RUSSKAJA: Interview mit Engel Mayr

27.01.2023 | 13:20

Die Turbo-Polka-Party beginnt. Wie man unschwer erkennen kann, ist das kunterbunte RUSSKAJA-Septett mit einem neuen Album am Start, das einmal mehr das Tanzbein des Rockers von Welt schwingen lässt. Passend zur Veröffentlichung baten wir den Gitarristen und Produzenten Engel Mayr zu einem kurzen Plausch, um mit ihm über die Kollaborationen, WHAM und die kommenden Pläne im Hause RUSSKAJA zu sprechen.

Hallo Engel, wie geht es dir? Wie ist die Stimmung bei RUSSKAJA?
Hallo POWERMETAL.de! Alles gut hier, wir freuen uns auf unser neues Album und bereiten uns gerade auf die große Tour ab Ende Februar vor!

Seit eurem letzten Album "No One Is Illegal" ist einige Zeit vergangen. Erzähl mir kurz, was bei euch in den letzten drei oder vier Jahren passiert ist. Was gibt es Neues bei RUSSKAJA?
Während der Pandemie haben wir eine neue Geigerin namens Lea-Sophie aus Deutschland und mit Nico einen neuen Saxophonisten aus Italien bekommen. Die Chemie in der Band ist jetzt besser als je zuvor. Wir haben auch an dem neuen Album "Turbo Polka Party" gearbeitet und dieses Mal habe ich alles selbst produziert, aufgenommen und gemischt und ich denke, dass sich das auch in den Songs niedergeschlagen hat.

Letztes Jahr habt ihr "Chronicles" veröffentlicht, euer erstes Best-of-Album. Was waren deine Gründe, dieses Album herauszubringen?
Wegen der Pandemie haben wir lange nichts veröffentlicht und dann kam plötzlich alles sehr schnell in Bewegung, wie z.B. unsere erste US-Tour und das Unterwegssein mit unseren Freunden FLOGGING MOLLY. Also dachten wir, es wäre eine coole Sache, eine Best-Of-Vinyl in limitierter Auflage herauszubringen, und ich denke, es ist großartig geworden!

Auf jeden Fall. Mit "Turbo Polka Party" steht euer neues Album in den Startlöchern, eine spannende Zeit. Wie lange habt ihr effektiv an der Platte gearbeitet und seid ihr mit anderen Zielen als bisher an die Arbeit gegangen?
Ich glaube, ich habe die ersten Songs für das Album im Herbst 2019 geschrieben und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich das Album früher fertiggestellt hätte, wenn es nicht Covid gegeben hätte. Es gab auch einige Monate, in denen ich mein Studio wegen der österreichischen Covid-Beschränkungen nicht nutzen konnte, das hat auch nicht geholfen. Aber sobald ich mit meinen Bandkollegen im Studio aufgenommen habe, ging es ziemlich schnell. Ich gehöre zu den Typen, die als Produzent und Tontechniker die Dinge in Gang bringen wollen, also versuche ich, nicht jede kleine Entscheidung zu sehr zu überdenken.

Was unterscheidet deiner Meinung nach das neue Album musikalisch von "No One Is Illegal"?
Ich denke, sie sind in der Tat sehr unterschiedlich! Bei "No One Is Illegal" haben wir mit einem Major-Label zusammengearbeitet und wollten unseren Sound etwas zugänglicher machen. Bei "Turbo Polka Party" hatte ich genau das Gegenteil im Sinn und habe nur das gemacht, worauf ich Bock hatte. Da ich viele Metal-, Punk- und Hardcore-Sachen wiederentdeckt habe, mit denen ich aufgewachsen bin, enthält das neue Album viele Riffs, Banger und schnelle Metal-Polka, gemischt mit unseren typischen Balkan- und Klezmer-Melodien. Irgendwann, als ich in meinem Studio aufnahm, dachte ich, man könnte es einfach "Klezmer Metal" nennen! Aber natürlich gibt es auch noch Punk und Reggae, haha.

Folgt die Platte einem konzeptionellen roten Faden oder geht es - zumindest in der Mehrzahl der Songs - einfach um Turbopolka?
Textlich wollte ich diesmal auch einige ernste Themen wie die Kriegssituation oder den Klimawandel ansprechen. Aber natürlich gibt es auch Partysongs und vor allem 'New Life' ist ein sehr aufmunternder Song, in dem es darum geht, sich aufzuraffen und einen neuen Weg im Leben zu gehen.

Der Song "No Borders" hat aufgrund eurer ukrainischen und russischen Wurzeln eine Menge zu sagen. Was wollt ihr mit dem Album-Opener ausdrücken?
Eigentlich habe ich nur aufgeschrieben, was ich in dem Moment dachte, als der Krieg begann. Ich konnte einfach nicht glauben, dass man im Jahr 2022 immer noch so einen Krieg in Europa anfangen kann. Für mich hat das nichts mit Politik zu tun, denn Kriege sind für mich barbarischer Schwachsinn. 'No Borders' ist kein politischer Song, hier geht es um Menschlichkeit!

Diesmal habt ihr auch einige Gäste. Zunächst einmal ist Micha Rhein am Start. Habt ihr eine langjährige Freundschaft mit IN EXTREMO oder wie kam der Kontakt zustande?
Ja, mit IN EXTREMO verbindet uns eine jahrelange Freundschaft, die Jungs sind echt cool und wir sind natürlich auch Fans der Band. Ich freue mich sehr, dass Micha bei 'Olga von der Wolga' dabei ist!

SKINDRED-Musiker Benji Webbe ist ebenfalls auf 'Vodzukh' zu hören. Inwieweit lassen sich RUSSKAJA und SKINDRED in ihrer Crossover-Schlagseite vergleichen?
Ich war schon immer ein großer Fan von Benji, schon lange bevor er mit SKINDRED in Erscheinung trat. Das erste Mal habe ich ihn 1998 auf dem ersten Album von SOULFLY gehört und mich sofort in seine Stimme und seinen Stil verliebt. Von da an habe ich mir seine Band DUB WAR angeschaut und bin ihm gefolgt. Ich denke, man kann uns vergleichen, wenn es darum geht, verschiedene Musikstile auf besondere Weise zu kombinieren.

Was war eure Motivation, 'Last Christmas' von WHAM zu covern?
Wir sind auch die Hausband in einer österreichischen Late Night Show namens "Willkommen Österreich" und vor zwei Jahren, kurz vor Weihnachten, wollte ich, dass wir eine Version von 'Last Christmas' in der Show spielen, einfach weil es der meistgehasste Weihnachtssong ist, haha. Ich dachte, es wäre lustig, es in eine Metal-Polka zu verwandeln. Als die Plattenfirma ihn hörte, wollten sie ihn auch auf dem neuen Album haben!

Songs wie 'Russki Style' und 'New Life' sind repräsentativ für euren immensen Sound. Wie würdet ihr generell den RUSSKAJA-Sound anno 2023 beschreiben?
Ich habe das Gefühl, dass es mit dem neuen Album ein bisschen härter geworden ist, aber wir kombinieren immer noch Stile, die wir mögen und die Leute zum Tanzen und Schütteln bringen können. Für mich ist die Kombination von Balkan- und Klezmer-Melodien mit Heavy-Riffs eine sehr coole Sache, die ich noch nicht so oft gehört habe, also wollte ich diesen Weg mit diesem Album gehen. Eine coole Sache an unserer Band ist die musikalische Freiheit. Wenn ich also mit dem nächsten Album in eine ganz andere Richtung gehen will, kann ich das tun! Unser Sänger Georgij steht in letzter Zeit sehr auf elektronische Musik, vielleicht können wir beim nächsten Mal "Klezmer Metal" mit "Drum and Bass Punk" kombinieren.

Das wäre eine Idee. In den kommenden Wochen werdet ihr mit PADDY & THE RATS und BLOODSUCKING ZOMBIES FROM OUTER SPACE auf Tour sein. Worauf können wir uns freuen? Eineinhalb Monate Non-Stop-Party?
Natürlich wird das eine Non-Stop-Party. Auf der Bühne und abseits der Bühne! Nach der Pandemie können wir es kaum erwarten, rauszugehen und für alle diese heavy rockenden Songs zu spielen!

Wie wichtig ist es für euch, eure Live-Energie grundsätzlich auch auf Platte zu präsentieren? Wie schafft ihr es, dieses Feuer auch im Studio zu entfachen?
Ich denke, das meiste davon passiert schon in der Songwriting-Phase. Natürlich sind live und Studio produktionstechnisch getrennte Welten, aber wenn ich Riffs oder Grooves schreibe, habe ich auch einen vollen Club im Kopf, in dem die Leute springen und stagediven.

Wie geht es nach der Europatournee weiter? Was sind deine Pläne für dieses Jahr?
Nach dieser Tour müssen wir definitiv entgiften, haha. Die Bands, mit denen wir unterwegs sind, sind Freunde, also wird das ein großer Spaß. Wir sind gerade dabei, Sommerfestivals zu buchen und ich hoffe, dass wir so viel wie möglich unterwegs sein werden. Auch weil ich denke, dass eine Band wie unsere mit Bandmitgliedern aus vielen verschiedenen Ländern zeigen kann, dass Musik und Kunst in diesen schwierigen Zeiten für Einigkeit, Frieden und Menschlichkeit steht. Menschen zusammenzubringen und einfach eine gute Zeit zu haben!

Engel, viel Erfolg mit "Turbo Polka Party" und viel Spaß auf der Tournee. Was möchtest du unseren Lesern und euren Fans noch mitteilen?
Ich möchte allen Frieden wünschen und hoffe, dass wir alle unsere Freunde im Frühjahr auf Tournee sehen!

Redakteur:
Marcel Rapp

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