POWERWOLF: Interview mit Matthew Greywolf

06.05.2009 | 15:59

"Bible Of The Beast" polarisiert stärker als unsere bisherigen Alben, und das ist beabsichtigt. Der Wolf ist keine Konsensband. (Matthew Greywolf)

Egal, ob man die Musik von POWERWOLF nun schätzt, oder eher weniger damit anfangen kann: Die musikalischen Senkrechtstarter sind in Sachen stilistischer Ausrichtung offenbar recht konsequent, was auch das neueste Studiowerk der Band "Bible Of The Beast" audiophil illustriert. Der Tatsache, dass POWERWOLF mit ihrem Sound auch anecken, ist sich die Band sehr wohl bewusst, wie uns Gitarrist Matthew Greywolf im Interview erzählt.


Martin:
Vergleiche bitte einmal "Bible Of The Beast" mit "Lupus Dei" und beschreibe aus deiner Sicht wesentliche Unterschiede beider Alben.

Matthew Greywolf:
"Bible Of The Beast" ist mit Sicherheit um einiges komplexer und bombastischer ausgefallen als "Lupus Dei". Davon abgesehen ist es aber ein typisches POWERWOLF-Album geworden. Wir haben mittlerweile unseren eigenen typischen Stil gefunden, und den haben wir auf "Bible Of The Beast" konsequent weiterverfolgt. Ob man das jetzt gut findet oder nicht, ist Geschmacksache. "Bible Of The Beast" polarisiert stärker als unsere bisherigen Alben, und das ist beabsichtigt. Der Wolf ist keine Konsensband. Entweder man versteht was wir tun, und liebt den Wolf, oder man mag ihn überhaupt nicht. Das ist gut so, denn so haben wir die Ehre vor wirklich fanatischen Supportern zu spielen und nicht vor Leuten, die den Wolf eben ganz nett finden. Bei euch ist "Bible Of The Beast" ja nicht gerade gut angekommen, wie ich gelesen habe. Nun, das ist okay, es ist ein Album, das viel zu konsequent ist, als dass es jeder mögen kann und soll.

Martin:
Die Chöre auf "Bible Of The Beast" wurden von Mitgliedern des Konservatoriums für klassische Musik beziehungsweise der Musikhochschule Saarbrücken eingesungen. Wie kam es zu dieser Kooperation? Werdet ihr in Zukunft öfter mit Chören zusammenarbeiten?

Matthew Greywolf:
Wir planen nichts. Wir haben auch nicht bewusst geplant, auf "Bible..." so viel mit Chören zu arbeiten. Das hat sich ergeben. Wir hatten die einmalige Gelegenheit mit dem großen Chor der Musikhochschule Saarbrücken zu arbeiten. Eine solche Möglichkeit hat man nicht alle Tage. Und da die Chor-Arrangements bei den meisten Songs einfach super gepasst haben, hat sich relativ spontan diese starke Chorlastigkeit ergeben. Ob wir das in Zukunft wieder machen, wird sich zeigen, das hängt davon ab, ob es zukünftige Songs erlauben oder nicht. Solche Chöre sollten nie Selbstzweck sein. Es muss zu dem Album und zu der Atmosphäre passen. Auf unser Debüt "Return In Bloodred" etwa hätte solche Chöre einfach nicht gepasst. Auf "Bible Of The Beast" haben sie einfach gut gepasst und wir hatten zudem die Möglichkeit, das alles auch umzusetzen. Es kann sein, dass Chöre zu unserem nächsten Album überhaupt nicht passen, wer weiß? Wir sind eine spontane Band und planen weit weniger, als das manche wohl vermuten würden.

Martin:
Welche Farbe hat die Bibel des Teufels und weshalb?

Matthew Greywolf:
Nun, wie du auch unschwer an der Covergestaltung von "Bible Of The Beast" erkennen kannst: sie ist rosa mit hellblauen Pentagrammen drauf...Du stellst Fragen.

Martin:
Würdest du bitte einige Songs deiner Wahl aus dem neuen Album herausgreifen und uns etwas zur Inspiration beziehungsweise zum Hintergrund der Liedtexte erzählen? Kannst du dabei auch erläutern, worum es im Text von 'Resurrection By Erection' geht?

Matthew Greywolf:
Nun, damit hast du ja den Song selbst gewählt. Also: Wir feiern bei 'Resurrection By Erection' das Wunder der Auferstehung - bezogen auf ein bestimmtes Körperteil. Der Rest erklärt sich von selbst. Schon in der Schöpfungsgeschichte heißt es: "Gehet hin und mehret euch". Und womit wohl beginnt die Mehrung?

Martin:
Woher rühren denn die Barockeinflüsse in eurem Sound? Sind sie eine Ausprägung des Gesangsstudium eures Sängers Attila Dorn? Interessiert euch diese Zeit nur musikalisch oder seid ihr auch an der Kunst aus dieser Zeit oder an der Epoche allgemein interessiert?

Matthew Greywolf:
Barockeinflüsse? Weißt du, wie barocke Musik klingt? Die orchestralen Parts auf dem Album haben wohl kaum was mit Barock zu tun, ich kann dir daher auch nicht viel zum Barockzeitalter berichten, zumindest nicht im Zusammenhang mit POWERWOLF. Klar wir zitieren hier und da ein paar Bach-Themen, wenn du das meinst, aber das hat nichts mit ausgeprägtem Interesse an barocker Musik zu tun.

Martin:
Könntet ihr euch vorstellen, dass ihr bei Konzerten von einem Kosakenchor gesanglich begleitet werdet?

Matthew Greywolf:
Nein, wir werden nicht mit Kosakenchor auftreten. Für eine Band wie POWERWOLF ist es nicht so einfach möglich, mal eben 25 Chorsänger mit auf Tour zu nehmen, das macht aber auch nix. Live werden - wie auch in der Vergangenheit - Chöre von Band kommen, und das ist auch nicht weiter schlimm, denn live steht ohnehin der Metal im Vordergrund. Unsere Songs funktionieren auch ohne Chor und Effekte. Live geht es darum mit unserem Publikum eine Heavy-Metal-Party zu feiern, und wer uns einmal live gesehen hat, wird wissen, dass wir dazu keine Kosaken benötigen, die wären eh nur im Weg, haha!

Martin:
Erzähle unseren Lesern doch bitte etwas über euren musikalischen Hintergrund sowie wegweisende Bands, die euren Sound mit POWERWOLF inspiriert haben?

Matthew Greywolf:
Wir sind alle Metalfans seit Jahrzehnten, Attila mal ausgenommen, der erst vor einigen Jahren zum Metal gekommen ist. Wie du dir sicherlich vorstellen kannst, haben sich über die Jahre unzählige Einflüsse angesammelt, und es ist fast unmöglich, da einige Namen herauszugreifen. IRON MAIDEN sind sicherlich ein unüberhörbarer Einfluss. Ebenso BLACK SABBATH und MERCYFUL FATE.

Martin:
Wo siehst du persönlich POWERWOLF in der heutigen Metal-Landschaft verortet?

Matthew Greywolf:
Keine Ahnung. Ich beschäftige mich weder mit Schubladendenken, noch mit irgendeiner Szenelandschaft. Das ist albern. POWERWOLF stehen für düsteren Metal, und unsere ständig wachsende und erfreulich große Anhängerschaft zeigt uns, dass wir mittlerweile unsere Identität gefunden haben, und alles andere interessiert uns nicht.

Martin:
Kann es sein, dass auch die Band DSCHINGIS KHAN einen gewissen Einfluss auf gesangliche Arrangements eures neuen Albums "Bible Of The Beast" hatte?

Matthew Greywolf:
Nein. Warum? [Er hat recht. Diese Idee ist völlig abwegig. :-) - Anm. d. Verf.]. Ich kenne ehrlich gesagt keine Band namens DSCHINGIS KHAN. Daher kann sie auch schlecht einen Einfluss auf unser Album gehabt haben.

Martin:
Im Stück 'Catholic In The Morning, Satanist At Night' heißt es übersetzt wörtlich: "...Metal am Morgen und Metal in der Nacht". Das ist ja schön und gut, aber was machen die Powerwölfe tagsüber?

Matthew Greywolf:
Wölfe schlafen tagsüber. Sie jagen nachts und am Tage schonen sie ihre müden Knochen.

Martin:
Wer hat nach eurem Eindruck dieses Jahr im traditionellen Metal-Metier die Nase vorn? POWERWOLF oder HAMMERFALL ?

Matthew Greywolf:
Solche Denkweisen liegen uns fern. Das ist typisches Pressedenken. Wir haben gerade vor ein paar Tagen in Belgien eine Show zusammen mit HAMMERFALL gespielt, und wie uns viele Fans nach dem Konzert bestätigt haben, war es eine sehr gelungene Zusammenstellung, die den Fans sehr gut gefallen hat. HAMMERFALL sind eine geile Showband. Der Wolf auch, daher passte das auch sehr gut zusammen. Zudem sind die HAMMERFALL-Jungs sehr nette Zeitgenossen.

Martin:
Da ihr ganz offensichtlich eine Affinität zu Transsylvanien und Vampiren habt: Wer ist eurer Ansicht nach der überzeugendste Dracula-Darsteller der Filmgeschichte und weshalb?

Matthew Greywolf:
Keine Ahnung. Ich kenne nicht viele Dracula-Filme, und sie interessieren mich auch nicht sonderlich. Attila hat sich eine Weile damit auseinandergesetzt, aber er hat einen ganz anderen Hintergrund, wenn er sich solche Filme ansieht, und er hat auch kein gutes Haar an den meisten Verfilmungen gelassen.

Martin:
Nenne mir bitte deine fünf absoluten Lieblingsalben.

Matthew Greywolf:
1. Alle BLACK SABBATH-Alben mit Ozzy
2. IRON MAIDEN: "Seventh Son Of A Seventh Son"
3. GOREFEST: "False"
4. BOLT THROWER: "The 4th Crusade"
5. SATYRICON: "The Age Of Nero"

Martin:
Wenn ihr die Wahl hättet: Mit welcher Band würdet ihr am liebsten gemeinsam auf Tour gehen?

Matthew Greywolf:
Mal abgesehen von IRON MAIDEN wäre es uns so ziemlich egal, mit wem wir touren. Wir sind in der Vergangenheit mit sehr unterschiedlichen Band getourt, und jede der Touren hatte ihren Reiz. Es war zum Beispiel eine interessante Herausforderung, als wir vor zwei Jahren mit CANDLEMASS unterwegs waren, und jeden Tag vor einem beinharten Doom-Publikum auf der Bühne standen.

Martin:
Möchtest du unseren Lesern und den POWERWOLF-Fans etwas mit auf den Weg geben? Irgendeine Message?

Matthew Greywolf:
Mehret euch und ehret den Metal!

Redakteur:
Martin Loga

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