REVEREND BIZARRE: Interview mit Magister Albert Witchfinder

11.08.2005 | 01:57

Nachdem wir kürzlich ein ausführliches Interview zum Thema der Wiederveröffentlichung von "In The Rectory..." geführt hatten, konnte ich Albert (im Foto rechts) dieses Mal die üblichen Fragen zur Bandbiographie weitestgehend ersparen. Statt dessen konnten wir uns schwerpunktmäßig dem neuen Album "Crush The Insects" widmen, das seit Kurzem die Doomszene im Sturm erobert.

Rüdiger:
Was ist bei euch im letzten halben Jahr so alles losgewesen?

Albert:
Ziemlich viel. Eine neue Single und ein Album, viele Interviews, Konzerte, Nervenzusammenbrüche, eine Tour in den USA. Man kann sich kaum an alles erinnern, weil die Dinge heutzutage in einer Geschwindigkeit an einem vorbeirollen, der man kaum folgen kann.

Rüdiger:
Nun aber zum neuen Album. Wo wurde es aufgenommen?

Albert:
Im selben Studio wie die meisten unserer Aufnahmen: Red House in Turku.


Rüdiger:
Wo siehst du die Unterschiede zwischen "Crush The Insects" und euren älteren Veröffentlichungen?

Albert:
"Crush" ist auf vielen Ebenen einfacher. Es war sogar leichter aufzunehmen. Trotzdem ziemlich harte Arbeit.

Rüdiger:
Glaubst du auch, dass das Album Elemente aufweist, die es für die Fans des traditionellen Metals zugänglicher machen könnte als "Rectory" und "Harbinger"? Besonders die ersten drei Stücke erwecken bei mir diesen Eindruck. Sie sind nach wie vor sehr schwer und doomig, aber irgendwie eingängiger und weniger extrem.

Albert:
Ja, da gebe ich dir recht. Das war auch so geplant. Schon lange vor unser Debüt aufgenommen wurde stand fest, dass das zweite Album genau so werden sollte, wie du es gerade beschrieben hast.

Rüdiger:
Kommen da eure BLACK SABBATH- und WITCHFINDER GENERAL-Einflüsse stärker zur Geltung?

Albert:
Ja, das könnte auch wahr sein. Manche Hörer könnten vielleicht auch ein wenig PENTAGRAM und IRON MAN raushören. Die offensichtlichen SAINT VITUS-Einflüsse natürlich nicht zu vergessen.

Rüdiger:
'Doom Over The World' wurde schon mal auf der "Doom... Or Be Doomed"-Zusammenstellung veröffentlicht. Wart ihr mit dieser Version unzufrieden, oder warum gibt es jetzt eine Neueinspielung? Nachfrage von Seiten der Fans?

Albert:
Über eine Nachfrage der Fans weiß ich nichts, aber als ich den Song vor Urzeiten schrieb, wusste ich, dass es der Opener auf unserer zweiten Scheibe werden würde. Ich bin nur mal wieder bei meinen Plänen geblieben. Dabei war es mir egal, dass es für jenen Sampler schon mal aufgenommen wurde. Die Originalversion mag ich übrigens auch gerne.

Rüdiger:
Was fasziniert euch so sehr an Oliver Cromwell, dass ihr ihm ein Lied gewidmet habt?

Albert:
Da müsstest du Peter fragen, der das Stück geschrieben hat. Aber so viel ich weiß, war er ein harter Mann, der sein Ziel mit purer Hingabe verfolgte. Das ist für uns genug, um eine solche Persönlichkeit für einen Song würdig zu erachten. Aber die Hingabe, die wir Cromwell gegenüber zeigen ist nicht so tief wie das was wir mit einem Stück namens "Aleister" gemacht haben.

Rüdiger:
Hast du generell ein großes Interesse an kontroversen historischen Persönlichkeiten?

Albert:
Kontroverse Persönlichkeiten sind diejenigen, welche die Welt zum Guten oder Bösen verändern, und so ziehen sie meine Aufmerksamkeit auf sich, wenn ich die Seiten staubiger Bücher lese. Wer interessiert sich schon für langweilige Durchschnittsmenschen, die in den meisten Fällen nur graue Sklaven derjenigen sind, welche die Schlüssel zur physischen oder spirituellen Macht in Händen halten.

Rüdiger:
Wer würde sich denn für einen weiteren REVEREND BIZARRE-Song anbieten?

Albert:
Ich weiß nicht, ob es in Zukunft weitere historische Persönlichkeiten in unseren Songs geben wird... Ich könnte mir aber ein paar Serientäter, Sektenführer oder Diktatoren vorstellen. Aber vielleicht können auch andere Bands darüber schreiben. Manson? DeGrimston? Wer weiß?

Rüdiger:
Mit eurer aktuellen Single steht ihr wunderbar im Widerspruch zu all den Regeln des Musikgeschäfts, stimmt's? Es ist euer längster und vermutlich unkommerziellster Song, und die Singleversion ist sogar noch siebeneinhalb Minuten länger...

Albert:
Du hast es perfekt erfasst... Die Idee war es, die ganze Szene ein bisschen in Aufruhr zu versetzen, einige Regeln zu brechen und ein wenig Chaos anzurichten, und wir hatten damit Erfolg. Es ist immer schön, die Leute ein wenig zu verwirren und Leute die von dieser Musik keine Ahnung haben dazu zu zwingen, sie im Radio zu hören. Ich wollte damit auch all die eingängigen Stücke des Albums hinter dieser total unzugänglichen Single verstecken. Ich meine, wegen dieser Single haben vielleicht einige potentielle Hörer das Album lieber doch im Laden gelassen, während diejenigen, welche die Single mochten, vielleicht von den ersten drei Songs des Albums angewidert waren. Es macht Spaß, den menschlichen Geist zu verwirren.

Rüdiger:
Gibt es außer dem verlängerten Intro und Outro irgendwelche Unterschiede?

Albert:
Nein, außer beim Intro und Outro unterscheiden sich die Single- und Albumversionen von "Slave Of Satan" nicht.

Rüdiger:
Zum Gemälde, das eure CD ziert: Wer hat es gemalt, was stellt es dar und wo liegt die Verbindung zum Titel?

Albert:
Der Künstler ist unbekannt. Nun, irgendjemand wird wohl schon wissen, wer das gemalt hat, aber der Name lässt sich meines Wissens nirgendwo in Büchern oder Archiven finden. Es zeigt die Hinrichtung einiger Leute, die beschuldigt wurden Hexen zu sein. Meistens waren diese "Hexen" nur seltsame und eigenwillige Menschen, Kräuterheiler und ähnliches, was viele Studien belegen. Der Titel passt gut zum Konzept des Tötens unschuldiger Menschen. Wo wir uns in dieser Szenerie sehen, werde ich nicht verraten.

Rüdiger:
Gibt es eine Tour zum neuen Album?

Albert:
Nein, es wird keine "Crush The Insects"-Tour geben, aber wir werden so viel ich weiß 2006 nach Deutschland kommen. Wir waren gerade in den USA unterwegs, und das war auch ein toller Ausflug.

Rüdiger:
Mit wem würdet ihr denn gerne auf Tour gehen?

Albert:
Es wäre toll, für ein paar große alte Bands zu eröffnen. Wir hatten schon die Ehre, dies für Bands wie REVELATION, CATHEDRAL und COUNT RAVEN tun zu dürfen. Eine Tour mit SAINT VITUS oder TROUBLE würde mir auch gut reinlaufen. Auch mit CATHEDRAL oder WHILE HEAVEN WEPT wäre es nett. Oder COLD MOURNING oder WARNING. Es war super mit THE GATES OF SLUMBER zu touren. Ich hoffe wir können das mal wiederholen. Eine Tour mit BEHERIT (R.I.P.) wäre auch eine nette Überraschung.

Rüdiger:
Definitiv. Die würde ich nicht verpassen wollen. Nachdem du bekennender SAINT VITUS-Fan bist, würde mich interessieren, was du von Dave Chandlers neuer Band DEBRIS INC. und deren Debütalbum hältst, das Doom und Punk verbindet.

Albert:
Ich habe das Album noch nicht gehört. Ich habe eine Livevideo eines Stückes gesehen, und so leid es mir tut, das war fürchterlich. Aber mehr werde ich dazu nicht sagen, bevor ich nicht das Album gehört habe.

Rüdiger:
Die Wiederveröffentlichung von "In The Rectory", welche über Spikefarm erschienen ist, bietet ja ganz schön viel Bonusmaterial, so dass sich nicht mal die beschweren konnten, die das Album schon hatten. Es ist euch sicher wichtig, eure Fans rundum zufrieden zu stellen und dass das Label hierbei mitzieht.

Albert:
Das ist das wichtigste. Wir haben überdies die totale Kontrolle über alles, was wir machen. Dank des Labels ist uns dies möglich. Andererseits hätten wir dort nicht unterschrieben, wenn es anders wäre. Wir werden niemals einen billigen Müll als Neuauflage alten Materials veröffentlichen, der den Fans das hartverdiente Geld mit zwei beschissenen Livetracks als Bonus aus der Tasche zieht.

Rüdiger:
Woher stammt das Material der Bonus-CD überhaupt? Sind die Stücke Übrigbleibsel alter Sessions oder habt ihr sie extra dafür komponiert?

Albert:
'Aleister' war von den "Harbinger"-Sessions übrig, weil auf der CD kein Platz mehr für den Song war. 'The Festival' war eigentlich für "Crush..." geschrieben worden, aber ich fand, dass es die Atmosphäre dort zerstört hätte. Also nahmen wir es für diese Veröffentlichung auf. 'For You Who...' war ursprünglich für eine andere Band gedacht und 'Dark Sorceress' ist natürlich eine Coverversion. Alle anderen Stück der Bonus-CD wurden exklusiv für diese Veröffentlichung geschrieben. Und außer 'Aleister' wurde auch alles extra für diesen Zweck eingespielt.

Rüdiger:
Wenn wir gerade bei "Rectory" sind. Ich habe beim letzten Mal vergessen dich etwas zu fragen, das mich schon lange interessiert. Ihr habt auf der Scheibe einen tollen Song mit dem Titel 'Cirith Ungol', der sich inhaltlich natürlich um Tolkien dreht. Aber da es nun mal meine absolute Lieblingsband ist, wollte ich gerne wissen, was du von der alten amerikanischen Epic-Metal-Legende CIRITH UNGOL hältst.

Albert:
Wir haben eine sehr hohe Meinung von dieser Band. Der ursprüngliche Grund dafür ein Lied mit diesem Titel aufzunehmen war auch, dass wir dieser Band Tribut zollen wollten.

Rüdiger:
Das hört man gerne. In unserem letzten Gespräch hast du gesagt, dass das Songwriting für etliche zukünftige Veröffentlichungen schon abgeschlossen sei. Was habt ihr also als nächstes auf eurem Terminplan?

Albert:
Wir werden nun erstmal eine Aufnahmepause einlegen. Ich schätze die Antwort wird dir nicht gefallen, hah hah! Nun, nach dieser Pause werden wir wahrscheinlich wieder ein paar Sachen für einige Splits und Sampler oder Dinge in dieser Art aufnehmen. Ich war gerade im Studio, um den Gesang für ein PENTAGRAM-Cover aufzunehmen. Peter wird bald die Gitarren dazu einspielen.

Rüdiger:
So, das war's. Vielen Dank für das Gespräch. Wenn du sonst noch was loswerden oder ankündigen möchtest...

Albert:
Vielen Dank! Alle, die unsere Musik mögen, sollten mal in die bevorstehende EP mit dem Titel "Thulsa Doom" reinhören. Wir sind endlich mit der Arbeit an dem Material fertig, ich muss nur noch das Artwork erstellen, oder genauer gesagt fertig stellen. Passt auf euch auf und kommt vorbei, wenn wir nahe genug an euren Behausungen vorbei kommen. Ich meine, man kann nie wissen, welches Konzert das letzte sein wird!

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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