METALIUM: Interview mit Lars Ratz

01.01.1970 | 01:00

Am 25. Februar ist die dritte Scheibe von METALIUM erschienen, die folgerichtig "Hero-Nation - Chapter Three" heißt. Dies nahm ich zum Anlass, um dem Bassisten und Produzenten, Lars Ratz, ein paar Fragen zum neuen Album und zur Band im Allgemeinen zu stellen.

Martin:
Zuerst einmal herzlichen Glückwunsch zu eurer neuen Platte. Ich finde, dass "Hero-Nation - Chapter Three" sehr gut geworden ist!

Lars:
Vielen Dank.

Martin:
Was kannst du mir denn über den Albumtitel und das Konzept hinter "Hero-Nation - Chapter Three" erzählen?

Lars:
"Hero Nation" ist ein Wortspiel. In jedem Song geht es um einen HERO bzw. um einen Anti-Hero, und die Seele des Metalian wird ja reinkarniert, also ReinkarNATION. Bei diesem Wortspiel haben wir eben den Prozess des Reinkarnierens der Seele in einem Helden etwas "vertauscht", das "Reinkar-" haben wir durch "Hero-" ersetzt. - Und jetzt wird eben die Seele des Metalian reinkarniert, für jedes Land in eine andere dramatische Person dieses Landes - Nero für Italien, Rasputin für Russland... Und für England wollten wir halt nicht so was Klischeemäßiges machen wie die Könige oder Ritter - das hat es schließlich schon gegeben. Also haben wir uns gesagt, dass wir eben was machen, das noch keiner gemacht hat und auch nicht jeder machen würde, sprich: Shakespeares "Romeo und Julia". Ja, und entstanden ist dann eine Platte, die - wie es den Anschein hat, zumindest sagen das etwa 95 Prozent der Leute - die stärkste von METALIUM geworden ist. Und das freut uns natürlich.

Martin:
Warum habt ihr ausgerechnet diese historischen Gestalten ausgewählt?

Lars:
Naja, wir haben eben gemeinsam nachgedacht, und bei manchen Ländern sind wir uns ein paar mehr eingefallen und bei anderen Ländern ein paar weniger. In Spanien gibt es halt weniger als beispielsweise griechische - Zeus, Odysseus, Atlas, oder was weiß ich. Und dann haben wir eben darüber geredet und uns jeweils auf eine Person geeinigt.

Martin:
Neben den gewohnt mitreißenden Uptempo-Nummern und Balladen habt ihr dieses Mal auch verstärkt Songs im hymnischen Midtempo-Bereich. Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Lars:
Ja, das stimmt. Und das ist ja das, was wir bisher vernachlässigt haben. Das haben wir ja eigentlich nie gehabt - so groovige Nummern. Und ich wollte auch mit "Chapter Three" eigentlich erreichen, die Progressivität von "Chapter One" und die Energie von "Chapter Two" zu vermischen mit neuen Einflüssen. Deswegen haben wir auch Don Airey, früher unter anderem bei OZZY, und Ken Hensley von URIAH HEEP dazugenommen, um uns ein paar neue Klangfarben zu geben. Und dann kamen auch noch einige andere neuere Einflüsse aufgrund unserer eigenen Entwicklung dazu. Und letztendlich hörst du ja nun, was dabei herausgekommen ist...

Martin:
Wie sind denn bisher die Reaktionen auf das neue Album gewesen?

Lars:
Etwa 97 Prozent sagen, dass es das beste Album von METALIUM ist. Es gibt einen, der sagt, dass er "Chapter Two" eingängiger findet - was eigentlich von der Logik her nicht sein kann, weil die Melodien länger und ausladender waren, bewusst - wir haben "Chapter Two" bewusst komplex gemacht. - Und es gibt einen, einen einzigen - mit dem habe ich heute gesprochen -, der sagt, er sei enttäuscht. (lacht) Na gut, von mir aus, verstehen muss man das ja nicht.

Martin:
Und wie seid ihr selber mit "Hero-Nation - Chapter Three" zufrieden?

Lars:
Damit kann man schon zufrieden sein. Wir haben halt eine stärkere Produktion, die Gitarren sind lauter... Die Produktion ist heavier ausgefallen, und wir wollten eigentlich alle, dass die Gitarren ein bisschen lauter sind. Bei "Chapter Two" fanden wir sie im Nachhinein etwas zu leise. - Im Moment gibt es so viele Bands, die sich Power Metal oder was auch immer schimpfen, und da ist gar nichts von Power, da ist irgendeine Weihnachtsmelodie mit Doublebass drunter. Da haben wir uns eben gesagt, dass wir einen gewissen Gegentrend starten müssen. Und das haben wir probiert zu machen, und es ist scheinbar gelungen, so dass die Leute sagen: "Hey, die rockt ja gut ab, die Platte."

Martin:
Wie war denn die Arbeit im Studio?

Lars:
Wir haben uns in Hamburg ein eigenes Studio gebaut, und somit hatten wir erstmal völlige Freiheit und Zeit - also die besten Voraussetzungen, eine gute Arbeit zu machen, völlig relaxt. Und das hört man der Platte dann auch an, dass sie total... - meine Frau sagt, die Platte klingt völlig positiv, wenn man sie von vorne bis hinten durchhört. Und das finde ich natürlich gut.

Martin:
Nach einigen Besetzungswechseln - zuletzt hat Mark Cross die Band in Richtung HELLOWEEN verlassen - scheint es ja nun so, als ob ihr mit Matthias, Henning, Michael und dir ein stabiles und auch homogenes Line-up gefunden habt. Oder siehst du das anders?

Lars:
Das jetzige Line-up fühlt sich am einfachsten, am wohlsten an, aber wenn ich dich fragen würde, ob du in zehn Jahren noch mit deiner Freundin zusammen bist und du würdest ja sagen, dann wärst du ein Idiot. Ich kann es dir nicht sagen - wir hoffen es und wir fühlen uns wirklich sehr wohl mit diesem Line-up, und so einfach zu arbeiten war es bisher auch noch nie und deshalb klingt es auch so positiv. Ich hoffe, wir können das Line-up beibehalten - es ist das erste Line-up, wo alle Songwriter sind, und das ist natürlich megageil für mich als Produzent, weil ich da aus einem riesengroßen Pool an Kreativität schöpfen kann. Und deswegen ist dann auch so etwas wie "Hero-Nation" herausgekommen, dass die Platte richtig flexibel ist, aber trotzdem auch heavy ist - wir sind soweit zufrieden.

Martin:
Ihr habt für die Keyboardpassagen mit Don Airey (Ex-OZZY OSBOURNE, WHITESNAKE, RAINBOW - d. Verf.) und Ken Hensley (Ex-URIAH HEEP - d. Verf.) zwei hochkarätige Musiker engagiert. Wie kam denn diese Zusammenarbeit zustande?

Lars:
Nun ja, die Jungs kenne ich aus dem Job, den ich mache - Monster Productions ist meine Booking-Firma -, und ich bin eben der Booker von den Jungs. Und ich habe dann gesagt - so beim Grillen im Garten habe ich zu denen gesagt: "Hey Jungs, ich muss euch was erzählen. Ich habe da so nebenbei - ihr wisst es nicht, es geht euch vielleicht auch gar nichts an, und ihr interessiert euch überhaupt nicht dafür - auch eine kleine Metal-Band" Obwohl wir mehr Platten verkaufen als die beiden mit ihren Bands. (lacht) Aber egal - ich habe gesagt: "Ich würde mich freuen, wenn ihr da mitmachen würdet." Und sie waren dann ganz aus dem Häuschen: "Wie? Was machst du für Musik?" Ich habe dann gesagt: "Reggae mach ich nicht - das ist schon Heavy Metal." Und das war dann ganz witzig. (lacht) Wenn du solchen etablierten, gestandenen Musikern gegenüberstehst und früher warst du denen gegenüber ganz klein. Das war schon richtig gut. Und ich habe mir damit auch einen kleinen Traum erfüllt...

Martin:
Und wie kam es dazu, dass ihr mit der bereits international ausgezeichneten Sängerin Carolin Fortenbacher einen Song aufgenommen habt?

Lars:
Carolin wurde mir vorgestellt, vor einem Jahr von einem Freund von mir, der in der Musical-Szene singt - "Jesus Christ Superstar"-Hauptrolle, was weiß ich -, und der hat gesagt: "Lars, ich schicke dir mal eine MD von einer Sängerin, die bei uns die Hauptrolle singt." Ich kenne mich da überhaupt nicht aus und habe gesagt: "Ja, schick mal..." Er meinte dann: "Wenn du nur irgendeine Sängerin kennst, die annähernd so gut ist, dann hast du ein Bier gewonnen." - "Ja, alles klar, dann schick mal das Bier voraus, Junge!" (lacht) Dann habe ich mir diese MD angehört und gedacht: "Das kann nicht sein. Das ist ja eine Wahnsinnsstimme." Und dann habe ich mich mit ihr getroffen - sie kommt auch aus Hamburg - und habe zu ihr gesagt: "Mädel - du weißt es vielleicht noch nicht, aber du bist hiermit verhaftet, dass du bei unserer nächsten Platte dabei bist." - "Wo? Was? Welche Platte?" - "Okay, alles klar, komm..." - Ja, so war das...

Martin:
Macht ihr euch beim Schreiben eines Songs eigentlich auch Gedanken darüber, ob und wie sich das denn dann live umsetzen lässt?

Lars:
Nein, machen wir nicht. Wir machen uns nie über die Live-Umsetzung im Studio Gedanken - sonst hätten wir nie solche Songs, die so klingen, wie sie klingen. Wir können ja meist... - es ist sehr schwer teilweise, unsere eigenen Songs live umzusetzen. Aber wir versuchen es halt irgendwie... (lacht) Ich denke, von der "Hero-Nation" wird es definitiv nicht "Infinite Love" geben, weil wir einfach keinen Keyboarder haben. Und wir wollen eigentlich nicht unbedingt Don Airey mit auf die Bühne nehmen.

Martin:
Gibt es in der näheren Zukunft irgendwelche Live-Ambitionen bzw. Tourpläne - wird es in diesem Jahr noch eine größere Tour geben?

Lars:
Im Mai gehen wir auf Headliner-Tour, in Europa. Wenn wir in Südeuropa eh schon die Clubs ausverkaufen, dann müssen wir im Norden noch etwas Aufbauarbeit leisten. Aber wir geben unser Bestes.

Martin:
Steht denn schon fest, wer dann als Support mit auf Tour gehen wird?

Lars:
Wir sind im Moment am Sprechen, aber klar ist noch nichts. Aber es wird auf jeden Fall ein Paket werden, das ein bisschen szeneübergreifend ist und nicht wirklich unbedingt vom gleichen Genre ist. Das ist halt schon ein interessanter Aspekt.

Martin:
Für das Gods Of Metal-Festival in Mailand seid ihr ja schon bestätigt. Wie sieht es denn mit weiteren Festival-Auftritten aus - insbesondere in Deutschland?

Lars:
Also, wir haben ja jetzt auf allen großen deutschen Metal-Festivals gespielt, die es so gibt. Und jetzt werden wir eben eher auch auf das Ausland schauen - wir werden zum Beispiel 2002 das erste Mal nach Südamerika kommen. Vielleicht werden wir auch vereinzelt in Deutschland auf Festivals auftreten, aber das Schwergewicht werden wir auf das Ausland legen.

Martin:
Und wie wird es mit METALIUM weitergehen? Gibt es schon irgendwelche Ideen, Pläne, etc.?

Lars:
Wir haben natürlich schon ein paar Pläne, aber das ist ein Entstehungsprozess - das wird dann diskutiert während der Tour... Wenn man nichts zu tun hat. (lacht) Aber mit "Chapter Four" wollen wir natürlich nochmal eins draufsetzen! Wie gesagt - das Line-up fühlt sich gut an... Aber mal schau'n!

Martin:
Wie denkst du denn über Online-Magazine, gerade im Vergleich zu den herkömmlichen Print-Magazinen?

Lars:
Hmm... Ich kann mir da selber noch gar kein richtiges Bild machen, da ich ehrlich gesagt ein Schlamper bin und gar nicht so oft reinschaue. Aber man verliert im Moment ein bisschen den Überblick - wer ist nun von einem Online-Magazin, und wie und was. Man ist so ein bisschen verwirrt - das gebe ich zu. Ich denke, man sollte einfach mal noch ein Weilchen abwarten, was sich da tut, welches Magazin Kontinuität beweist... Das ist auch nichts anderes als bei uns in der Musik - die Band, die Kontinuität beweist, wird sich im Endeffekt eher durchsetzen als eine Band, die eine gute Platte macht und nach der zweiten wieder weg ist.

Martin:
Und wie stehst du sonst zum Internet, insbesondere zu der MP3-Problematik?

Lars:
Also, ich sehe gerade den positiven Aspekt - heute ist unsere Platte herausgekommen, aber seit drei oder vier Wochen kann man auf unserer Homepage die Songs in Ausschnitten anhören. So weiß ein Fan, was er sich kaufen würde, wenn er sich "Hero-Nation" kauft. Und das ist natürlich ein Mörder-Service, und das gibt es bei uns. Und das ist cool. Aber um der Piraterie Einhalt zu gebieten, muss ich und möchte ich "value for money" bieten. "Hero-Nation" wird es als Doppel-CD geben - für nur 1 EUR mehr. Und zwar komplett - doppelte CD, die zweite CD wird enthalten ein Live-Video, zwei Live-Songs, drei Screensaver, einen kompletten interaktiven Part, wo man sich gewisse Sounds anhören kann, zum Beispiel Don Airey am Keyboard allein, und solche Sachen. Und das ist einfach "value for money" - das Cover bzw. das Booklet wurde aufgestockt von 16 auf 20 Seiten, alles von Markus Mayer gezeichnet. Das ist halt unschlagbar. Genauso wie unsere DVD, die zusammen herauskam mit einer Live-CD und dem 40-Seiten-Comic, auch von Markus Mayer. Und das ist das, was wir auch als Verpflichtung sehen - die CDs sind teuer genug. Der Fan soll nicht das Gefühl haben, dass wir hier Abzocke betreiben oder ihm die Kohle aus der Tasche leiern, sondern wir wollen, dass er wirklich etwas für sein Geld bekommt. Denn ohne die Fans wären wir nicht hier! Und wir könnten auch diese Musik nicht machen! Also machen wir das... Ich habe schon von einigen Leuten gehört, die eine Promo-CD umsonst bekommen und trotzdem sagen: "Die Musik ist gut, da investiere ich 15 EUR oder was die CD kostet." Und in so einem Fall ist das eine coole Sache. Da sieht man halt doch, dass die Fans... Einem Techno-Fan ist das wahrscheinlich egal, was auf dem Cover drauf ist - aber vielleicht bin ich da auch etwas voreingenommen. Aber so stelle ich mir das eben vor, dass ein Techno-Fan sich das Zeug einfach runterbrennt - ufz ufz ufz -, vielleicht tu ich dem fürcherlich unrecht?!? Aber ein Metal-Fan will halt sein Booklet, und deshalb haben wir das Booklet auch ziemlich aufwändig gestaltet, und so weiter...

Redakteur:
Martin Schaich

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