NEAERA: Interview mit Sebastian

10.03.2005 | 20:25

Manchmal geht's ganz schnell. NEAERA aus Münster existierten gerade mal ein Jahr (damals noch unter anderem Namen), als man mit der ersten Demoscheibe bereits einen Vertrag bei MetalBlade ergattern konnte. Erstes Produkt der Zusammenarbeit ist das Debütalbum "The Rising Tide Of Oblivion", welches einen coolen Mix aus Metalcore und Death Metal bietet und dabei schön brutal, aber dennoch niveauvoll tönt.
Alles Weitere erzählt euch jetzt Drummer Sebastian...


Stephan:
Da ihr in der Metal-Landschaft noch ein relativ unbeschriebenes Blatt seid, erzähl doch zunächst bitte mal, was NEAERA für eine Band sind und was den Hörer auf eurer Scheibe "The Rising Tide Of Oblivion" erwartet.

Sebastian:
Simpel ausgedrückt sind wir fünf Leute, die sich einfach für harten Sound begeistern. Wir versuchen verschiedene Einflüsse aus Metal und Hardcore auf unsere Art und Weise in Songs zu fassen, von denen wir dann erwarten, dass sie uns nicht nach dreimal spielen bzw. hören auf den Nerv gehen. Melodiebögen spielen hierbei eine ebenso wichtige Rolle wie ein für uns
stimmiger Songaufbau. Beim Songwriting für "The Rising Tide Of Oblivion" haben wir versucht, die doch sehr straighten Songs so zu gestalten, dass sie sich in sich selbst stetig steigern und somit interessant bleiben. Ich denke, es ist uns gelungen, jedem Song eine gewisse Eigenständigkeit zu verleihen.
Aber hört einfach selber rein und entscheidet, ob's passt. ;-)

Stephan:
Was bedeutet NEAERA und warum habt ihr euch für diesen Bandnamen entschieden?

Sebastian:
Nach langem und sinnlosem Hin und Her bei der Namensfindung sind wir schließlich in einem Buch namens "Paradise Lost" auf den Namen Neaera gestoßen. Neaera ist eine Figur aus der griechischen Mythologie; eine Frau, die Zeit ihres Lebens in Gefangenschaft und sexueller Ausnutzung leben musste. Da Mythologie ja häufig im unmittelbaren Bezug zur Realität steht, fiel es uns leicht, die Position dieser Frau auf die hierarchischen Strukturen
unserer heutigen Gesellschaft zu beziehen.
Außerdem klingt der Name cool. ;-)

Stephan:
Wie kam der Kontakt zu MetalBlade zustande und wart ihr überrascht, dass ihr so kurz nach eurer Gründung bereits bei einem solch renommierten Label unterkommen konntet?

Sebastian:
"Überrascht" wäre hier weit untertrieben. Keiner von uns hätte sich so was nach so kurzer Zeit je träumen lassen. Nach ca. neun Monaten Bandbestehen haben wir in Osnabrück eine "7-Track-Demo" aufgenommen. Diese haben wir anschließend als 3-Track-Promo und Bandinfo an diverse Labels versendet. MetalBlade Records haben sich dann nach relativ kurzer Zeit gemeldet und uns nach längerer Korrespondenz via E-Mail einen Vertrag angeboten. Danach weiß ich nichts mehr, weil ich mich für etliche Wochen hab vollaufen lassen um klar zu kommen.
Aber Spaß beiseite, wir sind überglücklich von so netten und ehrlichen Leuten mit offenen Armen empfangen worden zu sein.

Stephan:
Wie war es für euch, mit so einem "alten Hasen" wie Andy Classen zusammen aufzunehmen?
Hat er euch etwas Neues beibringen können und war er irgendwie am Songwriting beteiligt?

Sebastian:
Andy gehört sicherlich zu den coolsten Typen, die ich in meinem kurzen Leben je hab kennen lernen dürfen. Ihn bei der Arbeit zu beobachten, war für uns die reinste Wonne. In den zwei Wochen Studiozeit hat er immer den Überblick behalten und sich nicht von uns aus der Ruhe bringen lassen. Und insbesondere wer letzteres schafft, ist wirklich ein cooler Typ. ;-)
Er war zwar nicht wirklich am Songwriting beteiligt, aber wir sind ihm für seine professionelle Arbeit und seine zuvorkommende Art uns gegenüber zu großem Dank verpflichtet. Andy drückt nicht einfach nur auf "Aufnahme", er setzt sich sehr intensiv mit dem Material auseinander, was zu einem wirklichen Mördersound führt und einem Endprodukt, dessen Klang uns bei jedem Hören zu begeistern weiß.

Stephan:
Gegründet wurde die Band als Nebenprojekt (damals noch unter dem Namen THE NINTH GATE). Hat NEAERA mittlerweile für alle Bandmitglieder oberste Priorität? In welchen anderen Bands zockt ihr sonst noch so?

Sebastian:
NEAERA ist für uns alle sehr schnell die Hauptband und Mittelpunkt der Aufmerksamkeit geworden. Stefan (g), Ben (b) und Tobi (g) haben vorher bereits in der Death/Grind-Combo MALZAN zusammen Mucke gemacht, Stefan stand außerdem schon in Diensten von PAGAN ANGEL und IKONOKLAST. Benni (v), Tobi und ich (d) haben dann THE NINTH GATE gestartet, woraus sich kurze Zeit später NEAERA geformt haben.
Momentan zocke ich (als einziger von uns) noch regelmäßig mit einer anderen Band namens SEPIA, werde diese aber über kurz oder lang verlassen, um mich gänzlich NEAERA zu widmen.

Stephan:
Was war der Grund für den Wechsel des Bandnamens?

Sebastian:
THE NINTH GATE war für uns in erster Linie ein Mittel zum Zweck. Zu der Zeit brauchten wir einen Namen für Auftritte...
THE NINTH GATE ist sinngemäß nach Polanski's Film "Die neun Pforten" das Tor zur Hölle. Soweit, so gut. Bloß heißt der Film, wie sich herausstellte, im englischen Original auch "The Ninth Gate". Ungeachtet möglicher rechtlicher Schwierigkeiten wollten wir nicht unbedingt wie ein Film heißen, deswegen der Namenswechsel.

Stephan:
Als THE NINTH GATE habt ihr bereits eine Demo-CD eingespielt. Wie stark unterscheiden sich diese Stücke vom neuen Album und gehören von den älteren Songs auch noch welche zum Liveset?

Sebastian:
Auf "The Rising Tide Of Oblivion" sind fünf Songs, die von uns zwar mehr oder weniger stark überarbeitet wurden, aber auch schon auf der Demo waren. In der kurzen Zeit zwischen Demo und Album hat sich auch am Songwritingprozess nicht viel geändert. Da wir live die Songs von "T.R.T.O.O." spielen, sind also auch ältere Songs mit dabei.

Stephan:
Ihr bewegt euch mit "The Rising Tide Of Oblivion" auf Metalcore- und Death-Metal-Pfaden. Was hört ihr privat sonst noch so und gibt es Bands, die euch besonders beeinflusst haben?

Sebastian:
Man könnte sagen, dass sich mit uns fünf teilweise wirklich unterschiedliche Geschmäcker harten Sounds zusammengefunden haben. Der größte Einfluss für unseren Sound kommt aber sicherlich aus dem "schwedischen" Death-Metal-Bereich. Ich kann das jedoch auch nicht an einer bestimmten Band festmachen. Bands wie AMON AMARTH, AT THE GATES und UNEARTH haben uns sicherlich stark beeinflusst.

Stephan:
Gerade Metalcore-Klänge sind zurzeit in der Metalszene sehr populär. Was ist das Besondere an NEAERA, das euch von der Vielzahl an Metalcore-Bands abhebt?

Sebastian:
Sorry, aber ob das so ist, das müsst ihr als Hörer selber entscheiden...

Stephan:
Glaubst du, dass die Szene im Metalcore-Bereich momentan ein wenig überlaufen ist und sich die Bands so gegenseitig die Luft zum Atmen nehmen?

Sebastian:
Ich weiß von dem "Boom" im Metalcore-Bereich. Ich begrüße es auch, dass sich zwei Szenen mit unterschiedlichem Ursprung in dieser Musikrichtung die Hände reichen. Es ist aber sicherlich, auf Grund der Vielzahl an Bands in diesem Bereich, schwieriger geworden sich als Metalcore-Act zu etablieren. Doch das wirklich Traurige an der Sache ist, dass sich manche Kritiker mittlerweile schon eine regelrechte Ablehnungshaltung gegenüber dem Metalcore angewöhnt haben, und somit vielen Bands, die es wirklich drauf haben, keine Chance einräumen in diesem Bereich zu bestehen .

Stephan:
Wie sieht's bei euch auf dem Livesektor aus? Welche größeren Auftritte konntet ihr schon absolvieren und was ist in diesem Jahr an Livedates bereits in Sack und Tüten?

Sebastian:
Ende letztes Jahres hatten wir, zusammen mit den arschgeilen DEVIL ATE MY SON eine Minitour durch Österreich. Da dies quasi unsere erste Tour mit NEAERA war, waren wir um so glücklicher, dort so herzlich empfangen worden zu sein. Da das Jahr bereits (ohne NEAERA-Platte) begonnen hat, können wir für 2005 erstmal noch keine bestätigte Tour ankündigen. Ist aber in Planung...
Wir freuen uns zudem riesig darauf, bald in Münster mit HEAVEN SHAL BURN, MAROON und NAPALM DEATH spielen zu können. Aktuelle Showdaten gibt's auf http://www.neaera.com.

Stephan:
Hast du vielleicht noch eine lustige Anekdote in Zusammenhang mit einem NEAERA-Auftritt auf Lager?

Sebastian:
Was mir wahrscheinlich nie aus dem Kopf gehen wird, ist, wie wir auf Grund "organisatorischer Probleme" in Österreich nach einer Show die Nacht mit Schlafsäcken auf der Bühne verbracht haben... das ist doch mal Rock'n'Roll, oder? Außerdem hat unser Sänger Benny in Österreich ganz tief ins Klo gegriffen, als er in Gleisdorf dem Publikum entgegenrief: "Wie geht's, Klagenfurt?"...

Stephan:
Vielen Dank für das Interview, die letzten Worte gehören dir.

Sebastian:
Danke für euer Interesse. Schaut doch mal bei 'ner Show von uns vorbei...
Stay brutal! ;-)

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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