MEDDLSTADL: Interview mit Tim Frenzl
16.11.2011 | 09:34"..Wenn ich mir so manch neue Scheibe bestimmter Genres innerhalb des Metal anhöre, ist es da zur Volksmusik, ob von der Rhythmik oder den Texten her gesehen, nicht weit " - Tim Frenzl (MEDDLSTADL).
MEDDLSTADL aus Baden-Württemberg kombiniert deutsche Volkslieder mit Heavy Metal. Was es mit der Band auf sich hat und wie man zu diesem inhaltlichen Konzept gelangte, erläutert uns Gitarrist Tim Frenzl.
Martin:
Hallo Tim! Kannst du uns kurz berichten, wie es zur Gründung von MEDDLSTADL kam? Woher rührte die Idee "Volksmetall" - wie ihr euch selbst stilistisch bezeichnet - zu spielen?
Dunkle Mächte... nee, also Georg [Weihrauch, Sänger der Band] kam ursprünglich auf die Idee. Er fand es schade, dass es kaum guten deutschsprachigen Metal gibt. Wenn, dann ist es ja meist eher albern oder recht extrem. Außerdem fand er es reizvoll, die Lieder, die er aus seinen Jugendtagen, zum Beispiel bei den Pfadfindern kannte, in seiner Lieblingsmusikrichtung, dem Metal, auszuprobieren. Georg hat dann 2008 Oli [Tesch, Gitarrist] wieder getroffen und zusammen recht schnell mit einem oder zwei Liedern losgelegt. Darunter war auch 'Die Gedanken sind frei'. Es dauerte allerdings noch zwei Jahre, bis unsere Besetzung vollständig war. Georg hatte mich damals schon mal gefragt, aber da war ich noch in zu viele andere Projekte eingebunden. 2010 hatte ich dann mehr Luft und war von dieser Idee sehr angetan. Ab da war ich dann auch dabei.
Martin:
Tim:
Kurz gesagt: für alle, die Metal mögen. Oder besser gesagt: für aufgeschlossene Musikliebhaber. Wir bieten ja den gestandenen Metallern Volkslieder in nicht ungewohntem Gewand in guter musikalischer Qualität. Und denen, die die Volkslieder aus welchem Zusammenhang auch immer schon kennen, neue musikalische Perspektiven. Gerade dafür steht auch unsere erste Single 'Die Gedanken sind frei', sich zu öffnen für neues, um dies auch zu leben. Dass dies ganz gut klappt, hat auch schon unser erster Auftritt gezeigt.
Martin:
Du kennst sicherlich den Spruch "Volksmusik ist Volksverdummung". Befürchtet ihr nicht, dass Metalfans euch leichtfertig als "Spaßprojekt" abtun?
Tim:
Nun ja, ich war am Anfang auch skeptisch, aber mir hat die Idee gefallen, etwas ungewöhnliches zu tun. Metal machen ja so viele, aber in dieser Kombination und ohne Gaudi im Vordergrund?! Das hatte für mich seinen Reiz, weshalb ich auch dazu gestoßen bin. Sicherlich werden wir es in den Kreisen des traditionellen Metal nicht leicht haben, wo doch alles sehr ernst und true ist. Bis man vielleicht merkt, dass wir unsere musikalischen Qualitäten haben und echte Volksmusik im Gegensatz zu volkstümlicher Musik nichts schlechtes sein muss. Ich denke, dass wir eine gute Kombination aus eher traditioneller Musik des Metal und den noch traditionelleren Texte haben, um Zugang zu vielen Hören zu bekommen. Schließlich kennen ja viele die Lieder, die wir verwandeln. Und die Volksmusik, die wir neu interpretieren, hat sehr wenig mit einschlägigen Formaten aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu tun. Außerdem, wenn ich mir so manch neue Scheibe bestimmter Genres innerhalb des Metal anhöre, ist es da zur Volksmusik, ob von der Rhythmik oder den Texten her gesehen, nicht weit (lacht).
Aber bestimmt werden auch Parallelen gezogen zu Bands, die das Ganze eher in die komische Seite ziehen. Doch das ist gerade nicht unsere Zielrichtung, obwohl natürlich eine ganze Menge Selbstironie dabei ist - nur wenn man auch mal über sich selbst lacht, kann man ernst genommen werden. Wir spielen ja auch in der Musik, die wir machen, mit gewissen Zitaten, und das alles mit einem Augenzwinkern. Aber mit vollem Ernst (lacht). Das hat seinen Reiz und ich sehe es auch ein bißchen als unsere Aufgabe, die alten Lieder zu entstauben und die Leute dafür zu begeistern versuchen.
Martin:
Ihr habt einen ansprechenden Videoclip zu 'Die Gedanken sind frei' veröffentlicht. Wie wichtig sind Medien wie YouTube, MySpace und Co, um eure Musik unters Volk zu bringen?
Tim:
Diese Medien sind uns natürlich sehr wichtig - trotz alt hergebrachter Musik nutzen wir selbstverständlich die neuen Medien. Es ist für eine Band heutzutage unerlässlich, sich über diese Plattformen zu promoten, da die potentiellen Hörer diese auch vorrangig nutzen. Ich denke, gerade bei MEDDLSTADL hat die Verbindung zwischen Video und Musik seinen Reiz. Schallplatten können wir dann immer noch irgendwann pressen lassen...
Martin:
Wieviel Heaviness verträgt das deutsche Volkslied?
Tim:
Oh, mehr, als man glaubt. Es ist manchmal erstaunlich, zu was einem die Lieder inspirieren. Das schöne an Meddlstadl ist ja, dass wir uns nicht einer bestimmten Musikrichtung verschrieben haben. Ich lasse mich beim Songschreiben von dem ursprünglichen Lied inspirieren, je nach Text, Inhalt und Melodie kann es dann ein Thrash-Metal-Song oder aber auch Country-Metal werden - oder beides zusammen.
Martin:
Nehmt ihr in Zukunft auch eigene Kompositionen auf?
Tim:
Nein, das ist bislang eher nicht geplant.
Martin:
Ein Studioalbum von MEDDLSTADL ist, soweit ich weiß, in Arbeit. Kannst du einige Titel des Werkes schon preisgeben? Wann soll dieses Werk erscheinen?.
Tim:
Zuviel möchte ich noch nicht verraten, aber einen kleinen Einblick kann ich schon geben. Es werden so Knaller dabei sein wie 'Von den blauen Bergen kommen wir', das ich eben erst fertig arrangiert habe. Oder 'Die Lorelei'. Aber auch mal eher unbekanntere Lieder, wie beispielsweise 'Wie ein stolzer Adler'. Das hat sich natürlich perfekt für etwas im Stile von True Metal geeignet... (lacht). Ich denke, so bis Mitte 2012 wird es bis Erscheinen des Albums schon werden. Davor wird es aber auf jeden Fall noch eine kleine EP geben.
Martin:
Letztes Jahr seid ihr auf dem Blast Of Eternity-Festival in Heilbronn aufgetreten. Wie lief der Auftritt aus deiner Sicht?
Tim:
Für den ersten Auftritt nach relativ kurzer Zeit des Bandbestehens (drei Monate) erstaunlich gut. Klar, gab es aus Sicht der Band verbesserungswürdiges, das war auch kein Wunder. Aber von der Zuschauerseite her waren wir sehr überrascht, wie gut die Idee ankam, mit so einer durchweg positiven Resonanz und solch einer guten Stimmung haben wir nicht gerechnet.
Martin:
Sind weitere Konzerte oder gar eine Mini-Tour in Planung?
Tim:
Auf jeden Fall. Im Moment aber leider noch nicht konkret. Wir mussten dieses Jahr einiges nach hinten verschieben, da ich unter anderem wegen eines schweren Unfalls über ein viertel Jahr ausfiel und nicht Gitarre spielen konnte. Zum Glück ist das aber wieder geworden und wir können dann hoffentlich nächstes Jahr alles aufholen...
Möchtest du am Ende unseres Gesprächs noch etwas loswerden?
Tim:
Ich möchte einfach an die Aufgeschlossenheit der Leser und Metal-Hörer appellieren, sich nicht von vorneherein von der Verbindung "Volksmusik und Metal" abschrecken zu lassen. Dahinter verbergen sich alles andere als alte Socken hinterm Sofa, sondern anspruchsvoller Metal in all seinen Facetten geschaffen durch ehrliche Handwerker in Verbindung mit schönen traditionellen Liedern, die auch etwas aussagen. Ich glaube, da ist für jeden was dabei.
Na dann....lassen wir uns überraschen.
- Redakteur:
- Martin Loga