RHAPSODY: Interview mit Fabio Lione
01.01.1970 | 01:00Während MAYHEM in Wacken gerade die Black-Stage zerhackten, hatte ich die Ehre, einige Worte mit Fabio Lione von RHAPSODY zu wechseln, der zusammen mit seiner Band zwecks Promo-Aktivitäten ebenfalls auf dem Festival vertreten war. Der Sänger der italienischen Bombast-Metaller war dabei sehr euphorisch und in seinen Ausführungen kaum zu bremsen – bis dann plötzlich der Manager unser Gespräch unterbrach, weil RHAPSODY an einer Pressekonferenz teilnehmen mussten. Dementsprechend abrupt endet dann auch das Interview, jedoch konnte ich Herrn Lione bis dahin schon einige wichtige Details zum neuen Album, welches ich bis dahin noch nicht gehört hatte, entlocken:
Björn:
Du bist dieses Jahr nur als Gast auf dem Wacken Open-Air. Wie gefällt dir die diesjährige Edition denn bisher?
Fabio:
Um ehrlich zu sein, sind wir nur zu Promotions-Zwecken hier, denn das neue Album wird ja schon Ende September erscheinen. Ich kenne auch nur wenige Bands, die hier spielen, so wie zum Beispiel DIO oder SAXON. Ich kann mir also kein richtiges Urteil erlauben. Ich kann dir aber sagen, dass DIO einer meiner absoluten Lieblingssänger ist und ich ihn mir auch auf jeden Fall ansehen werden. Ansonsten hoffe ich, dass RHAPSODY im nächsten Jahr die Chance bekommen werden, hier in Wacken zu spielen. Wir wollen die Tour zum neuen Album sowieso erst im nächsten Sommer starten und deshalb wäre es sicherlich eine Option, dann auch wieder zurück nach Wacken zu kommen, aber dann eben selber als Künstler und nicht als Gast. Vielleicht tut sich ja da auch bei unserem Management etwas. Wir sind ja jetzt bei Joey DeMaio von MANOWAR unter Vertrag, und wer weiß, vielleicht werden sie ja auch im nächsten Jahr hier auftreten. Was soll ich also sagen, es ist eines der größten und bedeutendsten Festivals in Europa, und deswegen ist es auch wieder gut, hier zu sein.
Björn:
Ist es denn nicht seltsam, einfach nur hier zu sitzen und nicht selber aufzutreten?
Fabio:
Ja, natürlich. Um ehrlich zu sein, ist es schon nervig, die ganze Promotion zu machen, aber nicht selber zu spielen. Auf der anderen Seite würde es jetzt auch noch keinen Sinn ergeben zu spielen, weil das neue Album eben noch nicht draußen ist. Und im Normalfall tritt man ja auch erst auf, wenn die Leute schon mit dem Album vertraut sind.
Björn:
Ihr habt aber schon einmal hier gespielt, ich glaube, das war 2001, so dass auch sicher einige Erinnerungen hängen geblieben sind. Was kommt dir so als Erstes in den Sinn, wenn du über das Festival hier in Wacken nachdenkst?
Fabio:
Wir habe eine sehr gute Beziehung zu den Leuten, die das Festival organisieren und sie fragten uns damals, ob wir nicht in den selben Kleidern, die wir im Booklet unserer CD getragen hatten, auftreten wollen. Und das haben wir getan, nur für Wacken, sonst haben wir die Sachen nie mehr getragen. Wir haben ihnen zugesagt, eine etwas andere Show zu spielen, doch da die Band damals noch sehr jung war, war unsere Auftrittszeit arg eingeschränkt. Wir waren ja auch noch viel unerfahrener. Aber so viel kann ich jetzt schon einmal sagen: Wenn wir hier nächstes Jahr auftreten sollten, dann werden wir mit Sicherheit eine viel längere Spielzeit bekommen und nach Möglichkeit auch nachts auftreten, damit wir unsere komplette Lichtshow auffahren können. In der Zwischenzeit haben wir ja auch eine Menge Erfahrung sammeln können. Das ist jetzt drei Jahre her, und in der Hinsicht ist das schon eine enorm lange Zeit. Insofern bin ich mir sehr sicher, dass die Fans mit einer solchen Show sehr zufrieden sein werden.
Björn:
Dann sollten wir uns mal dem neuen Material zuwenden, welches ja schon sehr bald veröffentlicht werden wird. Leider hatte ich noch nicht die Gelegenheit, in die neue CD hineinzuhören, deshalb wäre es interessant, wenn du das neue Material einmal mit deinen eigenen Worten beschreibst:
Fabio:
Nun, ich denke, dass das neue Album genau das repräsentiert, was die Band von Anfang an im Sinn hatte. Ich will damit nicht sagen, dass unsere alten Alben schlecht wären, aber wir waren eben doch etwas unerfahrener. Aber wir haben immer das gemacht, was zur jeweiligen Zeit im Bereich unserer eigenen Möglichkeiten war. Heute haben wir mehr Erfahrung, ein neues Management und ein neues Label, das sehr große Hoffnungen in uns setzt und uns auch in Amerika und Japan präsentieren kann. Diese neuen Rahmenbedingungen finden sich dann auch in der Mentalität der Band wieder, aber auch in den einzelnen Kompositionen. Es ist das längste Album der Bandgeschichte und die Produktion ist wirklich mächtig. Wir haben eine ganze Menge Chöre. Dazu kommt, dass Christopher Lee zur Band gestoßen ist und das Tolle an dieser Zusammenarbeit ist, dass er nicht nur einfach einen Job abgeliefert hat, sondern unsere Musik auch mochte. Ihm gefiel, wie wir die Sachen anpackten, und dass wir sowohl Elemente aus dem Theater als auch aus dem Kino in unsere Musik mit haben einfließen lassen. Er ist ja selber ein Opernsänger und wir sind wirklich sehr stolz, ihn als Erzähler dabei zu haben. Doch wahrscheinlich wird sich dies nicht auf dieses Album beschränken, denn unter Umständen wird er auch beim nächsten Mal wieder dabei sein. Und das ist es, wenn ich sage, es war nicht nur einfach so ein Job. Er steht hinter unserer Musik und das ist sehr wichtig.
Ich denke, dass die Band heute weitaus reifer ist, weshalb die Arbeit im Studio auch wirklich sehr cool war. Es hat zwar wieder eine ganze Weile gedauert, aber gut. Sie wissen mittlerweile sehr genau, wie ich singe, und ich kenne ihren Stil, neue Lieder zu komponieren. Es ist aber natürlich alles Geschmackssache. Zu den Texten: Luca und ich haben uns im Studio die Lyrics angesehen und daran gefeilt, die bestmöglichen Worte für die jeweiligen Passagen zu finden. Das ist ja auch das Letzte, was bei den Aufnahmen passiert. Alles ist geschrieben und dann bleibt nur noch der Gesang. Als Sänger fällt es mir da schwer, mir allein ein Urteil zu bilden, aber trotzdem glaube ich, dass ich mich in dieser Hinsicht sehr stark verbessert habe. Meine Aussprache, die Organisation und auch die Band selber, repräsentiert von Alex und Luca als Komponisten, alles ist in gewisser Weise viel besser geworden mit der Zeit. Alex und Luca haben eine sehr unterschiedliche Art, Songs zu komponieren, aber sie kennen beide unseren Sound am allerbesten, wissen genau, wie ich singe und finden so immer den richtigen Mittelweg. Sie schreiben zum Beispiel eine Menge Opern-Sachen, denn sie wissen, dass ich Oper singen kann.
Andererseits schreiben sie dann ein aggressiveres Stück, weil ich auch aggressiv singen kann. Doch genau das ist auch so wichtig; auf unserer neuen CD finden sich so viele verschiedene Songs. Weißt du, mich langweilt es, wenn ich eine Platte auflege und ich höre dann zehn Songs im gleichen Tempo, mit Doublebass und allem Drum und Dran, wovon aber schließlich alle Stücke beinahe gleich klingen. Das ist aber wieder das große Plus unserer neuen CD. Jeder Song unterscheidet sich vom anderen, obwohl die Musik selber im gleichen Stil gehalten ist. Doch der Gesang, die Arrangements und all die ganzen Sachen unterscheiden sich voneinander, weshalb ich schließlich sicher bin, dass wir genau das erreicht haben, wonach wir von Anfang an gestrebt haben, nämlich Musik im Stile eines Soundtracks, jedoch mit Vocals.
Björn:
Eure neue Scheibe ist ja der zweite Part von "Symphony Of Enchanted Lands". War es eigentlich von Anfang an geplant, einen zweiten Teil dieser Geschichte herauszubringen? Das verwundert mich persönlich, zumal ihr ja zwischendurch auch noch einige andere Alben herausgebracht habt.
Fabio:
Nun, Luca schreibt die Texte und die ganze Saga. Du bist auch nicht der Erste, der diese Frage stellt. Dieser Teil von "Symphony Of Enchanted Lands" ist der Beginn einer neuen Saga, aber es besteht trotzdem eine Verbindung zum ersten Teil. Das neue Album "The Dark Secret" spielt einige Jahre nach dem ersten Teil. Deswegen haben wir das Album auch erst jetzt veröffentlicht und nicht im direkten Anschluss an den ersten Part. Es ist ja nicht nur "Symphony Of Enchanted Lands Part II", die Scheibe hat ja noch den Untertitel "The Dark Secret", und das ist gleichzeitig der Name der neuen Saga.
Björn:
Kannst du mir denn mal einen Überblick über die Handlung von "The Dark Secret" geben?
Fabio:
Natürlich. Also, Luca ist ein sehr großer Fan von Fantasy-Filmen und derartigen Büchern, daher die Inspiration. In der neuen Geschichte geht es um sieben schwarze Bücher, und in jedem dieser Bücher stehen einige wichtige Sätze. Wenn diese Sätze nun von der falschen Person, also der bösen Seite der Enchanted Lands, gesprochen werden, dann hat das sehr schlimme Folgen für die ganzen Völker dieser Fantasywelt. Natürlich spielt sich alles um das letzte dieser sieben Bücher ab, denn darin steht der wichtigste Satz, der die Inhalte der anderen Bücher miteinander verbindet und ihnen einen Sinn gibt. Was mir an der ganzen Sache so gefällt, ist, dass Luca dieser Fantasygeschichte auch noch eine andere Bedeutung hinzufügt. Du kannst jetzt natürlich sagen, es ist eine ganz normale Fantasystory, mit Drachen, Elfen, einer erfundenen Stadt und was auch immer, doch die Bedeutung ist eben nicht, dass es hier lediglich um Gut und Böse geht. Die Message ist eigentlich eine Positive. Es ist eben nicht nötig, von Saddam oder solchen Menschen zu reden, wenn wir das Böse beschreiben wollen. Gleiches gilt, wenn Luca über die moderne Natur schreibt. Wir müssen nicht über ein Land wie Brasilien sprechen, wo jedes Jahr ein Waldstück so groß wie Italien abgerodet wird, wenn wir über die Zerstörung der Natur reden wollen. Man kann das Ganze auch im übertragenen Sinne betrachten, ohne direkt wieder mit den Problemen aus dem Alltag anfangen zu müssen, und das gefällt mir an den Geschichten von Luca sehr gut.
Björn:
Dann blicken wir doch mal in die Zukunft. Ihr habt gerade den zweiten Teil eingespielt; wird es denn auch noch einen dritten Teil geben, oder wird die Geschichte von dieser Fantasywelt nach diesem Album endgültig beendet sein?
Fabio:
Nun, "Symphony Of Enchanted Lands Part II" ist ja erst der erste Part der neuen Geschichte, die darauffolgenden werden sich ja ebenfalls damit beschäftigen. Ehrlich gesagt, kann ich dir auch noch nicht sagen, wie viele Alben Luca für diesen zweiten Teil eingeplant hat. Die Geschichte und die Handlung sind schon komplett geschrieben, aber momentan ist halt noch nicht klar, ob sie Story jetzt vier oder fünf oder gar mehr Scheiben umfassen wird. Aber es steht auf jeden Fall schon mal fest, dass noch mehr als eine CD dazu folgen wird.
Björn:
Eure gesamten Texte handeln ja von diesen Fantasythemen und ihr habt ja auch schon diverse Karten und Ähnliches in euren Booklets abgedruckt. Wäre es da nicht mal interessant, ein ganzes Buch über ein derartiges Thema zu schreiben?
Fabio:
Ja, wir denken tatsächlich über solche Sachen wie Karten, Bücher oder Clips nach. Ich meine jetzt nicht nur Videoclips sondern auch größere Projekte. Aber das liegt alles noch in der ferne; jetzt müssen wir uns erst einmal auf unser neues Produkt, das neue Album, konzentrieren.
Björn:
Ihr habt für dieses neue Album mit einem Orchester zusammengearbeitet, welches, glaube ich, aus Osteuropa stammt.
Fabio:
Ja genau, es ist ein Orchester aus der Tschechei.
Björn:
Warum habt ihr gerade dieses Orchester ausgewählt?
Fabio:
Nun, wir hatten einige Ensembles im Visier, eines aus Italien, eines aus Deutschland, aber es war schließlich Joey DeMaio, der uns anrief und sagte: "Hey, ich kenne da eine Person, die jemanden aus einem Orchester in der Tschechei kennt ..." und daraufhin sind wir dann dorthin gereist, haben uns den Ort und die Leute angesehen.
Von Anfang an hat uns das Ganze dann sehr beeindruckt. Der Dirigent leistet wirklich ausgezeichnete Arbeit und das Zusammenspiel mit dem Orchester war auch perfekt. Deshalb dachten wir uns – "Warum sollen wir noch lange andere Formationen antesten, wenn diese hier schon all unseren Erwartungen entspricht?"
Björn:
Also wird dies auch sicherlich nicht eure letzte Zusammenarbeit mit einem Orchester gewesen sein, oder?
Fabio:
Ja, wir wollen diese Richtung auf jeden Fall beibehalten, denn wie gesagt, dieses Mal haben wir wirklich genau den Sound bekommen, den wir schon immer haben wollten. Ich glaube also nicht, dass unsere nächste Scheibe ohne Orchester entstehen wird.
Björn:
Okay, dann werden wir hier wohl leider abbrechen müssen. Ich bedanke mich trotzdem dafür, dass du dir kurz Zeit genommen hast, meine Fragen zu beantworten und hoffe mal, wir werden das Interview in naher Zukunft noch zu Ende bringen können.
Fabio:
Oh ja, sicherlich. Es tut mir leid, dass wir mittendrin aufhören müssen, aber wir müssen den Termin der Pressekonferenz dringend einhalten, sorry!
- Redakteur:
- Björn Backes