SNIPER: Interview mit Rupert Nieger
27.07.2006 | 00:29Nach der ersten offiziellen Scheibe "Your World Is Doomed" machten die Jungs von SNIPER einen großen Schritt nach vorne und brachten das von Andy Classen (DEW-SCENTED, TANKARD) produzierte "Seducer Of Human Souls" raus. Mit Abwechslungsreichen und dennoch im guten alten "voll auf die Zwölf"-Format verpackten Songs gibt's demnächst ein gutes Packet auf die Ohren. Doch bevor es soweit ist, erzählt Gitarrist und Sänger Rupert Nieger etwas über Andy Classen, den Vorteil von Religionsunterricht und Mario Kart.
Lars :
Für die, die euch nicht kennen, stellt euch doch mal kurz vor...
Rupert :
Wir sind SNIPER aus Rotenburg (Wümme), einem 20.000 Seelen
Kaff zwischen Bremen und Hamburg. Es gibt uns seit ca. vier Jahren. Die Band besteht aus Christoph Hoppe (Drums), Stanislaw Tschernow (Bass), seinem Bruder Sergej (Gitarre) und mir (Gesang, Gitarre). "Seducer Of Human Souls" wird unsere dritte Veröffentlichung sein. 2003 gab es ein erstes Demo und 2004 haben wir unsere erste "richtige" CD "Your World Is Doomed" rausgebracht.
Lars :
Meine erste Frage ist, wie ihr euch für euren Musikstil entschieden habt und wie ihr überhaupt zu der Musik gekommen seid.
Rupert :
Ich denke nicht, dass man sich für einen Musikstil entscheidet! Musik ist eine Gefühls- und Geschmackssache. Wenn ich jetzt ein Riff schreibe, welches mir gut gefällt, dann ist es mir egal, ob es nun Black- oder Power Metal ist. Nur, dass es in unserem Fall halt meistens die härteren Riffs sind, die gefallen. Was für Musik man macht, hängt meiner Meinung nach stark davon ab, was man hört. Wenn man sein Leben lang nur CANNIBAL CORPSE und MORBID ANGEL hört, ist es sehr unwahrscheinlich, dass man ein HAMMERFALL-Riff schreibt!
Während in unserer "Your World Is Doomed"-Phase hörten wir wenig Black Metal. Vergleicht man nun "YWID" mit "Sedcuer...", hört man auch, dass wir heutzutage mehr Black Metal konsumieren als noch vor zwei Jahren. Ich denke aber, dass wir so langsam unseren eigenen Stil gefunden haben, es muss also niemand Angst haben, dass wir auf der nächsten CD wir DRAGONFORCE klingen (zur Verteidigung: keiner von uns hört DRAGONFORCE).
Lars :
Wie kommen euch die Songwritingideen? Einfach beim Jammen rumklimpern bis was kommt oder steckt da mehr dahinter?
Rupert :
Die Songs stammen eigentlich komplett von Sergej und mir. Wie er das macht, weiß ich nicht genau, bei mir ist es so, dass ich meine Klampfe in die Hand nehme und daddle. Wenn mir dann ein Riff oder eine Melodie besonders gut gefällt, probiere ich den Song um den Riff herum aufzubauen. Sergej und ich schreiben die Songs unabhängig von einander, dann treffen wir uns und bringen uns gegenseitig die fertigen Liedchen bei. Erst wenn das alles klappt, geht's in den Keller, wo wir dann mit den anderen beiden an Bass und Drumparts basteln und hier und da noch was an den Arrangements ändern.
Lars :
Wo habt ihr euch vorher eure musikalischen Sporen verdient?
Rupert :
Hmm, wir sind alle noch relativ jung, Christoph wird am 31.7. 23, Sergej und Stas, unsere Zwillinge sind 22 und ich bin 19 Lenze alt. Da gab's nicht viel Gelegenheit vor SNIPER was zu machen. Sergej, Stas und ich hatten mal eine METALLICA-Coverband, aus der, als Christoph dazu kam, dann SNIPER wurde. Christoph spielte vorher hier und da mal in Bands, aber soweit ich weiß kamen die nie viel weiter als bis zu Tür des Proberaums. Momentan spielt er aber auch noch bei MIASMA und irgendeiner Jazz-Kombo an seiner Uni.
Lars :
Wie seid ihr an Andy Classen gekommen?
Rupert :
Ein Kumpel von mir meinte aus Spaß mal, als wir über die Produktion sprachen, dass wir doch bei Andy mischen sollten. Ich hielt das zwar für unrealistisch, aber hab dann trotzdem mal eine Mail an den Meister geschickt. Zuerst kam wie erwartet eine Absage auf Grund seines vollen Terminkalenders. An Ostern jedoch kam dann eine Mail, dass eine Band abgesagt habe und somit Termine frei geworden seien (An dieser Stelle noch mal herzlichen Dank an FINAL BREATH, dass sie ihren Termin abgesagt haben, danke Jungs!!!) Wir haben dann natürlich sofort zugesagt, wer weiß wie oft man als gammlige Provinzband noch die Gelegenheit bekommt, bei einem bekannten Produzenten wie Classen zu mischen!!!
Lars :
Wie waren die Aufnahmen in einem absoluten Profistudio?
Rupert :
Geil!!!
Naja, aufgenommen haben wir ja wie zuvor auch hier in Rotenburg, Andy hat gemischt und gemastert. Aber es war schon eine tolle Erfahrung mal in einem so professionellen und bekannten Studio zu sein! Eigentlich war es für Sergej und mich auch mehr ein fünftägiges Fress- und Saufgelage. Andy hat alles alleine gemacht und das mehr als zufriedenstellend.
Als wir ankamen, führte er uns gleich ins Studio und meinte: "Ich hab heute früh schon was gemacht, könnt euch das jetzt mal anhören!". Er drückt auf play und wir hatten erst mal multiple Orgasmen!!! War schon sehr sehr fett im Stage One!!!
Lars :
Gab es irgend eine hervorzuhebende Story? Einmarsch der Megabands oder ein besoffenen Mitarbeiter?
Rupert :
Nee, es kam leider keine Megaband vorbei, die uns spontan als Support haben wollte, hehe. Der Herr Classen hatte einige sehr lustige Anekdoten über einige meiner Helden auf Lager, aber die behalte ich an dieser Stelle mal lieber für mich!
Herausragend ist vielleicht die Super Mario Kart-Session mit Andy. Er war der Meinung, der absolut unbesiegbare (von einem Franzosen mal abgesehen) Mario Kart-Held zu sein. Er musste dann allerdings einige sehr herbe Niederlagen einstecken. Zum Glück hat er seine Drohung, die noch zu mischenden Lieder unter seinem miserablen Abschneiden leiden zu lassen, nicht wahrgemacht, sehr nett Andy! Es gibt ein paar tolle Videos unseres Duells, mal gucken, vielleicht stellen wir die irgendwann mal zum Downloaden auf unsere Homepage. Wenn es Andy recht ist, hehe.
Lars :
Und warum macht ihr noch Eigenproduktion? Keine Lust auf Agenturdiktator oder doch dumme Labels?
Rupert :
Sagen wir das mal so: Bisher hatte kein Label Bock auf uns!
Wir hatten für "YWID" zwar ein Angebot, aber das war der letzte Schrott!!! Da hätten wir auch einfach 2000 Euronen das Klo runterspülen können und selbst dann hätten wir mehr davon gehabt als bei dem angebotenen Vertrag.
Aber generell hätten wir natürlich gerne einen Deal! Ohne Kontakte kommt man als Provinzband wie wir eine sind einfach nicht aus seinem Loch raus!!!
Außerdem ist es für uns nicht einfach das Ganze zu finanzieren, wir haben alle gar kein bis ein sehr geringes Einkommen. Christoph studiert, Sergej hat gerade seine zweite Ausbildung angefangen, Stas ist arbeitssuchend und ich hab dieses Jahr mein Abitur gemacht und will anfangen zu studieren, da ist es nicht leicht so eine Produktion zu bezahlen!!! Also an alle Labes: Wir sind willig!!!
Lars :
Zwei reguläre Scheiben und über 40 Konzerte. Sticht da schon ein ganz besonderes Konzert hervor oder ist alles dieselbe Plörre?
Rupert :
Das geilste Konzert hatten wir dieses Jahr mit GODDESS OF DESIRE im Gosslarer Tor 3. Es war ziemlich voll und die Leute sind gut abgegangen, das war schon sehr geil. Natürlich gab's noch andere Highlights, aber leider sind auch viele beschissene Gigs dabei, aber da muss man als junge, unbekannte Band wohl durch!!!
Lars :
Und ein richtig bescheidenes Konzert?
Rupert :
Wir haben mal auf einer Art Privatparty gespielt, es gab weder Gage noch Benzingeld. Dafür wurde uns versprochen, dass wie im Vorjahr auch ca. 200 Leute kommen und davon mindestens 50% Metaller sind. Als wir dann da waren, bestand die Bühne aus zwei Anhängern, es gab keine PA und statt den 200 Personen waren höchstens 30 da, wovon vielleicht drei Metalfans waren. Nicht nur, dass wir also alle Kosten selber tragen mussten, es noch dazu einfach nur beschissen und nervig... Aber so was kennt wohl jede kleine Band.
Lars :
Wie sieht es mit Konzerten in nächster Zeit aus?
Rupert :
Wir hoffen mit "Seducer..." ein paar größere Gigs zu bekommen. Cool wären auch eine oder mehrere Support-Shows für irgendeine bekanntere Band. Aber so was ist irgendwie schwierig zu bekommen, wenn man keine Kontakte hat oder stinkreich ist!
Im September spielen wir auf der Nebelmond Metalparty, wir sind zwar lediglich der Opener, aber das ist ja immerhin schon mal ein etwas größeres Festival! Dann gibt's noch einen Gig in Berlin, da weiß ich aber nicht wie groß das ist. Wir haben noch ein paar Angebote und wollen auch selber noch ein zwei Gigs starten, mal gucken was sich so ergibt! Die Dates kann man ja immer auf unserer Homepage nachlesen
Lars :
Als Einflüsse werden ja SLAYER und alte METALLICA genannt. Aber da steckt doch sicher mehr dahinter, allein das Bassspiel würde da nicht passen. Gibt's da noch mehr (ATHEIST, DEATH) oder ist letzen Endes doch alles auf dem eigenen Mist gewachsen?
Rupert :
Wie oben schon gesagt, ich denke, jede Band ist von irgendwas beeinflusst. Es ist jetzt aber nicht so, dass wir uns hinsetzen und sagen: "Wir schreiben jetzt einen Song, der nach DEATH oder CANNIBAL CORPSE klingt!" oder so was in der Art, das passiert halt einfach!
Selbstverständlich gibt es mehr Einflüsse als METALLICA und SLAYER. Ich persönlich finde auch, dass man den METALLICA-Einfluss nicht mehr all zu stark heraus hört, eigentlich sind die nur als Einfluss angegeben, weil sie irgendwie alle von uns zum Metal gebracht haben, also ohne METALLICA kein SNIPER. Schön ist auch, das viele Leute erst Duplikatsvorwürfe erheben, wenn sie lesen oder hören, dass wir mal eine METALLICA-Coverband waren!!! Als Death oder Thrash-Band ist es irgendwie ein Selbstläufer SLAYER als Einfluss zu nennen, sie sind nun mal eine der ersten Bands, die so extreme Musik gespielt hat! Auch wenn ich persönlich der Meinung bin, dass SLAYER eine total überbewertete Band sind!!! Klar, Klassiker wir "Reign In Blood" oder "Seasons In The Abyss" haben ihre Berechtigung, aber es gibt von den Jungs auch viele Füller!!! DEATH, TESTAMENT und auch einige Black-Metal-Bands würde ich schon dazu zählen. Auch wenn Sergej das vielleicht nicht gerne hört, aber den Kreischgesang hab ich zum ersten Mal bei IN FLAMES gehört, so dass man auch die als Einfluss nennen kann, für mich persönlich zumindest!
Lars :
Wie sieht es mit dem persönlichen Rückhalt aus. Sieht euch jetzt der ganze Familien- und Freundeskreis als Satanisten oder gibt's auch Positives aus der Ecke?
Rupert :
Ich denke nicht, dass irgendjemand, der uns kennt oder Ahnung von Metal hat uns für Satanisten hält. Weder sind wir welche noch behaupten wir irgendwo, welche zu sein!!! Es kommt zwar ab und zu mal vor, dass man komisch angeguckt wird, wenn man hier mit einem CANNIBAL CORPSE- oder DARK FUNERAL-Shirt über die Straße geht, aber das liegt bestimmt auch mit daran, dass die Leute das hier nicht kennen. Es gibt außer uns kaum Metaller in Rotenburg. Probleme mit Freunden hatte ich bisher noch nicht, unsere Mucke ist für die zwar oft "grausamer und schrecklicher Krach", aber das nehmen die dann halt so hin. Für viele von ihnen ist es dann auch interessant uns beim Abspacken auf der Bühne zu beobachten!!!
Auch über fehlenden Rückhalt kann ich mich nicht beklagen, so haben meine Eltern mir das komplette Geld für die Produktion geliehen und bezahlen hier und da schon mal ein bisschen Equipment! Wie du also siehst, haben wir in dieser Beziehung keine Probleme!!!
Lars :
Was sind bei euch die textlichen Einflüsse? Nach dem Ergebnis einer dreistündigen Horror-DVD-Session hört es sich nicht grad an.
Rupert :
Es ist fast ein bisschen peinlich, aber die Texte stammen alle aus dem Religionsunterricht. Mein Lehrer damals war eigentlich echt nett, aber anstatt mir das Ganze näher zu bringen, hat er genau das Gegenteil erreicht. Ganz so krass wie es in den Texten rüberkommt, ist meine Einstellung nun nicht, da spielt auch noch ein wenig der Nervfaktor des Unterrichts mit hinein. Ich hab versucht den Gesichtspunkt Religion aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten, ob es geklappt hat, muss dann jeder für sich selber entscheiden...
Lars :
Wer zeichnet sich eigentlich für das Cover verantwortlich, und was hat das Erschlagen und Hinerherschleifen von Menschen mit Verführen zu tun?
Rupert :
Das hat Markus Vesper aus einem Nachbarort für uns gemalt. Es war auch nicht sein erstes Cover! Er hat echt ein paar sehr coole Bilder auf seiner Homepage. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall!!!
Eigentlich soll der nette junge Mann im Vordergrund nicht erschlagen aussehen, meiner Meinung nach versucht er sich noch ein bisschen zu wehren, daher auch die Spuren im Schnee. Hmm, na ja, erst verführt einen der Teufel oder in diesem Fall halt der Kuttenmann und dann schleppt er einen in die Hölle. Aber um mal diesen ganzen Hokus Pokus wegzulassen: Es gibt ja auch im wirklichen Leben Dinge und Situationen, die einen verführen etwas zu tun, was man eigentlich besser lässt und es hinterher bereut, aber dennoch die Konsequenzen tragen muss... Ist ein bisschen wie mit der Angstmache der Kirche (auch wenn das eher mittelalterlich ist...)
Lars :
Wie sehen die Zukunftspläne aus? Alles bereit fürs nächste Album oder erstmal anderes?
Rupert :
Wir fangen langsam wieder an neue Songs zu schreiben. Leider haben wir ja nicht die Möglichkeit bzw. das Geld nach einer Veröffentlichung ausgiebig zu touren, von daher haben wir ja von der Band-Perspektive her nichts anderes zu tun außer neue Songs zuschreiben.
Lars :
Was laufen den bei euch so für Getränke über den Tresen?
Rupert :
Wenn es um Alkohol geht, dann sind wir eindeutig eine Bier bevorzugende Band. Irgendwann am Abend schmeckt ja eh alles gleich.
Geht es um nicht alkoholische Getränke bevorzuge ich Wasser ohne Kohlensäure, Vita Malz und kalte Vanilla Coke!! Auch wenn letztgenanntes bestimmt nur meine Meinung ist, hehe. Aber das interessiert hier ja bestimmt keinen.
Von Christoph weiß ich, dass er sich fast ausschließlich von Vita Malz und Orangen flavoured Wasser ernährt. Na ja, Sergej und Stas haben immer einen Tropf Wodka intravenös angeschlossen, sind ja unsere beiden Russen. Nein, im Ernst, selbst wenn es gegen das Klischee verstößt, aber ich glaube, ich habe die beiden noch nie mit Wodka gesehen!!! Dafür mit russischem Bier, abgefüllt in 2 Liter P E T Flaschen, hmh, lecker!!!
Lars :
Auf eurem Promobild ist ein Kurzhaariger abgebildet. Jetzt mal ganz ehrlich, der hat kein gutes Leben bei euch, oder?
Rupert :
Bei Auftritten haben wir für Christoph immer ein Stück Seife dabei, was er dann nach dem Gig auch mal ganz gerne fallen lässt, hehe!
Eigentlich ist es mir völlig egal, was für eine Frisur jemand hat, nichtsdestotrotz musste sich der Gute natürlich eine Zeit lang dumme Sprüche von uns anhören. Es ist doch aber affig, sich über eine Frisur aufzuregen, solange es keine komisch gewollte Glatze ist. Dieses
Haarding ist irgendwie ein gutes Beispiel für die Engstirnigkeit der Metalszene, aber das ist ein anderes Thema!!!
Und nun alle die neue CD bestellen!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
- Redakteur:
- Lars Strutz