MUDVAYNE: Interview mit Chad Gray, Ryan Martinie & Greg Tribbett
03.03.2005 | 23:07Nach zweijähriger Abstinenz auf deutschen Bühnen meldeten sich nun MUDVAYNE mit einer Clubtour durch Europa zurück. Um ihr neues Album zu promoten und um ein Zeichen zu setzen, für alle wartezeitbedingten Skeptiker wie mich. Obwohl sich Interview-Partner Chad Gray (Gesang) mit einer deftigen Magenverstimmung herumschlug, war ein Co-Interview von Dennis Hirth ( http://www.mudvayne-online.de ) und mir im Inneren des Tourbus am Nachmittag des ersten Auftritts am 21.02.05 in Bochum möglich. Niedergeschlagen wirkte Chad, der dennoch unsere Fragen so gut es ging beantwortete. Außerdem stellten sich Greg Tribbett (Gitarre) und Ryan Martinie (Bass) unseren Fragen.
Dennis:
Das neue Album steht kurz vor der Veröffentlichung, April, soweit ich weiß.
Chad:
Ja, am 12. April.
Dennis:
Warum aber hat es solange gedauert, schließlich war das Album schon Ende 2004 fertig?
Chad:
Ja, aber ihr müsst verstehen, dass wir als Band die letzten fünf Jahre nonstop gearbeitet haben - Touren, Aufnahmen... Wir wollten die Gelegenheit für eine kleine Pause ausnutzen.
Dennis:
Der Titel wird "Lost & Found" sein. Ich interpretiere den Titel so, dass ihr als Band etwas verloren hattet, das ihr nun wieder gefunden habt. Ist da was dran, oder wie ist der Titel zu verstehen?
Chad:
"Lost" bezieht sich mehr auf das, was man als Person verloren hat, auf etwas, das man als menschliches Wesen nie gehabt hat und das man nur durch Lebenserfahrung, Erinnerungen und Zeit finden kann.
Dennis:
Also ist es eher persönlich gemeint?
Chad:
Es ist persönlich, global gesehen, und vor allem für die Band, die Menschen in dieser Band und all die Dinge, die wir zusammen durchgemacht haben. Und das seit mittlerweile neun Jahren.
Dennis:
Ich selbst habe eine eigene Band, somit kenne ich einige Wege Musik zu schreiben. Wie muss ich mir den Alltag in MUDVAYNEs Proberaum vorstellen?
Greg:
Zuerst einmal: Vergiss die Band und such dir einen richtigen Job! (lacht) Im Prinzip ist es bei uns auch nicht anders als bei anderen Bands auch. Wir sitzen zusammen, jeder hat seine Ideen und die verbinden wir dann. Das meiste entsteht einfach aus Jam-Sessions.
Dennis:
Also schreibt ihr die Songs gemeinsam? Oder bringt jeder seine Ideen von zu Hause mit?
Greg:
Es kommt schon vor, dass ich die Riffs vorher im Kopf hatte, aber dann starten wir von da aus gemeinsam.
Dennis:
Das COLD WHITE CHRIST-Projekt, was ist damit passiert?
Chad:
Daraus ist nichts geworden.
Dennis:
Nein? Ich weiß nur, dass es wohl mit Mitgliedern von NOTHINGFACE sein sollte, die ich auch sehr mag. Deshalb hatte ich mich darauf gefreut, mal was zu hören.
Chad:
Die Jungs ziehen ihr eigenes Ding durch, haben eine neue Band gestartet. COLD WHITE CHRIST war mein Seitenprojekt, ich war ja hauptsächlich mit MUDVAYNE beschäftigt. Leider waren die Jungs nicht daran interessiert, sich nach meinem Zeitplan zu richten. Deshalb wurde nichts aus COLD WHITE CHRIST.
Dennis:
Viele deiner Texte sind ziemlich kritisch...
Chad:
Echt? Gegenüber wem?
Dennis:
'Silenced' zum Beispiel und die gesamte "The End Of All Things To Come" erschien mir sehr viel allgemeinbezogener. "L.D. 50" empfinde ich als persönlicher.
Chad:
Ich denke, "The End Of All Things To Come" drehte sich mehr darum, Gutes an sich selbst zu tun, sich auf das Innere zu fokussieren, anstatt alles nach außen zu tragen.
Dennis:
Versucht ihr mit eurer Musik etwas zu bewegen, oder sind eure Worte nur Tropfen auf den heißen Stein?
Chad:
Ich hasse diese Frage. (grinst) Ich investiere viel Zeit in die Lyrics, verdammt viel Zeit.
Dennis:
Ich denke, das hört man. Es gibt genug Bands, die ihre Lyrics nur schreiben, weil sie Worte brauchen.
Chad:
Wir nicht.
Greg:
So eine Band sind wir wirklich nicht. Chad investiert Monat um Monat in sein Songwriting, in Melodien, sodass es am Ende wirklich zu einem Song zusammenfließt. Es braucht nicht selten über einen Monat, bis ein verdammter Song fertig ist. Manchmal dauert es aber auch nur drei Tage.
Dennis:
Kommt mir bekannt vor. Was bedeutet Musik für euch privat? Hört ihr selbst viel Musik?
Chad:
Musik macht mein Leben aus. Allerdings bin ich dermaßen mit MUDVAYNE beschäftigt, dass ich nicht mehr so viel Musik höre wie früher. Ich liebe Musik aber immer noch. Noch habe ich keinen iPod und meine Reisejukebox ist doch eher klein...
Dennis:
Zurück zum Geschäft. Die Musikindustrie verändert sich. Jeder versucht, mehr zu CDs zu verkaufen, Bonus-DVDs und all sowas. Damals in Köln hast du gesagt, dass es dir egal ist, ob jemand eure Musik brennt oder stiehlt. Ist das immer noch so, oder hat sich eure Ansicht hier geändert?
Chad:
Mit Brennen habe ich nie Stehlen gemeint. Es ging um das Brennen, um Musik zu testen. Wenn man das Internet als Konsumwerkzeug benutzt, ist das großartig. Nur wenn einem etwas gefällt, sollte man die Band auf jeden Fall unterstützen. Wenn man das nicht tut, wird es bald keine Bands mehr geben.
Dennis:
Eure offizielle Homepage wurde komplett neu aufgelegt, allerdings mit wesentlich weniger Informationen.
Chad:
Das Ganze ist nur temporär, das wird sich noch ändern.
Dennis:
Ich denke, die folgende Frage habt ihr schon einhunderttausend Mal gehört. Euer Name, was bedeutet er, woher stammt er?
Chad:
Es gibt eine Menge Dinge, die wir als Band teilen. Der Name ist eines dieser Dinge. Er ist was Persönliches.
Dennis:
Okay. Die Band existiert jetzt seit neun Jahren, seid ihr zufrieden mit dem, was ihr erreicht habt, und wohin wollt ihr in den nächsten Jahren?
Greg:
Zufrieden? Klar bin ich zufrieden! (grinst) Ich möchte einfach nur weiter Musik machen und davon leben können. Vielleicht ein Haus bauen...
Dennis:
Hattet ihr damals ein spezielles Ziel, als ihr MUDVAYNE gegründet habt?
Greg:
Ich denke, wir hatten dasselbe Ziel wie jede Band. Musik machen, als Musiker zu leben anstatt als Bauarbeiter... Ich meine, es ist der coolste Job der Welt! Warum sollte ich wieder in einer Videothek arbeiten wollen?
Mick:
Was viele Fans gerne wissen würden: Wird es dieses Jahr noch mehr Shows geben als nur diese beiden hier?
Chad:
Definitiv! Das hier ist nur ein Warm-Up. Wir ziehen rum, spielen in kleinen Clubs...
Dennis:
Dasselbe, wie ihr es in den Staaten mit der Guerilla-Tour gemacht habt?
Chad:
Ja, es ist die selbe Sache.
Greg:
Es ist einfach auch schon mal ein Vorlauf für die Presse. Wir machen schon mal etwas Werbung.
Dennis:
Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass ich euch lieber in kleinen Clubs sehe, als zum Beispiel bei Rock Am Ring.
Mick:
Japp, es ist einfach näher an den Fans, oder?
Chad:
Ja, es ist viel intimer und persönlicher.
Mick:
Zum neuen Album. Es ist das erste Mal, dass ihr Shows spielt, bevor das Album veröffentlicht wird. Ist es für euch eine Herausforderung, die Fans mit neuem Material zu konfrontieren, oder eher eine Last?
Greg:
Es ist eine Herausforderung. Wir spielen die Songs, die wir auf dem Album haben wollten, und die Fans geben uns Rückmeldung. Ich mag diese Situation.
Mick:
Eine Sache, die in unserem Forum heiß diskutiert wurde, ist der Bass. Auf den neuen Songs 'Determined' und 'Happy?' hört man ihn kaum noch. Wieso?
Chad:
Der Bass war einfach nicht das Hauptaugenmerk des Albums. (grinst) Das ist das Problem. Wir haben hier die beste Produktion, die wir je hatten.
Greg:
Es ist wirklich hervorragend. Und der Mix variiert nun mal von Produzent zu Produzent zu Produzent.
Mick:
Eine Frage habe ich noch, aber ich erwarte keine Antwort. Auf der "L[ive] D[osage]"-DVD habt ihr diesen roten Koffer. Habt ihr jemals jemandem verraten, was darin ist, oder ist das Ganze nur ein Running Gag?
Greg:
Das ist nur für eure Phantasie.
Chad:
Was immer ihr gern in dem Koffer hättet, ist darin. Für jeden.
Dennis:
Zum Schluss noch mal zu meiner Seite. Ich mache das Ganze jetzt seit gut zwei Jahren, und ich sehe, dass die deutschen Fans wirklich mögen, was ihr tut.
Chad:
(fällt Dennis lachend ins Wort) Gebt dem Jungen Geld!
Dennis:
(lachend) Ich hoffe, dass ich das weiterführen kann und wünsche euch für die nächsten Jahre viel Glück.
Chad:
Danke.
Dennis:
Habt ihr abschließend noch etwas, was ihr den deutschen Fans mitteilen wollt?
Chad:
Hm, glaubt nicht alles, was ihr lest. Die Presse kann sehr, sehr kontrovers sein. Oft werden Dinge verdreht, verändert. Ich kann zum Beispiel kein Deutsch lesen und weiß nicht, was über mich geschrieben wird, auch wenn ich mich hier in guten Händen fühle. Wir versuchen als Band so ehrlich und integer zu sein, wie wir können.
Dennis:
Okay, danke. Ryan, kann ich doch noch was fragen?
Ryan:
Nein, ich bin beschäftigt. (lacht) Natürlich.
Dennis:
Letztes Jahr hast du Werbung für den Warwick Vampyre gemacht. Spielst du den Bass noch? Ich hab dich nämlich noch nie damit gesehen.
Ryan:
Nein. Mein Setup ist einfach zu verschieden, und dieser Bass klingt völlig anders. Obwohl es eine echt cooles Instrument ist.
Dennis:
Ich weiß, ich hab ihn letzte Woche gekauft.
Ryan:
Und, was denkst du?
Dennis:
Es ist nur die RockBass-Variante, aber ein echter Hammer.
Ryan:
Er ist echt großartig. Wenn er dir gefällt, ist er für dich. (grinst) Warwick baut einfach großartige Instrumente, egal ob Bolt-Ons, Neck-Thrus oder Dolphin Pros - alles Top-Qualität. Ich meine, hey, sie sind deutsch!
Dennis:
Allerdings. Okay, dann viel Spaß bei der Show heute Abend, und tausend Dank für diese Möglichkeit hier!
Mick:
Man sieht sich in Berlin.
- Redakteur:
- Michael Langlotz