STRAPPING YOUNG LAD: Interview mit Devin Townsend

29.07.2006 | 19:02

STRAPPING YOUNG LAD haben mit "The New Black" kein halbes Jahr nach der genialen "Synchestra"-Veröffentlichung der DEVIN TOWNSEND BAND einen mehr als würdigen "Alien"-Nachfolger am Start. Da bot es sich für Century Media an, DEVIN ins Dortmunder Office zu lotsen, damit er den Journalisten mit Antworten zum aktuellen Meisterwerk weiterhelfen kann. Und pünktlich wie ein Maurer klingelt DEVIN um 11.30 Uhr bei mir durch, wirkt aber wie ein Boxer in der zwölften Runde: Müde, kaputt und ausgebrannt. Und so bin ich mit meinem Interview schneller durch als gedacht, weshalb ich gegen Ende hin ein bisschen improvisieren muss. Wer also scharf drauf ist zu erfahren, was es mit dem "neuen schwarz" auf sich hat, welcher Teufel DEVIN beim 'Vampiria'-Videoclip geritten hat und warum er sich nach 25 (!) Alben in zehn Jahren endlich dazu berufen fühlt eine Pause einzulegen, ist bei der Lektüre dieses Interviews gut aufgehoben.

Tolga:
Hi Devin. Wie kommt's, dass sechs Monate nach der Veröffentlichung vom "Synchestra"-Album der DEVIN TOWNSEND BAND ein neues Album von STRAPPING YOUNG LAD veröffentlicht wird?

Devin:
Weil wir's mussten!

Tolga:
Ihr musstet?

Devin:
Genau, weil wir auf dem "Ozzfest" und ein paar Sommerfestivals präsent sind und somit etwas in der Hinterhand haben wollten, was es zu promoten gilt. Aus dem Grund haben wir uns dazu entschieden eine neue CD aufzunehmen.

Tolga:
Kannst du mir erklären, was der Albumtitel "The New Black" bedeutet?

Devin:
Gene (Hoglan, Anm. d. Verf.) hat's so genannt. Es scheint für eine andere Farbe zu stehen.

Tolga:
Ist weiß das "neue schwarz"?

Devin:
(Wie aus der Pistole geschossen) Klar!

Tolga:
Was mir aufgefallen ist, ist der Fakt, dass die Veröffentlichungen der DEVIN TOWNSEND BAND mit denen von STRAPPING YOUNG LAD mittlerweile hart zu unterscheiden sind. Um es konkreter zu formulieren: Ein Song wie 'A Simple Lullaby' (vom "Synchestra"-Album, Anm. d. Verf.) könnte genauso gut auf einem SYL-Album stehen, wohingegen 'Antiproduct' (von der aktuellen "The New Black"-Langrille, Anm. d. Verf.) auf einem DTB-Album stehen könnte. Wie stehst du dieser Tatsache gegenüber?

Devin:
Ich stimme dem nicht zu, da beide Bands sich für mich unterschiedlich anfühlen. Es geht um die Energie in dem Song. Für mich persönlich könnte 'A Simple Lullaby' nie auf einem SYL-Album stehen. Es ist vielleicht einzigartig, aber definitiv zu unterschiedlich.

Tolga:
Hast du ein spezielles Schema oder System, wie du zwischen den Songs für SYL und die DTB unterscheidest?

Devin:
Ich weiß es nicht.

Tolga:
Es kommt, wie's kommt.

Devin:
Genau.

Tolga:
Wenn ich mir Songtitel wie 'You Suck' und 'Fucker' anschaue, so warst du bestimmt richtig angepisst als du die Songs geschrieben hast. Was kannst du mir über die Texte auf dem aktuellen Album erzählen?

Devin:
Ich spreche ungern über Texte, da ich die Interpretation der Lyrics gerne offen halten möchte. SYL war für mich schon immer der Mittelfinger, den ich der Musikindustrie entgegen gestreckt habe. Das lyrische Konzept besteht darin, dass ich gegen alles bin, was die Musikindustrie so treibt.

Tolga:
Wer ist die weibliche Stimme am Anfang von 'Fucker'?

Devin:
BIF NAKED.

Tolga:
Cool! Und hast du schon mal darüber nachgedacht zu dem Song einen Videoclip zu drehen oder als Single zu veröffentlichen? Er ist nämlich für die Clubs geradezu prädestiniert.

Devin:
Niemals! Die Idee hinter dem Song war die, dass er niemals im Radio gespielt wird.

Tolga:
Dieser Song könnte es ins Radio schaffen. Ich mein, wenn ich mir die meisten Songs der DTB anschaue, so könnten die meisten davon im Radio gespielt werden. Aber dieser Song im Speziellen hat einen Mördergroove.

Devin:
Das mag schon sein, aber wie ich vorhin schon sagte, so habe ich die Songs mit dem Hintergedanken geschrieben, dass sie nie und nimmer als Single veröffentlicht werden.

Tolga:
Was ist für dich 'Far Beyond Metal'?

Devin:
(Überlegt) Ich denke, STRAPPING YOUNG LAD. STRAPPING YOUNG LAD sind auf jeden Fall 'Far Beyond Metal' und so viele andere Dinge. Selbst Metal ist 'Far Beyond Metal' (woraufhin ein kurzer abgekämpfter und kurzer Lacher folgt).

Tolga:
Einige der Songtitel wie 'Hope' und 'Monument' könnten auch auf deinen Soloalben stehen. Woher rührt es, dass du die Idee zu solchen merkwürdigen Songtiteln hast?

Devin:
Ich weiß nicht. Es sind halt Namen, die zu den Songs passen. Ich messe dem nicht allzu viel Bedeutung zu. Der eine Song kriegt den, der andere Song den anderen Namen.

Tolga:
Ist es die gute alte STEVE VAI-Schule? Denn er hatte auch sehr merkwürdige Songs und Songtitel.

Devin:
Vielleicht. Ich weiß es nicht. Ich denke nicht, dass meine Songs so merkwürdig sind.

Tolga:
Macht es dir was aus, wenn ich dich ein paar Sachen zur DTB frage?

Devin:
Nein. Nur zu.

Tolga:
Wie kam's dazu, dass du die abgefahrene Idee zu dem 'Vampiria'-Videoclip hattest?

Devin:
Ich denke, er ist lustig.

Tolga:
Er ist auf jeden Fall lustig. Und wie kamst du auf diese Idee?

Devin:
Ich wollte da etwas machen, was sehr komisch wirkt. Ich bin ein Idiot und wollte ein Video machen, das dies auch offenbart.

Tolga:
Am Ende des "Ocean Machine"-Albums ist dieser fürchterliche Schrei. Jedes Mal, wenn ich mir das Album reinziehe, erschrecke ich mich immer wieder. War es genau das, was du mit diesem Schrei transportieren wolltest?

Devin:
Nun, ich habe geschrien und es ans Ende des Albums gesetzt. Ich wollte damit niemanden erschrecken. Ich hab's einfach so ans Ende gesetzt.

Tolga:
Wenn man sich den letzten Song ('Thing Beyond Things', Anm. d. Verf.) anhört, so ist er sehr entspannt ausgefallen. Und nach dem Schrei am Ende ist es so, als ob man aus dieser Trance wieder aufwacht.

Devin:
Ich denke, das ist die Bedeutung dahinter: Du wachst wieder auf!

Tolga:
Auf der anderen Seite hast du einen Videoclip zu 'Love' vom letzten SYL-Album "Alien" gedreht. Dieser erinnert mich ein bisschen von der Kameraführung an "Blair Witch Project".

Devin:
Eher nicht. Es basiert auf einem Film namens "Evil Dead" (in Deutschland auch gemeinhin unter "Tanz der Teufel" bekannt, Anm. d. Verf.).

Tolga:
Gibt es irgendein Album, egal ob jetzt von der DTB oder SYL, das du am meisten magst, oder sind es alle deine "Babies"?

Devin:
Meine Lieblinsalben sind "Infinity" und "Devlab" (beide DTB, Anm. d. Verf.).

Tolga:
"Devlab"?

Devin:
Yeah. Etwas, was ich nur über meine Website veröffentlicht habe, aber ich bin sehr stolz darauf.

Tolga:
Eine andere Sache, die ich gerne ansprechen möchte, ist das Konzert von SYL in der Live Arena in Münster-Breitefeld. Ich war von eurer Liveperformance sehr beeindruckt. Was können die Fans von der DTB erwarten, denn um ehrlich zu sein: Ich habe die Tour mit der DTB, ZIMMER'S HOLE und SYL damals verpasst.

Devin:
Nun, in zwei Monaten werde ich eine längere Pause einlegen. Von daher weiß ich nicht, ob ich jemals wieder touren werde. Es könnte sein, dass du irgendwann die DTB siehst, aber ich kann dir nicht genau sagen wann oder wie.

Tolga:
Du hattest erwähnt, dass du auf dem "Ozzfest" spielen wirst. Sind des Weiteren in Europa auch ein paar andere Festivals geplant?

Devin:
In den letzten zwei Wochen haben wir auf diversen Festivals in Europa gespielt.

Tolga:
Welche zum Beispiel?

Devin:
Viele, wie z.B. "Download", "Rock am Ring" und "Rock im Park". In den vorangegangenen zwei Wochen haben wir auf ungefähr zehn Festivals gespielt.

Tolga:
Warum hast du das SYL-Debüt "Heavy As A Really Heavy Thing" nochmal veröffentlicht? Warst du mit dem damaligen Sound unzufrieden oder ist es mittlerweile schwer aufzutreiben?

Devin:
Es war die Idee der Plattenfirma.

Tolga:
Und du hattest damit nichts am Hut?

Devin:
Ich hab ein paar Linernotes beigesteuert, aber im Großen und Ganzen war's die Idee der Plattenfirma.

Tolga:
Als du mit der DTB touren wolltest, wurde deine Frau schwanger. Gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer, dass die Tour nachgeholt wird?

Devin:
Möglicherweise, aber ich bezweifle es. Wie ich schon erwähnte, gibt's 'ne Menge Dinge die mich zu Hause beschäftigen, und ich muss unbedingt mal eine Pause einlegen.

Tolga:
Das kann ich verstehen, da du ja fast im Halbjahrestakt eine Scheibe rausbringt. Wo wir grad dabei sind: Bevorzugst du eher die Arbeit im Studio oder die Livekonzerte?

Devin:
Definitiv Studio!

Tolga:
Eine weitere Sache, die mir aufgefallen ist, war ein Typ auf youtube.com, der sich selbst dabei gefilmt hat, wie er zu 'Life' vom "Ocean Machine"-Album seine Lippen bewegt. Hast du den Clip gesehen?

Devin:
(Genervt und müde) Nein.

Tolga:
Des Weiteren hab ich auf youtube.com Liveclips der DTB gesehen. Normalerweise stellen Fans so was online, oder?

Devin:
Da stimme ich dir zu, aber ich kann dir beim besten Willen nicht sagen, woher die Aufnahmen stammen, aber ich denke auch, dass es Fans online gestellt haben.

Tolga:
Ich führe ja im Auftrag von POWERMETAL.de das Interview. Sind in den Staaten Onlinemagazine mittlerweile ebenso im Kommen wie in Europa?

Devin:
Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht. Ich hab echt keinen Schimmer, was zur Zeit populär ist und was nicht. Ich find's aber auf jeden Fall gut, dass du das Interview führst.

Tolga:
Waren die anderen Interviews von Printmagazinen oder Onlinemags?

Devin:
Ich weiß es nicht.

Tolga:
Du weißt es nicht. Im Prinzip kriegst du nur eine Liste in die Hand gedrückt, wo's heisst, dass du die und die Person um halb zwölf anrufen sollst.

Devin:
Exakt.

Tolga:
Ich glaube, ich bin soweit mit meinen Fragen durch. Gibt es noch etwas das du loswerden möchtest?

Devin:
Ich denke, dass die Online-Community eine coole Sache für den Metal darstellt. Es ist immer gut mich über Musik mit Leuten wie dir zu unterhalten, die ebenfalls stark in der Materie drin sind. Die Festivals, bei denen wir Deutschland und Europa aufgetreten sind waren echt gut. In den vergangenen zehn Jahren hab ich bei 25 (!) Alben meine Finger im Spiel gehabt. Und ein Teil in mir ist sehr müde und ausgebrannt und braucht unbedingt eine Pause. Der Fakt, das ich mittlerweile ein Kind habe und ein paar Monate Abstand zur Musik brauche, spielt dabei auch eine Rolle. Ich hoffe jedoch, dass ich mich am Ende der Pausenzeit mit vollgeladenen Akkus der DTB wieder widmen kann. Das Einzige, was ich jetzt nur noch brauche, ist eine Pause.

Tolga:
Gerade die Ansagen zwischen den Songs auf dem Konzert letztes Jahr fand ich sehr unterhaltsam.

Devin:
(Lachend) Ich bin doch nur ein Idiot!

Tolga:
Aber ein genialer.

Devin:
Danke.

Tolga:
Ich hab's zu Beginn des Interviews nicht gesagt, aber der erste Schritt, den ich in deine Musik unternommen habe, war in Form der "Terria"-CD. Danach wurde ich sozusagen vom DEVIN-Virus infiziert.

Devin:
Vielen Dank und ich hoffe, es bestehen Heilungsmöglichkeiten.

Tolga:
Hast du ein paar abschließende Worte an die Leser von POWERMETAL.de?

Devin:
Bleibt heil und vielen Dank für das Hören meiner Musik, sofern ihr das tut.

Tolga:
Wieviele Interviews stehen heute noch auf dem Plan?

Devin:
22.

Tolga:
Und du hast dazwischen ein paar Pausen?

Devin:
Nein.

Tolga:
Da kann ich's wirklich verstehen, warum du eine Auszeit brauchst.

Redakteur:
Tolga Karabagli

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