PRIDE OF LIONS: Interview mit Jim Peterik

01.01.1970 | 01:00

Jim Peterik hat mit IDES Of MARCH und vor allem mit SURVIVOR (von 1979-96) Musik-Geschichte geschrieben. Mit seiner neuen Baustelle PRIDE OF LIONS gelang ihm zusammen mit Toby Hitchcock (voc.) im letzten Jahr ein kaum erwarteter Erfolg mit dem Debütalbum "Pride Of Lions", einem großartigen Melodic-Rock-Album. Nun - nur ein Jahr später - steht bereits mit "The Destiny Stone" der nicht minder geniale Nachfolger in den Regalen. Leicht aufgeregt und gespannt erwarte ich den Anruf - von einem meiner absoluten Lieblings-Musiker - und auf die Sekunde pünktlich klingelt das Telefon. Ein entspannter und überaus freundlicher Jim Peterik stellt sich nach kurzem Smalltalk meinen Fragen und gibt bereitwillig und zuweilen sehr ausgiebig Auskunft über dieses und jenes.


Martin:
Die neue PRIDE OF LIONS-CD "The Destiny Stone" ist hierzulande nun ein paar Tage auf dem Markt und die Reaktionen von Presse und Fans sind überaus positiv. Du musst mächtig zufrieden sein, oder?

Jim:
Natürlich! Ich bin sehr froh, denn das erste Album ist ja auch erst ziemlich genau ein Jahr draußen und schon damals haben uns die Reaktionen, sowohl was Reviews als auch Fans angeht, förmlich umgehauen. Diesmal war es so, dass Frontiers Records mich im Februar gefragt haben, ob wir Lust haben, ein neues Album aufzunehmen. Der Haken war nur, dass es bis November fertig sein musste... (lacht) Ich sage dir, das war eng, aber unter Druck kann ich ganz gut arbeiten. Ich mag das sogar. Wir haben uns also ziemlich ins Zeug gelegt und waren natürlich zunächst skeptisch, ob die Fans das Album mögen würden. Und auch diesmal haben wir wieder unglaublich gute Reviews eingefahren. Jeder scheint "The Destiny Stone" zu mögen. Das ist fantastisch! Ich habe gerade erst mit Toby gesprochen und er ist auch völlig überwältigt. Die harte Arbeit hat sich offensichtlich ausgezahlt...

Martin:
Sprechen wir mal über die Musik von "The Destiny Stone". Für mich persönlich ist es sehr schwer, den einen oder anderen Song hervorzuheben, denn alle Stücke bewegen sich auf einem gleich hohen Niveau, was heutzutage nicht oft zu finden ist. Hast du einen speziellen Song auf dem Album, der dir besonders am Herzen liegt? Wenn ja, welcher und warum?

Jim:
Erst mal vielen Dank für das Lob, denn genau das wollen wir erreichen, wenn wir Platten veröffentlichen, nämlich keine "Füller" dabei haben! Nun, wenn ich mir einen herauspicken müsste, würde ich vermutlich den Titelsong nehmen. Aber das ist eigentlich genau so unmöglich, wie als wenn Eltern ihr Lieblingskind benennen müssten. Aber mit 'The Destiny Stone' verbindet mich eine tiefe Beziehung. Musikalisch ist der Song fast ein wenig progressiv, denn er hat einige Rhythmus-Wechsel und eine sehr klassische Gitarre. Aber die Botschaft des Songs liegt mir sehr am Herzen, denn in diesem Stück spreche ich zum ersten Mal über einige sehr persönliche Erfahrungen. Es geht um Dinge, die mir als Kind widerfahren sind und die man am besten mit dem Begriff "Visionen" beschreiben könnte. Es gab da gewisse Vorfälle, die man mit Nahe-Tod oder derartigem vergleichen könnte. Diese Dinge habe ich immer mit mir herumgeschleppt, bis ich sie endlich in dem Song verarbeitet habe. Es gibt da in Edinburgh (Schottland) den sogenannten "Schicksalsstein", wo ich eines Tages mal hin möchte, um dort über mein Leben und meine Bestimmung nachzudenken. In diesem Song kommt also einiges zusammen, und er bedeutet mir deshalb sehr viel.

Martin:
Ein weiterer Song auf dem neuen Album, nämlich 'Gift Of Song', erinnert stark an 'Music' von JOHN MILES. Er hat die selbe Art von "Magie", wenn ich das mal so sagen darf. Stimmst du mir da zu?

Jim:
Ja, absolut! (überlegt kurz) Das ist kein Zufall, denn JOHN MILES ist ein großartiger Künstler. Er hat mich stark beeinflusst, gerade das "Rebel"-Album und auch der Song 'Music'. Die Grundidee zu 'Gift Of Song' hingegen existiert schon länger als zwei Jahre, und ich denke, ich kann diesen Song als meine Ode zur Musik allgemein bezeichnen. Alles was ich mache, und dafür bin ich sehr dankbar, hängt schließlich mit Musik zusammen. 'Music In Me' vom ersten PRIDE OF LIONS-Album ist auch so ein Beispiel dafür, wie ich zur Musik stehe. Das ist ein immer wiederkehrendes Motiv, ganz klar! Ich denke, jeder talentierte Musiker sollte so etwas von seiner Gabe zurückgeben. Als Toby 'Gift Of Song' erstmals sang, waren wir schlicht überwältigt, ehrlich! Das war unglaublich. Er kam vom Aufnahmeraum an das Produzentenpult und fragte: "Wie war ich?" Uns standen beinahe Tränen in den Augen. Daraufhin antwortete ich "Ich denke, das war schon in Ordnung..." (lacht)

Martin:
Toby ist auch das Stichwort zur nächsten Frage. Wie hast du ihn überhaupt gefunden?

Jim:
Nun, es gibt wohl keine Zufälle. Wir sollten uns wohl treffen, denn das war auch so eine Geschichte. Ich habe eine Nichte namens Kelly, die ebenfalls eine großartige Sängerin ist und vor einer tollen Karriere steht. Die beiden lernten sich auf einem Talentwettbewerb kennen, und sie rief mich an und empfahl mir Toby. Er sei mindestens so gut wie Jami Jamison (SURVIVOR). Ich sagte: "Ja, ist klar..." (lacht). Wir trafen uns, und die beiden sangen den Song 'No Long Goodbyes', der vermutlich nächstes Jahr zusammen mit anderen auf einer Platte namens "Songs From The Vault" erscheinen wird. Da sind dann verschiedene Demos und ähnliches drauf.
Also, die beiden sangen, und Toby war fantastisch. Aber wenig später verlor ich seine Nummer. Stell dir das mal vor! Und drei Monate fragte mich Serafino, der Boss von Frontiers, ob ich nicht Lust hätte, meine Stärken auf einer Melodic-Rock-Platte für ihn und sein Label einzubringen. Natürlich wollte ich, nur fehlte mir ein Sänger! Da fiel mir Toby ein, aber ich hatte seine Nummer nicht mehr! Wieder wenige Monate später spielten wir mit THE IDES OF MARCH eine Show, und rate mal, wer da in der ersten Reihe stand? Ich signalisierte ihm von der Bühne, das ich ihn sprechen wollte, und auf einmal war wieder alles im Lot. Den nächsten Tag probten wir und für mich war sofort klar, dass Toby der Richtige ist. Ich schickte sofort ein MP3-File zu Serafino und wenige Minuten später schrieb er begeistert zurück: "Ja, DAS ist es!" So fing PRIDE OF LIONS an, und wir stehen erst am Anfang. Das Ganze ist alles unheimlich aufregend!

Martin:
Wie sieht es mit Live-Aktivitäten aus? Speziell hier in Deutschland? Habt ihr schon Pläne?

Jim:
Ja, es wird Zeit, bei euch zu rocken! Hier in den Staaten spielen wir ja mit voller Band häufiger und bei euch haben wir nur vereinzelte Akustik-Showcases zu zweit absolviert. Wir planen, im August drei Festivals in Europa zu spielen - in Belgien und Schweden - und sind gerade dabei in diesem Zeitraum noch weitere Auftritte zu buchen. Wir werden wohl 2005 bei euch auftauchen und ich hoffe, dass die Fans noch so lange Geduld haben. Wir werden dann gewaltig rocken...

Martin:
Klasse, ich kann es kaum erwarten! Was hört Jim Peterik eigentlich für Musik, wenn er zu Hause ist?

Jim:
Nun, ich (überlegt...) höre sehr unterschiedliche Sachen. Meist bewegt sich das im klassischen Rockbereich. Ich gehe immer wieder zu meinen Favoriten zurück. Das sind Bands wie die BEATLES, ROLLING STONES und so weiter. Momentan beschäftige ich mich viel mit THE WHO. Aber auch KING CRIMSON, YES, SIMON/GARFUNKEL oder THE BYRDS. Ich mag auch teilweise neue Sachen wie TRAIN, THE RASMUS oder THE DARKNESS. Eigentlich alles, was ausgesprochen melodisch ist. Nichts anfangen kann ich eigentlich nur mit Rap und R'n'B. Auch der ganz harte Metal, wenn es dort auch Ausnahmen gibt, sagt mir nicht zu. LINKIN PARK beispielsweise haben hervorragende Songs. Aber generell ist melodischer Rock mein Ding.

Martin:
Jim, du warst bis zu deinem Ausstieg 1996 über fünfzehn Jahre Mitglied bei SURVIVOR und hast viele der Klassiker dieser tollen Band geschrieben. Hast du noch Kontakt zu den ehemaligen Kollegen? Weißt du, was dort momentan vor sich geht?

Jim:
Also, eigentlich nicht, nein. Es ist damals alles etwas unglücklich gelaufen, als ich SURVIVOR verließ. Wir wollten einfach in verschiedene musikalische Richtungen gehen. Es gab gerade zum Ende meiner Zeit dort sehr starke Reibungen mit einzelnen Mitgliedern. Sie wollten mehr in die bluesige Richtung gehen. Ich mag Blues, aber sah mich nicht im Stande, diese Entwicklung mitzugehen. Besonders Frankie Sullivan war damals dem Blues sehr zugetan, aber es war in meinen Augen nicht loyal gegenüber dem Vermächtnis von SURVIVOR und den Fans, also war die logische Konsequenz für mich, die Band zu verlassen. Ich habe dann für mich getan, was mir richtig erschien. Das war WORLD STAGE, IDES OF MARCH und nun eben PRIDE OF LIONS. Aber es war natürlich sehr schwer, diese großartige Band zu verlassen und es hat wirklich weh getan, und daher haben wir auch keinen Kontakt mehr.

Martin:
Zum Schluss noch die Frage, als was du dich eher siehst, als Songwriter, Künstler oder gar als Produzent, denn beispielsweise "The Destiny Stone" hast du ja selbst produziert. Kann man das überhaupt trennen?

Jim:
Ja, stimmt, das kann man wohl schlecht trennen, und in meinem Fall bedingt das eine das andere sehr stark. Man kann nicht nur Songs schreiben ohne die Reaktionen und Emotionen eines Konzertes irgendwie mitzuverarbeiten. Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen und zu erleben, was meine Musik bei den Leuten auslöst. Das nimmt man zwangsläufig mit. Eine gute Show kann mich drei Wochen oder so "tragen". Man spürt auch genau, was den Leuten gefällt. Ich könnte gar nicht ohne diese Energie leben und solange ich kann, werde ich auftreten.
Was das Produzieren angeht, so sehe das als ein Mittel zum Zweck an. Ich bin meist sehr ungeduldig und das kann dann schon sehr anstrengend werden. Ich produziere auch nur meine Projekte. Ich kann mir eigentlich nicht mehr vorstellen für jemand anderen zu produzieren, denn das erfordert sehr viel Zeit und Energie und die stecke ich lieber in meine eigenen Projekte.

Martin:
Jim, ich danke dir für dieses Gespräch und hoffe, euch dann im nächsten Jahr auf unseren Bühnen bewundern zu können.

Jim:
Ich habe zu danken, Martin! Alles Gute!

Redakteur:
Martin Stark

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