REVEREND BIZARRE: Interview mit Magister Albert Witchfinder

01.01.1970 | 01:00

Wenn es um Doom Metal geht, insbesondere um die jüngere Generation von Doom-Bands, dann kommt man an REVEREND BIZARRE aus Finnland nicht vorbei. Die SAINT VITUS-Verehrer sind gnadenlos heavy und haben dazu noch eine Menge Ausstrahlung. Magister Albert Witchfinder ist Basser, Sänger und Mastermind in Personalunion und gab mir bereitwillig Auskunft über heiße Themen wie bizarre Priester, deren Pfarrhäuser, Ziegen und BURZUM-Covers. Daneben brachte der Magister noch ein wenig Licht in den Veröffentlichungsdschungel, klärte uns über seine alten Einflüsse und aktuellen Vorlieben auf und wagte einen kleinen Ausblick auf das, was uns in der Zukunft aus dem Hause REVEREND BIZARRE erwartet. Aber lest selbst:

Rüdiger:
Wer ist denn der "bizarre Priester"? Handelt es sich dabei um eine echte, historische Person, um eine Romanfigur oder habt ihr den Bandnamen einfach selbst erfunden? Und was passiert bloß in seinem Pfarrhaus?

Albert:
Der ist einfach nur eine Erfindung meines wirren Geistes. Ursprünglich sollte es der Name eines anderen meiner frühen Projekte sein. Was in seinem Pfarrhaus passiert? Ich wünschte mir dort würden eine Menge verschiedenster Gewalttaten und Perversionen abgehen. Das Haus des bizarren Priesters ist kein Ort der Liebe und von Blumenduft. Es ist voll von Hass und dem Gestank von Exkrementen, Schweiß und Blut. Ein paar schwarzmagische Rituale würden auch gut reinpassen.

Rüdiger:
Scheint ja ein wenig angenehmer Ort zu sein... Viele Doom Bands sind als bekennende Christen bekannt. Ihr habt einen Geißbock auf euren Covers, den man weitgehend als satanisches Symbol ansieht. Warum habt ihr den als "Maskottchen" gewählt?

Albert:
Die Ziegen sehen einfach toll aus! Ursprünglich war die Ziege auch kein satanisches Symbol. Einige christliche Denker sahen Bildnisse von Pan und Baphomet als Bildnisse Satans, daher kommt die Darstellung Satans als Ziegenbock. Aber trotzdem ist die Ziege vielleicht auch für uns ein wenig satanisch besetzt. Jedenfalls ist sie das für die CoS [Church Of Satan] und für die meisten Metaller auch.

Rüdiger:
Ihr seid schon eine ganze Weile aktiv, aber da Doom bekanntlich ein sehr altes Genre ist, geltet ihr immer noch als Newcomer. Stört euch das?

Albert:
Es interessiert mich überhaupt nicht, wie die Leute uns einstufen. In gewisser Weise sind wir ja auch Newcomer. Aber nach uns kamen auch noch viele neuere Bands. Die sehe dann halt ich als Newcomer an.

Rüdiger:
Eure Discographie ist ein wenig verwirrend mit all den Split-EPs, Demos etc. Somit ist es nicht leicht für einen Neueinsteiger eine vollständige Sammlung aufzutreiben. Sind die Split-EPs noch erhältlich, oder gibt es eine andere Möglichkeit die darauf enthaltenen Songs aufzutreiben, wie zum Beispiel eine Anthology oder etwas in der Art?

Albert:
Ich denke die meisten dieser Splits müssten ausverkauft sein, oder zumindest recht schwer aufzutreiben. Irgendwann machen wir sicher eine Art Anthology, aber jetzt noch nicht.

Rüdiger:
Worum handelt es sich bei der Compilation "Slice Of Doom"?

Albert:
Sie enthält ALLES, was wir jemals auf den beiden Auflagen des gleichnamigen Demos hatten und dazu einen Haufen Bonustracks. Eigentlich enthält sie so ziemlich alles, was wir vor unserem Debütalbum aufgenommen haben, außer einer Alternativversion eines Stückes und ganz frühe Proberaumaufnahmen.

Rüdiger:
"In The Rectory Of The Bizarre Reverend" wurde kürzlich von Nibelung wiederveröffentlicht. Kurz nachdem ich diese Scheibe erhalten habe, hörte ich, dass es eine Neuauflage des selben Albums mit der Bonus-EP "Return To The Rectory" über Spikefarm geben soll. Wollt ihr die EP außerhalb Finnlands separat vertreiben oder warum sonst ist sie nicht in der Nibelung-Version enthalten?

Albert:
Mit der Nibelung-Auflage haben wir nichts zu tun. Das ist die Sache von Low Frequency, die das Album an das deutsche Label lizenziert haben. Ich hatte niemals Kontakt zu Nibelung und die Veränderungen am Cover wurden vorgenommen, ohne mich zu fragen. Dennoch denke ich, dass es sich bei der deutschen Pressung um ein interessantes Sammlerstück handelt. Die neue Doppel-CD aus dem Hause Spikefarm jedoch wurde unter unserer Kontrolle erstellt, und das originale Album wurde zudem remastert. Die EP, bei der es sich ausschließlich um eine Bonus-CD handelt, wird nicht einzeln veröffentlicht werden. Auf die Idee würden wir nicht kommen.

Rüdiger:
"In The Rectory" erschien ursprünglich auf Sinister Figure, dann wurde es an Low Frequency lizenziert. Nun gibt's eine Auflage von Nibelung und eine von Spikefarm. Was ist der Grund für diese verwirrende Releasepolitik und was ist letztendlich die ultimative Version, die sich die Fans zulegen sollten?

Albert:
Nun, die "Überfans" werden sie wohl alle haben wollen, aber um die Frage zu beantworten: Die Spikefarm-Auflage. So sollte das Album eigentlich von Anfang an sein. Alle anderen Versionen sind irgendwie fehlerhaft etc. Die erste Auflage hat allerdings den besten CD-Aufdruck. Aber um es nochmal klar zu stellen: Wir hatten niemals mit jemand anderes zu tun als mit Sinister Figure und mit Spikefarm. Wie selbst haben mit den beiden anderen Labels nie einen Vertrag unterzeichnet. Das hat uns schon ein paar Probleme bereitet.

Rüdiger:
Ihr habt beim Doom Shall Rise-Festival in Deutschland gespielt, und beim Warm-Up mit ORODRUIN, WELL OF SOULS, PENANCE und WHILE HEAVEN WEPT seid ihr im Publikum anwesend gewesen. Wie habt ihr das Festival und den Warm-Up empfunden? Wurdet ihr nicht gefragt, ob ihr auch Lust hättet den Warm-Up zu spielen?

Albert:
Alle Gigs, die wir in Deutschland gespielt oder angeschaut haben, waren fantastische Erlebnisse. Ich glaube, man hat uns nicht gefragt, ob wir den Warm-Up-Gig spielen wollten.

Rüdiger:
Findet ihr die strenge Limitierung der Doom Shall Rise-Tickets in Ordnung? Ich und viele andere waren jedenfalls ziemlich enttäuscht, als das Festival bereits kurz nach Vorverkaufsbeginn ausverkauft war.

Albert:
Das liegt wohl an der Größe der Halle.

Rüdiger:
Ihr habt eine Split-Single mit ORODRUIN gemacht, die für mich einer der besten Doom-Newcomer der letzten Jahre sind. Daneben gibt's je eine Split mit RITUAL STEEL und MINOTAURI. Seid ihr mit den Bands befreundet, und könnt ihr sie euren Fans weiterempfehlen?

Albert:
Die Jungs von MINOTAURI kennen wir seit Jahren. Sie sind mit Sicherheit unsere Freunde und unsere Brüder in Sachen Doom. Von den nun aufgelösten RITUAL STEEL hatte ich nur Kontakt mit Sascha und der ist echt ein großartiger Zeitgenosse. Es war super, mit dieser kraftvollen Band eine Split-EP zu machen. Und ja: Ich würde diese beiden Bands all denen empfehlen, die uns mögen!

Rüdiger:
Das mit den Split-EPs ist ja ein echtes Underground-Ding. Ist es gerade in Mode, ist es eher ein Zeichen der Solidarität mit den anderen Bands, oder welchen Zweck haben diese Veröffentlichungen deiner Meinung nach?

Albert:
Mode? Wir machen nichts wegen einer Mode oder einem beschissenen Trend. Wir machen die Splits einfach, weil es uns Spaß macht. Ich schreibe gerne Songs dafür, und ich mag Vinylveröffentlichungen. Im Prinzip dasselbe wie bei einer CD, nur sind die Vinyls halt in der Regel limitierte Auflagen. Vielleicht sollte man sie als besondere Leckerbissen für unsere größten Fans betrachten. Die haben auch keine Schwierigkeiten die EPs aufzutreiben. Solidarisch müssen wir uns mit niemandem zeigen. All die großartigen Bands, mit denen wir solche Projekte realisiert haben, sind mit uns auf gleicher Höhe.

Rüdiger:
Auf "In The Rectory" sind sechs Songs, während "Harbinger" sieben Songs hat, und beide sind in etwa gleich lang. Wieso ist "Harbinger" eine EP, "Rectory" aber ein Studioalbum?

Albert:
Weil "Harbinger" einfach kein echtes Album ist. Wir nehmen gerade unser zweites Album auf. "Rectory" war natürlich das erste Album – kein Zweifel.

Rüdiger:
"Harbinger" enthält eine Coverversion von 'Dunkelheit', das ursprünglich von BURZUM stammt. Ich finde die ursprüngliche Version großartig, und ihr habt eine tolle neue Version des Stückes abgeliefert. Das Problem: Manche Leute fragen sich, warum ihr Varg Vikernes Tribut zollt. Beschränkt sich eure Bewunderung für BURZUM auf die herausragenden musikalischen Leistungen dieser Band oder steckt da mehr dahinter? Was denkst du über Vargs Ansichten und Taten, die über das hinausgehen, wofür BURZUM steht?

Albert:
Du willst wohl wissen, ob wir seine politischen Ansichten teilen. Die Antwort ist ziemlich einfach: Nein, tun wir nicht! REVEREND BIZARRE ist eine völlig unpolitische Band. Ich liebe die Musik von BURZUM und ich kann Varg in ganz wenigen Dingen zustimmen, wenn es darum geht, was er über die technologisierte moderne Welt und vor allem die Natur sagt, aber das war's dann auch schon. Es freut mich, dass auch du die Musik genießen kannst, ohne dich zu viel mit dem Mann dahinter zu beschäftigen. Es regt mich wirklich auf, dass so viele Menschen es ablehnen diese wunderbare Musik anzuhören, nur weil Varg eine kontroverse Person ist. Ich bin auch sehr froh, dass dir unsere Version dieses schönen Stückes gefällt.

Rüdiger:
SAINT VITUS dürften ein ziemlich offensichtlicher Einfluss für euch sein. Empfindet ihr es als Kompliment, wenn ich sage, dass die Musik von REVEREND BIZARRE näher am klassischen SAINT VITUS-Sound sind, als jede andere Band? Oder mögt ihr es nicht, so direkt mit einer anderen Band verglichen zu werden?

Albert:
Wir empfinden es als große Ehre mit SAINT VITUS verglichen zu werden, mit der größten aller Doom-Metal-Bands.

Rüdiger:
Ihr habt auch den SAINT VITUS-Song 'Dark World' für einen Tribute-Sampler namens "A Timeless Tale" gecovert. Was ist aus dem Tribute geworden? Weißt du, warum er nie erschienen ist, oder ob er irgendwann noch kommen wird?

Albert:
Dafür sind wir wohl leider die falschen Ansprechpartner. Ich habe keine Ahnung. Hoffentlich wird er irgendwann mal veröffentlicht.

Rüdiger:
Hast du den SAINT VITUS-Reunion-Gig beim With Full Force gesehen?

Albert:
Nein.

Rüdiger:
Wenn sie sich noch mal für ein paar weitere Konzerte aufraffen würden, welchen Sänger hättest du am liebsten? Lass mich raten: Du würdest dir Scott Reagers wünschen.

Albert:
Ja, da hast du Recht! Damit würde ein Traum wahr werden!

Rüdiger:
Was hältst du von den aktuellen Projekten von Wino (THE HIDDEN HAND) und von D.C. (DEBRIS INC.)? Glaubst du, dass die eine große Zukunft haben, oder hättest du lieber eine richtige VITUS-Reunion?

Albert:
Natürlich wäre eine wirkliche VITUS-Reunion toll, aber zumindest Wino macht noch immer großartige Musik. Ich mag seine THE OBSESSED-Sachen sogar lieber als seine Arbeit als Sänger bei VITUS. Ich mochte viele Stücke von SPIRIT CARAVAN und was ich bisher von THE HIDDEN HAND gehört habe, hat mir auch gefallen.

Rüdiger:
Zu einer anderen Doom-Legende: Manche Melodien und Gesangslinien bei REVEREND BIZARRE erinnern mich ein wenig an CANDLEMASS. Waren die Schweden auch einer eurer Einflüsse?

Albert:
Nein, das waren sie nicht. Natürlich kannte ich die Band, als wir anfingen, und ich mag "Epicus Doomicus Metallicus" und "Nightfall" immer noch sehr gerne. Aber beeinflusst haben sie uns nicht wirklich. Mich jedenfalls nicht.

Rüdiger:
Was hältst du von der CANDLEMASS-Reunion, dem erneuten Split und dem Rücktritt vom Rücktritt nur knappe sechs Monate später? Mich freut es zwar, aber ich finde es ein wenig seltsam.

Albert:
Darüber mach ich mir keine Gedanken. Ich bin aber glücklich, dass ich den Reunion-Gig in Helsinki sehen konnte. Das war überwältigend!

Rüdiger:
Ich habe das Gefühl, dass wir derzeit ein kleines Doom-Revival erleben. Da sind die Comebacks von CANDLEMASS, SAINT VITUS, COUNT RAVEN, TROUBLE etc. und das Auftauchen vieler vielversprechender und großartiger junger Bands wie KHANATE,
ORODRUIN, YOB und natürlich auch REVEREND BIZARRE. Findest du auch, dass die Zukunft des Doom momentan viel rosiger aussieht als noch vor ein paar Jahren?

Albert:
Auf jeden Fall. Aber ich weiß auch, dass sich das nach ein paar Jahren wieder beruhigen wird. Es scheint so, als wäre das ein ständiges, regelmäßiges Auf und Ab. Aber es wird natürlich immer diejenigen geben, die weiter diese großartige Musik hören und spielen werden. Sie sind der Kern des Ganzen. Wir sollten es genießen, dass im Moment alles so toll läuft. Ich wünschte nur, dass COLD MOURNING wieder loslegen würden!

Rüdiger:
Was fällt dir zu den Bands ein, die ich in meiner letzten Frage erwähnt habe? Was sind deine Lieblingsbands, im Doom und darüber hinaus?

Albert:
ORODRUIN sind absolute Spitze! Ich mag ALLE echten Doom-Metal-Bands. Wenn es purer Doom ist, dann muss es gut sein. SAINT VITUS, TROUBLE, WITCHFINDER GENERAL, PENTAGRAM, COLD MOURNING, IRON MAN, WARNING und so weiter sind natürlich in meinen Top 10. Zu viele, um sie alle zu nennen. Lieblingsalben? Alle VITUS-Alben mit Scott Reagers, naja, eigentlich sowieso fast alle ihrer Alben, COLD MOURNINGs "Lower Than Low", IRON MANs "The Passage", SOLITUDE AETURNUS' "Through The Darkest Hour", die meisten PENTAGRAM-Alben, THE OBSESSEDs "The Church Within" und so weiter... die COUNT RAVEN-Alben, auch hier zu viele um sie aufzuzählen.

Außerhalb des Doom? Ich höre so verschiedene Musikrichtungen, dass es unmöglich ist, alle aufzuzählen. Ich will es mal versuchen: BURZUM, IRON MAIDEN, JOY DIVISION, CARNIVORE und SIELUN VELJET zum Beispiel. Ich könnte mit dem Aufzählen noch zehn Minuten oder länger weitermachen. Ich mag auch eine Menge obskurer Bands aus Finnland, von denen du wohl noch nicht mal gehört hast. Daneben mag ich frühen Gothic Rock sehr gerne, wahren Heavy Metal, Nekro Black Metal, Ambient, Märsche, Neo Folk... die Liste ist unendlich. Ich mag auch ein paar dieser neueren, langsamen Bands wie TROLLMANN AV ILDTOPPBERG, WRECK OF THE HESPERUS, MOSS, BUNKUR usw. Viele würden wohl auch diese Bands als Doom bezeichnen.

Rüdiger:
Viele Metaller würden sagen sie mögen Doom Metal, aber sie hassen Stoner Rock. Was hältst du von den beiden Schubladen?

Albert:
Wir spielen Doom Metal. Das sagt eigentlich alles. Ich interessiere mich für sonst überhaupt nichts, wenn es um Schubladen geht.

Rüdiger:
Wie sieht's mit den Zukunftsplänen aus? Wann gibt's ein neues Studioalbum oder eine neue EP?

Albert:
Das Songwriting ist weitestgehend abgeschlossen, bis zu unserem vierten Album, aber neues Material für Split-Singles, EPs und sonstige Spezialitäten wird natürlich auch vorbereitet. Im Moment nehmen wir das zweite Album auf, und auch noch ein paar andere Sachen. Zumindest eine CD-EP.

Rüdiger:
Plant ihr eine Tour oder Festivalauftritte? Mit wem wärt ihr gerne mal unterwegs?
`
Albert:
Es wäre toll mit SAINT VITUS zu spielen. Wir haben die Bühne schon mit vielen großartigen Bands geteilt. Mehr werden folgen.

Rüdiger:
Möchtest du uns sonst noch etwas mitteilen?

Albert:
Keep it true!!! Danke für dieses Interview!

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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