SILVERLANE: Interview mit Simon Michael

06.03.2009 | 16:55

Fragen über Fragen. Deutschland - wirklich eine Power-Metal-Nation? Und bedeutet Progressive Metal wirklich die bloße Aneinanderreihung von Fünf-Achtel-Takten? Und wie ist es eigentlich eine Band im Sinne eines Familienunternehmens zu gründen?

Das alles und noch viel mehr erfahrt ihr aus dem Munde Simon Michaels - Drummer, Composer und Producer. Hier im Interview Interessenvertreter von SILVERLANE.

Ein Silberstreif am abendlichen Schwermetall-Firmament - das ist doch was Schönes! Zwar neigen Labelisten dazu unter diesem Silberstreifen diverse Dinge hineinzudichten und diesen mit einem kosmisch glühenden Stern gleichzusetzen, aber hinsichtlich der musikalischen Fähigkeiten und Hintergründe eines Simon Michaels, Drummer der Band SILVERLANE – wie auch Stöckeschwinger für SUBWAY TO SALLY – ist man gerne geneigt dieser primär marketingtechnischen Anpreisung näher auf den Grund zu gehen und ihm darüber hinaus noch über verschiedene Angelegenheiten rund um die deutsche Metalszene auszuquetschen.

Markus:
Einen schönen Heavy Day, der Herr Michael!

Simon:
Hallo! Ja, als einen "Heavy Day" kann man den heutigen wahrlich bezeichnen!

Markus:
Zunächst möchte ich mich für die Zeit bedanken, die du diesem Interview widmest. Da SILVERLANE unter unseren Lesern etwaig noch nicht bekannt ist, lautet meine erste (wenngleich auch stereotype und kanonisierte) Frage: Was bedeutet der Begriff SILVERLANE und wie seid ihr auf eben jenen gekommen?

Simon:
Der Name entstand quasi Brainstorm-mäßig, als wir im Proberaum zusammen saßen. Das heißt wörtlich übersetzt "Silberstreif". Zugegeben, ich musste mich erst an den Namen gewöhnen. Mittlerweile finde ich ihn aber ausgesprochen gut.

Markus:
Wie würdest du eure Musik umschreiben?

Simon:
Melodischer, teils symphonischer Metal.

Markus:
Beschreib einmal kurz bitte die Konzeptualisierung eurer Musik. Wie ist das lyrische Konzept gestrickt und inwieweit greifen Text und Musik ineinander über?

Simon:
Ein echtes Konzept gibt's nicht hinter den Texten. Wir schreiben über Dinge, die uns bewegen oder faszinieren, oder beides zusammen. Wir haben mit "Legends Of Safar" damals ein Konzeptalbum abgeliefert über eine Story, die wir uns selbst ausgedacht haben und tatsächlich haben wir die Handlung auch in die Musik eingehen lassen. Interessiert hat sich niemand. Außerdem verstehe ich mittlerweile nicht mehr, warum man, nur weil man Power Metal macht, immer über Fantasy-Stories schreiben muss. Wir machen das auf jeden Fall nicht mehr. Wir gehen etwas offener, etwas zeitgemäßer an die Sache ran.

Markus:
Würdest du zustimmen, dass Musik eine Art spirituelle bzw. spiritualistische Ader besitzt, die ein Gefühl von Transzendenz vermittelt? Eine Menge Leute – sowohl Musiker als auch Laien, Fans und dergleichen mehr – empfinden Musik mehr als bloß "Musik" und dichten ihr eine Art bewusstseinserweiternde Wirkung an. Oder ist Musik bloß so etwas wie eine süchtig machende Droge?

Simon:
Musik kann in Menschen viel bewegen. Das ist auch Sinn und Zweck des Ganzen. Man nennt dies "innere Seelenbewegung". Deshalb ist für mich atonale Musik auch keine Musik, nicht einmal eine Kunstform, denn sie vermittelt keine Gefühlslage. Es gibt tatsächlich viele Menschen, die Musik anders ausleben, für die es mehr ist, als ein Konsumgut, das nebenbei aus dem Radio plätschert. Ich bin genauso, Musik bedeutet mir sehr viel.

Markus:
Wie betrachtest du die aktuelle Situation der deutschen Metalszene? Gibt es zu viele oder zu wenige Bands? Wie ist die Qualität aktueller Acts im Vergleich zu bereits einschlägig in der Szene etablierten Combos, die schon eine längere Wirkungsgeschichte hinter sich haben? Was kannst du zur Lebendigkeit und Transparenz sagen?

Simon:
Die Qualität und Entwicklung gibt mir, um ehrlich zu sein, etwas zu denken. Es ist klar: Die Budgets werden kleiner, der Musikindustrie geht es schlecht, es muss gespart werden. Wer sich kein ordentliches Studio oder keinen Produzenten mehr leisten kann, ist auch nicht in der Lage, ein wirklich tolles Album abzuliefern. Außerdem finde ich es seltsam, dass all diese neuen, ultraharten Heavy-Metal-Bands gleich klingen - zumindest in meinen Ohren. Und uns wirft man dann vor, ein HELLOWEEN- oder EDGUY-Abklatsch zu sein. Ansonsten liebe ich die Metalszene für ihre tolle und sehr treue Fangemeinde. Schön, dass sich abseits von Trends und so genannten "Musiksendern" eine beachtliche Szene entwickelt hat.

Markus:
Drakkar schreibt über euch: "SILVERLANE – so heißt jene Band, in der Subway-To-Sally-Drummer Simon Michael seine Vorlieben für partiell progressiv orientierten, stets aber melodisch und sinfonisch ausgerichteten Power Metal in der Tradition Edguy beziehungsweise Avantasia, Kamelot und Gamma Ray auslebt."
Ich habe mir "My Inner Demon" zu Gemüte geführt, kann jenen attestierten "melodisch und sinfonisch ausgerichteten Power Metal" durchaus unterstreichen, muss nichtsdestotrotz mit leichtem Bedauern bekunden, dass sich vielleicht ansatzweise progressive Versatzstücke finden lassen, jedoch nicht so sehr etwas Progressives im schwermetallischen Sinne. Was sagst du zu dieser Einschätzung?

Simon:
Da sollte man sich mit dem Wort "progressiv" einfach mal näher beschäftigen und im Duden nachsehen. Für den Heavy-Metal-Fan bedeutet progressiv: Fünf-Achtel-Takt! Oder endlose Gitarrensoli. Progressiv bedeutet zeitgemäß, eher sogar fortschrittlich. Songs wie 'The Dark Storm' oder 'My Inner Demon' kann man von daher durchaus als progressiv bezeichnen.

Markus:
Erzähl unseren Lesern doch einmal, wie es damals war SILVERLANE als musikalisches Familienunternehmen zu gründen. Was ist der Hintergrund der ganzen Geschichte?

Simon:
Während andere Kinder auf dem Fussballplatz oder dem Klettergerüst rumturnten, haben meine Geschwister und ich relativ frühzeitig schon unsere Band gegründet – unser Freund Daniel war auch von Anfang an mit dabei. Dann ging alles so seinen Weg, 1998 die erste CD mit eigenen Songs, 2000 dann die nächste usw. Mit der Zeit sind wir älter und reifer geworden, unsere instrumentalen und songschreiberischen Fähigkeiten stiegen und wir waren letztendlich letztes Jahr in der Lage, eine vermarktungsreife Platte zu produzieren.

Markus:
Wie synchronisierst du SILVERLANE mit SUBWAY TO SALLY?

Simon:
Mit einer guten und straffen Organisation. Termine werden weit im Vorfeld abgesteckt. Bisher funktioniert das ganz gut und ich sehe auch keine Gründe, warum das in der Zukunft schwierig werden sollte. Außerdem kommt SILVERLANE auch mal ohne mich aus für den einen oder anderen Auftritt. Dann spielt halt ein Aushilfsdrummer. Irgendwie kriegen wir das schon hin.

Markus:
Ich darf dich natürlich nicht fragen, welche Band dir mehr am Herzen liegt (das würde ja böses Blut bedeuten), aber zumindest: Wo kannst du dich drumtechnisch mehr austoben?

Simon:
Mir sind beide Bands sehr wichtig und ausleben kann ich mich ebenfalls in beiden gleichermaßen. Ich weiß, das klingt etwas unglaubwürdig, es ist aber in der Tat so.

Markus:
Bist du Autodidakt oder gelernter Schlagwerker? Wer gehört zu deinen Vorbildern?

Simon:
Ich hab das mal ordentlich gelernt, ebenso Klavier und Musiktheorie. Meine Vorbilder habe ich mir immer in meinem Umfeld gesucht, Trommler von nebenan, die besser als ich waren oder es auch heute noch sind. Sebastien Angrand z.B. ist ein toller Drummer, noch dazu ein ultracooler Typ und kommt aus meinem Nachbardorf. Man kann von solchen Leuten viel lernen, sogar noch mehr, da man ihnen direkt Fragen stellen kann. Das wird schwierig, wenn das eigene Vorbild Lars Ulrich oder Mike Portnoy heißt.

Markus:
Ich gebe dir einfach mal als kleine Anregung einen Auszug aus einem Konzertbericht von mir, in dem ich so das ein oder andere unterstelle: "Besonders Extreme-Metalheads wundern sich auf's Flagranteste, warum das traditionalistisch orientierte Gebräu wie der Old School Heavy Metal oder der Power Metal in Deutschland sich nach wie vor ungebrochener Beliebtheit erfreuen. Eindrucksvoll wird beispielsweise auf SATYRICON's "Roadkill Extravaganza" von Songwriter Satyr bei der Inaugenscheinnahme von deutschen Monumentalmonumenten pauschal geschlussfolgert, dass es auch kein Wunder sei, dass die Deutschen gleichzeitig Angst einflößende, den Menschen klein machende Prachtbauten errichten und auf Power Metal stehen würden. Sind wir Deutschen wirklich so? Vielleicht. Zweifelsohne stehen wir hier auf kraftmetallische Zunft, denn ansonsten würden Bands wie MANOWAR nicht die höchsten Verkaufszahlen gerade in deutschen Landen verbuchen können. Da ist schon was dran." Denkst du, dass Deutschland so etwas wie eine Power-Metal-Nation ist?

Simon:
Unsinn. Deutschland ist genauso eine Black-Metal- oder eine Thrash-Metal-Nation. Wir sind sogar noch eine größerer Reggae- oder Hip-Hop-Nation, aus nicht-metallischer Sicht betrachtet. Sicherlich ist Deutschland kein schlechtes Pflaster für Power Metal, aber als Black-Metal-Band z.B. hat man im Grunde genommen die gleichen Chancen.

Markus:
Wo wollt ihr noch hin mit eurer Musik? Oder seid ihr schon halbwegs zufrieden mit dem jetzigen Stand der Dinge?

Simon:
Wir möchten einfach so weitermachen wie bisher. Mehr Live-Präsenz zeigen und wieder eine Platte machen – alles Dinge, die wir in den nächsten Monaten erreichen können und wollen.

Markus:
Im Power Metal finden sich zunehmend Elemente, die eigentlich aus einer ganz anderen Ecke kommen. Bei PERSUADER gab's auf der letzten Scheibe zum Beispiel Blastbeats und bei ADAGIO ein paar Screams. Ich finde, dass das ziemlich fett klingt. Was denkst du dazu?

Simon:
Es interessiert mich nicht, was andere Bands machen. Screams und Grunts finde ich albern, Blastbeats ebenso. Von daher wird sich das bei uns nicht wieder finden. Es wird aber mit Sicherheit ein paar neue Saiteninstrumente, hier und da eine Frauenstimme oder mehr Orientalparts geben.

Markus:
Und nun kommt auch schon meine letzte Frage: Wie "stark" und aktiv bist du selbst als Szenegänger? Oder hast du so viel zu tun, dass du für so was keine Zeit hast?

Simon:
Ich versuche all die Konzerte zu besuchen, die mich interessieren bzw. mir alle Platten zu holen, die ich gerne mal hören möchte. Klar muss man als Selbstständiger zeitmäßig ein paar Abstriche machen, aber ich finde, es gehört auch zum Job dazu, sich auf dem Laufenden zu halten.

Markus:
Nun denn, die letzten Worte überlasse ich dir. Ich bedanke mich nochmals für deine Zeit und wünsche dir und SILVERLANE alles Gute. STAY HEAVY!

Simon:
Schaut doch einfach mal auf unserer Website http://www.silverlane.org oder http://www.myspace.com/silverlanepowermetal vorbei!

Redakteur:
Markus Sievers

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