NAGLFAR: Interview mit Andreas Nilsson

13.03.2007 | 18:57

Mit "Harvest" haben die Schweden NAGLFAR die CD-Regale mit dem fünften Longplayer ihrer Bandgeschichte gefüllt. Eine Bandgeschichte, über der sich schon manch graue Wolke zusammenbraute. Wie vor zwei Jahren etwa, als die Black-Metaller nach dem Ausstieg ihres charismatischen Sängers Jens Rydén fast vor dem Aus standen. Nun schmettert das Quintett den Kritikern schon das zweite Album ohne ihren Ex-Fronter entgegen. Gitarrist Andreas Nilsson über die Entstehung, etwaige Ähnlichkeiten zu DISSECTION und das Solo-Projekt des ehemaligen Mitstreiters Jens.

Hört man die düsteren Klänge von "Harvest", kann man sich gut vorstellen, dass NAGLFAR sich für seine Aufnahme in die düsteren Wälder der norwegischen Nachbarschaft zurückgezogen hatten. Wo der Winter verspätet hinkam und sich wilde Bären noch längst nicht zum Winterschlaf in ihre Höhlen schmiegten. "Das haben wir einem Journalisten erzählt", grinst Klampfer Andreas, "damit er sich nicht wundert, wenn er einem wilden Tier über den Weg läuft". Andreas glaubt allerdings nicht, dass sich die düstere Umgebung allzu sehr auf das neue Material niedergeschlagen hat. "Wir wollten nur mal fernab von der Zivilisation in Ruhe arbeiten", resümiert der langhaarige Skandinavier. Zumal die Songs bereits zuvor in Marcus' Heimstudio inmitten schwedischer Zivilisation geschrieben wurden. "Ich finde das Album nicht düsterer als die Vorgängeralben, eher variationsreicher", meint der 1976 Geborene.

Dennoch fielen nicht wenigen Hörern Parallelen zu den Black-Metal-Pionieren DISSECTION auf. Eine Band, die Andreas zwar durchaus zu schätzen weiß, von der er sich aber nicht beeinflusst fühlt. "Wir hören diese Vergleiche oft, aber es kümmert uns nicht wirklich", meint der Gitarrist. "Letztlich ist es eine großartige Band, es ist nichts Schlimmes, mit ihr verglichen zu werden." Einmal einen ebensolchen Kultstatus wie DISSECTION zu erlangen, gehört jedoch nicht zu seinen Anliegen. "Darüber denken wir überhaupt nicht nach. Wir machen Musik, weil es uns ein inneres Bedürfnis ist", sagt der Besitzer einer Gibson Les Paul Gothic. "Uns mit anderen Bands zu vergleichen, überlassen wir den Hörern." Den Suizid von DISSECTION-Fronter Jon Nödtveidt im vergangenen Jahr findet Andreas "eine unglückliche Sache, denn er war ein sehr talentierter Musiker". Weiter möchte er sich zu diesem Thema allerdings nicht äußern.

Stattdessen schwärmt Andreas lieber vom "Party.San"-Festival vergangenes Jahr, von dem NAGLFAR auch einige Live-Clips auf die Special Edition ihres neuen Silberlings gepackt haben. "Wir wollten keine Coversongs auf der Special Edition, sondern etwas wirklich Spezielles", sagt Herr Nilsson. "Wir haben schon immer gern auf dem Party.San gespielt. Dort herrscht eine coole familiäre Atmosphäre." Zugleich sei die Organisation sehr professionell, weshalb die Schweden auch gern auf das dort gedrehte Material zurückgriffen.

Nicht wenige Fans hätten darin gern den früheren Sänger Jens Rydén gesehen. Der charismatische Frontmann hatte die Band nach der überragenden "Sheol"-Langrille vor zwei Jahren verlassen, um sich seinem Grafikdesign-Studium zu widmen. Fortan übernahm Basser Kristoffer den Sänger-Posten – manchmal etwas hüftsteif, was längst nicht bei allen Fans gut ankam. "Natürlich musste sich Kris erst in seine neue Rolle einfinden", blickt Andreas zurück. "Man konnte nicht von uns erwarten, dass wir jemanden durch einen anderen ersetzen, der genau derselbe ist." Gegeben haben die Schweden ohnehin nie viel auf die Kritik von außen. "Ebenso viele Leute haben uns gesagt, dass sie Kris sehr gut finden. Manche fanden ihn sogar besser als Jens."

Ursprünglich hatten Andreas und Co. geplant, ihren Ex-Sänger zu einem späteren Zeitpunkt wieder in ihrer Mitte aufzunehmen. Doch zum einen erschien Jens Anfang des Jahres mit seinem Solo-Projekt PROFUNDI zurück auf der Bildfläche, zum anderen fühlten sich NAGLFAR nach "Pariah" sehr gefestigt. "Kris ist ein sehr talentierter Sänger", meint Andreas, "und das ist jetzt das beste Szenario, das wir uns ausmalen konnten: Du hast PROFUNDI und du hast NAGLFAR, zwei großartige Bands." Ihm persönlich gefällt das Solo-Album des ehemaligen Mitstreiters, der immer noch zum Freundeskreis zählt: "Er ist ein cooler Typ und wir kennen ihn schon lange." Und auch wenn Jens nie sonderlich an Touren interessiert war – vielleicht sieht man beide Bands irgendwann einmal zusammen auf der Bühne.

Redakteur:
Carsten Praeg

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