MAGNUM: Diskografie-Check Teil 2 | Platz 14 - 8
04.04.2024 | 13:53Wer den ersten Teil unseres Rückblicks auf die gesamte MAGNUM-Diskografie gelesen hat, der wird sicher schon mitbekommen haben, dass die britischen Rocker eigentlich keinerlei schlechte Alben aufgenommen haben. Entsprechend spannend gestaltet sich auch der Blick auf die nächsten sieben Platzierungen, denn bei keinem bisherigen Diskografie-Check waren die Ergebnisse in Sachen verschiedener Dekaden der Bandgeschichte so bunt durchgemischt wie bei Tony Clarkin, Bob Catley und Co.
13. The Serpent Rings
Ein wenig bin ich ja immer noch enttäuscht, dass sich "The Serpent Rings" aus dem Jahr 2020 so weit unten in unserem Ranking wiederfindet. Für Walter und mich rangiert die Platte nämlich eigentlich in den Top 10 der MAGNUM-Diskografie, doch gerade Jonathan und Jakob sehen das komplett anders, vergeben sie doch beide nur die Ränge 17 und 18 für elf frischen Kompositionen. Ob es daran liegt, dass durch die dank Corona verschobene Tour keine so große Bindung zu den Songs herrschte, weil man sie nicht ausgiebig auf der Bühne präsentieren konnte? Oder ob es daran liegt, dass MAGNUM wohl selten so hart, rockig und modern geklungen hat wie auf dem 20. Studioalbum?
Nun, der letzte Punkt ist zumindest der Grund, der mir "The Serpent Rings" so besonders schmackhaft macht. Klingt die Platte doch irgendwie eigenartig futuristisch und herrlich nach Achtzigern im gleichen Atemzug, was für mich eine sehr reizvolle Kombination hervorbringt. Fast meint man, den Einfluss von Basser Dennis Ward herauszuhören, der für den abgewanderten Al Barrow zur Band stieß und ja selbst auch ein mehr als bekannter Produzent im Rock-Sektor ist. Trotzdem hielt auch hier Tony Clarkin wieder die Strippen fest in der Hand und das kompositorische Genie hatte dieses Mal hörbar Lust auf ordentlich knallende Gitarren. Klar, von metallischen Sphären war MAGNUM auch 2020 noch weit entfernt, trotzdem rocken der grandiose Opener 'Where Are You Eden?' und auch 'You Can't Run Faster Than Bullets' munter drauf los und machen unmissverständlich klar, dass die Briten auch nach all den Jahren im Business ihren Biss und das Gespür für tolle Melodien nicht verloren haben. 'Madman Or Messiah' gefällt mir im Anschluss sogar noch besser, verbindet der Track doch düster-beschwörerische Strophen mit stampfender Gitarrenarbeit und ist auch vier Jahre nach dem Release noch immer mein heimlicher Liebling auf "The Serpent Rings".
Natürlich kommen aber auch die epischen Longtracks auf dem 20. Studioalbum nicht zu kurz, denn der Titeltrack und das herrlich vielseitige 'The Archway Of Tears' punkten in jeweils über sechs Minuten mit tollen Gitarren, feiner Rhythmusarbeit und einem Bob Catley, über dessen einmalige Stimme ich wohl nicht mehr viel sagen muss. Klar, hinten raus gibt es auch ein wenig gut umgesetzte MAGNUM-Basics zu bestaunen, was dann schlussendlich einen Konkurrenzkampf mit den ganz großen Höhepunkten der Diskografie verhindert, doch ein beachtliches und lohnenswertes Spätwerk ist "The Serpent Rings" allemal und hätte daher durchaus weiter oben in unserem Ranking landen müssen.
13. Into The Valley Of The Moonking
Punktgleich mit "The Serpent Rings" kommt "Into The Valley Of The Moonking" aus dem Jahr 2009 über den Zielstrich. Für mich war die Scheibe immer eines dieser klassischen "middle of the road"-Alben, das weder großartig aneckte, gleichzeitig aber auch nicht den bleibendsten Eindruck hinterlassen hat.
Selbst der reine Entstehungsprozess war wenig aufregend, denn musikalisch setzten Clarkin und Co. einfach nahtlos dort an, wo der Vorgänger "Princess Alice And The Broken Arrow" aufgehört hatte. Dabei gab es im Vorfeld der Platte durchaus einiges zu verkraften, denn der ehemalige Schlagzeuger Kex Gorin verstarb im Jahr 2007 an Krebs, was MAGNUM dazu veranlasste eigene Memorabilia zu versteigern und ein Benefizkonzert zu spielen, um der Familie des ehemaligen Mitstreiters zu helfen. Ebenfalls begab man sich auf eine Tour, um das 20. Jubiläum von "Wings Of Heaven" zu feiern. Abgefärbt hat die regelmäßige Aufführung des Achtziger-Klassikers allerdings nicht, denn die nach der Tour entstandenen Songs bergen zumindest für mich lange nicht die gleichen Qualitäten wie die unsterblichen "Wings Of Heaven"-Kracher.
Dafür ist "Into The Valley Of The Moonking" eher ein Album, das genossen unter dem Kopfhörer zum Eintauchen und Entdecken diverser Details einlädt. Da wären zum einen etwa das feine Piano in 'All My Bridges', das für mich in Teilen sogar einen leichten GENESIS-Vibe versprüht, oder die bluesigen Leads im Longtrack 'The Moonking', der auch nach zig Durchläufen nicht langweilig wird. Das dramatische 'A Face In The Crowd' tritt dagegen in die Fußstapfen zahlreicher Epen aus dem MAGNUM-Kosmos ohne die Klasse selbiger zu erreichen. So bleibt zumindest mein persönlicher Liebling der stampfenden Rocker 'Take Me To The Edge', der noch die größte Hit-DNA offenbart.
Dass ich mit meinem 15. Platz den Silberling am kritischsten sehe, dürfte euch da nicht verwundern. Wobei meine Vorbehalte sicher auch in Teilen von der etwas eigenartigen Produktion der Platte befeuert werden, denn so kratzig wie hier klangen Tony Clarkins Gitarren eigentlich noch nie, und auch Bob Catleys Stimme wird zumindest für mich nicht immer ins rechte Licht gerückt. Schlussendlich sehen auch meine Kollegen "Into The Valley Of The Moonking" nicht fundamental anders, denn Walters Nennung auf dem 12. Rang bleibt der Höhepunkt für ein solides MAGNUM-Album, das den gewohnte Qualitätsstandard hält, ohne in die ganz großen Klassiker-Sphären vorzustoßen.
12. The Visitation
Zwei Jahre später sind die Briten mit "The Visitation" zwar auch noch nicht in jenen erlauchten Sphären angekommen, doch insgesamt agiert man im Jahr 2011 wieder deutlich zwingender als auf dem direkten Vorgänger, weswegen unser Kollege Frank das Album sogar auf dem achten Platz sieht. Ansonsten bewegt sich der Silberling, dessen detailverliebtes Cover übrigens erneut von Rodney Matthews gezeichnet wurde und Bezug zum Track 'Doors To Nowhere' nimmt, auch in der Redaktion im Mittelfeld, wobei Jakob Schnapp mit seinem 16. Rang den Tiefpunkt setzt.
Und während die Scheibe ihre Runden dreht, als ich diese Zeilen hier schreibe, frage ich mich, warum "The Visitation" nicht doch weiter oben gelandet ist. Gerade in den eröffnenden Minuten hat das Songmaterial nämlich alles, was man sich von einem Album der Briten wünscht. Gerade 'Black Skies' ist als Opener ein unheimlich epischer und fast schon symphonischer Brocken, der gerade mit seinen stampfenden Riffs eine herrliche Dramatik ausstrahlt. Das eben bereits erwähnte 'Doors To Nowhere' ist dagegen ein klassischer MAGNUM-Rocker mit coolem Backbeat, großem Refrain und massivem Hit-Potential. Der Titeltrack ist dagegen deutlich experimenteller unterwegs, gerade wenn im Mittelteil der Synthesizer massiv in den Vordergrund rückt und so eine durchaus spannende Note mitbringt, bevor Bob mit seiner grandiosen Stimme den Refrain wieder in die Gehirnwindungen hämmert.
Ja, danach bekommen wir primär gutes MAGNUM-Futter geboten und die ganz großen Klassiker-Anwärter sind großteils nicht mehr dabei, doch Ausfälle sucht man ebenfalls komplett vergebens. Im Gegenteil, 'Freedom Day' ist ein wunderbar getragener und erneut dramatischer Longtrack, der bei mir sogar ein paar Gedanken an 'Belfast Child' von den Kollegen SIMPLE MINDS aufkommen lässt, zumindest wenn es um die generelle Atmosphäre der beiden Tracks geht. Einen weiteren Geheimtipp möchte ich euch in Form von 'The Last Frontier' mit auf den Weg geben, denn auch wenn die Nummer mit ihren vordergründigen Keyboards eher eine ungewohnte MAGNUM-Nummer ist, weckt sie bei mir doch ein paar "Wings Of Heaven"-Referenzen und ist eine wunderschöne Ballade, die Bob Catley herrlich in Szene setzt.
So wird der 12. Platz wohl am Ende erneut in der starken Diskografie der Briten begründet liegen, denn auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Andere Bands würden wohl gerne ein Album wie "The Visitation" schreiben können, während es im Falle von Clarkin, Catley und Co. mit dieser Qualität nur zum Diskografie-Mittelfeld reicht.
11. Escape From The Shadow Garden
War ich angesichts der Platzierung von "The Visitation" leicht verwundert, kann ich den 11. Rang für "Escape From The Shadow Garden" einfach überhaupt nicht nachvollziehen. Dabei sei erwähnt, dass die Scheibe aus dem Jahr 2014 durchaus einen sentimentalen Stellenwert für mich hat. Nachdem ich Bob Catley nämlich über sein Mitwirken bei AVANTASIA entdeckt hatte, flog mir plötzlich das auf der Tour zum Album mitgeschnittene Livealbum "Escape From The Shadow Garden - Live 2014" zu einem attraktiven Preis vor die Nase und ich wollte doch einmal hören, was Bob so mit seiner Hauptband fabriziert. Da mit 'Live 'Til You Die', 'Unwritten Sacrifice' und auch 'Falling For The Big Plan' direkt drei Nummern des damals aktuellen Albums in der Setliste platziert wurden, prägten selbige neben den gespielten Klassikern natürlich massiv mein Bild von MAGNUM. Doch auch wenn ich inzwischen die gesamte Diskografie betrachte, hat das siebzehnte Studioalbum bei mir einen besonderen Platz im Herzen, weswegen ich gemeinsam mit Frank auch den fünften Platz vergebe.
Das Problem ist nur, dass die übrigen Kollegen die atmosphärisch eher düstere Scheibe deutlich weiter hinten sehen, wobei Jonathan mir dem 18. Platz und Jakob mit Rang 14 die Lowlights setzen. Verteidigen kann ich die Position der Kollegen aber nicht wirklich, denn mir läuft "Escape From The Shadow Garden" auch zehn Jahre nach dem initialen Release wunderbar rein. Die drei ganz großen Höhepunkte habe ich dabei schon genannt, denn 'Live 'Til You Die' punktet mit wuchtigen Riffs, während 'Unwritten Sacrifice' eine gewohnt dramatische MAGNUM-Nummer mit grandiosem Refrain ist. Und 'Falling For The Big Plan'? Nun, diese Nummer geht einfach massiv nach vorne und ist einer dieser beschwingten Rocker, die man gerade auf einer Autofahrt immer gerne auflegt. Trotzdem hat der Track auch ein paar beschwörerische Momente zu bieten und abseits des Refrains auch eine gute Portion Melancholie im Gepäck.
Doch auch neben diesen drei Glanzpunkten hat der Schattengarten zahlreiche wunderbare Deepcuts zu bieten. So ist etwa 'Midnight Angel' eine teils sehr von den Keyboards getragene und experimentell anmutende Nummer, die gerade Bob viel Platz für seine einmalige Stimme bietet, während 'Valley Of Tears' die Platte mit symphonischen Untertönen und tollen Harmonien beendet, wobei der Track sogar mit anderen Longtrack-Klassikern des Katalogs locker mithalten kann. Ihr bemerkt es schon, anders als es die Platzierung in unserem Diskografie-Check vermuten lässt, wäre "Escape From The Shadow Garden" für mich - und offensichtlich auch Frank - ein Album, das ihr euch unbedingt auf dem Einkaufszettel notieren solltet, wenn ihr die MAGNUM-Essentials im heimischen CD-Regal abdecken wollt.
10. Princess Alice And The Broken Arrow
MAGNUM, wie man die Band kannte und wollte, war 2007 endlich zurück! Vergessen waren die Ausflüge in modernere Sounds und schwermütige Themen, jetzt wurde wieder fantasiert und bombastisch gerockt. Das Zückerchen auf der Torte war das Cover von keinem geringeren als Rodney Matthews! Hatte die Kritik der Fans, die die beiden Vorgänger mit Recht zwar als Schritt in die richtige Richtung, aber eben noch lange nicht am Ziel sahen, gewirkt? Nun, zumindest sagte Bob Catley, das Album sei das ausgeglichenste Album, das sie je geschrieben hätten, und genauso gut wie "On A Storyteller's Night"[1]. Damit legte er die Messlatte natürlich sehr hoch.
Nach und nach konnten die Fans erste Einblicke in das Album gewinnen. Die Band war im Juni 2006 ins Studio gegangen und schon bald gab es einen ersten, kleinen Clip aus dem Studio und im August 2006 gab man auch den Albumtitel bekannt: "Princess Alice And The Broken Arrow"[2]. Im November gab es endlich erste Hörproben und ein neues MAGNUM-Logo, gezeichnet von Rodney Matthews, wurde vorgestellt. Ja, das war MAGNUM, die echten, die alten, die Fantasy-MAGNUMs und ein Ausschnitt aus dem Song 'Dragons Are Real' zeigte, dass die Fans berechtigt gehofft hatten.
Jimmy Copley wurde nun auch offiziell der neue Drummer der Band und dann durfte die Welt die ersten Lieder komplett hören. MAGNUM war zurück und als das Cover gezeigt wurde, gab es sogar ein paar Erklärungen seitens Bob Catleys über das Cover, von dem er berichtete, dass die Band den Fuchs und Alice mit dem zerbrechenden Pfeil auf dem Cover haben wollte. Alice selbst ist nach einem Waisenhaus in Birmingham benannt und das Konzept ist, dass Alice eine Abmachung mit dem verschlagenen Fuchs eingeht und den Pfeil als Friedenssymbol zerbricht, um die Kinder in den Käfigen zu befreien, die der Fuchs gefangen hatte. So entstand ein loses Konzept.[3]
Das Album beginnt gleich mit einem Hammer, dem Siebenminüter 'When We Were Younger'. Langsam beginnend mit Keyboards steigert sich das Stück zu einem bombastischen Rocker mit einem unwiderstehlichen Refrain, der zu einer Entdeckungsreise in die (neue) Welt der Briten einlädt. Übrigens ist dies auch Bob Catleys Lieblingssong auf "Princess Alice And The Broken Arrow". Mit 'Eyes Wide Open' wird es tatsächlich ein wenig wie 1985 und mit 'Like Brothers We Stand' folgt ein Song, der den zerbrochenen Pfeil als Symbol aufnimmt, denn dies war ein Friedenssymbol der amerikanischen Ureinwohner, die durch eine unaufhaltsame Flut an Siedlern mit Hilfe von immer wieder gebrochenen Versprechen unterjocht wurden. Danach wird es mit 'Out Of The Shadows' rockiger.
Das bereits erwähnte 'Dragons Are Real' scheint anfangs wie das Highlight des Albums, von dem es auch einen Videoclip gibt, aber später können andere Stücke aufschließen. Dann wird es erstmals ruhiger mit 'Inside Your Head', aber mit 'Be Strong' kriegt die Band wieder die Kurve zu den fetzigen Rockern, auch wenn das Stück nicht an die ersten sechs Lieder heranreichen kann. Überhaupt ist die zweite Hälfte des Albums mit den ruhigen 'Thank You For The Day', dem gemächlichen 'Desperate Times' und dem typischen MAGNUM-Midtempo-Song 'Your Lies' ein wenig schwächer als der Auftakt. Doch das anfangs balladeske 'You'll Never Sleep', das sich dann zu einem echten Rockhighlight des Albums entwickelt, ist dann nochmal ein großartiger Rausschmeißer.
In den Charts konnte das Album Platz 60 in Deutschland und sogar Platz 29 im UK erreichen. Die Band war von dem neuen Material so überzeugt, dass auf der anschließenden Tour nur Lieder von "Princess Alice And The Broken Arrow" neben Klassikern Platz fanden und die beiden vorherigen Alben komplett ignoriert wurden[4]. In unserer Redaktion findet sich Alice ungefähr in der Mitte wieder. Warum? Nun ja, Jakob und Jonathan vergeben Platz 9, Tobias Platz 10, ich sogar Platz 7. Aber Walter ist der Spielverderber und spendiert nur einen 15. Platz, offensichtlich kann er meine noch immer spürbare Euphorie ob der Rückkehr zu alten Stärken nicht ganz teilen.
[1] Unbekannt (2007): MAGNUM To Release New Album In March; https://blabbermouth.net/news/magnum-to-release-new-album-in-march; abgerufen am 12.3.2024
[2] Vielhaber, Martin (2022): 21. Princess Alice And The Broken Arrow – Return To Fantasy; https://magnum-biography.jimdofree.com/index/princess-alice-and-the-broken-arrow-return-to-fantasy/; abgerufen am 12.3.2024
[3] Wikipedia.com; Originalquellen nicht mehr abrufbar auf bravewords.com und hardrockhouse.com; abgerufen am 12.3.2024
[4] Kayser, Stefan (2008): MAGNUM: Interview mit Tony Clarkin; powermetal.de; https://powermetal.de/content/artikel/show-MAGNUM__Interview_mit_Tony_Clarkin,6188-1.html; abgerufen am 12.3.2024
9. Vigilante
Ich gebe zu, dass mich der 9. Platz für "Vigilante" überrascht hat. Aber er zeigt letztlich, wie stark diese Band ist. Das kitschige Einhorn-Album gehört eindeutig zu meinen Favoriten im Back-Katalog der Band. Als Produzent konnte einerseits David Richards gewonnen werden. Er hatte sich schon um IGGY POP, QUEEN und CHRIS REA gekümmert. Ergo: Der Sound wurde "kommerzieller". Als zweiter Produzent stieg niemand geringeres als Roger Taylor selbst ein. Der Schlagzeuger von QUEEN war sonst an keiner außerordentlich wichtigen Produktion beteiligt.
Das Klangbild dieses Albums ist doch deutlich vom Vorgänger unterschieden. Es ist insgesamt "weicher", die Songs sind durchaus radiotauglicher, der emotionale Schmalz-Gehalt ist nach oben getrieben. Ganz klar: Auf "Vigilante" präsentiert uns MAGNUM keine Scheibe am Rande des Hard Rock, sondern seeligen Radio-Rock, aber natürlich auf höchstem Songwriting-Niveau.
Die Songs sind es daher auch, die besondere Aufmerksamkeit verdienen. Der Titelsong gehört in jede vernünftige MAGNUM-Top-5, aber auch 'Need A Lot Of Love' hätte ein Radio-Hit werden sollen (davon hatte die Band ja leider eh viel zu wenige - ein Unding!). 'When The World Comes Down' gehört in die Riege der großen MAGNUM-Epiker.
Neben Platz 24 im Vereinigten Königreich gelang auch in Deutschland der Einstieg in die Albencharts, auf einem moderaten 59. Platz. In unserem Ranking landet das Album bei Frank nur auf der 11, bei Tobias sogar nur auf der 13 - und Jakob platziert das Scheibchen sogar auf der 15. Walter und ich dagegen vergeben Platz 4. In Summe gibt das einen soliden 9. Platz, der für mich vor allem zeigt, wie viele gute Pfeile diese Truppe im Köcher hatte.
8. Lost On The Road To Eternity
Wenn ein Fakt sich bisher etabliert haben sollte im Rahmen dieses Diskografie-Checks, dann dass jede Phase der illustren Karriere von MAGNUM ihre Momente hatte und dass sich gerade das Spätwerk oft nicht vor den Klassikern verstecken muss.
Ein solcher Moment ist auch "Lost On The Road To Eternity", das im Jahr 2018 veröffentlicht wurde und innerhalb der Band einen kleinen Umbruch markiert. So waren hier nämlich erstmalig die Neuzugänge Rick Benton (Keyboards) und Lee Morris (Schlagzeug) zu hören, gleichzeitig griff Basser Al Barrow letztmalig für die Briten in die tiefen Saiten, denn eineinhalb Jahre nach dem Release verließ er die Band. Natürlich sind aber die Stützpfeiler Bob Catley und Tony Clarkin, der wie gewohnt auch als Produzent fungierte, weiterhin dabei und gerade Tony scheint für das neunzehnte Studioalbum eine schier unerschöpfliche Quelle von tollen Ideen angezapft zu haben. Schon das eröffnende und entspannt rockende 'Peaches And Cream' offenbart nämlich ungeahnte Hit-Qualitäten, die sich praktisch wie ein roter Faden durch den gesamten Silberling ziehen.
Ebenfalls haben die Keyboards eine herrlich orchestrale und symphonische Qualität, die etwa 'Tell Me What You've Got To Say' oder auch dem überragenden Titeltrack, bei dem übrigens AVANTASIAs Tobias Sammet einen starken Gastauftritt hinlegt, ungeahnt epischen Noten verleihen. Epik ist dabei ein gutes Stichwort, denn auch der Longtrack 'Welcome To The Cosmic Cabaret' überzeugt auf ganzer Linie, wobei es mir vor allem der bluesig-düstere Mittelteil angetan hat, der schließlich in einer großartigen Gesangseinlage von Bob mündet, bevor der Song wieder in einer Kaskade von tollen Gesangslinien aufgeht.
Neben diesen Höhenpunkten sind es anno 2018 aber vor allem die kompakten Rocker mit Hit-Potential, die das Quintett auszeichnen. 'Show Me Your Hands' etwa geht einem schon nach einem Durchlauf nicht mehr aus dem Ohr und 'Storm Baby' hat mit seinem wuchtigen Riff und einem tollen Hook alles im Gepäck, was einen MAGNUM-Klassiker ausmacht. Zu guter Letzt soll auch die Ballade 'Without Love' nicht unerwähnt bleiben, die ebenfalls zu den stärkeren Momenten der letzten beiden MAGNUM-Dekaden gehört.
Kein Wunder, dass es bei dieser Beschreibung neben zwei achten Plätzen bei Jonathan und Walter von mir sogar eine Nennung auf dem vierten Platz gibt. Frank mit einem 14. Rang und auch ein eher skeptischer Jakob (Rang 12) verhindern am Ende, dass die Scheibe noch weiter oben landet, doch angesichts der Alben, die uns noch erwarten, muss auch ich als Liebhaber der Scheibe gestehen, dass ein achter Platz am Ende in Ordnung geht.
Das Coverartwork, das wie gewohnt aus der Feder von Rodney Matthews stammt, gehört aber definitiv in die Top 5 des Katalogs, vereint es doch im gewohnten Stil die Figuren aus "Der Zauberer von Oz" und "Alice im Wunderland" und nimmt damit Bezug zum philosophisch angelegten Text des Titeltracks, der die Irrungen und Wirrungen des Lebens thematisiert.
Und mit diesen Worten endet der zweite Teil unseres Diskografie-Checks zum MAGNUM-Katalog. Die wirklich entscheidenden Fragen sind aber natürlich noch unbeantwortet: Wird am Ende eine Post-Reunion-Platte das Rennen machen, oder siegen doch die Klassiker aus den Achtzigern? Welches Album aus dem neuen Jahrtausend ist das beste? All diese Antworten liefern wir in wenigen Tagen im letzten Teil unserer Reise durch den MAGNUM-Kosmos.
Hier geht's zu Teil 1 und Teil 3 des MAGNUM-Diskografie-Checks.
- Redakteur:
- Tobias Dahs