SLIPKNOT: Listening-Session zu ".5: The Gray Chapter"

22.09.2014 | 08:28

Die Maskenmänner SLIPKNOT und Road Runner Records haben zur Listening-Session ihres fünften Albums ".5: The Gray Chapter" (VÖ: 17.10.2014) geladen. Listening-Session, das heißt, man darf sich das Album einmal anhören und seine ersten Impressionen festhalten. Selbige möchten wir nun mit euch teilen.

Erstmal zum Titel des Albums. "Gray" bezieht sich auf Paul Gray, den 2010 verstorbenen Bassist und Gründungsmitglied SLIPKNOTs. Mit dem Album zieht SLIPKNOT den Hut und zollt Tribut an Paul Gray, auch bekannt als Nummer 2. Doch das Album weist noch eine weitere Besonderheit auf, lange war es unklar ob Joey Jordison nun am Schlagzeug sitzt oder nicht. Die Band verkündete seinen Rauswurf, den Joey dementierte (wir berichteten). Klar ist nun, und das ist schon ein Kracher, dass Joey Jordison NICHT das Album eingespielt hat, wer seinen Posten eingenommen hat, ist jedoch noch ein wohl behütetes Geheimnis. Selbst im aktuellen Video zu 'The Devil In I' sieht man einen Schlagzeuger erst am Ende und bloß für ein paar Sekunden eingeblendet. Genug der Vorreden, auf in ".5: The Gray Chapter".

 


1. XIX
(3:11)

Traditionsgemäß erklingt an erster Stelle ein düsteres Intro. Unheilvolle, leicht schräge Celloklänge (oder ist es doch ein Dudelsack?) erklingen, schon beginnt Corey melodiös und doch bestimmt an zu singen: "Walk with me!" sind die ersten Worte, die sich fest setzen. Mit "So let this fucking world tear you apart" wird man mit angespannter und zugleich erwartungsvoller Haltung in das Album entlassen. Was kommt jetzt? In Prinzip ist nach diesem Intro alles möglich.

2. Sarcastrophe
(5:07)

Cleane Gitarren erklingen, doch sogleich hauen die ersten verzerrten Akkorde aus den Boxen, gefolgt von einem kurzen Drum-Fill und los gehts - und zwar sehr aggressiv, mit Blast Beats, viel Drive und stampfendem Groove walzt der Song erbarmungslos alles nieder. Eine Struktur ist nicht sofort auszumachen, auch einen eindeutigen Refrain konnte ich nicht erkennen. Nicht übel, aber als Opener hätte ich mir ehrlich gesagt noch mehr erhofft. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass der Track mit jeder Rotation wächst.

3. AOV (5:33)

Das Tempo wird drastisch angezogen! Das Schlagzeug thrasht los wie ein geölter Blitz, dazu gibt es eine rollende Double Bass und Corey schimpft sich die Seele vom Leib. Diesmal gibt es auch einen tollen Refrain, wie in ihn SLIPKNOT seit "Vol. 3: The Subliminal Verses" immer wieder bringt. Der Song wird immer aggressiver, ein melodiöser Mittelpart gibt Zeit zum Verschnaufen, bevor er wieder an Fahrt aufnimmt. Uff, das war stark!

4. The Devil In I (5:43)

'The Devil In I' wurde bereits veröffentlicht und wie oben bereits erwähnt auch mit einem Video bedacht. Zwischen Melancholie und Zerstörung pendelnd, passt der Titel perfekt zum Inhalt. Insbesondere die ruhigen Strophen zeigen Corey von seiner zerbrechlichen und emotionalen Seite. Flirrende Blast Beats markieren den Höhepunkt dieses sehr markanten Tracks mit Titelsong-Charakter.

5. Killpop (3:46)

Der Titel springt sofort ins Auge und schürt meine Erwartungen. Am Anfang stehen der Bass und das Schlagzeug alleine im Raum, der Gesang setzt ein, die Gitarren folgen leise, drehen zwar weiter auf, doch es bleibt sehr melodiös, ergänzt von kurzen Shouteinlagen. Eine bedrückende Stimmung macht sich breit, wie sie nur SLIPKNOT umzusetzen weiß. Das erste Gitarrensolo erklingt. Nach einem furiosen Ende bin etwas ratlos zurück gelassen. Genau das wollte hier wohl erreicht werden.

6. Skeptic (4:47)

Anschnallen! Sehr perkussiv und rhythmisch braust die Nummer durchs Gehör. "I'm so fucking pissed" wird gebrüllt - ja ich auch! Der Song steckt mit seiner Wut regelrecht an und fährt richtig in die Glieder, am liebsten würde ich durch die den Raum springen, kreuz und quer! "Skeptic!" wird geschrien, der Blecheimer des Clowns erklingt zum Double-Bass-Gewitter. Im weiteren Verlauf wird der Song dynamischer, lässt kurz nach, nur um anschließend wieder alles klein zu hacken. Ein Song, wie ihn nur SLIPKNOT schreiben kann.

7. Lech (4:51)

Erneut treibt der Groove den Blutdruck höher. Corey erzählt dazu eine scheinbar kranke Geschichte und macht mit der Musik eine starke Entwicklung durch. Eine sehr spannende Nummer, die ich gerne nochmal gehört hätte, um das Gehörte angemessen zu verarbeiten.

8. Goodbye (4:36)

Endlich kommt die depressive Halbballade? Denkste! Nach dem beschaulichem Anfang nimmt der Song zwar keine 180 Grad-Wendung an, es wird aber laut, bleibt dabei jedoch melodiös und nimmt ein abruptes Ende.

9. Normadic (4:19)

Der Refrain sticht hier deutlich heraus. Wieder gibt es coole Soli (gibt es immerhin erst seit dem dritten Album) und reiht sich gut in die bisherigen acht Tracks ein, fällt zwar sonst nicht weiter auf, aber auch nicht ab. Gesundes Mittelmaß.

10. The One That Kills The Least (4:12)

Hier geht es ähnlich ab wie in 'Skeptic'. So unglaublich treibend und groovend wie auf diesem Album klang SLIPKNOT bisher noch nicht, aber es steht den Herren äußerst gut! Der Refrain fungiert erneut hervorragend als Dosenöffner.

11. Custer
(4:15)

'Custer' macht sofort Alarm! Glaubt mir, die SLIPKNOT-Madness kehrt zurück, Maggots! "Cut, cut me up/Fuck, fuck me up!" wird geschrien, stillsitzen ist unmöglich, mindestens der Kopf muss mit! Und ich dachte schon, die zweite Hälfte bleibt eher Mittelmaß, ich Dummerchen. Ja, die Nummer hätte auch gut auf dem Debüt oder "Iowa" stehen können, heftig!

12. Be Prepared For Hell
(1:58)

MARILYN MANSON-ähnliches Gewaber und Gerede dringt in die Ohren, viel mehr passiert nicht, denn der Track ist als Intro zur nächsten Nummern zu verstehen.

13. The Negative One (5:26)

Das hier ist der erste Track, mit dem SLIPKNOT nach langer Pause wieder auf sich aufmerksam gemacht hat. Ich mochte ihn erst nicht, dann dachte ich, dass er gut der Opener sein könnte. Nun weiß ich, dass er als vorletztes ertönt und dabei macht er eine sehr gute Figur, denn in Prinzip ist er mit seinen drückenden Grooves und wütenden Gesamtausstrahlung repräsentativ für den SLIPKNOT-Sound anno 2014. Die schnellen Shoutparts tönen sehr old schoolig im Nu-Metal-Sinn.

14. If Rain Is What You Want
(6:20)

Leises Gitarrengeplänkel und ein paar Samples machen den Anfang, Corey setzt ein, "Just close your eyes" singt er. Melancholisch und depressiv, aber auch bedrohlich schreitet der Song voran. Das Beste kommt aber noch: Wenn man denkt, es ist vorbei, geht es erst los. Überraschungsmomente wie diese werden auf ".5: The Gray Chapter" groß geschrieben und vorbildlich umgesetzt. Die Stimmung bleibt jedoch bestehen und läutet damit gekonnt das Album aus.

Fazit:

"5.: The Gray Chapter" ist ein SLIPKNOT-Album in jeder gespielten und gesungenen Note. So nah an Selbstdefinition war die Band lange nicht mehr. Dabei besinnt sich SLIPKNOT auf alte Stärken und durchflutet diese mit neuen Ideen und Arrangements. Wie bereits betont dominiert hier ein ganz eigener Drive und tönt dabei sehr tight, aber auch aggressiv wie zu Anfangszeiten, ohne dabei die eingängigen Melodien außer Acht zu lassen, welche jedoch im Vergleich zu den letzten zwei Alben keine primäre Rolle einnehmen. Dabei wird der Moment des Unerwarteten groß geschrieben und sogt sicherlich für viele entzückte bzw. verwirrte Gesichter. Im Mittelfeld geht zwar kurz mal die Luft aus, ist aber auch dann noch gesundes Mittelmaß. Ich freue mich sehr auf den 17. Oktober, dann kann ich das Album endlich in Endlosschleife laufen lassen. SLIPKNOT ist zurück, macht euch bereit!

Redakteur:
Jakob Ehmke

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