SCANNER: Interview mit Axel Julius
05.01.2024 | 16:18
Im Dezember 2023 hatte ich die Gelegenheit, ein Interview mit SCANNER-Kopf und einzig verbliebendem Gründungsmitglied Axel "A.J." Julius zu führen. Grund ist die VÖ des neuen Albums "The Cosmic Race" im Januar 2024. Vorab hatte ich mit Axel besprochen, dass ich gerne auch auf die Geschichte der Band SCANNER und die bisher erschienenen Alben eingehen wollte. Daher starten wir im ersten Teil des Interviews mit der ersten Frage zu der Zeit, als die Band SCANNER noch REINFORCE bzw. später LIONS BREED hieß, bevor es später dann um das neue Album geht.
Wie war es zu Beginn der achtziger Jahre, in Gelsenkirchen Melodic Metal zu spielen, wo die Szene im Ruhrgebiet eher für Thrash-Metal bekannt ist?
Anfang der Achtziger gab es in Gelsenkirchen eine große Blues- und Sechziger-Jahre-Musikszene. Das war als Teenager nicht unsere Musik und wir wollten härtere Musik spielen. Wir waren damals von der Musik von JUDAS PRIEST und STATUS QUO infiziert, konnten das aber natürlich noch nicht auf den Instrumenten umsetzen, daher haben wir begonnen, die Musik unserer Idole, wie DEEP PURPLE und eben STATUS QUO, teilweise auch PINK FLOYD, nachzuspielen und haben so nach und nach unsere Instrumente besser kennen- und spielen gelernt.
Als Quartett haben wir dann versucht, Auftrittsmöglichkeiten zu finden, aber als Heavy-Band haben wir kaum Möglichkeiten bekommen, uns zu präsentieren. Aber im Rahmen einiger Open Airs im Gelsenkirchener Stadtgarten, wo wir auch zufällig vorbeikommendes Publikum begeistern konnten, haben wir uns nach und nach einen guten Ruf erspielt und sind in Kontakt mit anderen lokalen Metalbands, wie z.B. GRAVE DIGGER, gekommen und immer mehr in die aufkeimende Szene des Ruhrgebiets reingerutscht. Wir konnten dann 1984 unser erstes Hardrock-Album unter dem Bandnamen LIONS BREED beim Label Earthshaker Records veröffentlichen.
Kurz danach kam es zur Umbenennung der Band in SCANNER. Was war der Grund hierfür? Hat das auch an der Hinwendung zu SciFi-Themen gelegen?
Auch. Wir wollten uns musikalisch verändern, etwas härter und schneller werden. Unser damaliger Sänger wollte aber eher stilistisch im Hardrock bleiben, so dass wir uns einvernehmlich getrennt haben und uns einen zur neuen Ausrichtung passenden Sänger suchen mussten, den wir in Michael "Major" Knoblich auch gefunden haben. Das neue Album wollten wir dann aber nicht mehr bei Earthshaker herausbringen. Also haben wir die Band umbenannt, da dies die einzige Möglichkeit war, aus den bestehenden Verpflichtungen mit dem alten Label herauszukommen. So wurde SCANNER geboren.
Und mit "Hypertrace" habt ihr dann 1988 auch gleich einen absoluten Klassiker veröffentlicht.
Ja, das kann man so sagen, das haben wir gemacht (schmunzelt). Aus den uns vorliegenden Angeboten haben wir uns für einen Vertrag bei Noise Records entschieden, zu dem Zeitpunkt die richtige Entscheidung, glaube ich… im Nachhinein dann vielleicht doch nicht, aber zu dem Zeitpunkt war es einfach die beste Möglichkeit für uns.
Noise Records war damals ja ein großer Name, ein Label, wo viele Bands, die in der Szene bereits Rang und Namen hatten, unter Vertrag waren. Und allein das Label Noise auf einem Tonträger hat wohl nicht nur mich zu Blindkäufen verleiten können.
Vor allem hatte Noise einen Vertrieb in Nordamerika, was z.B. SPV damals noch nicht hatte. Der Manni Schütz von SPV, der gern mit uns gearbeitet hätte, hat mich damals gewarnt, dass ich den Deal in ein paar Jahren wahrscheinlich bereuen würde. Uns war klar, dass Karl Walterbach (Noise-Chef) ein harter Hund ist, aber wir wollten es mit Noise Records versuchen. Leider gab es dann Probleme mit einigen Dingen, die Noise zugesagt hatte und dann nicht gehalten hat, was im Endeffekt zum Ausstieg von Michael Knoblich geführt hat. Unter anderem war ein fehlendes Video für die Single von "Hypertrace" ausschlaggebend, es hat sich dann so weit hochgeschaukelt, dass wir plötzlich ohne Sänger dastanden.
Auf dem Album erzählt ihr in den Lyrics die Science Fiction-Geschichte des Scanners, eines biologisch veränderten Soldaten. Ist die falsche Songreihenfolge auch die Schuld von Walterbach oder wie kam es dazu, dass die Lieder nicht in der richtigen textlichen Abfolge auf dem Album gelandet sind, so dass die Geschichte durcheinander erzählt wird?
Nein, das war der Produzent! Damals habe ich noch nicht selbst produziert. Ich habe zwar dabeigesessen, aber unser Produzent damals war Frank Bornemann (ELOY), und das Album wurde ja noch primär für eine Vinyl-VÖ produziert. Und da war nun mal 20 Minuten das Maximum, bevor es Soundverluste gibt. Und wir haben Frank die von uns vorgesehene Reihenfolge der Songs gegeben und er meinte nur: "Ne, Jungs, so geht das nicht! Das sind über 25 Minuten auf Seite Eins".
Am nächsten Tag hat er uns dann seine Songreihenfolge präsentiert, 20 Minuten pro Seite. Ach ja, und ein Song ist nicht mehr mit drauf. Ausgerechnet 'Galactos', der für das textliche Konzept essenziell ist und den wir auch schon lange live gespielt haben. Den könnten wir ja immer noch als Bonus-Track auf die CD packen. Das war dann halt "Das Wort zum Sonntag" und wir haben uns damals auch nicht getraut, dem zu widersprechen.
Auf dem aktuellen 2023 Re-Release des Albums ist die Reihenfolge der Tracks nun so, wie sie von der Band ursprünglich beabsichtigt war. Dann kam der neue Sänger S.L. Coe in die Band und 1989, bereits ein Jahr nach dem Debüt, erschien das Album "Terminal Earth", das, wie ich finde, noch stärker ist als der Vorgänger.
(Axel verzieht etwas das Gesicht): Geschmackssache.
War der Sängerwechsel ein Hemmschuh für den nächsten Schritt auf der Karriereleiter oder was waren aus Deiner Sicht die Gründe warum es nicht weiter aufwärts ging?
Natürlich war das ein Karrierebruch, das haben wir deutlich gespürt. Wenn der Sänger weg ist, ist die Band für die Plattenfirmen, Produzenten etc. quasi tot, aber wir haben das nicht akzeptiert, tot zu sein und haben ein neues Album gemacht.
Viele Fans haben damals Knobi nachgetrauert, der ja als Sänger mit Kai Hansen oder Michael Kiske verglichen wurde. Und tun es zum Teil heute noch, was ich gar nicht nachvollziehen kann, der singt sei 30 Jahren nicht mehr und selbst wenn er heute noch singen würde, würde er auch nicht mehr wie damals klingen!
Dazu kommt noch, dass S.L. Coe ein starker Charakter war, der mit unseren "Science-Fiction-Scheiß" nichts am Hut hatte, was uns dann auch erstmal verblüfft hat, wie man als "der neuer Typ in der Band" so gegen ein etabliertes Konzept sein konnte, welches die Band ja auch ein gutes Stück weit ausgemacht hat.
Aber wir haben es dann als Beginn einer neuen Ära gesehen und versucht, doch noch einen thematischen Bogen zum Debüt zu schlagen. So war das Cover noch Science-Fiction-mäßig, aber eben eher lustig, wodurch das Album grade auch in Amerika aber überhaupt nicht angenommen wurde. Der Hund, der am Alien auf dem Cover das Beinchen hebt, war sinnbildlich für die Situation, wir haben uns selbst ans Bein gepinkelt und waren nicht mehr die SCANNER, die die Fans kannten. Wir hatten also den Feind im eigenen Bett, obwohl S.L. Coe gesangstechnisch sicher einer der Top Sänger ist und sein Gesang auf dem Album auch wirklich sehr gut ist, musste das aufgrund der sozialen Komponente eher früher als später eskalieren.
Danach kam es zu einer längeren Pause. Habt ihr in der Zeit noch live gespielt?
Tatsächlich haben wir mit den Demos für das nächste Album begonnen, als S.L. Coe dann von der Plattenfirma, respektive Karl Walterbach, gefeuert wurde und es hieß: Sucht euch einen neuen Sänger, ich warte auf das nächste SCANNER-Album. Nach einer einjährigen, erfolglosen Suche habe ich Walterbach dann gebeten, mich aus dem Vertrag zu entlassen, da ich einfach kein Land mehr gesehen habe, auch aufgrund der Schulden, die ich bei der Plattenfirma hatte. Und das hat Karl Walterbach dann tatsächlich auch einfach so gemacht, zum Glück für mich, da ich dadurch ungebunden war und auch keine finanziellen Verpflichtungen mehr hatte.
Im nächsten Jahr, das war dann 1994, haben wir dann mit Leo (Leszek Szpigiel) einen neuen Sänger gefunden, mit dem wir dann auch zwei Scheiben aufgenommen haben.
Und zwar 1995 und 1996, genau in der Zeit, in der Grunge und Crossover die Szene beherrscht haben und der Heavy Metal einen schweren Stand hatte, ja sogar schon totgesagt wurde, habt ihr die Alben "Mental Reservation", gefolgt von "Ball Of The Damned" herausgebracht.
"Ball Of The Damned" würde ich sogar als eines meiner Lieblingsalben bezeichnen. Der Labelwechsel von Noise zu Massacre Records hat schon einen Unterschied gemacht, du verlierst die Magazine, die Connections, die Du vorher hattest. Wenn Du dann nach Jahren wieder ein Album rausbringst, ist das für die Medien wie ein Comeback, aber SCANNER hat sich ja nie aufgelöst, wir haben immer weitergearbeitet. Dazu kommt, dass die Magazine, damals waren die Printmedien ja enorm wichtig, uns auch weitestgehend ignoriert haben, SCANNER wurde in der Zeit einfach nicht wahrgenommen.
Eine kurze Zeit später sah es ja, dank einer jungen Band namens HAMMERFALL, in der Szene wieder ganz anders aus. Bands wie STRATOVARIUS und später RHAPSODY OF FIRE oder SONATA ARCTICA beherrschten den Markt und HEAVY METAL war wieder da. Ärgert es dich, dass ihr nicht ein oder zwei Jahre später wieder auf der Bildfläche erschienen seid?
Ja klar! Als wir vor HAMMERFALL auf dem Wacken Open Air gespielt haben, habe ich mich mit deren Gitarristen über diese Situation unterhalten und ihm auch gesagt, dass ich nicht so viel Unterschied sehe zwischen ihrem Material zu dem, was wir machen. Er musste etwas lachen, denn natürlich kannte er SCANNER von früher und hat mir auch irgendwie recht gegeben. Und klar, wenn eine Band, die lange nach einem in der Szene auftaucht, so gehyped wird, plötzlich ständig in den Magazinen stattfindet und wir standen da und haben uns gefragt – warum nicht andersherum? Nach den zwei guten Alben, die uns aber einfach gar nichts gebracht haben, hat die Motivationsfindung, wieder etwas Neues zu machen, auch etwas länger gedauert.
Nämlich wieder gute sechs Jahre, bis 2002, als ein sehr spezielles SCANNER-Album namens "SCANTOPOLIS" herauskam, auf dem eine Sängerin namens Lisa Croft zu hören ist. War die Entscheidung, mit einer weiblichen Stimme an den Start zu gehen, auch dem Zeitgeist der damaligen Female Fronted Metal-Bandwelle geschuldet?
Du hast es fast getroffen. Wir hatten damals – auch auf dem oben genannten Wacken-Auftritt – schon eine Background-Sängerin, die Chris. Eine richtig geile Sängerin, und als Leo ausgestiegen ist, um ein Soloprojekt zu starten, hatten wir ja noch Chris und haben sie einfach gefragt, ob sie nicht Lust hat, unser Main-Singer zu werden, sie kannte ja uns, die Show und die alten Songs.
Chris wurde damals als Background-Sängerin auf der Bühne von den Fans auch sofort akzeptiert und wir mussten sie sogar etwas bremsen, weil sie Leo teilweise an die Wand gesungen hat. Wir haben dann mit ihr ein Demo gemacht mit drei Songs, wo alles gepasst hat, die Power, die Energie, die wir von der Bühne von ihr kannten, alles war da! So haben wir das damals der Plattenfirma vorgestellt, Massacre Records war begeistert und hat uns das okay gegeben, eine neue Scheibe mit Chris zu machen.
Aber sie wollte lieber ein Projekt mit Wolfgang Niedeken machen, das ihr zwischenzeitlich angeboten wurde und von dem sie sich wohl einiges versprochen hat und hat uns somit einen Korb gegeben.
Aber die Stücke, die wir in der Zwischenzeit geschrieben hatten, waren halt alle auf eine weibliche Stimme ausgelegt. Wir haben dann mit Lisa Croft eine neue Sängerin gefunden haben, die stimmlich aber einfach anders war als Chris. Wir hingen da nun aber drin, die Plattenfirma wollte das Album mit Sängerin und wir mussten das Beste draus machen. Lisas Stimme konnte ich aber einfach nicht hart produzieren, die Stimme von Chris ist viel rauchiger, aggressiver, die sich auch gegen eine Gitarrenwand durchsetzen konnte, mit ihr hätte das Material ganz anders geklungen! So wurde das Album halt an Lisas Stimme angepasst. Ich wollte das Material auch gern über eine passendere Plattenfirma herausbringen, aber Massacre wollte es als SCANNER-Album veröffentlichen, da sie darin durchaus Potential gesehen haben und es zu gut fanden, um es aus der Hand zu geben.
Die Zeit der Sängerin ist jedoch schnell wieder vorüber, noch im Jahr 2002 hat SCANNER dann in der Person von Eftimios Ioannidis einen neuen Sänger gefunden, der diese Position bis heute, seit über 20 Jahren, innehat. Ein wahrer Glücksgriff, der auf den Re-Recordings, die Bestandteil des Best-Of-Albums "The Galactos Tapes" sind, zeigt, dass er die Songs aus allen Bandphasen singen kann.
Die Neuaufnahmen waren nach dem "The Judgement"-Album 2015, dem ersten mit Efthi, und unzähligen Live-Konzerten auch dadurch motiviert, dass wir den Leuten zeigen wollten, dass er nun schon so lange unser Sänger ist und dieses Nachtrauern der alten Zeiten einfach nun mal vorbei sein sollte, dass SCANNER auch immer noch SCANNER ist, obwohl da kein Michael Knoblich mehr singt und Efthi endlich als unser Sänger wahrgenommen wird, da wir ja schon jahrelang mit ihm unterwegs waren. Also haben wir die Songs, die wir damals live gespielt haben, mit Efthi am Gesang neu aufgenommen, um den Leuten zu zeigen: "Hey hier, wir haben einen Sänger, der das alles singen kann und ihr müsst live nichts vermissen." Das war die Hauptmotivation, dieses Best-Of Album zu machen.
Auch wenn wir "The Judgment" (2015) grade etwas stiefmütterlich behandelt haben, war es doch das Album, was mir SCANNER wieder nähergebracht hat. Ein bockstarkes Album, das bei mir damals offene Türen eingerannt hat!
Ja, cool!
Die "Galactos Tapes"-CD hat SCANNER dann 2017, durch die Zusammenstellung einiger Klassiker sowie der Re-Recordings, endgültig wieder auf meiner musikalischen Landkarte etabliert und ich habe seitdem mit den Füßen gescharrt, wann denn das in den Liner Notes bereits angeteaserte "The Cosmic Rage" Album erscheint. Und nun haben wir Ende 2023 und am 12. Januar 2024 ist es so weit. Was ist in der Zwischenzeit bei euch passiert?
Na, Langeweile hatten wir nicht, wir haben live gespielt und eigentlich sollte das neue Album spätestens fünf Jahre nach "The Judgement" fertig sein. Wir hatten auch schon mit dem Songwriting angefangen und wollten nun die Songs gemeinsam ausarbeiten, aber dann kam Corona und man konnte sich nicht mehr treffen. Wo andere Bands gesagt haben: "jetzt machen wir erst recht was", war das bei uns alles anders. Arbeiten über das Internet hat für uns auch nicht funktioniert. Es waren also zum einen die äußeren Auflagen, zum anderen aber auch die allgemeine Stimmung, die dazu geführt hat, dass wir nicht kreativ waren. Ich wollte auch nicht alles aus dieser dunklen Stimmung heraus komponieren. Und als dann alles nach und nach gelockert wurde, und wir wieder mit dem Songwriting weiter gemacht haben, ging der Ukraine-Krieg los. Und das hat mich dann völlig umgehauen, mein Weltbild ist völlig auseinandergebrochen. Das war fast wie eine Lähmung, in der Kreativität gar nicht mehr stattgefunden hat. Und es hat gedauert, da wieder herauszukommen. Letztendlich hat dieses Ereignis dann aber auch den letzten Song auf dem Album, die Story, beeinflusst, in dem ich all das verarbeitet habe.
Als ich "The Cosmic Race" das erste Mal gehört habe, habe ich das Album als ziemlich schweren Brocken und als recht dunkel in der Stimmung empfunden, dem die gewisse Leichtigkeit älterer Aufnahmen fehlt. Ich habe mir auch noch "härter" und "komplexer" als Stichworte notiert. Wie siehst Du das?
Das kann ich so nicht nachvollziehen, da bin ich wohl auch zu dicht dran. Von der Catchyness her, von den Refrains finde ich nicht, dass das Album eine kompliziertere Struktur hat. Dass das Album vom Konzept her etwas anderes ist, als wenn einfach nur Stücke, die aus verschiedenen Launen heraus entstanden sind, aneinandergereiht worden wäre, das ist definitiv so! Ich empfinde im Gegenteil ältere Sachen von uns als komplizierter als das aktuelle Material.
Vielleicht habe ich dazu aber auch nicht genügend Abstand. Man hat aber auf jeden Fall noch dieses SCANNER-Gefühl, man bekommt nichts völlig anderes. Als Musiker will man sich auch nicht ständig wiederholen, man erlebt über die Zeit einige Dinge im Leben, verändert sich, was dann auch dazu führt, dass die Musik anders klingt als vor einigen Jahren.
SCANNER erkennt man in dem Material auf jeden Fall wieder, das wollte ich nicht sagen. Aber es ist ein Album, wo man nicht nach einmaligem Hören 2/3 der Songs mitsingen kann, doch es gibt mit jedem Durchlauf etwas Neues zu entdecken und "The Cosmic Race" wird sicher auch in ein oder zwei Jahren nicht langweilig.
(Axel schmunzelt) Ich weiß jetzt nicht, ob das Trost oder Lob ist
Ein Lob! Auf jeden Fall ein Lob!
Ja, okay, gut. Gestern (am Tag vor dem Interview) ist das erste Video zu 'The Earth Song' rausgekommen und ich habe die ersten Reaktionen der Leute, die durchweg positiv sind!
'The Earth Song'
Viele erwähnen den Drumsound, der halt klingt, wie Metal klingen muss. Wir nehmen auch keine Samples oder so, ein Naturschlagzeug ist halt aufwändiger, aber das ist halt auch der Vorteil, wenn man nicht jedes Jahr ein Album rausbringen muss.
Darauf wäre ich gleich auch zu sprechen gekommen, das Schlagzeug gefällt mir ausgesprochen gut, der Sound entspricht aber eben nicht den aktuellen Hörgewohnheiten.
Es macht keinen Sinn, monatelang ein Schlagzeug aufzunehmen, um dann alles mit Samples wieder wegzubügeln. Aber gerade das triggert die Leute, die hören kurz in etwas rein und wissen aufgrund des Klangs, oh ja, ich habe es mit Metal zu tun. Du brauchst oft gar keine Musik mehr, sondern nur noch den Drumsound und weißt: Du bist im richtigen Genre.
Das meinte ich damit, dass das Album nicht direkt ins Ohr geht, man muss sich halt mit dem Album beschäftigen, bevor sich die Melodien und Refrains und all die kleinen Feinheiten herauskristallisieren.
Danke.
Das Cover passt zum Album wie die Faust aufs Auge, es trifft die Stimmung perfekt und passt zur textlichen Fortsetzung der SCANNER-Story. Handelt es sich um eine Vorgabe von euch oder war das Bild bereits fertig?
Danke erstmal, das Cover stammt von der ägyptischen Künstlerin Henar Sherif. Man kennt die typischen Cover von Metalbands und die Styles, die da verwendet werden. Dazu kommt, dass aktuell viele Bands mit Science-Fiction-Thematik arbeiten, und ich wollte diese Klischees nicht bedienen. Und da sind mir ihre Bilder aufgefallen, auch künstlerisch ganz andere Sachen, die mit Metal gar nichts zu tun haben. Ich habe ihr die Geschichte und das Konzept des Albums mitgeteilt. Sie hatte sofort Bilder im Kopf und hat losgelegt. Das Ergebnis ist das Cover und im Booklet sind auch noch mehr Bilder, die die Story begleiten. Ich fand auch ganz erfrischend, dass die Bilder nicht nur diesen kühlen, technischen Aspekt haben.
Du hast mir gesagt, ihr probt regelmäßig einmal in der Woche. Seid ihr da in der Regel komplett im Proberaum? Du hast vorhin erwähnt, dass für SCANNER das Arbeiten über das Internet während der Pandemie nicht funktioniert hat.
SCANNER ist eine Band, keine Zweckgemeinschaft. Wir sind da wie ein Fußballclub, der unter der Woche trainiert und die Taktik abspricht, um am Wochenende abzuliefern. Das ist meine Wunschvorstellung. Das funktioniert natürlich nicht immer. Als unser zweiter Gitarrist uns vor fünf Jahren verlassen hat, hat das eine ziemliche Lücke gerissen, da haben wir gesagt, bevor wir wieder jemand Nuen dazunehmen, versuchen wir das mal mit einem bezahlten Gitarristen, den wir dann halt nur für die Liveauftritte anheuern. Da war es dann so, dass man sich nicht mehr regelmäßig getroffen hat, sondern nur kurz vor den Gigs eine größere Probe angesetzt hat. Mit Dominik Rothe haben wir jetzt aber wieder einen festen Gitarristen, so dass wir wieder regelmäßig im Proberaum stehen, was ich doch schöner finde.
Es macht halt auch einen Unterschied, ob man komplett von der Band lebt, oder jemanden bezahlen muss. Daher halten Bands wie die ROLLING STONES es auch Jahrzehnte lang miteinander aus, die müssen halt nur auf der Bühne harmonieren. Bei uns gibt es halt eine gewisse Fluktuation. Da ist jemand acht oder zehn Jahre in der Band, dann kommt ein privates Lebensereignis und es geht halt nicht mehr. Das hat nichts mit bösem Blut zu tun oder so.
Bei neuen Bands spielen die Mitglieder oft in zig verschiedenen anderen Formationen, und wenn die eine Band nicht mehr läuft, wird mit der anderen weiter gemacht. Die setzen nicht mehr alles auf diese eine Karte, das sind oft keine Herzblutprojekte mehr. Andererseits hast Du heutzutage auch kaum eine andere Wahl mehr, wenn Du von der Musik leben willst.
Und wenn man einen Vollzeitjob hat, und die Musik nebenbei betreibt, kann man nicht monatelang touren, um Geld zu verdienen. Apropos Tour, was steht bei SCANNER in der nächsten Zeit an?
Wir planen! Unser Sänger, der Efthi, hat das Booking übernommen, wir machen das jetzt auch selbst. Es wird eine Tour geben, im Zeitraum Mai bis Mitte Juni, es ist aber noch nicht alles spruchreif. Sobald alle Locations bestätigt sind, werden wir die Daten bekanntgeben!
Textlich seid ihr auf "The Cosmic Race" zur Story vom Scanner zurückgekehrt. Stellt das Album den Abschluss der Geschichte dar oder erwartet uns noch eine Fortsetzung?
Das kann ich jetzt noch nicht sagen, vom Kopf geht's weiter, ich kann mir schon vorstellen, was weiter passiert. Ob dann aber, wenn es so weit ist, nicht andere Dinge wichtiger oder interessanter sind, kann ich noch nicht sagen. Ich schaue viele Nachrichten und es gibt so viele Themen, die mich beschäftigen. Vielleicht sind beim nächsten SCANNER Album aktuelle Inhalte wichtiger.
Denkst Du schon über ein neues Album nach?
Nein, das ist alles noch zu dicht dran. Obwohl das Album schon für einen 2023er Release fertig war und ich über den Sommer etwas Abstand gewinnen wollte, hat das nicht so ganz geklappt. Aber ich denke für mich nicht, dass "The Cosmic Race" das letzte SCANNER-Album sein wird. Aber es dauert halt, nicht alle meine Bandkollegen sind Vollzeitmusiker und können sich den ganzen Tag mit Musik beschäftigen. Klar gebe ich den Rahmen vor, es muss halt zu SCANNER passen, aber ich finde schon, dass man an der Musik gemeinsam arbeiten sollte und das braucht halt alles Zeit.
Nochmal kurz zurück zum Anfang: ich habe gelesen, dass Du Astronomie studiert hast und daher SCANNER in Richtung der Weltraumthematik / Science Fiction gegangen sind. Stimmt das?
Ja, aber das lag nicht am Studium, ich habe mich schon als Kind mit Astronomie beschäftigt und dass es thematisch so zur "Hypertrace" gekommen ist, lag an unseren Sänger Michael Knoblich, der kam damit an. Wir haben halt für die Band ein Konzept gesucht, vorher war es halt so Hardrock ohne großartigen Hintergedanken. Wir wollten aber ein Konzept für die neue Band und Knobi schlug dann zuerst was in Richtung Perry Rhodan vor, da konnte ich aber gar nichts mit anfangen. Wir haben dann einen gemeinsamen Nenner gefunden und uns sozusagen gegenseitig befruchtet.
Du warst also das Science, Knobi die Fiction!
Ganz genau, der war auch damals ein riesiger Marvel-Fan!
In unserem ersten Konzept war der Scanner auch ein böser Character, aber das haben wir nochmal umgestrickt (schmunzelt).
Der genetisch veränderte Elite-Soldat, der zu einer Art Wächter der Menschheit wird…. Auf dem neuen Album führt der Scanner dann Teile der Menschheit für einen neuen Anfang auf einen neuen Planeten – was aber auch wieder schief geht, weil der Mensch – oder zumindest einzelne Menschen – einfach nicht aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und ihren Egoismus nicht überwinden können. Habe ich die Story richtig verstanden? Mir liegen die Texte leider bisher nicht vor.
Ja, alles richtig. Die Chosen Ones, die Auserwählten, sind ja extra ausgesucht worden, damit solche Konflikte nicht mehr ausbrechen. Aber deshalb ist es für den Scanner umso enttäuschender, dass es doch wieder passiert und der Scanner zur Erkenntnis kommt: es funktioniert einfach nicht. Und nun muss er sich überlegen, wie er das in den Griff bekommt, für den Moment konnte er das zwar wieder befrieden, aber der Ausgang ist halt noch offen.
Würdest Du mir – als Abschluss - zu jedem eurer Alben ein oder zwei Sätze sagen, die das jeweilige Werk zusammenfassen?
Das ist schwierig, weil da viele Sachen und Emotionen hochkommen, die mit der Musik eigentlich nicht zu tun haben, das sind zum Teil auch gute, aber eben auch schlechte Erinnerungen. Das geht gar nicht, und jedes Album einfach nur als "Geil" zu bezeichnen, hilft Dir ja auch nicht.
Ich habe vorhin deine zwiespältige Reaktion zu "Terminal Earth" bemerkt. Aufgrund der ganzen Umstände, dem Stress mit dem Sänger…
Genau.
Also so ähnlich wie Steve Harris, der "Somewhere In Time" nicht mag.
Ja, das passt schon. Da ist halt zum Teil ein halbes Leben zwischen den Alben, aber trotzdem wird man dann wieder an seine eigenen Fehler und unschöne Dinge erinnert. Das möchte ich nicht…
Dann kann mich nur bedanken, dass Du Dich trotzdem darauf eingelassen hast, mir am Anfang des Interviews so viel aus der Vergangenheit der Band zu erzählen.
Häufig wollen die Leute alles von damals erzählt haben, ohne dass sie sich im Vorfeld auch nur im Ansatz mit der Band beschäftigt haben. Du warst aber auch gut vorbereitet (lächelt).
Aus der ursprünglich geplanten Stunde sind schon über zwei geworden und es folgen noch ein paar Worte über Aliens, den Fußballverein Schalke 04, bevor ein herzliches Interview zu Ende geht. Ich bedanke mich für Deine Geduld, lieber Axel.
- Redakteur:
- Maik Englich