MAROON: Interview mit Andre Moraweck
29.11.2007 | 00:18MAROON haben mit "The Cold Heart Of The Sun" eines der besten modernen Metalalben 2007 abgeliefert. Wie es dazu kam, berichtet Sänger Andre Moraweck am Telefon.
Thomas:
Hallo Andre, wo steckst du gerade?
Andre:
Ich bin im Büro, das wir direkt neben unseren Proberäumen eingerichtet haben. Von hier aus lassen sich Interviewtermine und dergleichen ganz in Ruhe abwickeln.
Thomas:
Euer neues Album liegt mir seit einigen Tagen vor und ich bin ehrlich begeistert! Wo habt ihr das denn bitte hergenommen?
Andre:
Oh, danke! Woher? Naja, das wissen wir selber nicht so genau. Es ist einfache die logische Weiterentwicklung der letzten Scheibe, der Band an sich und auch von uns als Personen. Natürlich hat man den Anspruch sich nicht einfach zu wiederholen. Und da Genrevorgaben, Trends oder Business-Kram uns schon immer kalt gelassen haben, haben wir einfach das gemacht, was wir am besten können, nämlich unseren Kopf durchsetzen! Diese Musik war einfach in unseren Köpfen. Beim Schreiben wurde uns dann schon bewusst, dass das sowohl eine sehr schnelle und harte, aber auch melodiöse Platte wird, die unser Spektrum erweitern wird und wir fanden schnell Gefallen daran.
Thomas:
Wo und wie entstanden die Songs?
Andre:
Das läuft bei uns ganz traditionell ab. Alle fünf treffen sich zum Proben im Proberaum und irgendeiner - egal ob Gitarrist, Schlagerzeuger oder wer auch immer - kommt mit einer Idee an, aber nie schon mit einem ganzen Song. Entweder steht am Anfang ein Riff, oder ein Drumpart oder wenn ich etwas Bestimmtes im Kopf habe, muss ich das mit meiner "Mundgitarre" vorspielen, hehe.
So wird aus dem Songwriting natürlich ein langwieriger Prozess, wenn immer alle fünf dabei sind und ihren Senf dazugeben. Wenn ein Song dann aber erstmal "auf Demo" ist, dann ist der auch schon von allen akzeptiert und braucht nicht nochmal neu verhandelt zu werden.
Computerprogramme und Austausch von Files, die irgendjemand alleine gemacht hat, gibt es nicht, bei uns entstehen manche Stücke eher noch durch einfaches Jammen.
Thomas:
Nach den Reviews zu urteilen, die so im Umlauf sind, bin ich nicht der Einzige, dem "The Cold Heart Of The Sun" richtig gut gefällt. Wie zufrieden wart ihr denn selber mit dem Album, bevor der Lobgesang anschwoll?
Andre:
Für uns war es von vorne herein klar, dass wir wahrscheinlich unsere bis hierhin beste Platte abgeliefert haben und je öfter ich die Platte höre, umso mehr bestärkt mich das in dem Bewusstsein. Es kommt überhaupt eher selten vor, dass man seine eigenen Sachen hört. Dieses Album höre ich aber noch vergleichsweise oft. Manchmal picke ich mir auf meinem zehnminütigen Weg zur Arbeit einen einzelnen Song raus. Ich freue mich einfach jedes Mal wieder über die Platte und natürlich besonders über den Zuspruch von Außen. Wenn dann auch noch die ganze Band zufrieden ist - und das waren wir schon bei der Vorproduktion - kann es doch kaum besser kommen.
Wer weiß, in welche Richtung es nächstes Mal geht und auf welche Experimente wird dann Lust haben.
Thomas:
Dein Lieblingssong ist ...
Andre:
... stimmungsabhängig. Brauche ich einen aggressiven Song, ist es z.B. 'For Those Unseen'. Wenn ich mich für einen einzigen entscheiden muss, ist das wohl 'Black Halo', weil ich bei der Nummer meinen Kopf durchgesetzt habe. Ich mag Bands wie NEUROSIS, die atmosphärische dunkle Musik machen. Zu meiner großen Freude stieß der Ansatz bei allen anderen auf offene Ohren und unsere Gitarristen haben meine Ideen echt großartig umgesetzt und weiterentwickelt. Die Nummer ist also quasi mein Baby und ich bin besonders stolz darauf.
Thomas:
Die Frage, wo denn die Unterschiede zu eurem letzten Album liegen, wäre wohl ziemlich dämlich. Darum habe ich mir überlegt, diesmal nach den Gemeinsamkeiten zu fragen. Wo ist der roten Faden oder anders ausgedrückt, wo sind die Trademarks von MAROON?
Andre:
Das ist wiederum eine sehr gut Frage. Ich finde, es ist zum einen unsere Kompromisslosigkeit. Jede einzelne Platte hat eine ganz klare Richtung. "Endorsed By Hate" sollte eine brutale, wirklich stumpfe Platte werden. Wir wollten einen vom Cover über den Sound bis hin zu den Texten brutalen, angepissten Hassfladen rauskotzen und haben das konsequent durchgezogen.
Danach haben wir erkannt, dass das Leben auch ein paar positive Seiten hat, die man in Melodien, Melodiebögen, zweistimmigen Gitarrenläufen etc. ausdrücken kann. Das Ergebnis war "When Worlds Collide".
In diesem Sinne hat bei uns jede Platte ihre Marschrichtung ohne die Trademarks von MAROON zu verraten. Das sind Thrash- und Death-Metal-Parts gepaart mit ordentlichen Moshparts und immer wiedekehrenden Stellen zum Mitsingen. Letztere gehen auf unseren Hardcore-Background zurück, weswegen es uns ganz wichtig ist, das Publikum einzubeziehen. Die Leute sollen auf die Bühne kommen können, mitsingen und einfach ausrasten und Spaß haben.
Auch unserer textlichen Linie bleiben wir sehr treu und versuchen immer alltägliche und sozialkritische Probleme einzubeziehen. Darunter mischen sich natürlich kryptische persönliche Dingen, die sehr dunkel und manchmal schon fast apokalyptisch sind. Dabei ist aber auch immer ein kleines Augenzwinkern. Ich denke, man merkt uns an, dass wir uns selbst nicht so ernst nehmen wie unsere Musik.
Thomas:
Ich unterstelle mal, ihr seid gegenüber den letzten Platten auch einfach bessere Musiker geworden und habt jetzt Möglichkeiten, die ihr zu "Endosed By Hate"-Zeiten nicht hattet.
Andre:
Genau das ist es! Ständig fragen mich Leute, wieso wir denn jetzt diesen ganzen Kram machen, wo wir doch früher nur "E-Saite gemosht" hätten. Dann Antworte ich immer: "Ja, weil wir früher nicht mehr konnten!". Es sind ja auch Leute dazugekommen: ein zweiter Gitarrist, ein neuer Schlagzeuger. Nick's (dr.) Fähigkeiten übertreffen die unseres alten Schlagzeugers bei weitem. Wenn man ein bisschen mehr kann, dann zeigt man das natürlich auch. Ich denke, durch die vielen Live-Shows ist meine Stimme auch noch besser und variabler geworden.
Thomas:
Allem Anschein nach gibt es aber schon eine Menge Bands, die lieber einer ganz speziellen Ausrichtung treu bleiben, obwohl sie vielleicht vom Spielvermögen her auch noch andere Sachen drauf hätten.
Andre:
Ich finde das schade. Wir sind uns bandintern einig, dass wir uns nie limitieren wollen. Zu "Endorsed..."-Zeiten wären wir niemals darauf gekommen, einen Song wie 'Some Goodbyes Are Farewells' zu machen, aber eben das macht uns aus. Ich möchte mich selbst in der Band verwirklichen und den Leuten mit der Musik und den Texten zeigen, wie ich's mir vorstelle, MAROON zu sein. Wenn Bands das anders sehen, dann wahrscheinlich, weil sie mit ihrer aktuellen Ausrichtung Erfolg haben und deswegen immer wieder das gleiche machen - sollen sie doch! Tut mir nur für die Personen selber leid, denn das bedeutet oft, dass im Privatleben auch Stillstand herrscht.
Thomas:
Wo du gerade 'Some Goodbyes...' erwähnst: Bist das etwa du, der da die Clean-Vocals eingesungen hat?
Andre:
(lacht leise) Ja. Mein erster zögerlicher Versuch in dieser Richtung. Es existieren noch Demoaufnahmen von weiteren Songs mit solchen Passagen, wo es eigentlich ganz gut funktioniert. Sowas wird es in Zukunft noch öfter geben, vielleicht noch leicht abgewandelt. Was wir aber nicht machen wollen, ist diese typische Kombination mit einem hohen cleanen und fast schon poppigen Chorus und Gekreische in den Strophen. Ich versuche mich in dieser Richtung weiterzuentwickeln und habe da auch schon privat einige Projekte am Laufen, die man am ehesten dem elektrischen Pop zuordnen könnte. Von daher war es jetzt kein absolutes Neuland für mich und meine Bandkollegen waren auch alle sehr angetan davon. Ich bin jetzt schon zehn Jahre in dieser Band und war vorher in anderen Bands und kenne bisher nur Geschrei. Darum bin ich schon ein bisschen stolz auf das Ergebnis. Ich liebe nun mal die Herausforderung der Weiterentwicklung, ohne wäre ich wohl auch privat nicht zu ertragen.
Thomas:
Die meisten Punkte sammelst du aber nach wie vor mit fiesen Schreien. Woher nimmst du die Wut dafür und was tust du, damit sich deine Stimmbänder nicht auflösen?
Andre:
Also ich habe genug Wut im Bauch! Das resultiert einfach aus meiner Überzeugung. Wer unsere Texte kennt, weiß, dass Ungerechtigkeit gegenüber Menschen oder Tieren darin immer wieder thematisiert werden. Generell spielen Wut und auch Verzweiflung eine große Rolle in meinem Leben - nicht weil ich ein Selbstmordkandidat wäre, sondern weil mich diese dunkle Seite einfach interessiert. Ich kann also wenn es sein muss schon eine ordentliche Portion Wut freimachen.
Im Falle von "The Cold Heart Of The Sun" hat unser Produzent Alexander Dietz allerdings auch manchmal drastische Mittel angewandt, indem er mich einfach über Stunden in der Gesangskabine eingesperrt hat. Das hat mich wirklich irgendwann rasend gemacht. Man kann die Kabine nur von außen aufmachen und ich wollte da wirklich raus und dachte nach jedem Take "So, das war's jetzt ...", aber Alex hat dann immer noch eine weitere Aufnahme angesetzt. Irgendwann hatten wir fast 1500 Takes und ich hatte zehn Tage an der Platte gesungen und war stinksauer. Ich muss aber zugeben, dass das Ergebnis mit der Zeit tatsächlich immer besser wurde.
Um bei Stimme zu bleiben, mache ich mich sehr sorgfältig warm. Ich hatte nie Gesangsunterricht, habe mir aber mal von einem Gesangslehrer einige Atem- und Aufwärmtechniken zeigen lassen. Das Programm dauert 20 Minuten und das muss ich auch durchziehen und auf Tour nach dem Konzert immer fein die Klappe halten. Was mir natürlich nicht ganz leicht fällt, weil ich hinterher immer gern viel erzähle und Party mache bis morgens um sieben, hehe.
Das ist wie bei einem Muskel; wenn du jeden Tag Fußball spielst, wird der Oberschenkel auch immer größer. Nach zwanzig Shows auf einer Tour werde ich erst richtig warm! Wir haben schon 40 Shows ohne einen Tag Pause gespielt und meine Stimme war hinterher besser als je zuvor.
Thomas:
Schon mal richtig Probleme gehabt?
Andre:
Oh ja! Richtig gut geht's mir erst seit drei Jahren. Vorher hatte ich kein wirkliches Aufwärmprogramm, nicht mal eine Idee, was das überhaupt ist und bin völlig kalt auf die Bühne gegangen. Damals habe ich zwei oder drei Tage durchgehalten und dann Blut und Eiter gekotzt. Weil es so katastrophal aussah, habe ich mich beraten lassen. Die haben mir dann gesagt, wenn ich so weitermache, bekomme ich in drei Jahren wahrscheinlich keinen Ton mehr raus.
Thomas:
Bei eurer Releaseparty wurde mitgefilmt. Wird es eine DVD geben?
Andre:
Mitgeschnitten? Na gut, ein bisschen, ja. Es war eigentlich schon geplant, eine professionellere Kamera zu bekommen, was dann logistisch nicht geklappt hat. Unsere Abstimmung untereinander war da nicht optimal. Wir werden sehen, was wir nun davon verwenden können. Bisher haben wir zwar noch nichts gesichtet, aber diese Show war so oder so eine der besten, die MAROON je gespielt haben. Schon die von der letzten Platte war klasse. Dieses Mal waren wieder an die tausend Leute da. Das sind für mich die Highlights unserer Karriere!
Thomas:
Auf eurer Internetseite habt ihr vor der Show versucht, die Vorband durch die Fans per Vote auswählen zu lassen. Wie man lesen konnte, ging das allerdings nach hinten los. Was ist da passiert?
Andre:
Ich finde das total schade. Wir hatten ursprünglich die Idee, ein Portal wie Myspace zu nutzen, um eine gute Band zu finden. Bei unseren eigenen Überlegungen standen die Kandidaten ziemlich schnell fest, aber dann dachten wir: "Warum nicht noch jemanden dazunehmen, den keiner kennt?" Einen echten Newcomer eben, dem wir die Möglichkeit geben wollten, vor sechs- bis siebenhundert Leuten zu spielen. Nicht zuletzt weil wir selbst genauso angfangen haben und auf solche Gelegenheiten angewiesen waren. Leider ist der Vote von irgendwelchen superschlauen Freaks gehackt worden und schon war das Ganze im Prinzip hinfällig. Das machte sich bemerkbar, indem wir an manchen Tagen Zugriffszahlen hatten, die in die Millionen gingen, das entspricht etwa 50 Votes pro Sekunde! Danach haben wir nochmal alles auf Null gesetzt und einen Vote per Email aufgesetzt. Wenig später ist das Gleiche nochmal auf einem anderen Weg passiert. Das bedeutete für uns, dass unsere Idee auf diese Weise nicht funktioniert und wir haben es sein lassen.
Thomas:
Am Ende hat also keine Band gespielt?
Andre:
Aus Gründen der Fairness war das der einzige Weg. Sonst hätten doch alle gedacht, wir hätten das Voting gemacht, obwohl schon längst eine Band feststeht. Wir werden sowas auch nicht wieder machen. Es tut mir echt leid für die Bands, die viel in diese Sache investiert haben, indem sie Leute geworben und Aufrufe gestartet haben.
Thomas:
Ich habe euer Tourtagebuch von der Tour mit AS I LAY DYING, HIMSA und DARKEST HOUR im Rockhard gelesen, wo ihr jeden Abend als erstes ran musstet. Würdest du die Aussage von Patrick Schmidt unterschreiben, ihr hättet bei einer Deutschlandtour dieses Paketes mindestens Co-Headliner sein müssen?
Andre:
Ach, das ist mir völlig egal. Ich hatte so einen Spaß auf dieser Tour! Wir waren mit Freunden unterwegs und wenn DARKEST HOUR Co-Headliner waren, dann waren sie das nun mal. Weil sie DARKEST HOUR sind, oder weil sie Amerikaner sind oder das gleiche Management haben - völlig egal. Die Tour war super für uns. Vielleicht hatten wir einen unangemessenen ersten Platz, aber wenn sich jemand darüber ärgern musste, dann waren das eher HIMSA oder eben DARKEST HOUR, wobei letztere mindestens ebenso gut angekommen sind wie wir. HIMSA hatten da schon eher Schwierigkeiten an manchen Abenden. Wenn wir auf die Bühne kamen, war der Laden immer schon voll, wir haben alles an Merchandise verkauft, was wir dabei hatten. Der Platz im Billing war echt unwichtig, für uns war es schlicht die beste Tour, die wir je hatten und es wird auf jeden Fall eine Fortsetzung geben.
Thomas:
AS I LAY DYING haben ja das Image einer Christen-Core-Band. Wie dürfen wir uns eine vegan-straight-edge-christliche Aftershow-Party vorstellen?
Andre:
So eine Party gab es nicht. Weder wir noch AS I LAY DYING verfolgen da irgendwelche missionarischen Absichten. Es gab einige interessante Gespräche über Religion, wobei wir festgestellt haben, dass AS I LAY DYING in ihren Ansichten längst nicht so extrem sind, wie man das vielleicht manchmal zu lesen bekommt. Jeder in der Band hat einen Glauben, aber selbst von ihnen hört man bisweilen viel Kritik an der Institution Kirche und ihrer Geschichte.
Uns werfen eh immer alle, die uns feiern sehen, vor, wir wären keine straight-edge Band mehr und würden ja alle saufen. Nur weil man uns nicht abnimmt, dass wir auch ohne Alkohol eine Menge Spaß haben können. So war es auch diesmal.
Am Ende hat man weder das eine noch das andere sonderlich bemerkt. Es wird eben immer viel erzählt und vieles überzeichnet.
Ich muss aber auch zugeben, dass es mich traurig macht, einen Typen wie den Sänger von HIMSA wieder Fleisch essen zu sehen. Vorher war er jahrelang Vegetarier oder Veganer. Es gab aber dann ein gutes Gespräch darüber, aber kein böses Blut oder irgendwelche dummen Vorwürfe - ein bisschen scherzhafte Provokation und freundschaftliche blöde Sprüche sind da außen vor.
Die Jungs hatten mit unserer Einstellung, die ja nun mal komplett antichristlich ist, ja auch kein Problem. Wahrscheinlich sind wir Heiden oder soetwas. Wer mich kennt, weiß, dass ich der nordischen Mythologie sehr zugewandt bin und das gelegentlich auch nach außen trage. Aber auch dabei bin ich eher auf reges Interesse als auf Betonköpfe gestoßen. Außerdem: Welcher christliche Hardliner läuft denn bitte im AMON AMARTH-Longsleeve inklusive Thorshammer rum?
Thomas:
Wahrscheinlich werden solche Images ziemlich oft überzeichnet.
Andre:
Wir haben mit denen natürlich auch unsere Späße gemacht und ihnen die eine oder andere Black-Metal-CD gereicht, die sie auch alle ganz klasse fanden. HIMSA hatten sogar ein Shirt auf dem "Hail Lucifer, Hail Satan" stand bei ihrem Merchandise. Als Nick von AS I LAY DYING sich dann am letzten Abend beim T-Shirt tauschen so eins ausgesucht hat, wollte John von HIMSA ihn sogar noch warnen, ob das denn für ihn auch okay wäre.
Daraufhin meinte der "Quatsch, gib schon her, ist doch cool! Satan gehört auch irgendwie zur Familie!"
Thomas:
Im letzten Jahr habe ich schon deinen Bruder auf einem Festival interviewt. Damals habe ich euer Catering gesehen und musste den Eindruck bekommen, dass der Veranstalter beim Zusammenstellen eurer veganen Mahlzeiten nicht eben engagiert und großzügig vorgegangen war. Ist das noch ein häufiges Problem?
Andre:
Das passiert immer wieder! Das klingt jetzt vielleicht blöd, aber ich glaube je größer und erfolgreicher man wird, je mehr Leute man dementsprechend anzieht, umso besser ist auch das Catering.
Abgesehen von denen, die keine Lust haben, bringen viele einfach nicht genug Kenntnisse mit und wollen diese auch nicht erweitern. Da heißt es dann: "Ich weiß nicht, wo ich sowas kaufen kann." Oder sie haben keinen Nerv in einen Bioladen zu gehen, weil sie noch das Klischee vom Grundschullehrer mit Gesundheitslatschen im Kopf haben. Im Großen und Ganzen läuft es für uns aber super mittlerweile. Zum einen haben wir einen Catering-Rider, in dem alles genau erklärt wird, was wir essen und was nicht. Zum anderen sind wir auch sehr genügsam und machen auch dann noch keinen Aufstand, wenn es am dritten Tag zum dritten Mal Nudeln in Tomatensoße gibt. Die bekommt ja noch jeder vegan hin. Im Extremfall sind wir als Band aber auch selbstbewusst genug zu sagen: "So geht's nicht!" Solange der Veranstalter dann bereit ist, mit unserem Tourmanager ein paar Sachen einzukaufen, ist das aber auch schon wieder vom Tisch. Ich muss sagen, heute ist es auch wirklich kinderleicht sich zu informieren und man kann in jedem Supermarkt solche Produkte bekommen. Es gibt mittlerweile auch durchaus mehr Bands, die sich nicht mehr mit Bratwurst und Bier abspeisen lassen, nicht nur im Hardcore sondern übrigens auch im Metalsektor. Ich sehe das natürlich gerne!
Thomas:
Als ich Tom 2006 gefragt habe, wen ihr gerne mit auf die nächste Tour nehmen würdet, fiel unter anderem der Name DEADLOCK. Deren letztes Album habe ich mir besorgt und es gefiel mir auch ziemlich gut. Wer ist denn in diesem Jahr der heißeste Kandidat?
Andre:
Das ist immer schwierig, aber generell touren wir gerne mit Freunden. Ab dem 23. November sind wir z.B. mit NEAERA auf Südeuropa-Tour. Ich höre zwar deren Musik seltener - okay, eigentlich gar nicht - aber es ist unschätzbar, wenn man Kollegen mitnimmt, von denen man weiß, dass man mit ihnen klarkommt. Bei NEAERA und DEADLOCK gibt es Leute, die auch vegan sind, das ist natürlich angenehm, wenn man backstage nicht jeden Abend zusehen muss, wie ein Tier verputzt wird.
Wenn man sich's aussuchen könnte, würde ich natürlich METALLICA nehmen, weil man dann wüsste, es kommen jeden Abend 70.000 Leute, hehe. Generell ist mir aber eine familiäre freundschaftliche Atmosphäre wichtiger als Verkaufszahlen oder Geschmäcker.
Unsere Headlinertour im Januar bestreiten wir mit zwei unbekannten Bands, die uns von Seiten des Managements nahegelegt wurden. Wir sind damit ganz glücklich, aber hätten lieber auch noch eine bekanntere Band dabei.
Thomas:
Bevor wir uns verabschieden musst du der Metalgemeinde noch eine Frage beantworten, die uns alle seit fast einem Jahr beschäftigt. Mit welcher Band spielst du 2008 beim Rock Hard Festival?
Andre:
Ich hatte ja NEAERA angekündigt, auch wenn ich mit denen da nie auftreten werde, weil sie einfach zu schlecht sind! (lacht) Ich würde sehr gerne bei den schon bestätigten PRIMORDIAL mal ein paar Gastvocals beisteuern, das ist eine großartige Band.
Ach und IMMORTAL sind ja auch da! Vielleicht rufe ich den Abbath mal an, ob er fit ist, oder ob ich lieber singen soll.
Thomas:
Ich hoffe jedenfalls, wir sehen uns auf eurer Tour im Januar und bedanke mich, dass du dir so viel Zeit genommen hast.
Andre:
Klar, kein Problem! Ich glaube, Hamburg ist schon bestätigt
- Redakteur:
- Thomas van der Laan