Neuer Heißer Scheiß - Quartalsrückblick 3/24

27.02.2025 | 18:43

Das neue Jahr läuft schon wieder munter seine Runden und wir kommen mit unserem nächsten Teil nicht aus den Hufen. Es gibt einfach zu viel tolle Musik, die ausführlich inhaliert werden möchte. Aber nun sind wir endlich soweit: Der nächste Teil unserer kleinen Newcomer-Trüffelsuche geht weiter!

Es ist wieder einmal an der Zeit, dass zehn trüffelsuchende Ohren in den Untergrund stürzen und Euch ein paar Leckerbissen aus dem unüberschaubaren Kreis der traditionellen Newcomer näher bringen. Es ist "Neuer Heißer Scheiß"-Zeit! Die Kollegen Jens Wilkens, Jhonny Walzer, Marius Lühring, Mahoni Ledl und Holger Andrae haben sich ein paar Alben aus dem vorletzten Quartal des abgelaufenen Jahres heraus gepickt und diese näher begutachtet.

Die betreffenden Werke sind:

AMETHYST – "Throw Down The Gauntlet"
ANHGEl SWORD – "Word Fighter"
MECHANIC TYRANTS – "St. Diemen Riots"
MIDNIGHT FORCE – "Severan"
SABIRE – "Jätt"
PHAËTHON – "Wielder Of The Steel"
VELOSITY – "Consuming All The Evil"

 

AMETHYST - "THROW DOWN THE GAUNTLET"

In beamtischer Manier gehen wir natürlich erneut alphabetisch durch unser Programm und starten somit mit AMETHYST. Jens macht mit seinem Kommentar eigentlich gleich alles klar: "Die Schweizer Band AMETHYST hat mich letztes Jahr mit ihrer Debüt-EP "Rock Knights" bereits begeistert. Die Erwartungen, die sich an die erste Full-length "Throw Down The Gauntlet" knüpften, waren dementsprechend hoch. Kann das Album diese erfüllen? Es kann! Zum Glück wurde nichts am herzerwärmenden Stil geändert. Kaum eine Scheibe der letzten Jahre hat einen so unwiderstehlichen Swing wie der erste Langspieler der Eidgenossen: traditionell und ohne jeglichen Schnickschnack, dafür mit viel Qualität und tollen Songs. Für mich ist "Throw Down The Gauntlet" ein Gute-Laune-Booster. Immer wenn das Album läuft, hellt sich die Stimmung spürbar auf. Die Vergleiche mit frühen MAIDEN und THIN LIZZY sind absolut zutreffend. Prima Gitarrenduelle, dazu passende Basslinien und der unaufgeregte und sehr melodische Gesang von Freddy, der dem Ganzen die Krone aufsetzt. Mir gefallen alle Stücke nahezu gleich gut, wobei 'Rock Knights' besonders viel Spaß macht. Für die Top 20 in diesem Jahr ist AMETHYST gesetzt." Ob es tatsächlich gereicht hat oder nicht, sagt uns hier das Licht.

Mit ähnlich enthusiastischen Worten schließt sich Mahoni an: "SAXON, IRON MAIDEN, THIN LIZZY und die Schweden NIGHT schießen mir als Referenz-Bands direkt in den Sinn, nachdem es sich "Throw Down The Gauntlet" auf meinem Plattenteller gemütlich gemacht hat. Meine Fresse, ist das großartige, völlig unaufgeregte Mucke mit einem Klangbild zum Niederknien. AMETHYST macht auf dem Debütalbum nicht nur sehr vieles richtig, sondern absolut alles! Angefangen vom kultigen Artwork über die für diese Art von Musik absolut grandiose, erdige Produktion bis hin zur Albumlänge von vierzig Minuten ist alles stimmig. Jeder der acht enthaltenen Songs ist absolut auf den Punkt und nimmt mich zu jeder verdammten Sekunde sofort mit. Für mich ist dieses Album auf jeden Fall ein potentieller Anwärter auf die Top 3 meiner Jahresbestenliste. Die Füße wippen, die imaginäre Luftgitarre wird unermüdlich malträtiert und der Wunsch nach einem kühlen Blonden wird beim Genuss von "Throw Down The Gauntlet" von Minute zu Minute größer. Ach, das Leben könnte doch so schön und einfach sein." Schade, dass man im letzten Satz leider einen Konjunktiv verwenden muss, nicht?

Kollege Walzer sieht die Sache ein bisschen anders: "Also, ich brauche kein Bier, um "Throw Down The Gauntlet" zu ertragen! Aber so ist die Sehnsucht von Mahoni glaub ich auch nicht gemeint. Für mich ein absolutes Gute-Laune-Album, das aber eher ein Grower war. Die ersten Spins fand ich noch ein wenig unscheinbar. Mittlerweile gibt es eine zweistellige Spin-Zahl, und jedes Mal zaubert mir die Scheibe ein Grinsen ins Gesicht. Was sind die Stärken? Nun, offensichtlich ist das stark von den späten Siebzigern (THIN LIZZY, UFO) geprägte Gitarrenspiel von zentraler Bedeutung. Ich finde aber auch den Gesang wunderbar, der nicht sonderlich technisch daher kommt, sondern an einen Typen erinnert, der einfach mal in ein Mikro singt. So als wäre jemand nüchtern zur Karaoke-Party gegangen. Dazu ist die Produktion so wundervoll warm, dass man auch an die ersten Alben von DEAD LORD denken kann. Neben dem Retro Rock spielt auch NWoBHM eine zentrale Rolle im Klangbild. Dabei solltet ihr eher an Truppen wie JAMESON RAID oder ARC denken als an den voluminösen Sound von IRON MAIDEN. Da es auch Hits gibt, wie 'Serenade (Under The Rising Moon)', die man nicht so schnell vergisst, ist das Album eine große Freude! Kult: das Cover-Artwork!"

Ob es die jüngeren Ohren sind, die hier eine Anlaufphase benötigen? Marius wird es sicher wissen: "Das ist mal ein Sänger, den man sich ganz langsam und mit viel Wohlwollen schönhören kann. Ich habe echt lang gebraucht, bis ich mit dem Gesang von Fredric G. auf "Throw Down The Gauntlet" klar gekommen bin. Meine Ohren sind (leider?) relativ gesangsfixiert und wenn dann so ein Stimmchen daher kommt, das weder mit Charisma noch mit Technik punkten kann, dann hat auch eine Band, die ansonsten voll auf meiner Wellenlänge schwingt, durchaus Probleme, mein Herz zu erobern. Ich stehe aber auch nicht auf Karaoke. Doch steter Tropfen hölt versteinerte Ohren und nach so einigen Durchläufen kann ich schon mitgehen mit der Euphorie allerorten. Denn die Songs sind einfach herzerwärmend lieselig, ohne gleich aufgewärmt zu wirken, und sie kommen großartig auf den Punkt und die Produktion ist so herrlich warm wie knisterndes Kaminfeuer zur Weihnachtszeit. Insgesamt ein schönes Album, dem nur etwas mehr Mut im Gesang und vielleicht noch so ein richtiger Ohrwurm fehlt, damit ich es komplett über den grünen Klee loben könnte."

Offenbar lag ich mit meiner Altersvermutung richtig, höre es selbst nämlich altersbedingt auch anders als unsere beiden Jungohren: "Wie auch Jens habe ich bereits die EP fest ins Herz geschlossen und bin mehr als glücklich mit diesem ersten Longplayer der Schweizer. Etwas irritiert bin ich ob der hier von den geschätzten Kollegen geäußerten Meinungen, es wäre ein unscheinbares Album mit gewöhnungsbedürftigem Gesang. Für mich ist das von Beginn an ein Jungbrunnen luftig-verspielter Heavy-Rock-Musik, die mich vom ersten Anhören an komplett begeistern kann."

 

ANGEL SWORD - "WORLD FIGHTER"

Weiter im Text geht es mit ANGEL SOWRD. Die Finnen bieten uns mit "World Fighter" bereits ihr drittes Album an. Vielleicht gar kein Newcomer mehr? Selbst wenn das so wäre, bleibt es eine spannende, neue Band und dieser bieten wir hier eine Plattform. Herr Lühring eröffnet den Reigen: "Ich erscheine mal wieder etwas spät zur Party, denn das bisherige Schaffen von ANGEL SWORD kenne ich tatsächlich gar nicht. Dabei scheinen die Finnen voll auf meiner Baustelle zu hantieren. "World Fighter" jedenfalls begeistert mich seit dem ersten Hören. Zuerst packte mich die kantige Stimme von Jerry Razors, die irgendwo zwischen Lemmy und diesem SABATON-Typen verortet werden kann. Und dann singt der Kerl auch noch so tolle Melodien! Pluspunkt Nummer zwei. Da finden sich wirklich viele Ohrwürmer in der guten halben Stunde Weltenkampf. Und dann so abwechslungsreich! Noch ein Bonus. Bei 'Church Of Rock' wird hart und melodisch gerockt (ach was?), kurz darauf wildrennend und speedig gemetalt oder auch wie bei 'Against All Odds' mal die große Keule geschwungen, wenn ein DEMON-Chorus auf Epic Metal trifft. Und wenn dann zum Schluss der Titelsong losmarschiert, gehen bei mir sowieso alle Tore auf. Große Metalkunst, die sich wohl in meiner Jahresbestenliste wiederfinden wird." Mit SABATON als Reizwort ist die Aufmerksamkeit bereits geweckt. Gut gemacht, Herr Kollege!

Jhonny hakt allerdings anderswo ein: "Das Artwork ist natürlich phänomenal! Während ich bei anderen Bands in dieser Runde aber den eigenwilligen Gesang gefeiert habe (PHÄETON!), finde ich ihn hier etwas schwächer. Großartig ist dagegen die offensichtlich von JUDAS PRIEST in den Achtzigern beeinflusste Gitarrenarbeit, die die teils leicht drögen Refrains aufwertet. Keine Frage: "World Fighter" ist ein ordentliches traditionalistisches Metalalbum, das alle Boxen tickt, die Oldschool-Fans vor dem Kauf abchecken dürften. Aber in diesem Kontext ist es eines der schwächeren guten Alben. Da wir wieder mal nur gute Alben in die Auswahl genommen haben, soll das die Scheibe jetzt nicht niederschmettern. Aber es würde wahrscheinlich nicht ganz zu 8 Punkten bei mir reichen, und das kommt in dieser Rubrik bei mir nur selten vor. Ich komme also bei der ANGEL SWORD-Party, auf der Marius erst spät erscheint, bisher gar nicht an."

Die Riege der Party-Muffel also. Der Verfasser der Hauptrezension, Jens, sieht das natürlich komplett anders: "In meinem Review habe ich "World Fighter" ja bereits ausführlich gelobt. Es war auch sofort klar, dass die CD in die Sammlung wandern musste. Zwar führe ich nicht wie einige meiner Kollegen minutiös Buch über jedes aufgelegte Album – hier zolle ich übrigens dieser Angewohnheit offiziell meinen Respekt –, aber unter den Top 10 der meisten Spins dürfte sich der Langspieler aus Finnland definitiv tummeln. Was mir besonders gut gefällt ist der hohe Wiedererkennungswert der Musik von ANGEL SWORD. Das liegt natürlich auch am einzigartigen Gesang. Aber es sind auf dem Album einige unwiderstehliche Hymnen vertreten, die gerade im Chorus oft über sich hinauswachsen. Wenn man sich schon zu Beginn eines Songs auf den Refrain freut, hat die Band alles richtig gemacht. Und das gelingt ANGEL SWORD immer wieder. Zum künftigen Klassiker fehlt "World Fighter" vielleicht noch die ganz große Hitdichte, aber ein Jahreshighlight haben die Finnen dennoch aufgenommen. Das lässt sich im Dezember jetzt mit Sicherheit sagen."

Ich hänge mich dann gleich mal dran: "Ich hatte bereits nach dem Lesen von Jens' Review den kühnen Plan gefasst, einmal in "World Figter" hineinzuhören. Unter anderem hat mich aber das grauenhafte Cover davon abgehalten, denn die Augen hören mit. Was diese grünen Waldmeister-Gestalten da frei schwebend auf den Wipfeln des Waldes machen, erschließt sich mir nicht. Aber so ein Waldmeister-Artwork gab es doch auch schon in einer früheren Abhandlung. GREYHAWK hieß die Band damals und die Musik war ziemlich gut. Ähnlich verhält es sich mit den Songs auf dieser Scheibe hier. Markanter Gesang, feiste Hooklines und eine recht große stilistische Bandbreite, die uns auf "World Fighter" geboten wird. Also: Nicht vom Artwork abschrecken lassen!"

Offenbar treffen hier schon wieder interne Generationskonflikte aufeinander. Dieses Mal in der optischen Darbietung. Vielleicht sollte ich beim Anhören auch einfach die Brille absetzen. Man weiß es nicht. Hat Mahoni die Antwort darauf? "World Fighter" reiht sich mit einer Spielzeit von knapp über 30 Minuten nahtlos in die beiden Vorgängeralben ein. Leider sind diese mir bisher völlig unbekannt, was sich aber in naher Zukunft sicher ändern wird, denn die Musik der Finnen gefällt mir ausgesprochen gut. Eingängiger, melodischer und unaufgeregter traditioneller Heavy Metal verteilt auf acht Songs, ein Artwork, das mir ausgesprochen gut gefällt, rauer Gesang, der ein wenig an Mr. LORDI erinnert, melodische Gitarrensoli, ein kühles Blondes und das Wochenende kann beginnen. Zudem gibt es mit 'Church Of Rock' sogar noch einen kleinen Hit obendrauf." Auf die Frage nach dem optischen Eindruck gibt es leider keine konkrete Antwort, aber was macht das schon, wenn die Songs funktionieren? Genau! Gar nichts.

 

MECHANIC TYRANTS - "ST. DIEMEN RIOTS"

Als dritten Kandidaten haben wir die Nürnberger Truppe MECHANIC TYRANTS mit ihrem Debütalbum "St. Diemen Riots" im Angebot. Jens eröffnet den Reigen: "Ich gehöre mitnichten zu denen, die alles abfeiern, was im Heavy Metal erscheint. Aber was dieses Mal in unserem Quartalsrückblick behandelt wird, ist wirklich samt und sonders allerfeinster Stoff! Wie soll man da zu einem finalen Ranking kommen? Das Debüt der Nürnberger MECHANIC TYRANTS macht da keine Ausnahme. Die extrem tighte Kombination aus Speed- und Heavy Metal überzeugt auf Anhieb. Die auf der Bandcamp-Seite genannten Einflüsse MEGADETH, JUDAS PRIEST, METALLICA und RUSH vermag ich zwar beim besten Willen nicht herauszuhören, aber das tut der Qualität keinen Abbruch. Ich hätte jedenfalls auf etwas Punk oder Hardcore in der musikalischen DNA getippt. Vielleicht liegt das an den Gangshouts. Auch die Produktion ist sehr gelungen. Besonders die energetischen Gitarren sorgen für Euphorie. Meine Favoriten sind im Moment der Titelsong und 'Ruins Of The Past'. Das Label Jawbreaker Records hat einige echt heiße Eisen im Feuer. MECHANIC TYRANTS gehört definitiv dazu." Klingt vielversprechend.

Aber gibt es auch den Segen unseres Geistlichen? "Das Debütalbum der mechanischen Tyrannen war sicher eines der am meisten erwarteten Scheibchen des Jahres. Der speedige Heavy Metal mit ordentlicher Punk-Note ist auf jeden Fall eine großartige Party-Untermalung. Aber das Album kann mehr. Live ist es ja ein ziemlicher Abriss, wenn man die Jungs erlebt, aber es ist eben auch wirklich gut gemachte Musik, mit starken Soli und einer tighten Produktion. Jens hat natürlich recht, wenn er hier in keinster Weise ausgerechnet RUSH (ernsthaft?) heraushört. Wie man auf die Idee kommen kann? Atmosphärisch fühle ich mich eher an dreckigen Punk Rock erinnert, und frühe MEGADETH-, frühe ENFORCER- und JUDAS PRIEST-Einflüsse sind deutlich realistischer. Wer an NWoTHM denkt, der wird an Truppen wie MECHANIC TYRANTS denken - also den Sound, der auf Festivals wie dem "Trveheim" Hochkonjunktur hat. Was mir an der Scheibe gefällt, ist, dass sie trotz des hohen Tempos und der teils räudigen Atmosphäre trotzdem gute Laune transportiert, ohne dabei gleich wie ein HELLOWEEN-Klon zu klingen." Als hanseatischer Müffelkürbis sei mir hier die Frage erlaubt, wieso gute Laune verbreitende Musik immer nach HELLOWEEN klingen muss, werter Herr Kollege?!

Man weiß es nicht oder hat Onkel Mahoni darauf eine Antwort? "MECHANIC TYRANTS aus dem fränkischen Nürnberg hat seit der EP "Meanhatten" von 2022 einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht. Nicht nur produktionstechnisch, sondern vor allem songwriterisch. Allen Freunden des gepflegten Undergrounds kann ich aber gleich Entwarnung geben, denn von kommerzieller Anbiederung an den Mainstream ist hier keinesfalls die Rede. Ich würde hier eher den Begriff reifer im Zusammenhang mit dem Full-Length-Debütalbum "St. Diemen Riots" verwenden. Hier ist vor allem Sänger und Gitarrist Florian Fait zu nennen, der gesanglich einen top Job abliefert, aber auch die packenden Gitarrenduelle, die er sich hier mit seinem Sidekick Jakob Struve liefert. Das ist einfach großartiger deutscher Speed Metal der alten Schule. Einziges kleines Manko auf Albumlänge ist eine gewisse Gleichförmigkeit im Songaufbau und die etwas zu vielen Wiederholungen der einzelnen Refrains in den Songs. Aber das war es dann auch schon von meiner Seite mit dem Meckern. Das Teil macht einfach Laune und eignet sich perfekt zum Abschädeln." Offenbar auch nicht. Aber gute Laune hat er auch bekommen. Das ist doch schon mal toll.

Stellt sich diese auch beim nordbayrischen Tieflandbewohner Marius ein? "Ich habe keine Ahnung, wer oder was St. Diemen ist, aber bei diesem Speed-Metal-Aufstand gehe ich tierisch steil. Da muss ich beim Autofahren schon aufpassen, dass ich beim Headbangen zwischendurch noch mal einen Blick auf die Straße werfe. "Murder At The Barricades!" Gut, da fahre ich zum Glück seltener vorbei. Aber mal im Ernst - für mich wirkt das Debüt der MECHANIC TYRANTS sehr stimmig. Trotz durchweg hohem Tempo gestalten sich die 43 Minuten meiner Meinung nach durchaus abwechslungsreich. Das Gitarrenspiel ist flitzig und geschickt. Und dann sind auch noch ein paar wirklich tolle Songs am Start. Ich denke da vor allem an die Hymne 'Speed Metal Guerilla', den MEGADETH-Gedächtnis-Smasher 'Above The Law' und das zum Schluss alles zerfetzende 'Mechanic Tyrants'. Hut ab vor dieser Attacke!"

Da ich selbst beim Hören von Musik selten eine Kopfbedeckung trage, kann ich mich dieser letzten Aussage nicht anschließen, aber toll finde ich die Scheibe natürlich ebenfalls. "Das Album läuft seit einigen Monaten bei mir recht konstant und lässt nicht nach. Die rattenscharfe Mischung aus NWoBHM-Riffing und Speed Metal ist in ihrer Wirkung einfach sensationell. Da kommt so ein ACCEPT-Gedächtnis-Stampfer namens 'Sons Of Evil' zwischendurch mal recht angenehm um die Ecke. Gute Laune habe auch ich die ganze Zeit beim Anhören, aber dazu muss ich keine HELLOWEEN-Parallelen ziehen, denn Kinderlied-Gejodel gibt es bei MECHANIC TYRANTS zum Glück zu keiner Sekunde. Hier wütet der gute alte DIY-Spirit, hier wird die Energie des Proberaums für die Nachwelt festgehalten. Wer "Killing Is My Business" zu seinen Lieblingsalben von Onkel Mustaine zählt, ist hier bestens aufgehoben." Ganz ein feines Teil, wie es scheint.

 

MIDNIGHT FORCE - "SEVERAN"

Ebenso fein scheint die neue Scheibe von MIDNIGHT FORCE namens "Severan" zu tönen, denn bereits Jens gerät beim Schreiben darüber ins Schwärmen: "Der dritte Streich von MIDNIGHT FORCE hat es in sich! Da gibt es wahrlich keinen Grund zur Klage. An dieser Art von unverkitschtem Epic Metal könnte sich die eine oder andere Band mal ein Beispiel nehmen. Toll ist, dass die schottisch-deutsche Formation gleich zu Beginn mit 'Megas Alexandros' beweist, dass das Thema Alexander der Große nicht durch MAIDENs unsterblichen Klassiker abgefrühstückt ist. Richtig gut gefällt mir der markante Gesang von John Gunn, der mich hier und da an das Organ des schmerzlich vermissten METAL CHURCH-Fronters Mike Howe erinnert. Die Stücke sind fast alle mitreißend und machen dem Genre Epic Metal Ehre. Auch das an altgriechische Keramik angelehnte Artwork passt sehr gut zur Musik mit ihren historischen Themen. Da sich MIDNIGHT FORCE auch durch die Produktion die Verbindung zum Underground erhalten hat, darf man getrost von einem Genre-Highlight in diesem Jahr sprechen." Alles richtig gemacht, meine Herren!

Gibt es auch den Segen vom Truemetal-Pastor Jonathan? "Nach dem etwas schwächeren "Goddodin" ist "Severan" ein Statement, eine Rückkehr zur starken Form des Debüts. Der Sound ist großartig, und mit John Gunn hat man einen herrlich schrulligen Sänger am Start, der gut zwischen MEGATON SWORD und CIRITH UNGOL passt. Da das Songwriting hervorragend ist, gibt es eigentlich kaum etwas zu mäkeln. Das Riffing in 'The Fires Of Nanyue', der Chorus in 'Row, Massilians, Row' oder die epische Atmosphäre in 'Megas Alexandros' verfolgen mich im Schlaf, und das ist auch gut so. Ein klares Genre-Highlight, das im Underground hoffentlich Wellen schlägt." Es wäre ja sogar noch schöner, wenn es nicht nur im Underground Wellen schlagen würde, oder? Aber es ist natürlich richtig, dass man erstmal dort anfangen muss.

Ob Marius nun unser hauptamtlicher Undergroundler ist, weiß ich nicht. Auf jeden Fall sind die Wellen bei ihm angekommen. "Mit dem Drittling von MIDNIGHT FORCE habe ich mich im September schon mal mit einer Rezension etwas ausführlicher beschäftigt. Seitdem hat sich meine Rezeption von "Severan" gar nicht groß geändert. Vielleicht ist meine Begeisterung höchstens noch weiter gewachsen. Die Scheibe dreht regelmäßig ihre Runden bei mir und ich verliere mich jedes Mal aufs Neue in der Epik des Songwritings und der Schroffheit der musikalischen Umsetzung. Ich liebe den kantigen Gesang von John Gunn und die dazu passenden singend-sägenden Gitarren von Ansgar Burke. Und dann ist auch noch jeder Song ein verdammter Ohrwurm. "Severan" ist in meiner Top 10 des Jahres 2024 und das mag bei diesem starken Jahr wirklich einiges heißen." Wer weiteren heißen Scheiß finden möchte, sollte daher Marius' Perlen-Artikel etwas genauer unter die Lupe nehmen.

Nach all dieser Euphorie kommt nun allerdings Mahoni mit anderen Ohren um die Ecke. "MIDNIGHT FORCE macht es mir wirklich nicht leicht, von meinen Kollegen größtenteils gefeiert, verwehrt mir die Truppe den Zugang zu den musikalischen Inhalten auf "Severan". Obwohl ich für diese Art von Heavy Metal, wie ihn das Quartett abliefert, eigentlich sehr empfänglich bin, prallt die Musik größtenteils an mir ab, wie Pfeile und Speerspitzen am Schild des Kriegers, der das in meinen Augen eher unspektakuläre Artwork ziert. Irgendwie bin ich von dem aggressiven Gesang gestört, der sich so gar nicht in meinen Ohrmuscheln einnisten will. Das Debüt "Dunsinane" ist komplett an mir vorbeigegangen und auch das zweite Album "Gododdin" wollte ebenfalls nicht so recht zünden. Aber das ist natürlich alles nur mein subjektives Empfinden und ich kann schon verstehen, dass "Severan" eine bestimmte Zielgruppe zum kollektiven Ausrasten bringt. Mich leider noch nicht." Ausrasten ist im Alter auch nicht gut für den Blutdruck. Trotzdem ist es natürlich schade, wenn die Musik hier nicht so wirklich zünden will, ist sie doch so mitreißend.

Noch nicht überzeugt? Dann lest meine Worte und sammelt Eure Ohren: "Mit machtvollem Schwerter-Metal, der martialisch nach vorne galoppiert, kann man mich zumeist schnell begeistern. Da hier eine Armee von Käuzen auf den Schlachtrössern in den Kampf zieht, bin ich natürlich Feuer und Flamme. Der herrliche Klang, der sogar dem Bass hörbare Freiräume lässt, addiert sich zu meiner, durch die Musik entfachten Begeisterung. Hier ballt sich einfach sofort die Faust und kracht im nächsten Moment auf die flugs umgeschnallte Luftgitarre. Der leicht heißere, aber gleichzeitig auch kraftvolle Gesang macht mich ebenso glücklich, wie die wunderbar verspielte Gitarrenarbeit. Ganz feines Teil!"

 

PHAËTHON - "WIELDER OF THE STEEL"

Von Deutschland schippern wir auf die britische Insel und begutohren die Debütscheibe von PHAËTHON. Der wohlig klingende Titel "Wielder Of The Steel" lässt die Lederbuxe schon mal eng werden. Dabei trägt Marius solche Beinkleider doch gar nicht. "Nachdem unser Björn in seiner Rezension zum Debüt von PHAËTHON festgestellt hat, dass hier nicht alles glänzt und der selbst auferlegte Vergleich mit den Größen des Epic Metal für eine so junge Band wenig hilfreich ist, ließ ich zunächst die Ohren von den Engländern. Aber irgendwie stießen meine Augen dann doch immer wieder auf das strahlende Artwork von "Wielder Of The Steel", sodass ich mich irgendwann damit beschäftigen musste. Und ich bin froh, dass ich das getan habe. Die Gruppe um den frontenden Finnen Vrath macht hier nämlich für mein Empfinden schon sehr viel sehr richtig. Sehr abwechslungsreich wandert das Album durch sämtliche Gefilde der epischen Metallkunst, stets begleitet von gelungenen Melodien und starkem Gesang, der zwischen punkschief, erhabenschön bis schwarzgrimmig alle Ausdrucksarten bedient. Mit an Bord sind einige Songs, die aufhören lassen. Der neunminütige Titelsong ist mit seinem verrückten Drumming und dem fantastischen Chorus dabei der größte Höhepunkt, aber auch 'Forgotten Gods' macht beispielweise alles richtig und damit einer Band wie TRIUMPHER definitiv Konkurrenz. "We are forgotten gods"? Abwarten! Aber das Debüt macht schon mal viel Spaß!"

Da ist er schon wieder: Dieser Spaß! Hat Jhonny den auch? "Wow, das ist schon ziemlich cool gemacht! Das wunderbare Artwork und das Label (Gates Of Hell Records) sind natürlich schon fette Argumente, sich mit der Scheibe zu beschäftigen, die gute Chancen hat, bei einer meinen nächsten Bestellungen in der Sammlung zu landen. Der garstige Gesang sowie der volle, nicht moderne Klang holen mich auf jeden Fall ab. Dass sowohl MANOWAR als auch IRON MAIDEN (die hoppelnde Gitarrenarbeit!) erkennbare Vorbilder sind, spricht natürlich für die Jungs. Das Riffing ist dabei durchaus eigenständig, der kraftvolle Gesang lässt mich an eine der besten aktuellen Truppen denken - an TRIUMPHER (dass auch Marius an die Jungs denkt, habe ich erst jetzt gelesen). Trotzdem sind die Jungs sehr eigenständig. Manchmal hat die Musik auch etwas Thrashiges. Dadurch ist "Wielder Of The Steel" sehr eigenständig geworden. Nein, gerade gesanglich ist hier nicht alles Gold, da hat unser Hauptrezensent recht. Aber das ist halt auch purer, echter, undergroundiger Metal. Mir gefällts."

Sieht ganz so aus! Aber lesen wir erst einmal, was Jens zu berichten hat: "Das schicke Artwork hat Jhonny in seinem Text ja bereits gewürdigt. Gerade im Zusammenspiel mit dem ungewöhnlichen Logo macht "Wielder Of The Steel" optisch eine Menge her. Das war auch der Grund, warum ich mir vor einiger Zeit vorgenommen hatte, das Album einmal anzutesten. Irgendwie waren dann aber immer andere Dinge wichtiger, so dass dieses Vorhaben in Vergessenheit geriet. Insofern bin ich dankbar, dass wir PHAËTHON in unserer Rubrik behandeln. Für Epic Metal bin ich eigentlich immer zu haben, also sollte "Wielder Of The Steel" eigentlich etwas für mich sein. Leider ist dem nicht so. Ja, das Material ist schon mit Epic Metal korrekt klassifiziert, aber überzeugend finde ich das nicht. Der ganz große Knackpunkt ist für mich der Gesang, der mir so gar nicht gefallen will. Auch mehrere Durchläufe können daran nichts ändern. Als hauptsächliche Referenz wird ja häufig MANILLA ROAD genannt. Auch da bin ich weit davon entfernt, in Verzückung zu geraten. Für mich ist "Wielder Of The Steel" in diesem starken Quartalsrückblick ganz klar das Album, das mir am wenigsten zusagt. Punktuell gibt es immer wieder instrumentale Passagen, die aufhorchen lassen, aber die Songs kommen nicht auf den Punkt, sondern fasern in verschiedene Richtungen aus." Oha, das klingt jetzt aber doch weniger begeistert.

Bei den genannten Parallelbands bin ich selbst auch eher mal skeptisch. "Auch mir ist diese Band bisher nicht unter die Ohren gekommen. Lese ich dann auch noch Epic Metal und MANOWAR bin ich kurz davor, die Kopfhörer stummzuschalten. Zu Glück ist aber gerade die Parallele zur Fellhosen-Mayonnaise nicht sehr präsent. Vielmehr rattern die Burschen hier teils beinahe etwas thrashig durch die Botanik, was mir natürlich sehr gut gefällt. Dass man sich am Gesang stoßen kann, ist völlig klar, denn hier werden manchmal Töne nur beinahe getroffen. Stört mich bei der gebotenen Qualität allerdings nicht sonderlich. Feines Teil." Manchmal kommt es dann doch anders als man denkt.

Bleibt es nun bei Mahoni die abschließenden Worte zu finden: "In unserer aktuellen Rubrik hat Frontmann Vrath von PHAËTHON die mit Abstand markanteste Art zu singen, sofern man seine Gesangsleistung überhaupt als Singen bezeichnen mag. Vielmehr klingt der Frontmann auf "Wielder Of The Steel" manchmal wie der wild gewordene Gallier Obelix auf einem üblen Acidtrip und bringt mich mit seiner Performance das eine oder andere Mal innerlich zum Schmunzeln. Was auf den ersten Blick etwas despektierlich klingen mag, ist von mir auf eine charmante Art sehr positiv gemeint. Es muss nicht alles glatt poliert klingen, nein, gerade in unserer Musik ist der nicht mainstreamige Weg oftmals der schönere. Die Engländer haben kompositorisch viele gute Ideen und Ansätze und gefallen mir auf ihrem Debüt mit ihrer Art des Epic Metal schon richtig gut und ich fühle mich bei der Einfuhr der Scheiblette bestens unterhalten. Für einen physischen Kauf des Tonträgers wird es wohl auch aufgrund der großen Konkurrenz in diesem Bereich noch nicht ganz langen, aber auf Album Nummer zwei freue ich mich jetzt schon wirklich sehr."

 

SABÏRE - "JÄTT"

Weiter im Text geht es mit SABÏRE, deren erster Studio-Longplayer "Jätt" hier zur Debatte steht. Mit den bisher erschienenen EPs und Demos hat die Band bereits einige Aufmerksamkeit im Underground erregen können. Klar, dass unser Untergrund-Guru Jhonny auch genau hier einsteigt: "Die Jungs von SABÏRE, die vor ein paar Jahren sehr sympathisch das "Keep It True"-Festival eröffneten, sind mit "Jätt" zurück und plötzlich bei einem relativ großen Label (Listenable). Das Klangbild ist zum Glück aber nicht zu professionell geworden. Hier gibt es viel Hair Metal, gerade der Gesang ist mit viel Hairspray belegt. Das wird sicher nicht jedermanns Sache sein. Für den kommerziellen Durchbruch wie bei NESTOR oder THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA wird es jedenfalls nicht reichen, dafür ist der Klang zu unausgegoren. Ich finde es aber schon cool gemacht, und gerade auch an der sechssaitigen Front werden schöne Melodien eingeflochten, atmosphärisch ist das Album auch sehr gelungen. Für mich trotzdem eine der weniger spannenden Scheiben in dieser Runde." Das klingt ja noch nicht ganz so begeistert wie bei einigen anderen Vertretern dieser Runde.

Hört Mahoni das anders? "Mit "Jätt" veröffentlicht die mit etlichen Vorschusslorbeeren bedachte Band SABÏRE ihr erstes richtiges Album nach der von Fans und Presse gleichermaßen gefeierten EP "Gates Ajar" aus dem Jahr 2018. An dieser Stelle muss ich direkt zugeben, dass mich die EP doch ziemlich kalt gelassen hat und ich auch von dem ganzen Rummel um die Band beziehungsweise Mastermind Scarlett Monastyrski relativ unberührt geblieben bin. Getreu dem Motto - neues Spiel, neues Glück - gehe ich ziemlich unvoreingenommen an das Album der in Australien wohnenden Band heran. Was mir sofort beim viel zu langen Intro 'The Doorway (Entry)' negativ auffällt, ist das für mich matschige, undifferenzierte Klangbild des Drehers. Ich vermute stark, dass dies zwar so gewollt ist, mir persönlich aber die Ohren auf links dreht und meinen Hörgenuss deutlich mindert. Die Gitarren schwabbeln vor sich hin und der Gesang ist leider etwas in den Hintergrund gerutscht. Mit einer viel zu langen Spielzeit von weit über einer Stunde ist der Longplayer für mich in Kombination mit dem unangenehmen Sound leider nicht am Stück konsumierbar. Die angesprochenen Vergleiche mit W.A.S.P. kann ich gut nachvollziehen, auch dass die meisten Songs an sich wirklich gut geworden sind, ist eine Tatsache, aber es will bei mir aus besagten Gründen einfach nicht Klick machen." Ohauaha, das ist jetzt auch keine wirkliche Begeisterung.

Da muss dann Jens mal in die Tasten hauen: "Der Social Media Stunt um Scarlett Monastyrskis angeblichen Rausschmiss aus der Band zeugte nicht unbedingt von gutem Geschmack. Ich fand das Ganze jedenfalls nicht sonderlich witzig. Aber jedes Mal, wenn "Jätt" läuft, bin ich nach wie vor begeistert. Ich verstehe schon alle Einwände, dass die instrumentalen Stücke zu lang sind und die Produktion zu seltsam klingt, aber die Songs sind einfach mitreißend. Da ich das Album auf Vinyl besitze, ergeben für mich auch die Instrumentals im Kontext Sinn, da sie der klaren Einteilung des Songmaterials dienen und für die gesamte Atmosphäre auch in der Länge unverzichtbar sind. SABÏRE polarisiert, und Bands, die polarisieren, sind selten langweilig. Für mich ist "Jätt" jedenfalls eines der interessantesten Alben in diesem Jahr." Aaaah, geht doch, mit der Begeisterung. Wer Jens' Perlen-Artikel gelesen hat, findet dort noch einmal die Bestätigung seiner Worte.

Da kann Marius ja nun fröhlich anknüpfen. "Ich lege keinen besonders hohen Wert auf produktionstechnische Belange. Mir gefällt eine gute und zum Material passende Produktion zwar, aber mich stört eine miese Produktion auch nicht sonderlich, wenn sonst alles andere stimmt. Das ist also nicht mein Problem mit "Jätt". Mein Problem ist, das ich auf eine falsche Fährte gelockt wurde. Der erste echte Song 'Pure Fucking Hell' ist großartig, fies und Metal durch und durch. Geil. Und was kommt dann? 'Ice Cold Lust' ist ein ziemlicher Ficki-Ficki-Schmalzkuchen, bei dem mir jegliche Lust vergeht. Und in diesem Ton geht's dann auch weiter. Gut, ich stehe auch nicht auf W.A.S.P. oder gar den von Kollegen Walzer herbeizitierten Hair Metal (ganz so schlimm finde ich SABÏRE dann aber auch nicht), also bin ich wahrscheinlich auch einfach der falsche Empfänger dieser sehnsüchtigen Fantasien. Naja, 'Tip, Rip, KILL!!!' irgendwann zum Schluss dieses Albums finde ich wieder ganz unterhaltsam. Zwischen den beiden Aufweckern lasse ich meine Ohren aber lieber nur halb geöffnet." Wohl doch nicht. Dafür regt die Musik aber offenbar zu grundcoolen Wortkreationen an. Ist doch auch etwas wert.

Liegt es also am Verfasser dieser Zeilen, hier das letzte Wort zu haben. "Wenn die hochgeschätzten Ohren von Jens hier vor Freude Purzelbäume schlagen, bin ich natürlich erstmal mehr als gespannt. Wenn dann parallel dazu noch von Hair Metal die Rede ist, stelle ich mr eine mitreißende Mischung vor, die Sommergefühle in der aktuell grauen Jahreszeit auslösen könnte. Die erwähnt matschige Produktion schreckt mich erstmal nicht ab, denn so etwas ist mir ja lieber als neuzeitliches Geballer. Beim Anhören kommt dann aber schnell die Ernüchterung, denn außer einem recht charismatischen Gesang kann ich wenig Positives herausfiltern. Da kommt Marius' Vergleich zu W.A.S.P. meinen Eindrücken schon ziemlich nahe. Und die Band mag ich aus verschiedenen Gründen nicht. Auch wenn es bei SABÏRE ein paar nette Ohrwürmchen gibt, kommen selbst diese aufgrund des tatsächlich sehr verwaschenen Klangbildes nicht wirklich zur Entfaltung. Dass die Scheibe dann auch noch so lang ist, kann ich dieses Mal auch nicht als Pluspunkt verbuchen. Schade." Da die Truppe aber allgemein sehr gut anzukommen scheint, sind es wohl eher unsere komischen Ohren, die hier nicht so richtig mitgehen wollen. Jene Ohren sind da wohl dieses Mal die die Regel bestätigende Ausnahme. Entschuldigung.

 

VELOSITY - "CONSUMING ALL THE EVIL"

Abschließend möchten wir Euch mit VELOSITY noch einen amerikanischen Newcomer vorstellen, den Trüffel-Ohr Mahoni ausgegraben hat. "Consuming All The Evil" heißt das Scheibchen und kommt vom Fleck weg gut an. Marius ist zumindest mal gleich angetan: "Ich habe keine Ahnung, wo der werte Mahoni diesen räudigen Dreschbatzen namens "Consuming All The Evil" ausgebuddelt hat, aber ich bin ihm dankbar. Die Kalifornier VELOSITY haben sich nicht nur eine interessante Schreibweise ihres Namens überlegt, sondern klingen auch noch genauso. Schnelligkeit mit Widerhaken, das passt gut. Nach zwei Alben vor über zehn Jahren, die noch nie jemand gehört hat, und einer langen Pause, ist der neue Nackenbrecher tatsächlich schon Album Nummer drei. Das merkt man den ungestümen, aggressiven und verspielten Songs aber so gar nicht an. Das klingt so hungrig, punkig und verspielt wie MEGADETH zu Anfangszeiten. Der Vergleich passt übrigens auch zum Gesang von Oscarbombt (geiler Name!). Und dann bringt der Mann auch noch richtig feine Flitzefinger mit, die Gitarren rauben mir jedenfalls beinahe den Verstand. Fehlt nur noch ein ordentlicher CD-Release." Süd-norddeutsche Euphorie in Höchstform!

Da schnackeln doch bestimmt auch Jens' Ohren vor Freude? ""Consuming The Evil" unterscheidet sich schon recht stark von den anderen Alben, die wir bisher in diesem Jahr in unserer Rubrik "Neuer Heißer Scheiß" diskutiert haben. Das hat Energie, das hat Geschwindigkeit, das hat die für diese Art von Thrash nötige Angepisstheit. Angenehm fällt auf, dass nicht der mittlerweile fast überall übliche Ballersound alle Finessen beim Schlagzeug einebnet. Marius fühlt sich musikalisch und gesanglich an die frühe Phase von MEGADETH erinnert, ich habe da eher den jungen James Hetfield zu "Kill 'Em All"-Zeiten und manchmal auch bei den Soli das Debüt von TESTAMENT im Ohr. Ich muss aber eingestehen, dass mir überhaupt nur noch extrem selten danach ist, mir ein Thrash-Album zu Gemüte zu führen. Das war mein früheres Ich, welches da noch begeisterungsfähig war. Allerdings kann VELOSITY etwa bei 'Deep Waters' diese Begeisterung noch in Ansätzen entfachen. Insgesamt sagen mir in diesem Quartalsrückblick mehrere andere Alben aber deutlich besser zu." Nun, er mochte SABÏRE, was soll ich da mehr schreiben?

Vielleicht hat Jhonny die richtige Antwort in petto? "Hier stolpern wir ja immer wieder über Bands, von denen auch wir noch nicht alle gehört haben. VELOSITY ist für mich so ein Fall, aber ich war auch noch nie der Vorsitzende des Dresch-Metal-Fan-Clubs. Hier wurden METALLICA und MEGADETH schon als Vergleich genannt, und ganz ehrlich: Exakt diese beiden Truppen drängen sich mir auch auf. Beide waren ja absolut genial in den Achtzigern, aber bei METALLICA muss man wirklich ans Debüt denken, wenn man die Aggressivität von "Consuming All The Evil" hört, denn das ist schon sehr ungestüm und rüpelhaft. Wenn man die Progressivität aus "Peace Sells... But Who's Buying?" rausschneidet und Hetfield singen lässt, dann hat man etwa dieses Album. Schon ein ziemliches Geschoss. Ich bin ganz ehrlich: Für mich muss es hier nicht zu viel Thrash werden, ich bin froh, wenn wir uns auf die noch klassischere Schule beschränken. Aber dass mir dieses Album keine Freude gemacht hätte, das kann ich nicht sagen. Das ist schon echter Spaß!" Und genau darum geht es hier doch, um Spaß.

Oder habe ich da irgendwas falsch verstanden? Onkel Mahoni? "Lieber Marius, ich weiß gar nicht mehr so genau, wann ich auf die Amerikaner VELOSITY gestoßen bin. Wahrscheinlich auf einer meiner unzähligen sinnfreien Reisen durch die unendlichen Weiten des Wold Wide Web. Was ich aber noch ganz genau weiß, ist, dass mich der Sound des Dreigestirns sofort gepackt hat. Diese rohe, wilde Unbekümmertheit, die MEGADETH und METALLICA in ihren Anfangstagen zu etwas Besonderem machte, höre ich auch auf dem Drittwerk "Consuming All The Evil". Ich weiß, dass ich an dieser Stelle wahrscheinlich nicht explizit erwähnen muss, dass die Klasse der hier genannten Gruppen nicht ganz erreicht wird, aber ich tue es trotzdem, um mir die vielen Buhrufe im Nachhinein zu ersparen. Wenn die Jungs nicht wieder stolze zehn Jahre für ein Nachfolgealbum bräuchten, etwas mehr an ihren Refrains schrauben würden, um diese zumindest etwas griffiger zu machen und noch den einen oder anderen Gangshout hinzufügen würden, könnten sie einen großen Schritt in Richtung der beiden genannten Vorbilder machen. So aber freue ich mich über ein geiles, wie Jhonny so schön schreibt, räudig klingendes Thrash-Album mit exzellenter Gitarrenarbeit und einem tollen Thrash-Shouter mit feinen Thrash-Songs."

Mehr benötigt der Thrash-Maniac doch auch gar nicht. "Mit völliger Ahnungslosigkeit gehe ich an dieses Album heran und muss bereits beim Artwork an die mir sehr am Herzen liegenden Briten THE BLOOD denken. Deren Mainman nennt sich The Cardinal und schaut in seinem Bühnenoutfit manchmal so aus, wie der Kollege auf dem Cover. Musikalisch ist man aber nicht im Oi/Punk-Segment unterwegs, sondern sehr deutlich im altmodischen Speed Metal. Und zwar in der giftigen Variante, was mir natürlich sehr gelegen kommt. Beim rattenscharfen 'Deep Waters' werden Erinnerungen an das Fabelwerk "Killing Is My Business" wach, was ich natürlich nur toll finden kann. Eine Band, die ich im Auge behalten werde!"

 

So viel nun zu den Alben. Wie immer gibt es schlussendlich noch unsere Rankings.


FINAL RESULT:

Rang

Band Album
1. AMETHYST Throw Down The Gauntlet
2. MIDNIGHT FORCE Severan
3. MECHANIC TYRANTS St. Diemen Riots
4. VELOSITY Consuming All The Evil
5. ANGEL SWORD World Fighter
6. PHAËTHON Wielder Of The Steel
7. SABIRE Jätt


Die Einzel-Wertungen:

Holger Andrae:

01. AMETHYST - Throw Down The Gauntlet
02. MIDNIGHT FORCE - Severan
03. MECHANIC TYRANTS - St. Diemen Riots
04. VELOSITY - Consuming All The Evil
05. PHAËTHON - Wielder Of The Steel
06. Angel Sword - World Fighter
07. SABIRE - Jätt

Jens Wilkens:

01. SABIRE - Jätt
02. AMETHYST - Throw Down The Gauntlet
03. ANGEL SWORD - World Fighter
04. MIDNIGHT FORCE - Severan
05. MECHANIC TYRANTS - St. Diemen Riots
06. VELOSITY - Consuming All The Evil
07. PHAËTHON - Wielder Of The Steel

Jonathan Walzer:

01. MIDNIGHT FORCE - Severan
02. AMETHYST - Throw Down The Gauntlet
03. MECHANIC TYRANTS - St. Diemen Riots
04. PHAËTHON - Wielder Of The Steel
05. VELOSITY - Consuming All The Evil
06. SABIRE - Jätt
07. ANGEL SWORD - World Fighter

Mahoni Ledl:

01. AMETHYST - Throw Down The Gauntlet
02. VELOSITY - Consuming All The Evil
03. MECHANIC TYRANTS - St. Diemen Riots
04. ANGEL SWORD - World Fighter
05. PHAËTHON - Wielder Of The Steel
06. MIDNIGHT FORCE - Severan
07. SABIRE - Jätt

Marius Lühring:

01. MIDNIGHT FORCE - Severan
02. ANGEL SWORD - World Fighter
03. VELOSITY - Consuming All The Evil
04. MECHANIC TYRANTS - St. Diemen Riot
05. PHAËTHON - Wielder Of The Steel
06. AMETHYST - Throw Down The Gauntlet
07. SABIRE - Jätt

 

Wenn ihr vergessen habt, was wir euch beim letzten Mal empfohlen haben, könnt ihr dies hier nachlesen. Außerdem gibt es eine Nachlese des letzten Jahres, wenn ihr hier draufklickt.

Redakteur:
Holger Andrae

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