RESPAWN: Interview mit Roland Peters

01.01.1970 | 01:00

RESPAWN aus Berlin haben mit "Nature´s Foul Child" eine eigenständige und verdammt starke eigenproduzierte Mischung sämtlicher Metalstilistiken auf den Markt geschmissen, die eine Vertragsunterzeichnung bei einem bekannteren Label innerhalb Deutschland möglich machen sollte. Neue Kräfte braucht das Land. Und so begab ich mich in die Netzwerkleitungen der Hauptstadt um Sänger Roland Peters die Vorzüge seiner Band in eigenen Worten einer größeren Leserschaft zugänglich zu machen.

Alex:
Servus Roland! Zunächst mal eine tiefe Verneigung vor eurer Eigenproduktion "Nature´s Foul Child". Ihr habt sowohl soundtechnisch als auch songschreiberisch aus dem Vollen geschöpft.

Roland:
Vielen Dank dafür, es freut uns sehr, dass es auch anderen und vor allem Dir gefällt. :-)
Nach dem ersten Demo vor anderthalb Jahren, welches wir komplett selber aufgenommen haben - z.B. die Schlagzeugspuren im Waschkeller der Eltern des Drummers (Shumon) inmitten von trocknender Wäsche, und den Rest in einer ofengeheizten Altbauwohnung im bitterkalten Winter bei mindestens -10°C ;o) - wollten wir natürlich diesmal einen Fortschritt machen. Sowohl aufnahmetechnisch als auch von den Arrangements her, da das Demo noch eher unter die Überschrift Bandfindungsphase fiel: Wer sind wir, wie können wir uns positionieren und wohin wollen wir überhaupt.
"Nature’s Foul Child" ist die Antwort auf diese Fragen und der erste musikalische Schritt als
echte Band mit gemeinsamen Zielen, nicht als eine Ansammlung von Einzelmusikern, die versuchen ihre Ideen durchzudrücken.

Alex:
Bisher ist RESPAWN völlig an mir vorbei gegangen. Erzähl mir ein wenig über eure Geschichte und die Roots der einzelnen Musiker.

Roland:
Uns gibt’s ja auch erst seit zweieinhalb Jahren, und haben als Band hauptsächlich in Berlin unser Unwesen getrieben. Die einzelnen Mitglieder kommen allerdings aus der ganzen Republik.
Unsere beiden Gitarristen Eddie (Berlin) und Matthias (Landau/Isar) sind sich in der Uni über den Weg gelaufen und unser Bassist Clemens (Berlin) hat schon in einer anderen Band mit Eddie gespielt. Unser Drummer Shumon (Ratingen) ist bei irgendeinem Open Air rekrutiert worden und hat glaube ich von Heimatmelodie-Mambo bis Black-Metal-Jazz schon alles durch. Wir haben halt vorher schon alle in der Art Bands gespielt, wie das jeder tut, der mit jungen Jahren anfängt Musik zu machen... da sammelt man seine ersten Live-Erfahrungen, und es passiert einem auf der Bühne wirklich alles, was nur schief gehen kann. Ich (Köln) hatte eigentlich schon abgeschrieben, irgendwann in einer Band mit Perspektive zu landen, da bekam ich unverhofft einen Anruf von Eddie, der eine uralte Anzeige von mir entdeckt hatte. Allerdings konnte ich damals nicht besonders gut singen. Eigentlich so gut wie gar nicht... ich konnte nur irgendwelche kranken Geräusche von mir geben - aber den Jungs hat es anscheinend trotzdem gefallen. :-)

Alex:
Euer Material ist verdammt eigenständig und geradeso prädestiniert für ein Labelsigning. Ist irgendwas spruchreif oder sitzen die betreffenden Personen immer noch auf ihren Ohren?

Roland:
Selber sehen wir das auch so, andere allerdings bis jetzt noch nicht. Da wir aber erst kürzlich mit der Promotion angefangen haben, haben wir sehr große Hoffnung bzw. sind überzeugt davon, dass da etwas kommen wird. Außerdem glaube ich auch, dass gerade in den heutigen Tagen, wo Metal wieder mehr in den Medien vertreten ist, musikalisch gesehen viele Trittbrettfahrer unterwegs sind und die machen es den Labels nicht gerade einfacher Bands, die ihrer Philosophie entsprechen, zu finden und auch zu signen.

Alex:
"Nature´s Foul Child" klingt nach verdammt viel Geld, böllert die Scheibe doch fett und tierisch transparent aus den Boxen. Wo und mit wem habt ihr produziert und wie waren die Aufnahmen?

Roland:
Wie oben schon erwähnt, wir sind musikalisch unseren nächsten Schritt gegangen, und um diesen auch erkennbar und hörbar zu machen, wollten wir diesmal "alles richtig machen". Das ist zwar so gut wie unmöglich, aber als Ausgangspunkt sehr hilfreich ;o). Wir sind in das Monongo Studio in Berlin gegangen und haben die Scheibe mit Jim Voxx produziert . Der kommt zwar mehr aus der Rock’n’Roll Ecke, hat Bands wie JINGO DE LUNCH produziert und Lemmy nimmt demnächst seine Soloscheibe dort auf. Aber während der Gespräche mit ihm bekamen wir den Eindruck, dass er genau weiß, was wir wollen. Es sollte halt knallen und professionell sein. Des weiteren transparent, wie du so treffend bemerkt hast, und trotzdem leben.
So war es dann auch bei den Aufnahmen. Jim hatte immer seine eigene Art die Leute zu motivieren, was sehr geholfen hat, da wir ja nicht wirklich Studioerfahrung hatten.
Manchmal sind wir ihm aber auch ganz schön auf den Sack gegangen. Zum Beispiel in der Nacht vor dem Mastering-Termin sind uns (natürlich) noch irgendwelche Sachen eingefallen, und er musste dafür extra sein ganzes Equipment umbauen und sich die Nacht mit uns um die Ohren schlagen. (lacht)

Alex:
Auch euer Booklet sieht nach einer regulären Labelveröffentlichung aus. Es scheint, als wolltet ihr es wirklich wissen?

Roland:
Der ganze grafische Part ist von Nicole Ernst ( nicole.ernst@gmx.net ) gemacht worden. Wir haben eine Art Aufruf gemacht an alle, die interessiert waren, in der Hinsicht mit uns zusammenzuarbeiten und die einzigen Vorgaben waren, dass wir kein Blood-Kill-Die-Dragon-Steel-Klischeecover wollten und es sich in irgendeiner Weise an den Themen unserer Lyrics orientieren sollte. Ihre Ideen waren dann im Endeffekt die besten und wir hatten auch schon früher mit ihr gearbeitet.
Natürlich wollen wir es wissen. Diese Band hat ein ungeheures Potenzial, welches noch lange nicht ausgeschöpft ist. Diese EP ist lediglich eine Momentaufnahme in unserer Entwicklung. Wir wollen weitermachen, weiterkommen, und zwar in jeder Hinsicht.

Alex:
Wie war denn die bisherige Resonanz auf "Nature´s Foul Child"?

Roland:
Bis jetzt sehr gut. Die Leute, welche die CD gekauft haben, geben uns positive Reaktionen und ihr als erstes Mag, das uns ein Review beschert hat (und ein exzellentes noch dazu), anscheinend auch. Es geht langsam, aber stetig voran. Die jeweiligen Leute werden auf uns aufmerksam. Sei es, weil sie uns vorher nicht kannten, oder weil sie überrascht ob unserer Entwicklung seit der Veröffentlichung unseres Demos sind.

Alex:
Kannst du etwas zu euren Texten sagen. Warum geht es bei euren Songs?

Roland:
Wir wollen keine Standard-Metaltexte. Davon gibt es genug. Unsere Texte beschreiben Dinge, über die es sich unserer Meinung nach lohnt nachzudenken, da vieles im Argen liegt. Deshalb auch der Titel "Nature’s Foul Child", der unserer Meinung nach in Verbindung mit dem Artwork recht deutlich macht, worum es thematisch bei uns geht. Um uns selber und unsere Art Dinge zu gestalten. Ob das gut oder schlecht ist, muss jeder für sich selber entscheiden. Aber der kritische Ansatz ist es, der zählt.

Alex:
Eure Musik ist sehr komplex und detailverliebt. Wie kann ich mir euren Songwritingprozess vorstellen. Gemeinsam im Proberaum oder Arrangementbaukasten am PC?

Roland:
Haha, gute Frage. Das kommt ganz drauf an. Gemeinsam im Proberaum wird bei uns entschieden öfter der Arrangementbaukasten ausgepackt. Ernsthaft, meistens kommt jemand mit einer Grundidee des Songs an - hierfür zeichnet sich häufig Matthias verantwortlich - und es wird erst mal geguckt, wie sich der Song anfühlt bzw. anfühlen könnte. Falls er Potenzial hat, wird dann begonnen die Feinheiten auszuarbeiten - die kommen dann nach und nach beim Proben dazu. Einen 100% fertigen Song haben wir noch nie aus dem PC gezaubert, allerdings ist es natürlich sehr hilfreich um Songideen festzuhalten und herum zu experimentieren. Manchmal kommt es auch vor, dass ein Song mit einer Idee beginnt. Hinter 'Snapping Rope' stand zum Beispiel die Vorstellung einen Opener zu schreiben. Und bei diesem Ansatz entsteht der Song dann komplett im Proberaum.

Alex:
Kurzer Exkurs zu deinem Gesangsstil: Manch einer würde ihn als wirr und vielleicht auch nervig abstempeln. Ich nenne ihn gewagt und vor allem sehr eigenständig, da du dich auch mal traust völlig irre zu kreischen und einfach durchgedreht zu klingen. Was sagst du selbst zu deiner Leistung?

Roland:
Ich selbst freu mich natürlich immer diebisch, wenn ich so krank wie möglich klinge. Auf der anderen Seite möchte ich auch richtig singen, da das ganz anders ist, aber mindestens genauso viel Spaß macht. Die Abwechslung ist mir selber sehr wichtig und auch für den Hörer bleibt es dadurch interessant.
In den Jahren in der Band habe ich viel an mir gearbeitet um diese verschiedenen Facetten gesanglich darstellen zu können und vor allem meinen eigenen Stil überhaupt erst zu finden. Vor den Aufnahmen habe ich alles getan, damit ich mir nachher nichts vorwerfen konnte. Ehrlich gesagt war ich selber überrascht, wie meine Stimme klingt. Bei einer Aufnahme hört sich das natürlich immer ganz anders an, als wenn man im Proberaum steht und rumbrüllt. Ich bin mit meiner Gesangsleistung zufrieden, bin aber natürlich der Überzeugung, dass ich mich in allen Bereichen noch verbessern kann - und vor allem will.

Alex:
Was denkst du, beeinflusst die Band und dich selber? Was ist deine Lebenseinstellung?

Roland:
Musikalisch auf jeden Fall unsere "Roots", sowie aktuelle Sachen. Im weiteren Sinne unsere Umgebung. Wir leben in Berlin und diese Stadt ist für deutsche Verhältnisse riesig. Grau und trist, sowie sehr unterschiedlich und abwechslungsreich zugleich. Das färbt ab. Manchmal macht es mich regelrecht aggressiv und zieht mich runter, in einem alles in sich aufsaugendem Monster aus Beton, Stahl und Abgasen zu leben. An anderen Tagen bin ich einfach nur froh, hier zu sein, weil soviel Leben in dieser Stadt steckt. Hier kann man das machen, worauf man Lust hat, denn durch die relativ niedrigen Lebenshaltungskosten und die junge Bevölkerung kann man sich hier frei entfalten. Es lastet nicht soviel Druck auf dem Einzelnen. Diese Freiheit ist für mich sehr wichtig und ich denke, das ist sie für jeden hier, das möchte man nicht mehr missen.

Alex:
Wie sieht momentan mit Touraktivitäten aus? Könnt ihr auf eine Gastspielreise aufspringen?

Roland:
Bis jetzt noch nicht, aber wir wollen unbedingt! Wir wollen rausgehen und gehörig Arsch treten. Es juckt uns tierisch, das Material vor fremden Publikum zu spielen und die Reaktionen zu erleben. Und wir wollen natürlich mit den Leuten reden um zu erfahren, wie sie uns erleben. Also ruft uns an, falls wir mit euch, bei euch oder sonst wie auftreten sollen, wir spielen (fast) alles. :-)

Alex:
Wie kann ich mir RESPAWN live vorstellen? Beschreib mal die vorherrschende RESPAWN-Liveatmosphäre.

Roland:
Intensiv, energiegeladen, abwechslungsreich und locker, obwohl wir die nötige Ernsthaftigkeit nie vermissen lassen. Außerdem haben wir immer ein Gimmick parat.
Die beste Atmosphäre herrscht in den kleinen Clubs vor, wo der Schweiß von der Decke tropft und man auch von der Bühnenhöhe her direkt am Publikum ist. Wenn dann eine Reihe nach der anderen anfängt zu unseren Songs zu moshen, stachelt uns das noch mehr an. Live spielen ist wirklich das Beste und die Leute vor der Bühne merken, wenn die Chemie auf der Bühne stimmt. Das ist eine Wechselwirkung und zwar eine wunderbare. :-)

Alex:
Was erwartest du realistisch vom Release von "Nature´s Foul Child"?

Roland:
Dass wir ein Label finden und mehr außerhalb von Berlin live spielen können.
Dass der Name RESPAWN ein Qualitätsmerkmal wird. Die Leute sollen über uns sagen können: "Die machen total eigenständige, abwechslungsreiche Mucke... das tritt Arsch und ist trotzdem melodisch, die musst du dir unbedingt mal live angucken!"

Alex:
Wie sieht Zukunftsplanung aus? Stehen schon neue Songs?

Roland:
Wir arbeiten ständig an neuen Songs, es sind schon welche "in der Röhre". :-)
Beim nächsten Gig wird es deshalb auch definitiv neues Material zu hören geben. In der nahen Zukunft wollen wir natürlich "Nature’s Foul Child" so gut wie nur irgend möglich promoten und vor allem einen professionellen Partner (Label) finden, mit dem wir konstruktiv zusammenarbeiten können. Im allgemeinen wollen wir soviel live spielen wie es nur geht, unseren musikalischen Weg weiter beschreiten und daraus so viele Platten machen, das sogar mein ehemaliger Musiklehrer anerkennend nickt und sich eine davon in den Schrank stellen muss. :-)

Alex:
Roland, danke für das Interview. Viel Glück in der nächsten Zeit. Ich hoffe, man hört schnellstens von euch. Irgendwelche letzten Worte?

Roland:
Escape the shackles of decisions, liberate your own selves. Danke für die Unterstützung! :-)

Redakteur:
Alex Straka

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