Metalbörse: Interview mit Chef Matthias Lotz

07.06.2024 | 14:31

Nein, wir bitten nicht nur Künstler, Musiker und Bands auf unsere Interview-Couch, sondern lassen unseren Blick auch auf andere Bekanntheiten aus dem Rock- und Metalzirkus schweifen. Einer davon ist Metalbörse-Chef Matthias, dessen Lebensprojekt in diesem Jahr 30 Jahre Bestehen feiert und der daneben mit Capricorn Rockwear eine weitere Besonderheit für den Musikfan von Welt auf die Beine gestellt hat. Wir blicken mit ihm für euch hinter die Kulissen.

Matthias, vielen Dank, dass du Zeit für meine Fragen hast. Man kennt dich als Metalbörse-Chef. Und unter anderem darum geht es heute auch. Wie geht es dir? Bereit für den Festivalsommer?

Das erste Festival habe ich mit dem Rock Hard Festival hinter mir, jetzt steht für mich nur noch Wacken an. Das AC/DC-Konzert möchte ich jetzt nicht dazu zählen.

Die Metalbörse wird in diesem Jahr 30 Jahre und hat sich in Metal-Kreisen als bundesweite Marke und Institution behaupten können. Mit welchem Ziel bist du vor drei Dekaden gestartet? Welche Intention hattest du 1994 mit der Metalbörse?

Ich hatte Ende 1993 ein paar "normale" Plattenbörsen organisiert und recht schnell kam die Idee, so eine Veranstaltung nur für Metal Fans zu organisieren, da ich ja selbst Sammler war. So fand am 20. Februar die erste "Heavy Metal Börse" in Darmstadt in der Bessunger Turnhalle statt. Die erste Börse ist auch sehr gut angekommen. Das Internet gab es im Prinzip noch nicht, da ging man noch auf die Veranstaltung, um sich zu informieren und neue Bands zu entdecken. Im Herbst kamen dann noch weitere Städte dazu und so hat sich die Veranstaltung immer weiter entwickelt. Selbst heute, zu Zeiten des Internets, kommen immer noch recht viele Leute zu den Börsen.

Was waren in diesen vielen Jahren die schönsten Begegnungen. Was lässt, wenn du zurückblickst, dein Herz sofort erstrahlen?

Wir haben gegen Ende der 1990er Jahre angefangen Bands für Autogrammstunden zu holen, das waren schon echte Highlights. So waren DORO, BLIND GUARDIAN, CHRIS BOLTENDAHL, UDO DIRKSCHNEIDER, TOM ANGELRIPPER, AXXIS, etc. zu Gast.  Das kam bei den Fans immer sehr gut an, für mich als Fan war es auch etwas ganz Besonderes, die Musiker auf der Börse zu haben. Zu dieser Zeit boomten die Börsen regelrecht, so hatten wir in Köln einmal 2300 Besucher auf der Börse, dafür hatten wir sogar einen Bus Shuttle eingesetzt, der die Besucher an die Rhein-Rock-Hallen gefahren hat.

Du hattest tagtäglich mit Merchandise zu tun, hast dich durch unzählige Shirts und Hoodies gewühlt, viele Raritäten in der Hand halten können. Was war das Kurioseste und was das Wertvollste, was dir in puncto Merchandise jemals begegnet ist?

Oh, eine ganz schwierige Frage, da gibt es natürlich viele schöne Sachen. Als ich 1982 mit zwei Freunden auf meinem ersten Konzert bei MOTÖRHEAD in Offenbach war, hatte ich nicht genügend Geld dabei um mir ein T-Shirt zu kaufen, meine Kumpels hatten sich jeweils eins gekauft. Als mein Kumpel kürzlich an Krebs erkrankte, hat er mir sein T-Shirt geschenkt, das er noch hatte. Zum Glück ist er wieder geheilt, das Shirt wird immer einen besonderen Platz in meinem Schrank haben. Ein weiteres Highlight ist die erste MOTÖRHEAD-Jacke die ich unter Capricorn Rockwear rausgebracht habe. Wenn du die Möglichkeit hast von "deiner" Band ein eigenes Produkt zu kreieren, ist es auch etwas ganz Besonderes.

Du hast vor allem in den letzten Jahren einige herbe Rückschläge und Tragödien mitmachen müssen. Neben Corona war sicherlich die Meldung vom November 2020, das es in deinem Keller brannte und ein Großteil des Lagers zerstört wurde, am schockierensten. Aber du hast dich und die Metalbörse wieder aufrappeln können. Wie hast du das geschafft?

Ja, das war eine ganz schlimme Geschichte: Wenn du kurz unterwegs bist, wieder nach Hause kommst und die Feuerwehr dabei ist, dein Haus zu löschen. Das geht dir nicht mehr aus dem Kopf. Ich hatte Glück, dass einige Dinge außerhalb des Hauses gelagert waren, die Mailorder Shirts waren allerdings komplett zerstört. Ich habe dann mit einer kleineren Auswahl an Shirts weitergemacht und habe mich etwas mehr um Capricorn Rockwear gekümmert.

Die Metal-Familie hielt in diesen schweren Stunden zusammen, ich habe einige Bilder auf Facebook damals gesehen. Du hast sicherlich viel Support bekommen, oder? Stärkte das deinen Entschluss, mit der Metalbörse weiterzumachen?

Auf jeden Fall, das hat mich schon sehr berührt, auch wenn ich inzwischen mit Capricorn Rockwear sehr aktiv bin, wird es die Metalbörse weiterhin geben, das ist mein Baby und damit bin ich auch bekannt geworden.

Lassen wir einmal die Vergangenheit hinter uns und blicken in die Zukunft. Du hast mit Capricorn Rockwear deine eigene Textilmarke entwickelt. Ein langgehegter Traum, mit Bands wie AMON AMARTH, KREATOR oder OVERKILL zusammenzuarbeiten? Wie kam es zu diesem Entschluss?

Die Idee war recht simpel, ich war immer der Meinung, dass es in Sachen Hoodies auch besser gehen muss wie eben Standard. So habe ich angefangen an Designs zu arbeiten. Durch meine direkten Kontakte zu Bands habe ich Wolf Hoffmann (ACCEPT – Anm. d. Red.) und Mille (KREATOR – Anm. d. Red.) eine Jacke für die aktuellen Tourneen angeboten und die Sachen liefen super. So hat sich das nach und nach entwickelt. Inzwischen machen wir Jacken für das Wacken Open Air, NIGHTWISH, BLIND GUARDIAN und ASP.

Ich bin großer Fan der MOTÖRHEAD "Made In England"-Jacke, sitzt wie angegossen. War der Erfolg dieser Jacke der Grund, weshalb mit "Ace Of Spades" nun eine zweite folgt?

Ich war selbst überrascht von dem Erfolg der Jacke, daher wollte ich sehen, ob es nur Glück war oder nicht. Ich habe aber offenbar den Nerv der Fans getroffen, was mich natürlich sehr freut, dass doch viele Leute meinen Entwurf der Motörhead Jacke mögen.

Doch du schaust noch weiter nach vorne – es folgen Jacken von anderen Größen. Magst du da ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern, was uns seitens Capricorn Rockwear erwartet?

In ein paar Tagen veröffentlichen wir Motive von AC/DC und JUDAS PRIEST, im Spätsommer wird eine Jacke von SLAYER kommen und IRON MAIDEN wird noch folgen. Vom Entwurf eines Motivs bis zum Verkauf dauert es ungefähr ein halbes Jahr, das ist ein recht aufwendiger Prozess, da alles vom Management abgesegnet werden muss, dann wird ein Muster erstellt usw. Im Moment arbeite ich an Motiven, die im Herbst und sogar 2025 erst kommen. Unsere Jacken, die wir produzieren, z.B. von MOTÖRHEAD, sind mit herkömmlichen Merchandising Produkten nicht zu vergleichen, wir haben hier durchweg positives Feedback bekommen.

Auch auf Festivals bist du ein gern gesehener Gast und dort die Metalbörse eine feste Größe. Wie sehr hat sich denn die Kaufkraft der Rock- und Metalfans in diesen drei Dekaden auf Festivals verändert?

Du meinst bestimmt das Bang Your Head-Festival. Dort war ich mit der Metalbörse von 1996 bis 2019 jedes Jahr vertreten. Das war ein echter Programmpunkt. In den letzten Jahren hat sich das Interesse auf dem Festival etwas beruhigt, was zum einen an den verschieden Möglichkeiten liegt, sich Tonträger zu besorgen, zum anderen kamen zum Schluss aber auch nicht mehr so viele Leute zum Festival wie Anfang der 2000er Jahre.

Du hast auch die Entwicklung in Sachen physischer Tonträger und vor allem Vinyl mitgemacht. Woher stammt deiner Meinung nach der erneute Vinyl-Hype seit einigen Jahren?

Das wüsste ich auch gerne. Ich glaube das ging in der Pandemie so richtig los, für einige Firmen bestimmt ein lohnendes Geschäft. Was mich selbst wundert ist, dass es immer noch verschiedene Farben von einer Scheibe gibt. Wenn es eine oder zwei Farben außer schwarz gibt, finde ich das noch vertretbar, aber nicht 5 oder 10 Farben. Auch die Preise sind meiner Meinung nach sehr hoch, das wird so weit auf die Spitze getrieben bis es mit dem Vinyl-Trend wieder abwärts geht. Vielleicht ist das auch der Grund, warum es die Metalbörse bereits so lange gibt. Ich habe es nie übertrieben mit den Veranstaltungen.

Wenn jemand heutzutage beispielsweise in die Fußstapfen der Metalbörse treten und etwas Ähnliches auf die Beine stellen möchte, welche Tipps hast du? Irgendwelche Ratschläge, auf welche Dinge man achten, welche man vermeiden sollte?

Um ehrlich zu sein, würde ich damit heute nicht mehr anfangen. Nach der Pandemie haben einige Händler ihr Geschäft aufgegeben, es gibt also immer weniger Händler uns das große Geld wird mit den Börsen nicht verdient. Zudem haben einige Hallen die Preise aufgeschlagen, was die Sache nicht einfacher macht. Vielleicht hat auch deshalb niemand damit angefangen eine ähnliche Veranstaltung wie die Metalbörse zu veranstalten.

Der Sommer ist für dich sicherlich die schönste, aber auch die arbeitsreichste Zeit, oder? Wenn du auf Festivals bist, hast du da überhaupt Zeit, dir die eine oder andere Band auch anzuschauen?

Ich war bis vor zehn Jahren regelmäßig auf dem Wacken Open Air mit einem Stand, bis 2019 in Balingen, das war es aber dann auch. Einen Stand auf einem Festival zu machen ist eine Menge an Vorbereitung und Nacharbeit. Für mich macht es daher mehr Sinn, mich um den Mailorder und Capricorn Rockwear zu kümmern. Es gibt aber bestimmt noch einige Händler, die ausschließlich Festivals und Märkte buchen. Ich besuche Wacken heute noch, aber privat.

Hast du zum Schluss noch aus 30 Jahren Metalbörse eine lustige oder kuriose Anekdote für uns?

Da gab es einige schöne Dinge, es gab einmal ein Festival in Allhau in Österreich, dort spielten u.a. MANOWAR, OVERKILL, MERCYFUL FATE, GIRLSCHOOL, usw. Leider kamen kaum Besucher, mittags sind dann Manowar mit ihren Motorrädern mal eben über das Festival-Gelände gefahren. Beim Unwetter 2005 waren wir in Balingen natürlich auch dabei, das war ein krasses Festival, vor allem es geregelt zu bekommen, dass am Folgetag alle Bands, wenn auch verkürzt spielen konnten. Beim Wacken Open Air mussten wir auch das eine oder andere Mal mit unserem Transporter vom Gelände gezogen werden, ist aber heute nix Besonderes mehr, hehe.

Matthias, ich danke dir sehr, dass du dir die Zeit für POWERMETAL.de genommen hast und hoffe, dass wir uns auf dem einen oder anderen Festival einmal die Hand schütteln können. Möchtest du noch etwas loswerden, etwas an unsere Leser richten?

Vielen Dank für dein Interesse und das Interview, ich möchte mich an dieser Stelle auch bei den treuen Fans der Metalbörse bedanken, die uns regelmäßig auf den Börsen besuchen. Wenn ihr Fragen oder Anregungen habt, freue ich mich auf jedes Feedback.

Fotocredits: Matthias Lotz

Foto 1: Metalbörse - Balingen - 2013
Foto 2: Essen - 2016
Foto 3: Köln - 2004
Foto 4: Nürnberg - 2007


Metalbörse Vorstellung



https://www.youtube.com/watch?v=NvsfxSz9TDY

Redakteur:
Marcel Rapp

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