OBSCURE INFINITY: Interview mit Stefan und Jules

03.05.2013 | 20:00

Die Westerwälder OBSCURE INFINITY sind nicht nur Teil der neu erstarkten deutschen Death-Metal-Bewegung sondern haben uns in den letzten Jahren mit einigen tollen Releases beglückt. Mit der Vinyl-Version vom 2012er Album "Putrefying Illusions" erscheint diesen Mai bei FDA Rekotz das nächste Kapitel in der Geschichte der Band. Grund genug um mit Gitarrist Stefan und Sänger Jules ein wenig zu plauschen.

 



Eines vorneweg, ich gratuliere euch zu eurem neuen Album "Putrefying Illusions". Es gehört in jedem Fall zu den Highlights des letzten Jahres in Sachen Old-School Death Metal. Wie waren denn ansonsten die bisherigen Reaktionen auf die aktuelle Scheibe?

Stefan: Hey Adrian! Cool, dass du dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst. Und natürlich auch vielen Dank für die lobenden Worte. Die bisherigen Reaktionen auf "Putrefying Illusions" waren wirklich durchweg positiv. Wir können uns also nicht beklagen. Wir selbst sind auch sehr zufrieden mit der Scheibe und das ist meiner Meinung nach das wichtigste.

Was unterscheidet "Putrefying Illusions" von eurem ersten Album "Dawn Of Winter" am meisten und welches Album findet ihr selbst besser?

Stefan: Meiner Meinung nach wirken die Songs insgesamt gesehen etwas mehr aus einem Guss als die auf "Dawn Of Winter". Die Stücke sind kompakter und kommen somit eher auf den Punkt. Es gibt mehr Gitarrensoli als auf "Dawn Of Winter" und natürlich darf nicht unerwähnt bleiben, dass beide Alben vom Sound her sehr unterschiedlich sind. Als Musiker ist es nicht leicht, seine eigenen Alben zu bewerten. Ich denke aber, dass unser aktuelles Album als Ganzes gesehen die besseren Songs enthält.

Jules: An "Dawn of Winter" sind wir auch in gewisser Weise unbedarfter herangegangen, zumindest habe ich das für mich so empfunden. Über die Jahre wächst man als Band eher zusammen, eine klare Linie kristallisiert sich heraus. Wie Stefan schon sagte, klingt alles homogener. Rein vom Bauchgefühl her würde ich auch sagen, dass mir "Putrefying Ilussions" besser gefällt. So sollte es ja auch sein, schließlich versucht man sich von Album zu Album zu steigern.

Textlich wirken die Lyrics der neuen Songs wesentlich geheimnisvoller. Welche Story verbirgt sich zum Beispiel hinter 'Ascension Kenosis'? Und wovon handeln die Songs im Allgemeinen auf dem Album?

Stefan: Ja, das stimmt. Zu "Dawn Of Winter"-Zeiten habe ich ja noch den Großteil der Texte übernommen. Rückblickend betrachtet muss ich zugeben, dass ich kein wirklich guter Texter bin (lacht).

Jules: Warum nimmst du gerade den Song? Zu anderen hätte ich dir mehr sagen können (lacht auch). Um es ganz kurz auf den Punkt zu bringen: es geht einfach um die Rebellion gegenüber gewissen Strukturen, Institutionen, was auch immer. Alle Songs drücken für mich etwas Bestimmtes aus, ich glaube aber, dass es relativ kryptisch bleibt. Das ist auch okay, du wirst wahrscheinlich etwas anderes herauslesen, als ich es beabsichtigt hatte, jeder kann sie auf seine Weise interpretieren. Aber am Ende des Tages ist es doch einfach nur Rock´n´Roll...

"Putrefying Illusions" ist etwa acht Minuten kürzer als sein Vorgänger und hat darüber hinaus einen Song mehr. Entsprechend sind die Tracks insgesamt etwas kürzer als noch zuvor. War das eine zufällige Entwicklung oder hattet ihr das bewusst so geplant? Wenn ja, was waren die Gründe dafür?

Stefan: Nein, dahinter steckt kein Kalkül, es war einfach eine ganz natürliche Entwicklung. Wenn ich neue Songs schreibe, dann habe ich keine konkreten Vorgaben im Kopf, wie viele Riffs ein Song enthalten sollte oder wie lang er gehen soll. Lieder entstehen in einem natürlichen Fluss. Meist hat man eine Grundidee, auf deren Riff ein Song aufbaut und jedes weitere Riff bestimmt dann den weiteren Verlauf des Songs. Eine Idee formt die nächste, bis am Schluss ein kompletter Song entstanden ist.

Vor kurzem habt ihr einen Vertrag bei FDA Rekotz unterschrieben. Ein Label, das uns in den letzten Jahren einige Underground-Perlen näher gebracht hat. Wie kam der Kontakt mit FDA zu Stande und was war ausschlaggebend, dass ihr bereit ward euer altes Label zu verlassen?

Stefan: Ja, wir sind sehr froh darüber, nun bei FDA Rekotz unter Vertrag zu stehen. Das Label steht wirklich für Klasse statt Masse. Der Deal läuft über zwei Alben und wir freuen uns schon sehr auf die Zusammenarbeit! Ich glaube, Rico (Der wichtigste Mann hinter FDA Rekotz) hat damals LPs von "Dawn Of Winter" bei uns geordert. Dann haben wir auf dem "Grind The Nazi Scum"-Festival gespielt, welches er mitorganisiert und so ergab eines das andere. Zwischen Obscure Domain und uns gibt es aber kein böses Blut. Hacker (wiederum die Hauptperson hinter Obscure Domain) ist ein echt feiner Kerl und gerade menschlich gesehen haben wir uns immer bestens verstanden. Doch er weiß auch, dass seine Möglichkeiten begrenzt sind, gerade was Promotion angeht. Er konnte unsere Entscheidung jedenfalls voll verstehen und unterstützt uns auch weiterhin.

Ihr seid auch eine sehr aktive Live-Band und habt 2012 auf dem Party.San Open Air auf der Zeltbühne vor einem großen Publikum gespielt. Wie sehr hat es euch überrascht, dass so viele Metaller den Weg zur Zweitbühne gefunden haben?

Stefan: Naja, ich würde uns nicht gerade als sehr aktive Live-Band beschreiben. Für dieses Jahr sind gerade mal noch drei Gigs angedacht, was aber auch daran liegt, dass wir aufgrund von Line-Up Problemen nicht so oft live spielen können und uns in der zweiten Jahreshälfte voll und ganz auf neue Songs konzentrieren wollen. Das Party.San war eine wirklich tolle Erfahrung für uns. Zuerst einmal war es natürlich saugeil, die Möglichkeit zu bekommen, auf einem solch renommierten Festival spielen zu dürfen. Zum anderen hätte ich echt nicht gedacht, dass so viele Leute ins Zelt kommen würden, um sich unsere Show anzusehen. Dieser Auftritt hat bei mir definitiv bleibenden Eindruck hinterlassen. Vielen Dank an die Party.San Macher, dass sie uns diese Chance gegeben haben und auch vielen Dank an die Leute, die ins Zelt gekommen sind, um uns zu sehen beziehungsweise zu hören.
Jules: Das Party.San war auf jeden Fall ein absolutes Highlight! Als ich auf die Bühne kam und sah, wie voll das Zelt ist, wurde ich doch etwas nervös. Aber das hat uns natürlich auch extrem motiviert. Insgesamt war es eine super Erfahrung, auch die Autogrammstunde bei eurem Stand. Hat mich gefreut, dass doch einige Leute vorbei kamen. Auch wenn ich aufgrund des Alkoholspiegels auch öfter mal auf den Tisch, statt auf die zu signierenden Sachen gekritzelt habe.



Im letzten Jahr hat sich in eurem Line-Up einiges verändert. Könnt ihr kurz erklären, wie es dazu kam, dass bis auf die Lead-Gitarre und den Gesang überall Veränderungen stattgefunden haben?

Stefan: Ja, gleich zwei Mitglieder haben die Band verlassen. Oli, unser damaliger Schlagzeuger, hat schon einige Monate vorher gesagt, dass er nach den Aufnahmen zum Album aussteigen wird. Er will sich voll und ganze auf seine Hauptband WEIRD FATE konzentrieren. Flo, der die zweite Gitarre gespielt hat, stieg während den Aufnahmen zu "Putrefying Illusions" aus, sodass ich auch seine Gitarrenparts übernehmen musste. Er kam damit nicht klar, sich nicht am Songwriting beteiligen zu können. Den Entschluss, deswegen auszusteigen, kann ich nachvollziehen, den Zeitpunkt eher nicht. Für einige Konzerte hat dann Kalle, unser Bassist, Schlagzeug gespielt. Mittlerweile trommelt O. von MEMBARIS für uns, was für uns eine wahre Bereicherung darstellt. Er bringt nicht nur das technische Können als Schlagzeuger mit, sondern auch eine ungeheure Musikalität. Außerdem haben wir mit Sascha auch einen neuen Gitarristen an Bord, der sich unsere Lieder im Eiltempo draufgeschafft hat.

In den letzten Jahren kamen viele gute und junge Old-School Death-Metal-Bands aus dem Untergrund hoch und viele sprechen sogar von einer neuen Death-Metal-Welle. Was denkt ihr darüber, ist der Zenit schon überschritten oder kann es noch höher hinausgehen?

Stefan: Ja, wer hätte vor einigen Jahren noch gedacht, dass Deutschland mal so viele geile Death-Metal-Bands wie WOUND, REVEL IN FLESH, CHARON oder SULPHUR AEON vorzuweisen hat. Der deutsche Underground ist also stärker denn je und muss sich sicher nicht vor anderen Ländern verstecken. Von einem Trend oder einer Death-Metal-Welle würde ich dennoch nicht sprechen. Diese Musik ist und bleibt eine Undergroundsache. Für die breite Masse ist das alles zu räudig und das ist auch gut so. Schau dir mal die Old-School Death-Metal-Konzerte an, da kommen keine Massen von Leuten hin. Solange der Underground so starke Bands wie die oben genannten hervorbringt, ist der Zenit noch längst nicht überschritten.

Ich habe gehört, dass du für das Debütalbum von PORTA NIGRA Gitarrensoli beigesteuert hast, Stefan. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dieser Black-Metal-Band?

Stefan: Na ja, die Jungs von MEMBARIS sind Kumpels von uns und ich habe ja auch auf deren letzten Album ein Gastsolo beigesteuert. Als deren Gitarrist dann seine eigene Band PORTA NIGRA gründete und mich fragte, ob ich Lust hätte, mich in Form einiger Soli daran zu beteiligen, habe ich natürlich sofort ja gesagt. Es hat eine Menge Spaß gemacht, mich dort musikalisch einzubringen. Es ist natürlich erstmal etwas anderes, sich ein Solo über die Musik eines anderen auszudenken, als über deine eigenen Songs, aber es ist auf der anderen Seite auch sehr belebend und lässt die Kreativität sprudeln. Ich denke und hoffe doch, dass ich auch auf dem nächsten Album der Band zu hören sein werde.



Deine Gitarrensoli erinnern generell sehr stark an klassischen Heavy Metal. Was sind deine genauen Einflüsse?

Stefan: Die Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten, denn wenn es um gute Gitarristen geht, da könnte ich unzählige nennen, die ich cool finde und die mich mit ihrem Spiel beeindrucken. Gerade in der Beziehung bin ich auch sehr offen und höre mir Leute aus verschiedenen Stilrichtungen an. Sollte ich aber die Leute, die mich wirklich enorm beeinflusst haben, auf eine Hand voll reduzieren, so wären das Uli Roth, Brian May, Joe Satriani, Eddie Van Halen und Yngwie Malmsteen. Daneben gibt es aber wie gesagt unzählige Gitarristen, die ich toll finde. Um nur ein paar zu nennen: Paul Gilbert, Randy Rhoads, Steve Vai, Jason Becker, Greg Howe, Allan Holdsworth, Shawn Lane, Mark Knopfler und noch viele mehr.

Was sind eure Pläne für den Rest des Jahres?

Stefan: Ganz frisch auf dem Markt ist unsere Split Single mit DEATHRONATION. Jede Band hat einen exklusiven, unveröffentlichten Song dazu beigesteuert. Herausgekommen ist die Single als Kooperation zwischen Whispers Of Death Records und Iron Bonehead Productions. Das Teil ist auf 500 Stück limitiert und kann entweder über die Bands oder die beiden Labels erstanden werden. Wir arbeiten bereits an neuen Stücken für unser drittes Album, weshalb wir wie schon erwähnt an der Livefront wohl etwas kürzer treten wollen. Ich denke mal,
dass wir so im Herbst in die heiße Phase gehen werden, um das neue Material dann im Winter aufzunehmen. Außerdem sind wir gerade dabei, drei Stücke aufzunehmen. 'Maniac Destroyer', eines der Stücke, ist noch aus Demozeiten und dürfte Leuten, die uns etwas besser kennen, sicher geläufig sein. Die anderen beiden Songs sind natürlich nagelneu. Wir sind von dem bisherigen Ergebnis absolut überwältigt. Gerade von der technischen Umsetzung her sind die Stücke das Professionellste, was wir bisher abgeliefert haben und ich könnte mir vorstellen, dass so manch einer uns so etwas nicht zugetraut hätte. Wir klingen nun definitiv anders. Ihr werdet sehen. (lacht)

Ich bedanke mich recht herzlich bei euch für eure Zeit und überlasse euch die letzten Zeilen. Gibt es noch etwas, das ihr unseren POWERMETAL.de-Lesern mitteilen möchtet?

Stefan: Adrian, vielen Dank, dass du dieses Interview mit uns gemacht hast. Wir wissen den Support sehr zu schätzen. Danke an alle, die uns unterstützen. Grüße an Andy und CHARON / HATESPAWN, Ralf und REVEL IN FLESH, die Jungs von SULPHUR AEON, Sören und WOUND, DEHUMAN REIGN, DESERTED FEAR, Leimy und RECKLESS MANSLAUGHTER, Christian und CHAPEL OF DISEASE, Roy & Kellie und FUNERAL WHORE, Patrick und DECISION TO HATE, Simone von DIABOLICAL IMPERIUM, Nils und WEIRD FATE, MEMBARIS, PORTA NIGRA, ERASERHEAD, CHAOS INVOCATION und alle anderen Bands, mit denen wir die Bühne geteilt haben oder in Kontakt stehen.

 

Redakteur:
Adrian Wagner

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