PAIN OF SALVATION: Interview mit Daniel Gildenlöw

19.05.2010 | 15:37

"Road Salt, Part One" macht es dem Fan wieder einmal nicht leicht. Daniel Gildenlöw entdeckt die Sechziger und Siebziger für sich und transportiert sie in das Jetzt. Wir trafen Daniel vor der Show mit TRANSATLANTIC.

Zum Einstieg beschäftigt natürlich die Frage, wie es dazu kam, dass "Road Salt, Part One" diese starke 70er-Schlagseite bekommen hat. "PAIN OF SALVATION sollten immer eine Band sein, die nicht auf ein bestimmtes Genre festgelegt sind." eröffnet Daniel. "Ich wollte nie, dass meine Band in eine bestimmte Schublade gesteckt wird, und wenn man sich die bisherigen Alben der Band anhört, klingen sie auch alle unterschiedlich. Als ich dann anfing über ein neues Album nachzudenken, habe ich mich gefragt, was ich denn selbst gerne hören möchte. Und da landete ich bei dem ganzen Kram aus den 60ern und 70ern. Ich war einfach so müde von all diesen Hochglanzproduktionen, die mich nicht mehr berührt haben. Und ich brauche Musik, die mich berührt. Heutzutage weiß man bei aller Perfektion und Sterilität gar nicht mehr, ob die Musiker wirklich können, was sie da spielen. Es fehlt mir der Groove, also habe ich für "Road Salt" bei der Produktion darauf geachtet, dass wir alles sehr natürlich ließen. Ich habe beim Mix ohne Defaults gearbeitet, sondern bei jedem Song immer wieder bei Null angefangen und dann jedes Lied versucht, zum Leben zu erwecken."

Ein Unterfangen, das als gelungen bezeichnet werden darf, ist doch die stilistische Bandbreite trotz aller 70er-Einflüsse enorm. Immerhin gibt es Einflüsse aus Gospel, Rock, Jazz, Blues zu hören. "Es ist schon komisch wie unterschiedlich das Album auf die Leute wirkt" hakt Daniel ein. "Für die einen ist es absolut homogen und andere sagen mir, dass sie noch nie so viele unterschiedliche Einflüsse auf einem unserer Alben gehört haben. Das liegt wahrscheinlich daran, wie man die Musik hört und worauf man mehr achtet. Vielleicht haben einfach beide Seiten recht."

Auch lyrisch gibt es - wie immer - einen roten Faden, der sich durch die Songs zieht. Und dieser ist persönlicher als je zuvor. "Ich muss ein bisschen ausholen, um zu beschreiben, worum es auf "Road Salt" geht", startet Daniel den folgenden Monolog. "Eine Band ist wie eine Maschine, die auf jeder Ebene funktionieren muss. Und wir hatten als Band zuletzt nicht die allerbeste Zeit. Das begann damit, dass wir meinen Bruder Kristoffer bitten mussten, die Band zu verlassen, dann hatten wir Probleme mit dem Bassisten, der für ihn kam und dann kam noch unser langjähriger Drummer Johan (Langell - PK), mit dem ich seit meiner Kindheit Musik gemacht habe, und wollte die Band verlassen. Das war etwas, auf das wir lange vorbereitet waren, denn er hatte schon häufiger gesagt, dass er sich aus der Musik zurückziehen und mehr Zeit mit seiner Familie verbringen wollte. Auf der 2007er-Tour wusste ich dann, dass es die letzte Tour mit Johan sein würde. Und als es so weit war, habe ich daran gedacht, die Band aufzulösen, meine Sachen zu packen und etwas anderes zu machen." gibt Daniel zu. "Klar, ich hätte immer noch Musik gemacht, aber eben nicht mehr mit PAIN OF SALVATION. Es war einfach eine Sache zu viel, die passiert war. Und es war dann tatsächlich so, dass Johan sagte, er könne nicht der Grund dafür sein, dass die Band aufgelöst würde. Er wolle uns weiterhin spielen sehen und das könne ich nicht machen. Und er hatte Recht. Also haben wir uns entschieden, uns auf die Musik zu konzentrieren. Ich habe dann angefangen Stücke zu schreiben, die ich dann vor der "Progressive Nation Tour" in den USA mit DREAM THEATER und ZAPPA PLAYS ZAPPA, veröffentlichen wollte. Und es sollten sogar erst einfach nur Songs sein, ohne roten Faden. Das wäre ja etwas sehr Neues für uns gewesen.", lacht Daniel. "Aber die Stücke hatten alle etwas gemeinsam, so dass in mir die Idee reifte, ein Doppelalbum zu machen, damit ich die Songs nicht auseinanderreißen muss. Doch als ich fast so weit war, meldete SPV Konkurs an und es war nicht mehr klar, ob wir mit auf die Tour gehen können. Ich habe dann also wochenlang alles versucht, uns auf der Tour zu halten, was dann ja letzten Endes leider nicht geklappt hat. Irgendwie schien es mir, als sollte das alles gerade nicht sein. Meine Frau war auch hochschwanger zu der Zeit und das Baby war schon überfällig. Ich hätte also drei Tage mit dem Kind gehabt, bevor wir sechs Wochen auf Tour gewesen wären. Da habe ich dann beschlossen, erst mal eine Pause einzulegen, die Songs nicht mehr anzufassen, Vater zu sein und im Garten zu arbeiten. Als ich dann nach ein paar Monaten wieder begann, mich mit dem Material zu beschäftigen, ergab plötzlich alles einen Sinn." erklärt Daniel.

"Es ging in allen Songs genau um dieses Thema. Wenn man die Straße des Lebens entlanggeht, kommt man immer wieder an Kreuzungen und muss schwere Entscheidungen treffen oder es gibt Schlüsselerlebnisse, die einen alles aus einer anderen Perspektive sehen lassen. Oder man macht eine Pause, dreht sich einfach um und sieht, was man alles hinter sich gelassen hat und was man geopfert hat. So wie man sehen kann, was noch vor einem liegt und was man noch erreichen kann, wenn man die nötigen Opfer dafür bringt. Und ich habe in den letzten Jahren so ziemlich alles geopfert. Meine Familie, meine Freunde, alles war nur zweitrangig, weil ich diese Version hatte, was Musik sein könnte und was die Band bedeuten könnte. Genau diesen Weg, diese Entscheidungen und alles, was da herum passiert, sind die Basis für die beiden "Road Salt"-Teile. Es geht immer um diese Schlüsselerlebnisse, die man hat. Und der Song 'Road Salt' ist vielleicht der Song, der diese Idee am besten reflektiert."

Diese Geschichte soll auch auf dem zweiten Teil entsprechend fortgeführt werden. "Ja, die beiden Teile gehören auch musikalisch zusammen und es wird schon in eine ähnliche Richtung gehen. Vielleicht ist es etwas heavier, aber ich bin sicher nicht besonders objektiv, wenn es um das Album geht." Die Veröffentlichung ist für Ende des Jahres geplant. "Ja, wenn alles gut geht, dann wohl so im November. Es ist im Großen und Ganzen schon fertig, es gibt nur noch drei, vier Songs an denen ich noch etwas verändern möchte." Ob es vor oder nach dem zweiten Teil eine Tour geben wird, steht dagegen noch nicht fest. "Ich spreche da gerade mit unserem Booking-Manager, was seiner Meinung nach Sinn macht und dann werden wir dann eine Lösung finden."

Angesprochen werden muss natürlich auch der Auftritt beim schwedischen Melodie-Festival, eine Art Counterpart zum "Bundesvision Song Contest", wo PAIN OF SALVATION mit dem Song 'Road Salt' vorstellig wurden. "Um das zu verstehen, muss man wohl Schwede sein", lacht Daniel. "In Schweden ist das eine Riesensache, die von halb Schweden live verfolgt wird und so ziemlich jeder Musiker wird schon mal daran gedacht haben, einen Song einzusenden. Und einer der Leute, die da verantwortlich sind, hat eine Liveperformance von 'Undertow' gehört und war so begeistert, dass er uns bat, Songs einzusenden. Wir haben also 'No Way', 'Sisters' und 'Road Salt' eingesendet und ich dachte, wenn es ein Song verdient hat, dann 'Sisters'. Der hätte es eigentlich verdient, jedes Jahr dort gespielt zu werden. Und auch 'No Way' konnte ich mir noch vorstellen. Und als ich dann den Anruf bekam, dass es 'Road Salt' sein würde, war ich ganz irritiert und fragte nur, warum sie ausgerechnet diesen Song genommen haben" lacht Daniel. "Darauf war der Mann am anderen Ende der Leitung nicht wirklicht vorbereitet, denn normalerweise flippen immer alle vor Freude aus. Es war auf jeden Fall ein Riesenspaß daran teilzunehmen. Es ist eine riesige Produktion, mit einer riesigen Bühne, auf der für drei Minuten stehen und deinen Song performen darfst. Und du musst nichts sonst tun. Um wirklich alles wird sich sonst gekümmert. Es ist unglaublich."


Doch nicht nur deshalb hat der Auftritt dort Spaß gemacht hat. "Es war auch sehr erstauntlich, wie offen wir als Rockband dort aufgenommen wurden. Viele der Rock-, Metal- und Alternative Fans betonen ja immer, wie ungehauer open-minded sie sind, dabei sehen sie alle gleich aus, mit ihren schwarzen Shirts und gleichen Frisuren, haben alle die gleiche Lieblingsband und wenn mal eine der Bands aus einem gewissen Schema ausbricht, ist das gleich nicht mehr gut. Und dann kommen wir zu dieser Show und werden von allen Pop-Fans mit offenen Armen empfangen. Und diese Fans schauen sich die unterschiedlichsten Sachen dort an, ob es Electro Pop, Folk oder sonst etwas ist, und sie honorieren das alles und erkennen diese Musik an. Diese Leute sind sehr viel offener, als die so toleranten Rocker, die eigentlich nichts akzeptieren, was wirklich anders ist." Gut gesprochen, Herr Gildenlöw!

Redakteur:
Peter Kubaschk

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