SECRET SPHERE: Interview mit Aldo Lonobile

05.05.2005 | 14:00

Italienischer Power Metal steht ja seit jeher im Kreuzfeuer der Kritik, besonders wenn eine Band dann auch noch massig Keyboards benutzt. Namen spare ich mir jetzt...
Wie auch immer, SECRET SPHERE gehören schon seit ihrer Gründung zu den besten Bands ihres Landes und haben ihren guten Ruf auf den bisherigen Releases auch immer bestätigen können. Mit dem neuen Album "Heart & Anger" ist es den Jungs jetzt gelungen, noch mal einen draufzusetzen. Warum es aber trotzdem noch nicht für eine größere Tour gereicht hat und wieso die italienische Szene sich durch negative Statements selber zerstört, erklärte mir Gitarrist Aldo Lonobile.

Björn:
Hallo, wie geht's?

Aldo:
Hallo, mir geht es ganz gut, auch wenn ich mich ein wenig erkältet habe.

Björn:
Ja dann erst einmal gute Besserung. Ihr werdet dieser Tage ein neues Album auf den Markt bringen, und meiner Meinung nach ist dies auch gleichzeitig euer bislang bester Release, findest du nicht auch?

Aldo:
Hey, vielen Dank! Ich bin sehr froh, das zu hören, weil wir sehr an dieses Album glauben. Wir haben es in einer sehr relaxten und freundschaftlichen Situation eingespielt, und das bestmögliche Resultat sind zweifelsohne die ganzen netten Kommentare, die ich bisher zu dieser Platte gehört habe. Ich stimme dir zu, dass es unser bestes Album ist, aber ich liebe alle Veröffentlichungen von SECRET SPHERE. Dieses Mal wurde das Ganze aber viel besser organisiert und das kann man den Songs auch sehr gut anhören.

Björn:
13 Kompositionen und über eine Stunde Spielzeit – das ist ziemlich viel. Woher habt ihr die Ideen für das neue Material?

Aldo:
Hm, gute Frage! Es ist sicher sehr lang, aber man kann es trotzdem sehr leicht genießen, haha! Nun, in den letzten anderthalb Jahren haben wir so viele gute Ideen entwickelt, und am Ende hatten alle Songs verdient, aufgenommen zu werden. Anfangs waren 'Dance With The Devil' und 'Leonardo Da Vinci' nicht eingeplant, aber als ich den anderen Mitgliedern die Grundideen vorstellte, beschlossen wir gemeinsam ziemlich schnell, dass wir die Songs auch aufnehmen sollten.

Björn:
Hat denn das gesamte Songwriting anderthalb Jahre verschlungen?

Aldo:
Ja, im Großen und Ganzen schon. Dazu gehört aber auch die Vorproduktion und das Arrangieren der einzelnen Nummern.

Björn:
Bei SECRET SPHERE sind fünf Musiker aktiv, und weil die neue Platte alles in allem sehr homogen klingt, vermute ich mal, dass alle am Songwriting beteiligt waren. Liege ich da richtig?

Aldo:
Normalerweise arbeite ich das meiste Material alleine aus, aber wir sind trotzdem ein sehr gutes Team und stellen die einzelnen Fragmente dann gemeinsam zusammen. Natürlich bin ich für die Gitarren, Roman für die Vocals und Antonio für die symphonischen Arrangements verantwortlich, aber schlussendlich arbeiten wir alle gemeinsam an jedem Album.

Björn:
"Heart & Anger", das klingt wie ein Gegensatz. Was hat das genau zu bedeuten?

Aldo:
Der Albumtitel drückt unsere Gefühle während des letzten Jahres aus. Wir haben verschiedene Situationen erlebt, in denen sich unsere Gefühle um Liebe, Wut, Traurigkeit usw. gedreht haben. Einige Freunde sind von uns gegangen, wir hatten diverse persönliche Probleme und schlechte Erfahrungen bezüglich der Musik. Aber auf der anderen Seite stehen die positiven Erlebnisse, die uns dazu ermutigen, weiterhin mit Leidenschaft an die Arbeit zu gehen, und das beschreiben wir mit den einzelnen Songs. Daher ist dieser Titel auch sehr passend, weil er eben simpel und direkt ist.

Björn:
Wie drückt ihr diese Themen dann in den Texten aus?

Aldo:
Wir sind auch diesbezüglich sehr direkt und reden sowohl über gute als auch über traurige Erfahrungen, oder aber über die üblichen sozialen Krankheiten. Damit wir so viele Leute wie möglich mit unseren Worten erreichen, halten wir die Texte bewusst einfach und lassen die Leute individuell für sich etwas aus den Worten herausfiltern.

Björn:
Ist die Scheibe denn in dem Sinne ein Konzeptalbum?

Also:
Nein, das ist es nicht, auch wenn man in den Texten Zusammenhänge zwischen den einzelnen Kompositionen finden kann.

Björn:
Du hast eben schon den Track 'Leonardo Da Vinci' angesprochen, und weil es auf der neuen Platte mein Lieblingsstück ist, würde mich mal interessieren, worum es in diesem Song geht. Ist es euer persönliches Tribut an den Künstler oder hat der Titel nur eine symbolische Bedeutung?

Aldo:
Wie ich schon sagte, unsere Texte basieren auf realen Erfahrungen. Davon abgesehen ist diese Nummer unsere persönliche Ode an eine der großartigsten Personen der Geschichte. Ich habe die Texte zusammen mit Andrea geschrieben, und alles begann, als wir uns die Novelle "The Da Vinci Code" (deutscher Titel: "Sakrileg" - d. Verf.) durchgelesen haben. Dieses Buch hat in uns den Willen geweckt, mehr über diesen Mann zu erfahren und ihn zu würdigen.

Björn:
Hat dich Leonardo Da Vinci denn in irgendeiner Weise beeinflusst?

Aldo:
Nun, bevor ich das Buch gelesen habe, wusste ich zwar, wer Leonardo Da Vinci ist, aber erst im Nachhinein begann ich, mich richtig für ihn zu interessieren. Ich entdeckte seine Intelligenz, seine Studien und seine Arbeiten, die einfach fantastisch waren und sind. Außerdem hat das alles einen leicht mysteriösen Touch; er war einfach ein Genie, und ich bin froh, dass er Italiener war.

Björn:
Gibt es denn abseits der Musik überhaupt irgendwelche Einflüsse für die Band?

Aldo:
Hm, lass mich mal überlegen… Nun, persönlich ist meine eigene Stimmung mein größter Einfluss. Die besten Songs sind nach persönlichen Hoch- und Tiefpunkten entstanden. Wenn etwas Besonderes in meinem Leben passiert, fange ich an, darüber zu schreiben und es in Form von Musik zu beschreiben. Weil ich ein sehr stolzer Mensch bin, fühle ich mich immer so, als müsste ich den anderen, die nicht an mich glauben, immer wieder das Gegenteil beweisen. Ich bin aber auch sehr dankbar dafür, dass so viele Leute freundlich zu mir sind und ich ihnen nichts mehr beweisen muss.

Björn:
In meinem Infoblatt habe ich gelesen, dass eure größten musikalischen Einflüsse solche Bands wie BLIND GUARDIAN, HELLOWEEN und SAVATAGE sind. Ein solcher Satz steht eigentlich in fast jedem Begleutschreiben einer italienischen Band, und in den meisten Fällen versuchen diese Bands dann erst gar nicht, eine eigene Identität zu entwickeln und kopieren die Originale stattdessen. Bei euch ist das zum Glück nicht der Fall. Wie haben sich diese Einflüsse dann auf eure Musik niedergeschlagen?

Aldo:
In der Vergangenheit haben wir uns diese Bands sehr oft angehört, aber unsere Einflüsse reichen auch in ganz andere Genres. Wir hören uns so viel unterschiedliche Musik an und jeder Einzelne von uns hat einen anderen Geschmack. Weil wir diese ganzen Einflüsse dann miteinander mischen, entsteht so auch ein recht eigenständiger Sound.

Björn:
Vielleicht seid ihr deshalb auch eine der überlebenden Bands aus der italienischen Power-Metal-Szene. Wenn ich da an Bands wie DOMINE oder LABYRINTH denke, die zwar einige gute Alben veröffentlicht, es aber nie richtig weit gebracht haben und das dann mit SECRET SPHERE vergleiche, dann habt ihr ganz klar die Nase vorn. Ihr seid von Mal zu Mal besser geworden und habt schließlich einen Deal bei Nuclear Blast bekommen. Woran machst du diese unterschiedliche Entwicklung fest?

Aldo:
Du has jetzt zwei gute und bekannte italienische Bands genannt. Wir bei SECRET SPHERE unterscheiden uns von diesen Gruppen vor allem dadurch, dass wir unseren Sound jedes Mal modifizieren, während dies bei anderen Acts nicht oberste Priorität hat. Mit Nuclear Blast zu arbeiten, ist für uns eine große Chance, und für mich persönlich ist es ein weiterer Ansporn, mein Bestes zu geben.

Björn:
Wo siehst du persönlich denn den Unterschied zwischen euch und all den anderen italienischen Bands?

Aldo:
Ehrlich gesagt mache ich mir derzeit über solche Sachen nicht viele Gedanken, aber ich weiß ziemlich genau, dass diese ganzen schlechten Statements und Zweifel zur italienischen Szene auch genau in Italien entstehen. Manchmal sind wir zu sehr davon überzeugt, was aus dem eigenen Land kommt, und ich lese diesbezüglich immer, dass die italienischen Bands sich zu sehr ähneln. Dem stimme ich nicht zu, denn auch wenn die meisten Gruppen progressiven Power Metal spielen, so gibt es auch andere sehr gute Bands, die sich einem anderen Stil widmen. Aber was soll diese Diskussion? Es gibt in jedem Land gute und schlechte Bands, aber der Unterschied ist wohl, dass diese Länder ihre eigenen Bands mehr unterstützen. Aber das ist eben nur ein Gedanke.

Björn:
Momentan sind diese negativen Kommentare ja ein wenig in den Hintergrund getreten, und eigentlich sind nur noch die "Überlebenden" wie RHAPSODY und LACUNA COIL im Gerede. Was ist denn da in den letzten zwei Jahren so passiert?

Aldo:
Ich kann dir sagen, dass ich echt froh bin, dass LACUNA COIL aus Italien kommen, denn sie verdienen ihren Erfolg. Ich habe außerdem wieder einige sehr gute Releases aus Italien gehört, und ich hoffe, dass sie ebenfalls die verdiente Reputation bekommen. Aber eigentlich ist der italienische Underground schon immer voll von guten Bands gewesen.

Björn:
Aber die Szene ist doch wieder etwas zusammengeschrumpft. Findest du es nicht auch besser, wenn die Szene nicht zu groß ist?

Aldo:
Natürlich ist es gut, dass die Leute zwischen einem guten und einem schlechten Album unterscheiden können, das hilft der Szene zu überleben. Manchmal wollen die kleinen Labels es zu schnell wissen und lassen die Bands nicht erst die nötige Erfahrung sammeln.

Björn:
Wie fühlt es sich denn für euch an, die guten und die schlechten Jahre überstanden zu haben?

Aldo:
Der ganze Markt ist ja kleiner geworden, aber ich bin sehr glücklich, dass wir auch weiter neue Alben aufnehmen und veröffentlichen können.

Björn:
Jetzt wo ihr bei Nuclear Blast seid, sollten euch ja so einige Türen offen stehen, was die Promotion angeht. Aber wie sieht es mit dem Touren aus?

Aldo:
Sie haben einige sehr gute Interviews organisiert und haben auch gute Kontakte zur gesamten Presse. Momentan sind jedoch keine Live-Auftritte oder Tourneen geplant. Aber da wir jetzt einen Vertrag mit der dänischen Booking-Agentur Intromental haben, wird sich daran hoffentlich schon bald etwas ändern.

Björn:
Gäbe es denn eine Band, mit der ihr gerne auf Tour gehen würdet?

Aldo:
Sehr viele sogar, haha! Als großer Fan wäre mein Traum MÖTLEY CRÜE, auch wenn sie stilistisch nicht ganz so gut zu uns passen. Ansonsten würde ich GAMMA RAY und HELLOWEEN favorisieren.

Björn:
Und was hältst du von ANGRA? Meiner Meinung nach würde das musikalisch sehr gut zusammenpassen.

Aldo:
Das wäre auch stark, aber sie sind in diesem Jahr schon auf Tour gewesen.

Björn:
Wären denn die Festivals nicht interessant für euch? Wie wäre es mit dem Gods Of Metal? Das wäre doch eine perfekte Gelegenheit, euer neues Album vorzustellen.

Aldo:
Das wird sehr schwer sein, weil wir schon sehr spät dran sind und die Produktion des Albums solchen Entscheidungen vorgezogen haben. Wir hatten einfach noch nicht die Zeit, das zu überprüfen.

Björn:
Was hält das Jahr 2005 für SECRET SPHERE bereit?

Aldo:
Ich hoffe, dass wir möglichst viele Leute erreichen werden, weil ich glaube, dass unser Album das auch verdient hat. Wir haben sehr viel Energie hier reingesteckt und ich möchte es an vielen Orten in Europa vorstellen.

Björn:
Und was hast du unseren Lesern noch zu sagen?

Aldo:
Erst einmal vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt. Bitte widmet eure Zeit auch unserem neuen Album "Heart & Anger"! Außerdem würde ich sehr gerne in Deutschland spielen. Wir sind dort noch nie live aufgetreten und es wäre einer unserer größten Träume. Wir werden uns dort alle wieder sehen. Vielen Dank für euer Interesse an der Band!

Redakteur:
Björn Backes

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