NESTOR: Track-by-Track des neuen Albums "Teenage Rebel"

21.05.2024 | 10:21

Darauf haben wir gewartet! Wirklich! Und welche Wellen das Debüt "Kids In A Ghost Town" schlug, offenbarte sich nicht nur in euphorischen Pressemitteilungen, sondern vor allem an den Reaktionen der Fans, die sich mit Lorbeeren nicht zurückhielten. Nein, die Schweden von NESTOR waren in aller Munde und sorgten mit ihrem hochnostalgischen 1980er-Jahre Stadionrock mit satten Keyboards und vollkommener Hingabe für höherschlagende Herzen. Ich durfte selbst während eines Interviews auf dem letztjährigen "Rock Hard"-Festival einige wenige Töne der neuen Songs schon hören und automatisch wurde es warm in der Magengegend. Und nun dauert es nur noch kurze Zeit, bis wir mit "Teenage Rebel" das langersehnte Zweitwerk der charismatischen Jungs in den Händen halten. Allein das Artwork weckt schon so schöne Erinnerungen.

Doch kann das Album die so hohen Erwartungen halten oder gar übertreffen? Wir durften vorab reinhören und sind ähnlich gespannt wie ihr. Here we go:  

01.    The Law Of Jante (featuring Freya Miller)
Hach, ein Radio-Intro, welches wir in etwas längerer Form schon von HELLOWEEN und RIOT V kennen. Diesmal spricht Freya Miller die Einleitung – kennt man von diversen Hör- und Videospielen – und entführt uns mit ihrer markanten Stimme hochatmosphärisch in die 1980er Jahre. Lyrisch geht es gegen die Auflehnung des Gesetzes von Jante, ein Verhaltenskodex sozialer Spielregeln: You are nothing special, you are not good at anything, no one cares about you, fuck that! Es wird verheißungsvoll.

02.    We Come Alive
Der einzig legitime 'On The Run'-Nachfolger, der schon früh die Marsch- und Schwungroute festlegt: Ein nostalgischer Keyboard-Sound dieser Schatten im Montagslicht, so wohlig warm, Tobias mit seiner charismatischen und hingebungsvollen Aura in der Stimme und, während die Rhythmik kein Bein ungewippt lässt, schmiegt sich der Refrain nah ans Herz. Inmitten dieses Türöffners dürfen auch Sonnenbrille, Spandexhosen und Neonlicht natürlich nicht fehlen, ein toller Opener.

03.    Teenage Rebel
Es wird wieder rockiger. Keyboard und Gitarren spielen sich anfangs das Bällchen zu, während es in den Strophen im sonnendurchfluteten Flair etwas ruhiger wird. Die Dynamik nimmt wieder zu und in bester Stadionrockmanier wird der Titeltrack künftig jedem Besucher der NESTOR-Liveshows das Grinsen ins Gesicht zaubern. Auch hier singt sich Gustavsson in einen Rausch, wobei vor allem das lebensfreudige Gitarrensolo die rebellierenden Teenager munter macht. Wir sind 16 und niemand kann uns aufhalten!

04.    Last To Know
Eine für die 1980er Jahre so prädestinierte Hymne in bester JOURNEY-Erinnerung. Eingängig, intim, besinnlich und auch für schöne Stunden zu zweit perfekt geeignet. Hier lacht das Herz, während man im Refrain die Liebste am liebsten nicht mehr loslassen möchte. Abermals sorgt das wunderschöne Gitarrensolo für einen inneren Sonnenaufgang, wir sind wieder 15 und das erste Mal richtig doll verknallt, zwei verliebte Narren mit gebrochenem Herzen, wer kennt es nicht...

05.    Victorious
THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA lässt grüßen, zumal die Bands stilistisch ohnehin in einer Liga spielen. Kraftvoller Gesang, himmlische Keyboardsounds, es könnte kaum typischer für NESTOR sein, ohne dass die Schweden auf der Stelle treten. Natürlich darf auch hier die Dynamik nicht fehlen, zumal der Track von Durchgang zu Durchgang an Charisma weiterwächst. Und zum Ende hin sind wir alle nochmal richtig victorious.

06.    Caroline
Auch wenn NESTOR schon zuvor mit Gefühlen nicht geizte, versetzt 'Caroline' der Emotionalisierung des Albums nochmals einen Push. Nein, es ist keine Ballade, sondern angenehm rockig, aber nicht minder hingebungsvoll und leidenschaftlich. Wer auch immer mit dem Track gemeint ist, nicht nur ihr geht das Herz auf, dieses schlichtweg schöne Lied samt dazu perfektem Solo und stimmigen Chören bis zum Ende anzuhören. Wie die Faust aufs Auge, superb.

07.    The One That Got Away
Jetzt wird es aber balladesk. Die Feuerzeuge an, die Liebste im Arm und während sich Piano und Gesang verliebt in die Augen schauen, begleiten Gitarre und Schlagzeug dieses besinnliche Stück in den Sonnenuntergang. Tiefgründung und verletzlich, doch voller Tatendrang – perfekt für die nächste Kuschelrock. Wenn wir doch nur die Zeit zurückdrehen könnten, was würden wir für diese eine einst vertane Chance tun…

08.    Addicted To Your Love
Auch hier blitzen die Landsleute des orchestralen Nachtflugs wieder auf, diesmal auf rockigerer, aber auch nostalgischerer Art. Wieder sorgen die Synthies für dieses wohlige Gefühl in der Magengegend, Refrain für absolute Glücksgefühle und man darf sich nicht schämen, die Luftgitarre zu zücken. Richtig, hier werden Freiheit, Jugend, Liebe gleichermaßen gefeiert, das 80er-Revival brennt lichterloh.

09.    21
Es wird wieder schwungvoller, dynamischer – Keyboard und Klampfe in schönem Einklang, duellieren sich in herrlichster Art und Weise und Tobias' Stimme steckt wie immer voller Harmonie. Es ist 15 Jahre her, da war ich selbst 21 – und dieser Song hätte mir schon damals diese unbeschwerte und sorgenfreie Zeit versüßt. Die Reise der Sonnenkinder hat erst begonnen, wir träumen von Wegen und erreichen die Sterne in unseren Köpfen.

10.    Unchain My Heart
Nein, kein JOE COCKER-Cover. Diesmal nimmt sich die Gitarre am Anfang das Heft zur Brust, weiß in den Strophen aber auch im Hintergrund zu gefallen. Ein Refrain zum Mitsingen, auch wenn er voller Wehmut schreit, sehe ich dich doch die ganze Zeit direkt vor mir. Kaum zu glauben, wie blind ich war. Gib mir alles, was du hast, oder lass mich endlich frei. Das dürfte in der Geschichte des Lebens und der Liebe bekannt vorkommen.

11.    Daughter
Der Nostalgie letzter Teil – leider. Zum Abschluss wird es noch einmal hochsentimental und traurig, dominieren abermals schmachtende, ruhigere Pianoklänge und unser lieber Tobias die Szenerie, der allen Töchtern dieser Welt etwas mit auf den Weg geben möchte: Habt ein wenig Vertrauen in euch selbst, ihr werdet euren Weg finden und seid nicht alleine, auch wenn ihr denkt, ihr seid es. Lasst euch von niemandem sagen, was ihr nicht tun könnt, fühlt euch niemals unsicher, denn Töchter werden immer durch die Augen ihrer Väter gesehen. Manche Dinge bleiben für ewig, vor allem das Band zwischen Vater und Tochter. Ich würde lügen, liebe Leser, wenn ich bei diesem emotionalen Abschied aus dem NESTOR-Album nicht einen dicken Kloß im Hals hätte. Ohne auch nur ansatzweise in den Kitsch abzudriften, ist dies schlicht und ergreifend ein wunderschöner Schlusspunkt eines so schönen, nostalgisch anmutenden Albums.

Fazit
Was soll ich sagen, habe ich doch meine tiefsten Gedanken und Gefühle ob dieser Platte schon zum Ausdruck gebracht. So sehr ich hierbei mein Inneres offenbart habe, haben auch die NESTOR-Jungs so viel Liebe, Hingabe und Herzblut in jeden einzelnen Ton gesteckt. Es ist nicht nur einfach ein Rockalbum mit schönem 80er-Flair, es ist eine Hommage an die Jugend, ein Tribut an die eigene Vergangenheit, ein so schöner, aber auch wehmutiger Blick zurück in das Heranwachsen – rockig, emotional und nahgehend, wie ein weicher Bademantel, der vor der alltäglichen Kälte außerhalb der eigenen vier Wände schützt. Ein Album als Schutzschild gegen alles Schlechte, was euch widerfährt. Es verhindert die Tatsachen zwar nicht, macht sie aber erträglicher.

Fotocredit: Henrik Mill

Victorious



https://www.youtube.com/watch?v=8rmvICJFFFE


Redakteur:
Marcel Rapp

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