REBELLION: Interview mit Tomi Göttlich

20.07.2005 | 20:18

In dem Interview mit Mike Seiffert wurden einige Fakten über die Aufnahmen und den Gesangsstil angesprochen. Was das Albumkonzept angeht, so hatte ich mit Tomi Göttlich, seines Zeichens Bassist und Haupttexter von REBELLION, einen kompetenten Ansprechpartner. Wer auf die aktuelle Scheibe "Sagas Of Iceland" steht und mehr über die Hintergründe erfahren möchte, ist bei diesem Interview an der richtigen Adresse. Wobei, ein bisschen erinnerte meine Rolle eher an einen Stichwortgeber, denn wie ihr lesen werdet, hab ich zwischendurch ein paar Fragen eingestreut. Ansonsten hieß es: Let the Star do the talking! Vorhang auf...

Tolga:
Wie sind bisher die Reaktionen auf euer Album?

Tomi:
Die Reaktionen sind natürlich super positiv, das waren sie bei den anderen beiden Alben auch. Also letztendlich bin ich da ein bisschen vorsichtig geworden, weil man hat immer so das Gefühl "Mensch, das ist jetzt der große Wurf und jetzt geht's ab nach Gold oder so" (lacht). Und dann ärgert man sich, wenn man zehn- oder fünfzehntausend verkauft. Da denkt man dann, man hat verloren oder es ist nicht so gut gelaufen. Man sieht letztendlich einen, der es gut findet und einen, der es nicht so gut findet. Das liegt ja in der Natur der Sache! Wir sind sehr positiv und haben nur positive Reaktionen gekriegt. Das ist zwar ganz toll, aber da geb ich nix drauf!

Tolga:
Bist du mit dem Endresultat zufrieden? Ich frag nur deshalb, weil der Übergang vom Intro zur 'Ynglinga Saga' auf dem Rough Mix besser war?

Tomi:
Ich muss dir ganz ehrlich sagen: Ich weiß es nicht mehr! Ich beschäftige mich mit den Remixes eigentlich nur peripher. Es ist immer so, auch bei einer Vorproduktion, dass die eine Line vom Sänger drauf ist, die dir dann besser gefällt als auf der Endproduktion. Und jedem, der dann an der Produktion beteiligt ist, gefällt dann irgend eine Line von der Ursprungsversion besser, als das, was dann nachher drauf ist. Letztendlich höre ich diese Dinger einmal durch und wenn ich vom Grundsound her nicht viel zu meckern hab, dann werf ich das weg. Das hör ich mir gar nicht mehr an. Man hat dann irgendwann fünf, acht, zehn Versionen. Irgendwelche Rough-Mixes und irgendwelche Listening-Dinger, wo man nochmal reinhört und sagt: "Da hat mir der Bass besser gefallen, da fand ich die Snare geiler!" Und dann siehst du nachher irgendwann kein Ende mehr.
Bei der ersten Platte macht man sich dann völlig verrückt. Irgendwann kommt jeder zu dem Punkt, dass man sagt: "Letztendlich muss man mit dem, was man hat, zufrieden sein, wenn es vom Gesamtpaket her gut ist." Das find ich auch bei der Produktion. Es gibt schon das eine oder andere, was ich jetzt ein bisschen anders gemacht hätte, als Uwe es letztendlich gemacht hat. Aber es ist auch die erste Produktion, wo ich wirklich nicht viel zu meckern hatte. Normalerweise haben wir uns nochmal eine Woche zusammengesetzt und alles durchgehört. Diesmal hab ich's mir angehört und gemeint: "Ist OK!" Ob bei einem Lied der Bass lauter oder die Leadgitarre bisschen weniger schrill ist - das sind alles Sachen, die interessieren den Fan nicht. Den Fan interessiert, ob das Ding aus einem Guss klingt. Bei anderen Musikern ist das eher Egogedöns. Da verschwendet man viel Energie!

Tolga:
Wieso taucht vor 'Harald Harfager' diese nervige Frauenstimme auf und wieso das Gebabbel danach? Hat es inhaltlich eine gewisse Bedeutung oder hätte man es nicht besser weglassen sollen?

Tomi:
Das hat eine ganz wichtig inhaltliche Bedeutung. Das ist eben auch das Problem, wenn die Plattenfirmen einen mit Billigprodukten bemustern, dann hast du die Texte nicht in dieser Form vorliegen. Dann ist das immer schwierig... Inhaltlich ist es ja so, dass dieser Harald Harfager der erste König war, der Norwegen geeint hat. Das heißt, er war schon, in der frühen Phase der norwegischen Geschichte eine zentrale Figur. Und das war auch die Figur, bei der wir gesagt haben: "Da machen wir einen Hauptpunkt!" Durch das Vereinigen von Norwegen ist es zu einer zweiten Auswanderungswelle gekommen, wo dann eben Gang Hrolf und Erik der Rote und viele andere ausgewandert sind, um sich der zentralen Gewalt zu entziehen, die letztendlich das Gesellschaftssystem krass verändert hat. Da lebst du nicht mehr in Clans oder clanähnlichen Familienstrukturen zusammen, sondern hast einen mächtigen König, der da natürlich auch sein Geld und seine Rechte fordert. Der demzufolge auch mit alten Sitten, Freiheiten und alten Besitztümern logischerweise aufräumt.
Und da haben wir gesagt: "OK, hier ist eigentlich ein Punkt in der Geschichte Norwegens und auch in der Geschichte der Wikingerkultur, wo rückblickend der Anfang gesehen wird." Man kann fast schon sagen, dass hier der Anfang des Untergangs ist, oder der Veränderung dieser Kultur, um es mal wertfrei zu sagen. Und da gibt's eben diese schöne Sage von Halfdan the Black, dessen Frau Ragnhild diesen Traum hat ('Ragnhild's Dream'), von dem Baum, dessen Äste in den Himmel kreisen, aber der eben auf Blut wurzelt. Das passt ja eigentlich auch, weil die Vereinigung von Norwegen nicht friedlich vor sich ging. Das heißt, es sind unglaubliche Schlachten geschlagen worden, es ist auch einiges an Leid den einzelnen Individuen widerfahren und das Land hatte enormen Aderlass an vielen Männern zu verkraften.
Auf der anderen Seite, wenn man sich die Geschichte mal betrachtet, passiert es jeder Nation, dass aus vielen kleinen Königtümern ein Nationalstaat entsteht. Das ist mit diesen nördlichen Ländern ein bisschen verspätet passiert. Auch in Schottland war das ja ähnlich, da ist es ja auch mit den Clans im 18. Jahrhundert passiert, dass die Nationalstaaten sich gegründet haben. Und wir haben gesagt: Das muss da rein! Und dieser Harald Harfager, der hat diese Gyda getroffen, und die hat ihm gesagt: "Pass mal auf! Ich werde dich erst heiraten, wenn du dein ganzes Königtum, ganz Norwegen, hast." Ist eine typische Arroganztussi gewesen.

Tolga:
Das hat man auch gehört.

Tomi:
So sollte sie das ja auch sagen. (lacht) Dann hat der Harald eben geschworen: "Ich werde mein Haar nicht kämmen und nicht schneiden, bis ich das mache." Das war ganz lustig, weil Uwe (Lullis, Gitarrist und Produzent von REBELLION - d. Verf.) war das nicht so klar, der hat so den Gesang aufgenommen und die haben sich nur überlegt: "Was hat denn der Göttlich da für eine Scheiße geschrieben? No, I won't cut my hair. Und dann auch noch im Refrain drauf. Soll der jetzt sein Haar kämmen?" Und das versteht man natürlich nicht, wenn man vorher die Geschichte nicht hat. Wir wollten es eigentlich ein bisschen anders machen und ein bisschen mehr Raum für diesen Dialog geben. Und der Dialog war ursprünglich auch viel länger. Das war im Prinzip wortwörtlich aus der Sage übernommen. Und dann haben wir doch beim zusammensetzen festgestellt, dass es so ein bisschen den Drive rausnimmt und es dann das Stück so zerschneidet. Und dann hab ich den Text von King Harald umgeschrieben, dass er genau zu dem Intro passt und wir haben die Frau einfach nur reingeschnitten. Man hätte es letztendlich auch ganz weglassen können. Wir haben es halt jetzt reingenommen, und ich denke nicht, dass es stört. Ich hab's ja auch geschrieben und kann das nicht objektiv beurteilen. Ich hoffe es führt nicht dazu, dass die Leute den ganzen Titel scheiße finden.

Tolga:
Auf der Rückseite der Info ist ja die gesamte Albumstory zusammengefasst. Wieviel Literatur musstest du verschlingen, bis das Konzept stand?

Tomi:
(Stöhnt) Ich würde mal sagen ca. 1000 Seiten wirklich wissenschaftliche Literatur. Zwei dicke Wälzer. So die zwei Standardwerke eigentlich. Die Modernsten, bei denen man auch so mitbekommt, was früher passiert ist. 1500 Seiten pseudowissenschaftlich, das sind dann die Wikingerbücher, die man als Normalmensch kennt, die auch lesbar sind. Bei der wissenschaftlichen Literatur muss man sich ja richtig durchkämpfen. Das ist schon eine harte Arbeit. Und dann bestimmt nochmal 2000-3000 Seiten historische Romane und dasselbe nochmal als Quellenliteratur. Das ist schon eine Lebensaufgabe.
4000-5000 Seiten, das klingt dann erstmal enorm viel. Ich steh hier grad vor meinem Bücherregal. Das ist eine ganze Abteilung in meiner Büchersammlung, die nur über Wikinger ist. Mein Beruf ist zu lesen. Ich hab das ja im Studium gelernt, dass man da auch relativ zügig und zeitintensiv lesen kann. Ich les 200 Seiten Fachliteratur innerhalb von einem halben Tag und weiß wirklich, was auf jeder Seite steht. Das ist so eine Fähigkeit, die muss man sich notwendigerweise im Studium aneignen und die kommt einem da zupass. Ich hab da auch eineinhalb Jahre dran gesessen. Jetzt nicht jeden Tag, aber doch natürlich in den Ferien mal ein Buch genommen. Oder wenn man da irgendwo ein Wochenende hatte, mal zwei Dinger durchgewildert. In Ägypten beim Tauchen zum Beispiel. Tauchzeug an, ins Wasser, Tauchgang gemacht, zurück auf's Boot und dann eine Stunde zum nächsten Tauchplatz gefahren und weitergelesen. Das liest man so zwischendurch und dann ist das eigentlich auch für einen selber nicht so eine Arbeit, sondern ein spannender Einstieg, mehr so ein Weg, den man nimmt. Das interessiert einen dann auch, macht dann auch Spaß. Es war sicherlich viel Arbeit, hat aber auch sehr, sehr viel Spaß gemacht.

Tolga:
Fass doch bitte für unsere Leser nochmal kurz die Geschichte zusammen.

Tomi:
Wir fangen im Prinzip mit der mythologischen Entstehungsgeschichte der Wikinger an. Ähnlich wie die Römer das mit Romulus und Remus haben, haben die Wikinger das mit der Ynglinga-Saga, die Odin als Abkömmling der Trojaner sehen und dann quasi gegen Norden wandern. Dort begründet er dann sein Reich und zieht von der Erde nach Valhalla und hinterlässt seinen Kindern den norwegischen Gläubighaus. Dann steigen wir eigentlich ein in die ersten sagenhaften Gestalten.
'Sons Of The Dragon Slayer': Ragna Losenhose, die Geschichte von dem ist historisch eigentlich nicht richtig greifbar. Das ist wirklich eine Sage, die historisch nicht belegt ist, aber einfach eine geile Geschichte und einer der größten Helden der Sagenkultur ist.
'Ragnhild´s Dream': Halfdan the Black ist schon historisch greifbar. Er hat wahrscheinlich auch gelebt und bei Harald Harfagar, da ist die Quellenlage schon sehr, sehr gut. Der taucht dann schon in fränkischen Quellen auf. Und das ist dann eben schon eine Einigung des norwegischen Königreiches. Dann kommen mit 'Erik The Red' und 'Freedom (The Saga Of Gang Hrolf)' vielleicht so die zwei prägnantesten Gestalten. Die haben Norwegen verlassen und neue Reiche gegründet. Erik hat ja immerhin die Besiedlung Grönlands geleitet und sein Sohn Amerika entdeckt. Dann eben Gang Hrolf, der die Normandie gegründet hat. Da sind die Wikinger oder Nordmänner dann hergekommen, die letztendlich Sizilien und sogar Jerusalem besiedelt haben. Diese Auswanderungen und Besiedlungen waren sehr erfolgreich und haben bis heute noch Spuren hinterlassen.
Dann kommen wir zu 'Treason', und das ist die Geschichte, wo so Heidentum versus Christentum losgeht. Wo der Harald Graumantel, der ein Abkömmling vom Harald Harfager war, versucht hat das Christentum einzuführen. Er war aber ein echter Verräter. Er hat da Leute zum Bankett eingeladen und sie hinterrücks ermorden lassen. Er hatte da wenig Moral und Skrupel, und hat sich dadurch sein Königtum gefestigt. Zwei Söhne von Menschen, die er hat ermorden lassen, sind der Hakon, der in 'Sword In The Storm' besungen wird, und dann auch der Olaf Trygvason, der Sohn vom König Trygver, der von dem Graumantel ermordet worden ist. Hakon hat den Graumantel dann logischerweise umgebracht. Das wäre dann 'Sword In The Storm' und hat auch die alte Religion eingeführt und die Christen wieder rausgeschmissen. Und der Trygvason hat den Hakon umgebracht, ist aber mittlerweile Christ geworden und hat dann auch unumkehrbar die christliche Religion mit unglaublicher Brutalität eingeführt ('Blood Rains').
Das finde ich eine ganz interessante Thematik, weil man da sieht, welche Rolle das Christentum bei so einer Erstarkung spielt. Dass es da auch ganz klar um politische Interessen geht, und nicht à la "wir tun alle gut und sind ganz lieb, sind die tollsten Christen". Das war eigentlich diese Schlacht gegen den Trygvason. Dieser Trygvason hat eine Schlacht gehabt, in der er dann auch gestorben ist. Da war dann eben der Sven Gabelbart beteiligt, König von Dänemark, da haben wir gesagt: "Klasse, hier können wir zu den Dänen rüber und haben den roten Faden wieder." Und deswegen die zwei großen dänischen Könige: Sven Gabelbart und Knut der Große, die eben, neben Dänemark, auch England beherrscht haben und zu dem Zeitpunkt das mächtigste Land/der mächtigste Staat in der Nordsee waren. Daher auch 'Ruling The Waves'. Die hatten auch noch Norwegen teilweise unter ihrer Kontrolle, als es an der Nordsee war. Schade, dass die Dänen so ein bisschen schlecht weg gekommen sind. Man hätte eigentlich noch Gon den Älteren und Harald Blauzahn machen müssen, aber man kriegt halt auf eine Platte nur 13-14 Titel und irgendwann ist dann auch Schluss.
Und 'Harald Hadrade' ist vielleicht so die schillerndste Gestalt in dieser ganzen Geschichte. Der hat eigentlich mit dem roten Faden nichts mehr zu tun. Als der König geworden ist, da war eigentlich dieses Wikinger-Zeitalter schon wirklich vorbei und überholt. Der war halt so diese letzte große Persönlichkeit, der auch einen abenteuerlichen Lebenslauf hatte. Der war vom byzantinischen bis oströmischen Reich Chef von der Leibgarde und hat im Mittelmeer Schlachten geschlagen. Er hatte eine ganz bewegte Vita hinter sich. Er ist dann zurück nach Norwegen und dort König geworden, ist dann als König nach England, wie das die Norweger so früher gemacht haben, und wollte England dann wieder erobern. Er ist dann aber während der Schlacht gestorben. Damit sagt die Forschung: "Die Wikingerzeit ist zu Ende". Nach dem Harald Hadrade kam keiner mehr. Und für eine Platte ist es schon eine geile Sache, wenn du so eine Persönlichkeit hast. Der letzte Wikinger, der da einsam als letzter seiner Rasse, im Prinzip aus einer archaisch anderen Zeit, nochmal ordentlich was losmacht. Er geht, und mit ihm seine Zeit und seine Kultur. Das ist schon eine schöne Sache, so dramatisch eine Platte abzuschließen.

Tolga:
Wie schaut's mit Tourneen oder Festivalauftritten dieses Jahr aus?

Tomi:
Was Festivalauftritte angeht, da sind da so ein paar Anfragen und da wird wohl verhandelt, aber generell halte ich von Festivalauftritten nichts. Denn wenn wir da in unserer Größenordnung auftreten, dann kriegen wir schlechte Plätze, schlechte Gagen, wenn überhaupt, werden meistens noch was drauflegen müssen. Werden nicht vernünftig behandelt, sondern sind das fünfte Rad am Wagen und müssen "Danke" sagen, dass wir überhaupt auf die Bühne dürfen und spielen unter schlechten Umständen morgens um fünf oder was. Das haben wir jetzt mit den letzten beiden Platten gemacht, und das ist dann nicht so gelaufen, wie wir's gerne gehabt und uns vorgestellt hätten. Und wir haben uns dann gesagt: "Ok, wir haben jetzt einmal die Festivalrunde gemacht, mit der "Macbeth" in Deutschland und dann mit der "Born A Rebel" in Spanien gespielt. Wir spielen jetzt nur noch, wenn wir wirklich gewollt werden und ein Festivalmann sagt: "Diese Band möchten wir haben, und wir sind auch bereit dafür eine Gage zu bezahlen." Ist ja klar, das wir da nicht reich werden wollen, wir reden da nicht von Zehntausenden von Euro, aber so, dass wir zumindest auf null rausgehen können. Und wenn jeder sich noch einen Fuffi reinstecken kann, dann ist das für drei Tage mit Hin- und Herfahren, Proben und Laden... Das sollte schon drin sein. Und wenn das nicht drin ist, dann spielen wir einfach auch nicht. Ich denk, dann ist es das einfach nicht wert. Wenn jemand sagt: "Mir ist die Band nicht mal die Unkosten wert", dann weiß ich auch nicht, warum ich auf meinem eigenen Geld da drauf spielen soll. Von daher gesehen denke ich, dass wir große Festivals dieses Jahr sicherlich nicht machen werden. Ich weiß nicht, ob mit den Kleinen was zu Stande kommt.
Letztendlich ärgert man sich so, weil das alles so scheiße läuft: Dann gibt's nix zu essen, dir ist warm, du musst von Pontius nach Pilatus rennen um auch irgendwas zu bekommen. Keine Duschen... Für 'ne junge Band, wenn du zwanzig bist, dann ist das geil! Die zahlen dir deine Unkosten, du musst nix bezahlen. Wenn du schon fünf Mal in Wacken gespielt hast, dann musst du nicht noch ein sechstes Mal dahin. Da stehen dann 300 Nasen vor der Bühne, von denen dich 150 nicht kennen, und die anderen 150 hören nicht wirklich zu. 30 Leute in der ersten Reihe haben ihren Spaß, das können sie auch auf der Clubtour haben.
Eine Tournee machen wir in den hessischen Herbstferien, weil ich ja Lehrer bin. Und da wissen wir auch nicht so genau, wie das aussehen wird, in welcher Größenordnung das passiert, welche Clubs wir da spielen... Wir werden zehn Auftritte um den Dreh herum machen, aber wo das dann sein wird, das wird sicherlich auch vom Erfolg der Platte abhängen. Ob wir da Hunderter-Clubs buchen oder ob wir Zweihunderter-Dreihunderter-Clubs buchen... Es wird sicher eine Clubtour werden, und wenn wir einen Zuschauerschnitt von 120 kalkulieren und den auch erreichen, dann ist alles gut. Dann stapeln wir lieber ein bisschen tief, und wenn's dann ein bisschen abgeht, dann freuen wir uns alle. Aber letztendlich ist das besser als zu denken: "Da kommen 500 Leute, und dann kommen doch nur 200." Da sind wir dann wieder enttäuscht, weißt du.

Tolga:
Das nächste Album ist ja schon für 2006 geplant. Seid ihr schon an den Aufnahmen und wird sich musikalisch einiges verändern? Wird es z.B. progressiver?

Tomi:
Im Prinzip haben wir es in der Vergangenheit immer so gehandhabt, dass wir es haben entstehen lassen. Dass wir da nicht rangehen und sagen: "Wir wollen mehr links, oder rechts, oder mehr so oder so." Wie ein Kind, wenn du dem zuhörst, dann sagt es dir schon, was es braucht. Und dann macht man das so, wie es der Titel gerne hätte. Es kommt dann schon vor, dass du Dinger komplett umschmeißt und sagst: "Mensch, lass uns das komplett nochmal neu machen, das ist so nicht geil." Aber ich würde mich wundern, wenn da was ganz anderes bei rauskäme. Sicherlich hat jede Platte ihren eigenen Touch, und jede Platte klingt so ein bisschen anders. Das soll sie, muss sie, darf sie auch. Aber dass wir da eine ganz andere Richtung einschlagen, das kann ich mir nicht vorstellen.
Das ist ja auch nicht das, was man von uns erwartet. Wir haben ja irgendwo einen gewissen Namen, und da erwarten die Leute auch das Beste von REBELLION da drauf. Da musst du schon das machen, was die Leute von dir hören wollen. Es ist auch echt das, was ich am besten kann. Klar, ich kann mich auch hinsetzen und Tonleitern hoch- und runterspielen, wahrscheinlich schneller als die meisten Gitarristen. Klar kann ich das, hab es ja jahrelang geübt. Aber erstens ist das nichts, was Bass spielen muss. Wenn du es im traditionellen Sinne spielen willst, dann muss der untenrum ein solides Fundament machen. Und zweitens: Es kickt mich auch nicht. Mich kickt's echt mehr untenrum einen soliden Bass zu spielen, der fett groovt. Und das muss auch erstmal einer nachmachen. Das ist nämlich auch nicht soo einfach, wie Anfänger sich das immer so vorstellen.

Tolga:
Was erwartet uns textlich auf den nächsten Alben?

Tomi:
Die zweite Platte wird sich mit Schweden und Russland beschäftigen. Wo wir da genau die Schwerpunkte setzen, da bin ich noch nicht soweit. Also was diese Thematik betrifft, hab ich den wissenschaftlichen Standard, aber der ist jetzt auch schon wieder zwei Jahre alt. Das heißt, da muss ich mich nochmal selektiv einlesen, dass ich mir die Kapitel nochmal vornehme. Und da hab ich ansonsten von der Quellenlage her schon so ein bisschen was hier stehen, aber da hab ich einfach viel zu lesen. Ich hab dieses Jahr sechs Wochen Sommerferien und da fahr ich nach Schweden. Und dann denk ich mal, dass da das Grundkonzept für die Platte entstehen wird und dass ich da einfach viel und gerne lesen werde, wenn ich in diesem Land bin. Und da muss man halt gucken, welche Persönlichkeiten wir uns da raussuchen und wo wir da so die Schwerpunkte setzen. Aber das wär so die thematische Festlegung für die zweite Platte, da soll's so langgehen.
Da haben wir die beiden Hauptrichtungen der Wikinger einfach abdeckt, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Und in der dritten gehen wir auf die Mythologie ein, d.h. wir werden uns die "Edda" vornehmen, die hab ich hier schon rumstehen. Und ich werde da noch ein bisschen gucken, was es da sonst noch so gibt, an Interpretationen und derselben. Und dann werde ich mich da noch ein bisschen einlesen und dann werden wir die Göttersagen nochmal verwursten. Mit dem Ragnarök, der Götterdämmerung und dem ganzen Kram. Das passt ja dann auch ganz gut zusammen. Da findet sich bestimmt einiges Hochinteressantes.

Tolga:
Gibt es noch etwas, das du loswerden möchtest?

Tomi:
(Stöhnt) Ich würd einfach sagen: viel Spaß bei der Platte und würd mich freuen, wenn der eine oder andere Fan vielleicht doch mal soweit ist, dass er sich da die Geschichte durchliest. Im Booklet gibt's ja extra nochmal auf Deutsch ein Blatt dabei. Das würd mich dann schon sehr freuen, wenn es doch den Einen oder Anderen gibt, der die Arbeit, die man gemacht hat, zu schätzen weiß. Aber es muss auch nicht jeder. Wenn einer nur sagt: "Diese komischen Historiendinger da, ich find die Musik geil." Das ist dann auch in Ordnung.

Redakteur:
Tolga Karabagli

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