibt ihr das selbst wegen irgendwelchen Marketing-Aspekten aufs Cover?

Paul:
Der Sticker kam von unserem Grafiker automatisch mit drauf, wir haben ihn bis heute ehrlich gesagt noch gar nicht hinterfragt. Marketing-Gag steckt keiner dahinter - oder hast du dir schon mal eine CD nur wegen diesem kleinen schwarz-weiß-Pickerl gekauft?

Elke:
Ähm, nein. War ja auch nur so eine Idee.

Andy:
Bei den Texten, die ich schreibe, geht's nach wie vor auch oft um Persönliches. Persönliche Ängste, persönliche Schicksalsschläge usw. Wobei man da wirklich nicht zuviel reininterpretieren sollte. Hauptsächlich geht es mir darum, die Musik gut zu ergänzen. Für mich steht absolut die Musik im Vordergrund, nicht der Text.

Elke:
Die beiden bisherigen CD-Cover enthalten in Farbgestaltung und Aufmachung gewisse Parallelen, was ich in Bezug auf den Wiedererkennungswert sehr gelungen finde. Überhaupt ist es eher ungewöhnlich, von einer Band ohne Vertrag mit derart hochwertig aufgemachten Produkten versorgt zu werden. Wer ist bei euch für die optische Gestaltung zuständig?

Bernd:
Schön, dass du die Parallelen erkannt hast. Wir haben die Farbgestaltung bewusst so gewählt um irgendwie einen eigenen Stil in unsere Cover hineinzubringen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird unser nächstes Albumcover wieder in diesen Farben gestaltet. Was das Artwork generell betrifft können wir uns glücklich schätzen, zwei wirklich geniale Freunde zu haben! Beide sind sehr gute Grafiker und unglaublich kreativ – echte Künstler. Die Zusammenarbeit hat wunderbar funktioniert, obwohl sich die beiden vorher nicht einmal gekannt haben. Für die Grundidee und die Fotos ist Kemal Kara (http://www.kemalkara.com ) verantwortlich, für die graphische Umsetzung Niki Menger (n.menger@chello.at). Noch mal danke an euch zwei!

Andy:
Die beiden machen bei uns vom Cover-Artwork über das Merchandise bis hin zur Videoproduktion und Homepage-Programmierung alles und sind somit unser fünfter bzw. sechster Mann. Und bis jetzt haben sie nicht einen Euro dafür verlangt oder kassiert. Das sind Freunde, die man nicht mal auszahlen könnte, wenn man es wollte. Ich glaube aber die beiden wissen, wie dankbar wir ihnen dafür sind, und dass, wenn sie mal was von uns brauchen, wir für sie da sind.

Elke:
Steckt hinter dem (zwar krassen, aber originellen) Vor- und Rückseiten-Motiv von "Bound To Fall" eine Botschaft, oder passte es einfach zum Titel?

Bernd:
Natürlich steckt hinter dem Cover auch eine Botschaft, die Deutung überlassen wir aber allen, die sich damit beschäftigen wollen. Wer sich das Cover genauer ansieht, wird einige kleine versteckte Finten entdecken. Einer der beiden Künstler hat sich auch verewigt. Ich habe selbst eine Ewigkeit gebraucht, um zu finden wo. Alles in allem wollten wir sowohl musikalisch als auch vom Design her ein geiles Produkt abliefern, und die Reaktionen sagen uns bis jetzt, dass uns das gelungen ist Was gibt es schöneres für einen Musiker?

Elke:
Auf der aktuellen CD gibt es außerdem ein Live-Video, was die ohnehin schon professionell wirkende Scheibe noch zusätzlich aufwertet. Wie finanziert ihr als Band ohne Vertrag ein solches Produkt?

Norbert:
Ich muss zugeben, dass wir in dieser Hinsicht wirklich verdammtes Glück haben, von Leuten umgeben bzw. mit Leuten befreundet zu sein, die uns solche Sachen ermöglichen, ohne dass wir uns bei den genannten Projekten in den finanziellen Ruin werfen.

Beim Video zu 'Point Of No Return' hat uns - wie bereits von Andy angedeutet - Kemal Kara, einer unserer Grafiker, unterstützt. Er selbst dreht leidenschaftlich gerne Kurzfilme und hat deshalb auch die Erfahrungen und Verbindungen zu dem benötigten Equipment. Gedreht haben wir das Video im Planet Music in Wien, mittlerweile unserem Heimstadion könnte man sagen. Hier hat man die Möglichkeit, an konzertfreien Tagen die Location für wenig Kohle zum Proben oder ähnliches zu mieten. Unser Kumpel Martin Kames (Lichttechniker Planet Music, HATEBREED, etc.) hat uns eine fette Lichtshow geliefert und der Dreh war im Kasten.

Was den musikalischen Part der Scheibe angeht, haben wir wieder alles in meinem Studio (http://www.lodproductions.com ) produziert. Anfangs als kleines Homestudio zum vorproduzieren gedacht, hat sich auch dies über die Jahre entwickelt und es ist mir mittlerweile möglich, Produktionen abzuliefern, die sich glaub ich im Vergleich zu den "Großen" nicht verstecken brauchen. Das sind alles Vorraussetzungen, die das Arbeiten extrem erleichtern, vor allem natürlich finanziell. Wir haben die Scheibe lediglich bei Sunshine-Music (http://www.sunshinemusic.at ) professionell mastern lassen. Ja, und die Kosten für das Presswerk sind natürlich auch noch angefallen. Aber das war's dann auch schon.

Elke:
Verkauft ihr die CD nur über eure Homepage, oder gibt's auch externe Vertriebe?

Norbert:
Verkauft wird das Album bis jetzt nur über unsere Homepage und bei unseren Konzerten. Mehr kann ich momentan leider noch nicht sagen, da wir selber noch auf Rückmeldungen der bemusterten Labels warten. Man wird sehen... Drückt uns die Daumen, dass wir einen Deal an Land ziehen können!

Elke:
Aber natürlich! Ich habe in meinem Review zu "Bound To Fall" ja die Behauptung aufgestellt, dass ihr längst einen lukrativen Plattenvertrag hättet, wenn ihr nicht aus Österreich, sondern aus Schweden oder Finnland stammen würdet - vor allem wenn man beobachtet, dass manche Labels gewisse Bands offenbar gerade deswegen unter Vertrag nehmen, weil sie "klingen und aus dem gleichen Land kommen wie" eine bekanntere andere Band und sich deswegen gut vermarkten lassen. Seht ihr das ähnlich?

Andy:
Tja, gerade über das Thema haben wir uns die letzten Wochen ausführlichst Gedanken gemacht und auch diskutiert. Auf einen grünen Zweig sind wir aber nicht wirklich gekommen. Das ist ein so schwieriges Thema, da könnt ich dir jetzt eine Diplomarbeit drüber schreiben...

Ich weiß nicht, ob wir schon einen lukrativen Deal hätten, wären wir nicht aus Österreich. Tendenziell würde ich das sogar verneinen, weil ich immer noch ein Optimist bin und mir denke, Gutes setzt sich durch, egal aus welchem Land es kommt. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sich ein Label denkt "Wow, gute Mucke! Was, Ösis?! Nein, dann lieber doch nicht!" Was sollte für ein Label schlecht daran sein, dass wir aus Österreich sind? Oder anders gesagt: Was sollte besser an uns sein, wären wir Schweden oder Finnen? Oder vielleicht sogar Deutsche?

Dass Labels manchmal eine Band in ihr Programm aufnehmen "weil sie so klingen wie" kann ich mir durchaus vorstellen. Ich bin mir sogar sicher, dass das so ist. Aber in so einem Fall ist da der Grundgedanke wohl eher "Spektrums-Ergänzung", also z. B. wenn ein Label eben noch keine Melo-Death-Band dabei hat, kann sie ja durchaus eine nehmen, die so ähnlich klingt wie IN FLAMES, das ist ja legitim, und weder der Band noch dem Label wird's schaden.

Bei uns war die Zeit bis jetzt wohl einfach noch nicht reif für einen guten Deal. Aber noch ist ja nicht aller Tage Abend, wir sind immer noch zuversichtlich, mit "Bound To Fall" was auf die Reihe zu kriegen, mal sehen was kommt. Wir werden auf jeden Fall weiterhin unser Bestes geben und uns aufdrängen, wo's nur irgendwie möglich ist. Also liebe Labels: Wenn ihr das ein oder andere nervige Mail von uns bekommt, wisst ihr ja weshalb. (lacht)

Elke:
Wie ist der derzeitige "Markt" für Metal-Bands in und aus Österreich? Außer einer Hand voll mehr oder weniger bekannten Acts hört man von dort nicht viel. Hat man es als Band wie ihr dort besonders schwer, oder auch nicht schwerer als beispielsweise in Deutschland?

Andy:
Das stimmt schon, es sind wirklich nur eine Hand voll Acts, die es über die Grenzen schaffen, und dies leider auch nicht in dem Ausmaß, in dem sie es verdienen würden. Ich glaube, die letzte Metal-Band aus Österreich, die es "wirklich geschafft" hat (also die sich einen Namen im Ausland gemacht hat und dort vollends akzeptiert wird) ist immer noch PUNGENT STENCH. Seitdem gibt es ein ziemliches Loch. Wobei: Jetzt vor kurzem haben BELPHEGOR einen Deal mit Nuclear Blast abgeschlossen, der wird ihnen sicher einiges an Popularität und Bekanntheit bringen.

In gewisser Weise hat man es als Metal-Band in Österreich schon etwas schwieriger, einfach weil die Szene viel viel kleiner ist als in Deutschland. Deutschland ist ja immerhin der größte Metal-Markt der Welt, bitte vergesst das nicht, wenn ihr so was fragt - gegen eure Szene schauen fast alle anderen klein aus. Nimm alleine mal die Anzahl von großen Festivals, die es bei euch gibt, und vergleiche das mit den Ländern um euch herum. Wir hier in Österreich haben z. B. kein einziges richtig großes "reines" Metal-Festival. Das einzige, das wir hatten - das "Metalfest Vienna" - ist nach Slowenien übersiedelt. Dann gibt's noch die etwas kleineren wie z. B. das Kaltenbach oder das Rock am Lake und das war's dann auch schon wieder. Die Mega-Festivals wie Nova Rock oder Aerodrome lasse ich jetzt aus, die sind vom LineUp eher zu vergleichen mit Rock am Ring, da hast du einfach ein viel breiteres, kommerzielleres Spektrum.

Jedenfalls ist das Hauptproblem hier bei uns meiner Meinung nach, wirklich wahrgenommen zu werden und zu guten Auftrittsmöglichkeiten zu kommen. Sogar wenn du es schaffst, einen Support-Slot zu ergattern, kann es sein, dass du vor 30 oder 40 Leute, von denen du dreiviertel namentlich kennst, spielst - ist uns auch schon passiert. Große Festivals gibt's wie gesagt kaum, und machst du selber dein eigenes Fest, kämpfst du jedes Jahr ums (finanzielle) Überleben. Also wo auftreten und was tun? Raus aus Österreich, möglichst viel im Ausland spielen, klar. Aber das ist ja dann auch nicht so einfach. Auch wenn ihm die Band gut gefällt, wird sich der Booker vom z. B. Party San Open Air drei Mal überlegen, ob er wirklich eine Band bucht, die 600 Kilometer entfernt wohnt und in Deutschland eher unbekannt ist.

Auch bei dieser Geschichte läuft's auf dasselbe raus wie bei den Labels: Es gehört einfach eine Riesenportion Glück dazu. Einmal den richtigen Gig vor den richtigen Leuten gespielt und die Sache kann zum Selbstläufer werden. Muss aber nicht. Man darf auf jeden Fall nicht resignieren, solange wir Spaß an der Musik haben, werden wir weitermachen und uns ins Zeug legen, sei es auf einem Gig in Mödling vor 50 oder auf dem Summer Breeze vor 2000 Leuten.

Elke:
Wobei ihr in Sachen Support-Slot ja schon recht gut im Geschäft zu sein scheint. Bei euch in Österreich wird ja häufig noch eine lokale Vorband auf das Billing größerer Tourpakete gesetzt. Und wenn ich mir die Gigs auf eurer Homepage anschaue, könnt bzw. konntet ihr schon für ein paar namhafte Bands (SOILWORK, DIE APOKALYPTISCHEN REITER, HATESPHERE) eröffnen und wart auch schon auf einigen deutschen Festivals (Summer Breeze, Dong) zugegen. Habt ihr gute Beziehungen zu einem örtlichen Konzertveranstalter, oder sorgt der im Booklet erwähnte "Manager" dafür, euch unters Volk zu bringen??

Andy:
Also mal vorweg: Manager trifft's nicht ganz. Ich würde eher sagen, Chris ist unser "fachlich versierter Rechtsbeistand" (lacht). Er hilft uns vor allem mit unseren Verträgen, d. h. er setzt sie für uns auf, korrigiert sie und erklärt sie uns. Von uns hat keiner ein abgeschlossenes Jura-Studium, und bei so manchen Verträgen braucht man das ja schon, um sie sinnerfassend lesen zu können. Außerdem ist er schon lange in dem Geschäft tätig und unterstützt uns mit seiner Erfahrung und seinen Kontakten. Aber es gibt auch genug Sachen, die wir nach wie vor selber machen, z. B. läuft das Booking noch immer hauptsächlich über mich. Es ist eine Art Symbiose, wir lernen quasi gegenseitig von uns, und da kann ja nichts Verkehrtes dran sein. Ich kenne genug Geschichten von Bands, die Hals über Kopf irgendwas unterschrieben haben und gröbste Probleme damit bekamen, weil sie nicht mehr aus den Verträgen rauskommen. So etwas kann bei uns nicht so leicht passieren, weil wir eben immer noch diese Kontrollinstanz haben, und da sind wir froh drüber.

Das Booking läuft größtenteils über mich, wobei ich eher fürs "Tagesgeschäft" zuständig bin, also Gigs in unserer Umgebung, teilweise eher kleiner usw. Die oben genannten haben wir aber eigentlich hauptsächlich Leuten zu verdanken, die unsere Musik (oder uns selber) mögen und uns deshalb unterstützen, oder mit denen wir einfach zusammenarbeiten. Oder auch dem Zufall, wie das beim Summer Breeze der Fall war: Da hab ich einfach auf einen Aufruf im Hammer geantwortet, Material einzusenden. Das war so eine Art Wettbewerb, und Hauptpreis war der Opening Slot, den wir dann eben gewonnen haben.

Ansonsten kennen wir mittlerweile eigentlich keinen Genierer mehr, wir fragen sowieso jeden und überall, ob wir nicht spielen könnten. In zehn Fällen kommen dann zwar wahrscheinlich acht Absagen, aber die zwei, die dann klappen, sind vielleicht extrem geile Gigs, wer weiß. Gerade in Deutschland haben wir bis jetzt immer sehr gute Erfahrungen gemacht, haben immer super Feedback bekommen usw. Natürlich würden wir gerne noch wesentlich öfter bei euch spielen, aber wie zuvor schon gesagt: So einfach ist es leider nicht. Bis jetzt haben wir halt das eine oder andere Mal Glück gehabt und sind ins Billing gerutscht.

Aber mal sehen - beim Dong Open Air haben wir auch wieder einige Kontakte geknüpft, vielleicht geht da ja was. Wir denken da immer von Gig zu Gig. Bei größeren Shows ergeben sich oft gleich ein paar Nachfolge-Auftritte, das sind meistens die besten Chancen, als eher unbekannte Band im Ausland zu Auftritten zu kommen. Und vieles läuft halt auch auf Bandbasis. Wir haben zu einigen Bands einen sehr guten Kontakt, da macht man halt dann mal was auf Austauschbasis, oder du wirst einfach von ihnen weiterempfohlen. So etwas spricht sich dann herum, und im Endeffekt profitiert auch jeder davon.

Elke:
Was muss man denn tun, um euch mal nach Deutschland zu holen?

Andy:
Ja, wie gesagt: Wir kommen jederzeit und sehr gerne für einen Auftritt zu euch, an uns soll's nicht scheitern. Wir stellen glaub ich weder unrealistische Gagen-Forderungen noch unerfüllbare Auflagen. Es sind auch schon diverse Planungen am laufen, was Gigs in Deutschland betrifft, aber wirklich konkret ist leider noch nichts. Die letzte Zeit haben wir uns eher unserem neuen Album gewidmet, also geschaut, dass wir zu Reviews kommen, Labels bemustert etc. Aber jetzt konzentrieren wir uns wieder auf den Live-Sektor, denn man kann ja neues Material immer noch am besten live vorstellen. Konkret planen wir gerade die Gigs für die erste Hälfte 2007 sowie die Festivalsaison, da muss man schon jetzt beginnen, sonst ist es eh wieder zu spät.

Also, noch mal kurz zusammengefasst: Fix is Nix! Deswegen haltet euch am besten über unsere Homepage http://www.lordsofdecadence.com oder auf http://www.myspace.com/lordsofdecadencemetal am Laufenden. Sobald wir einen Gig fixiert haben, steht er online, und mit ein bisschen Glück wird auch der ein oder andere in Deutschland dabei sein.

Elke:
Das hoffe ich sehr! Nach so vielen tiefgründigen Erläuterungen jetzt noch was Lustiges zum Abschluss: Wenn die LORDS OF DECADENCE eine Pizza wären, was wäre darauf?

Andy:
Ich verstehe zwar überhaupt nicht, worauf du mit dieser Frage hinaus willst, aber gut - ist wohl eine philosophische Sache, die ich nicht verstehen muss. (lacht) Ich sag jetzt einfach mal geräucherter Schinken, weil a) wir gerne Fleisch essen und b) drei von uns rauchen.

Norbert:
Sambal Olek! Und Doppelt-Käse!

Bernd:
Chili-Öl, das ich selbst angesetzt habe. Das ist das beste!

Paul:
Biiiiieeeeeer!

Andy:
Ok, also quasi "mit alles - mit scharf". Und von mir gibt's noch ein Spiegelei oben drauf - für den Eiweiß-Haushalt. (lacht)

Buaähhh... Klingt wirklich fürchterlich... Der erste, der uns einen Bildbeweis schickt, dass er diese Pizza runter bringt, bekommt ein Exemplar unseres neuen Albums geschenkt. Und einen Kotz-Kübel. (lacht)

Redakteur:
Elke Huber

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