PURE REASON REVOLUTION: Interview mit Chloe Alper, Jon Courtney

04.04.2009 | 22:43

PURE REASON REVOLUTION haben ein mutiges zweites Album veröffentlicht, das die Hörerschaft durchaus spaltet. Das wurde auch in unserer Gruppentherapie deutlich, wo "Amor Vincit Omnia" deutliche Uneinigkeit in der Redaktion erzeugte. Ich sprach mit Chloe Alper und Jon Courtney, den beiden Köpfen der Band, vor dem Konzert im Berliner Magnet.

Zu Beginn möchte ich natürlich wissen, wie die Reaktionen auf "Amor Vincit Omnia" waren, da das Album etwaigen Erwartungen nicht wirklich gerecht wird. Chloe und Jon zeigen sich aber zufrieden mit dem Feedback. "Natürlich waren nicht alle Reviews positiv", gibt Chloe zu, "aber die großen Magazine haben uns eigentlich alle sehr wohlwollend rezensiert." Jon zeigt sich auch der Tatsache bewusst, "dass wir mit "Amor Vincit Omnia" einige Fans, die die erste Platte mochten, verlieren werden und dafür sicher auch einige neue Fans, die den elektronischen Anteil mögen, im Gegenzug gewinnen." Chloe ist die künstlerische Freiheit zu tun, was sie wollen, sowieso deutlich wichtiger. Jon betont dabei, dass es für die Band sehr wichtig war, "dass unser neues Label (Superball Music - d. Verf.) uns absolut unterstützt und volles Vertrauen in unser Material hat."

Vertrauen in ihr Material hat offensichtlich auch die Band, geht sie doch als noch recht unbekannte Truppe auf Headlinertour durch Europa. Und verzichtet dabei sogar bei einigen Gigs auf eine Supportband. "Wir wollten einfach sehen, was wir alleine schon erreichen können" gibt Chloe zu Protokoll. "Es ist natürlich ein gewisses Risiko dabei, aber bisher hat es sich gelohnt. Einige Shows in UK waren ausverkauft und die bisherigen Gigs in Deutschland hatten immer mehr als 100 Besucher." Eine Zahl, die man in Berlin - bekanntlich kein besonders gutes Pflaster für progressive Bands - nicht erreichen wird. Ohne Vorband ist man auch nur bei drei Konzerten in Deutschland unterwegs, "da sich hier einfach nichts Passendes ergeben hat, sonst haben wir lokale Bands als Vorband". Auf meine Frage, was man denn auf der Bühne erwarten kann, verspricht Chloe "ein etwa ausgeglichenes Set aus alten und neuen Songs. Wir werden etwa 80 Minuten spielen." Gut, wie sich zeigt, ist das nicht die ganz die Wahrheit. Ein leichtes Übergewicht hat das neue Material schon, dennoch wird es ein gelungener Konzertabend. Aber weiter im Text.

In unserer Gruppentherapie hat Kollege Frank die stellenweise sehr langen Wiederholungen wie in 'The Gloaming' kritisiert, in denen seiner Meinung nach nichts passiert. Chloe zeigt Verständnis für diese Auffassung, auch wenn "es schon in jeder Wiederholung kleine Änderungen gibt und sich der Part langsam zu einem Crescendo aufbaut". Kollege Martin könnte sich hingegen vorstellen, dass eine etwas jazzigere Note dem Sound gut zu Gesicht stehen würde. Jon zeigt sich auch dafür offen. "Wir haben schon jetzt einige Passagen, die durchaus jazzig sind. Wenn auch nicht sehr vordergründig. Und es kann schon sein, dass wir dies mal mehr in den Vordergrund rücken. Aber so etwas planen wir nicht." Das wirft natürlich die Frage auf, wie ein PURE REASON REVOLUTION-Song überhaupt entsteht. Was kommt zuerst die Gesangsharmonien oder die Musik oder geht das Hand in Hand? "In der Regel entsteht beides gleichzeitig. Wenn ich Riffs schreibe oder Parts auf dem Klavier spiele, versuche ich dabei auch schon immer Gesangsharmonien zu summen oder zu singen. Ich bin ein großer Fan der BEACH BOYS, die schon früher mit solch tollen Gesangsharmonien gearbeitet haben. Für mich sind die Harmonien, das miteinander der Stimmen und der Musik das Wichtigste an einem Song. Es ist schon komisch, dass nur so wenige Bands heute noch dieses Stilmittel benutzen." erzählt Jon und beantwortet damit auch gleich die Frage seiner Einflüsse.

Bleibt die Frage, ob der Band bewusst war, dass sie sich einen einzigartigen Sound geschaffen haben, als sie ihr Konzept entwarfen. Immerhin erkennt man auch bei "Amor Vincit Omnia" schon nach Sekunden, welche Band hier aus den Boxen tönt. Jon greift noch einmal den Faden der letzten Frage auf. "Daran erkennst du wie wichtig die Gesangsharmonien sind. Obwohl "Amor Vincit Omnia" sich deutlich vom Vorgänger unterscheidet, hattest du schon nach wenigen Momenten die Gewissheit hier PURE REASON REVOLUTION zu hören. Und natürlich war es uns wichtig diese Harmonien, die uns von anderen Bands unterscheiden, beizubehalten."

Themenwechsel: Chloe ist nicht nur musikalisch begabt, sondern hat auch das Coverartwork zu "Amor Vincit Omnia" beigesteuert. Auf die Frage, was sie mit dem Cover ausdrücken will, erklärt Chloe: "das Bild ist meine Interpretation des Albumtitels und unserer Musik. Es formt sich das Herz aus den vielen, nackten Körpern und obwohl es nicht wirklich hübsch ist, kann man einfach nicht wegsehen." Auf die Frage, ob Chloe in die Musik involviert sein muss, um ein Cover zu machen oder ob sie auch für andere Bands das Artwork machen könnte, gibt Chloe zu, "dass es mir deutlich leichter fiel die Musik zu verpacken, weil es meine Interpretation dessen ist. Aber ich könnte mir schon vorstellen, auch mal etwas für andere Bands zu machen, wenn es passt."

Als letztes bitte ich noch um einen kurzen Ausblick auf die Zukunft. Jon kann sich vorstellen, "dass der elektronische Anteil in Zukunft noch größer wird. Doch auch andere Stile können ihren Weg in den Sound der Band finden, wenn es sich richtig anfühlt. Die Gesangsharmonien werden aber beibehalten." Ich werde zudem damit beruhigt, dass Reggae sicher nie eine Rolle spielen wird. "Reggae mögen wir alle nicht. Das hat keine Energie." bestätigen mich Chloe & Jon in gleichen Maßen. Der richtige Schlußsatz, um eine echte Rockshow aufs Parkett zu legen.

Redakteur:
Peter Kubaschk

Login

Neu registrieren