Perlen der Redaktion: Mahoni Ledls Highlights 2021

04.02.2022 | 22:16

2021 war ein gutes Jahr für Perlentaucher.

Während ich diese Zeilen in meine Tastatur klopfe, liegt ein in vielerlei Hinsicht ziemlich bescheidenes Jahr glücklicherweise bereits einige Tage hinter mir, welches ich mit zwei fett ausgestreckten Mittelfingern und einem zum Jahreswechsel auf die Sekunde pünktlich und voller Inbrunst gebrüllten "F..k dich" nochmals gebührend zu verabschieden wusste. Neben meiner absolut großartigen Familie mitsamt meiner bezaubernden Hundedame Paula Stanley und einigen mir sehr ans Herz gewachsenen Freunden, kristallisierte sich abermals die Musik als zuverlässiger, haltgebender und auch motivierender Wegbegleiter sowohl für gute als auch schwierige Zeiten heraus.

Rein veröffentlichungstechnisch gab es im vergangenen Jahr qualitativ betrachtet recht wenig Anlass zum Meckern. Nur eine, ansonsten immer absolut zuverlässige Konstante in Sachen erstklassiger Veröffentlichungen blieb mit ihrem letztjährigen Album dann doch weit hinter meinen persönlichen Erwartungen zurück: Die Rede ist von SAXON, haben die Briten mit ihrem Cover-Album "Inspirations" ein in meinen Augen und Ohren doch ziemlich uninspiriertes und vor allem auch völlig unnötiges Werk abgeliefert. Da ich mich jetzt schon im Meckermodus befinde, kotze ich mich als bekennender Vinyl-Sammler auch gleich über deren mittlerweile unerträgliche Veröffentlichungs-Verzögerungen aus. Durch völlig überlastete Presswerke erscheint so manches Vinyl-Album locker zehn Monate nach offiziellem Veröffentlichungsdatum – U.D.O., UNTO OTHERS, EXODUS oder auch IRON FATE möchte ich hierbei exemplarisch als Opfer nennen, die allesamt großartige Alben veröffentlicht haben, welche unter normalen Umständen blindlings ihren Weg in meine Top-20-Liste gefunden hätten.

Da sich beim Zusammenstellen meiner Liste relativ früh eine hohe Zahl an deutschen Bands andeutete, nahm ich mir die Freiheit, meine Top-20 diesmal einfach in zwei Teile zu splitten. Die Plätze eins bis zehn habe ich deshalb ausschließlich einheimischen Bands zugewiesen, wohingegen die Ränge darunter international kunterbunt besetzt sind. Überhaupt fiel es mir so schwer wie nie, eine aussagekräftige Platzierungsliste zu erstellen, weshalb die Plazierungsnummern dieses Jahr, bis auf Ausnahme meines ersten Platzes, relativ wenig Aussagekraft besitzen.


Beginnen möchte ich meinen Artikel mit MOONSPELL und ihrem in sich stimmigen Gesamtwerk namens "Hermitage", welches beileibe nicht den stärkste Output in der Diskografie der Portugiesen darstellt. Ich kann auch keinen der zehn dargebotenen Songs explizit hervorheben, vielmehr ist es die Gesamtheit an sich, welche dieses Werk so speziell und faszinierend auf mich wirken lässt. Die auf dem Album bestimmende und leider sehr aktuelle Thematik der Einsamkeit wurde von Sänger Fernando Ribeiro hervorragend in Worte gekleidet und von äußerst melancholischen Kompositionen untermalt. Seine spezielle Magie entfaltet "Hermitage" am besten mit einem Glas Reserva Tinto in der einen, und dem wunderschönen, kunstvoll gestalteten Vinylcover in der anderen Hand.


Überraschenderweise finden sich mit den Schweden AT THE GATES und den Schwaben APOPHIS sogleich zwei waschechte Death-Metal-Alben in meinem Ranking, was eindeutig für deren ausgezeichnete Qualität spricht. "The Nightmare Of Being" und "Excess" überzeugten mich ehrlicherweise nicht direkt beim Erstkontakt, sondern wollten langsam von mir erobert werden. Beides sind musikalisch eher anspruchsvollere Werke, für die man sich unbedingt etwas mehr Zeit nehmen sollte.


Die UK-Thrasher EVILE veröffentlichten mit ihrem räudigen "Hell Unleashed" mein Thrash-Metal-Album des Jahres 2021, welches die Intensität eines Faustschlages à la Mike Tyson mitten ins Gesicht besitzt.


Mit KNIFE, SILVER TALON und TENTATION haben sich sogleich drei hochkarätige Newcomer ihren Weg direkt in mein Metal Heart gebahnt. Das selbstbetitelte Debütalbum der Deutschen KNIFE bietet erstklassigen Screaming Black Speed Metal Punk. Die amerikanische Tripple-Axt-Formation SILVER TALON glänzt auf "Decadence And Decay" mit astreinem US-Power-Metal und erinnert nicht nur aufgrund Sänger Wyatt Howells ähnlich gelagerter Stimmfarbe an Warrel Dane und seine NEVERMORE-Jungs. Dann sind da noch die Franzosen TENTATION, die mit ihrem Erstlingswerk "Le Berceau Des Dieux" wie die vielzitierte Bombe bei mir einschlugen. Die Jungs aus unserem wunderschönen Nachbarland überzeugen mit klassischem, in Landessprache gesungenem und mit viel Energie und Begeisterung vorgetragenem Heavy Metal.


Für immens gute Laune, selbst an trüben Tagen, sorgten zwei Alben aus Schweden und Finnland: Flugkapitän Björn "Speed" Strid geleitet auf "Aeromantics II" mit seinem THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA die geneigte Hörerschaft äußerst zielsicher durch jede noch so unvorhersehbare Turbulenz und Obermonster LORDI rühmt sich wie einst das tapfere Schneiderlein sogleich mit Sieben auf einen Streich. Gemeint sind hierbei jedoch sieben verschiedene Studio-Alben, welche der gute Mr. Lordi zeitgleich mit seiner "Lordiversity"-Box dem dürstenden Monster-Volk zum Fraß vorwarf. Von den sieben musikalisch sehr unterschiedlich gestalteten Alben hat mich das enorm lässige "Superflytrap" am meisten gepackt und mich einige Male mein imaginäres Tanzbein schwingen lassen.


Einen herrlichen Spagat zwischen dunklen, harten Klängen und Melodien mit viel Abwechslung gelang den beiden deutschen Truppen THE VERY END und THE NIGHT ETERNAL auf ihren aktuellen Werken. Nach acht Jahren des bangen Wartens knallt uns THE VERY END-Sänger Björn Gooßes mit "Zeitgeist" ein Album vor den Latz, welches mit fett bratenden Gitarren, atemberaubendem Schlagzeugspiel und einem abermals erstklassigen Artwork mehr als zeitgemäß erscheint. Düsterer Old School Heavy Metal mit Einflüssen aus Classic Rock und Dark Rock bietet THE NIGHT ETERNAL auf "Moonlit Cross", welches von der internationalen Presse zurecht komplett abgefeiert wird.


Ex-BRAINSTORM-Sänger Jürgen Marcus zelebriert auf seinem mittlerweile dritten TWENTYDARKSEVEN-Album "Catch A Fire" zeitgemäßen Hard Rock der Marke MÖTLEY CRÜE meets SKID ROW, ohne dabei auch nur eine Sekunde antiquiert zu klingen.


"Locked And Loaded" aus dem Hause VOODOO CIRCLE überzeugt durch seine authentische Melange aus WHITESNAKE- und LED ZEPPELIN-Anleihen auf ganzer Linie. Maestro Beyrodt brilliert ein ums andere Mal mit seinem unnachahmlichen Gitarrenspiel. Die Kompositionen sind von internationaler Qualität und übertreffen beispielsweise die letzten WHITESNAKE-Veröffentlichungen mit Leichtigkeit.


QUEENSRYCHE-Goldkehlchen TODD LA TORRE zeigt mit seinem ersten abendfüllenden Soloalbum "Rejoice In The Suffering" welch fantastischer Sänger, Musiker und Songwriter in dem kleinen Mann stecken. In bester Rob Halford-/Geoff Tate-Manier singt und screamt sich der Amerikaner durch 13 hochkarätige US-Metal-Songs und trommelte zudem nebenbei auch das komplette Schlagzeug im Alleingang ein.


Vom einen Ausnahmesänger zum anderen. Der ehemalige und niemals zu altern scheinende Ex-TWISTED SISTER-Shouter DEE SNIDER präsentiert mit "Leave A Scar" ein äußerst hartes als auch eingängiges Album, gespickt mit jeder Menge Hits, ab. Es ist mir immer wieder aufs Neue eine wahre Freude, der noch immer frisch und kraftvoll klingenden Stimme SNIDERS lauschen zu dürfen.


ZAKK WYLDE liefert mit BLACK LABEL SOCIETY auf "Doom Crew Inc." abermals tonnenweise erstklassige Riffs und gibt dabei auch als Sänger eine immer bessere Figur ab. Es ist diesmal aber vor allem die emotionale Seite des Gitarristen, die besonders zu gefallen und zu beeindrucken weiß und dabei direkt unter die Haut geht.


Mit "30 Years Live Anniversary" stellt GAMMA RAY mein persönliches Lieblings-Live-Album des vergangenen Jahres. Die Mannen um Mastermind Kai Hansen mit Gastsänger Ralf Scheepers nutzen den Auftritt vor kleinem Publikum als Machtdemonstration ihrer Einzigartigkeit. Ganz großes Kino!


Die fünf Schwaben von BRAINSTORM können eigentlich gar kein schlechtes Album veröffentlichen und erklommen mit "Wall Of Skulls" völlig zurecht den zwölften Platz der offiziellen deutschen Albumcharts. Mein herzlicher Glückwunsch deshalb nochmals nachträglich an dieser Stelle. Ich freue mich auf die hoffentlich stattfindende Co-Headliner-Tour mit RAGE, denn auf der Bühne ist die Band um ihren charismatischen Sänger Andy B. Franck bekanntermaßen unschlagbar.


Über HELLOWEEN mit dem selbstbetitelten Überalbum und nicht nur meinem persönlichen Artwork des Jahres brauche ich an dieser Stelle wohl keine allzu großen Worte mehr verlieren. Außer vielleicht, dass es der Reunion geschuldet, in absehbarer Zeit leider keine neuen Studio-Scheiben von GAMMA RAY und UNISONIC geben wird. Dies ist aber so ziemlich der einzige Wermutstropfen, den dieses Album zu bieten hat.

Mein persönliches Album des Jahres wurde über einige Jahre hinweg im lodernden Feuer des Südens geschmiedet, hört auf den verheißungsvollen Titel "End Of Paradise" und stammt von WITCHBOUND. Betrachtet man die Begleitumstände der Entstehung dieses Albums etwas genauer, grenzt die Veröffentlichung fast schon an ein kleines Wunder. Mit dem Ausstieg ihres etat-mäßigen Sängers Thorsten Lichters im Jahr 2016 begann eine äußerst lange und auch schmerzhafte Odyssee der Band: Was folgte war eine längere Sängersuche mit einigen Interimssängern, bis man in Natalie Pereira dos Santos eine geeignete Nachfolgerin fand. Gerade wieder komplett musste die hochmotivierte Truppe aufgrund einer Erkrankung ihres Gitarristen und Komponisten Martin Winkler einige bereits gebuchte Auftritte absagen. Dies und eine etwas modernere musikalische Grundausrichtung führten 2017 schließlich wiederum zu Unstimmigkeiten innerhalb der Band, welche zum schmerzhaften Ausstieg von Ronny Gleisberg (Ex-STORMWITCH) führten. Doch der Probleme noch nicht genug, verstarb der begabte Martin Winkler leider anfangs 2019, was kurzzeitig das Aus für WITCHBOUND bedeutete. Knapp sechs Monate später beschloss die Band jedoch, die 20, sich bereits im Demostadium befindenden Songs mit einem neuen Gitarristen und einem zusätzlichen Sänger fertigzustellen. Lauscht man dem Endprodukt, ist von all den negativen Begleitumständen im Vorfeld rein gar nichts zu hören. An dieser Stelle ein kurzer Auszug des vortrefflich verfassten Reviews meines geschätzten Kollegen Rüdiger Stehle, der mir mitten aus dem Herzen schreibt: "Martin Winkler und Stefan Kauffmann haben hier einige sehr gefühlvolle, emotionale und markante Songs geschaffen, und die Instrumentalisten und das Gesangsduo bringen diese Songs auch hervorragend herüber. Was die neue WITCHBOUND dabei sicherlich nicht ist, das ist eine traditionalistische Ersatzdroge für alte Sturmhexenfans. Vielmehr ist "End Of Paradise" ein modernes Metal-Album mit ganz unterschiedlichen stilistischen Einflüssen von klassischem Teutonenstahl über Gothic Metal bis hin zum Melodic Death, das sich dennoch durch einen roten Faden auszeichnet und immer wieder mal ganz dezent und freundlich dem STORMWITCH-Fan zuwinkt und mit ein paar urtypischen Referenzen grüßt. Für mich ist es daher wunderschön, dass dieses Werk trotz tragischer Umstände das Licht der Welt erblicken darf und ich hoffe sehr, dass es für WITCHBOUND in Zukunft schon bald die Möglichkeit gibt, den Neuanfang auch live zu zelebrieren." Sollte ich hiermit das Interesse des ein oder anderen an der Band WITCHBOUND geweckt haben, gelangt dieser mit einem einfachen Klick zu einem äußerst ausführlichen Interview mit Mastermind Stefan Kauffmann.



Ich bedanke mich hiermit von ganzem Herzen für euer Interesse an meinem Perlen-Artikel und wünsche euch allen ein gesundes und vor allem metallisch hochklassiges Jahr 2022! Cheerz, euer Mahoni.

Die Top20-Alben in der Übersicht. Mit einem Klick auf den Albumnamen gelangt ihr - soweit vorhanden - zur Rezension.

Rang

Band Album
01. WITCHBOUND
End Of Paradise
02. HELLOWEEN
Helloween
03. BRAINSTORM
Wall Of Skulls
04. GAMMA RAY
30 Years Live Anniversary
05. KNIFE
Knife
06. THE NIGHT ETERNAL
Moonlit Cross
07. TWENTYDARKSEVEN
Catch A Fire
08. VOODOO CIRCLE
Locked & Loaded
09. APOPHIS
Excess
10. THE VERY END
Zeitgeist
11. BLACK LABEL SOCIETY
Doom Crew Inc.
12. DEE SNIDER
Leave A Scar
13. SILVER TALON
Decadence And Decay
14. MOONSPELL
Hermitage
15. EVILE
Hell Unleashed
16. AT THE GATES
The Nightmare Of Being
17. THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA
Aeromantic II
18. LORDI
Lordiversity - Superflytrap
19. TODD LA TORRE
Rejoice In The Suffering
20. TENTATION
Le Berceau Des Dieux

Redakteur:
Mahoni Ledl

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