STRATOVARIUS: Diskografie-Check Teil 2 | Platz 8 - 1
03.01.2025 | 11:56Es geht weiter mit unserem STRATOVARIUS-Diskografie-Check, und allmählich nähern wir uns den großen Klassikern der Bandgeschichte. Gerade auf dem Treppchen ging es am Ende sehr eng zu, wobei das Ergebnis die globale Fan-Meinung weitgehend passend widerspiegeln dürfte – die Mitte und das Ende der 90er wird allenthalben, und völlig zurecht, als die Hochphase der Band angesehen. Doch auch ein vergleichsweise modernes Werk schafft es unter die ersten Fünf.
Platz 8 – "Survive" (2022)
"Survive" war unser Soundcheck-Sieger im September 2022, was in unserer durch AOR, Prog, Black Metal und NWOBHM geprägten Redaktion eine echte Überraschung darstellte. Mancher dürfte seine Meinung mittlerweile vielleicht revidiert haben – Marcel beispielsweise vergab seinerzeit 9,0 Punkte, in seinem Diskografie-Ranking allerdings nur Platz 11 –; Fakt ist aber, dass das jüngste STRATOVARIUS-Album die Band einmal mehr auf Top-Niveau zeigt.
Im Vergleich mit dem feierlichen, aber an Höhepunkten armen Vorgänger "Eternal" gibt es auf "Survive" wieder mehr Abwechslung und markantere Songs. Der titelgebende Opener macht keine Gefangenen, fetzt vom Fleck weg los; beinahe ungestüm brettert der Sound der Skandinavier auf ihre vermeintlich alten Tage aus den Boxen. Breit grinsend lässt mich auch das amtliche Riffing bei 'Demand' zurück; E-Gitarre und Cemballo-Sounds sind in trautem Zusammenspiel vereint. Mit 'Broken' gibt es wieder so ein Wahnsinns-Highlight aus der Feder Jani Liimatainens – der Mann schreibt insbesondere Refrains, die nicht von dieser Welt sind! Daneben gibt es klassische Strato-Mutmacher wie 'We Are Not Alone', eine tragische Geschichtsstunde über den Ausbruch des Vesuvs namens 'Frozen In Time', mit 'World On Fire' thematisch einen weiteren Wachrüttler-Song wie seinerzeit 'Paradise' und melodischen Speed Metal bei 'Glory Days'.
Gegen Ende fällt der Spannungsbogen ab, da 'Breakaway' und 'Before The Fall' das Gesamtniveau nicht halten können und 'Voice Of Thunder' leider zeigt, dass die Band ohne Timo Tolkki besser die Finger von Stücken mit mehr als zehn Minuten Spieldauer lassen sollte. Unterm Strich gab es bei "Survive" vor zwei Jahren aber wirklich nur wenig zu meckern. Das sieht die eine Hälfte von uns genauso und vergibt einstellige Plätze, während vor allem Hanne (Platz 14) offenbar nicht viel mit dem sechzehnten STRATOVARIUS-Langspieler anfangen kann.
Platz 7 – "Elysium" (2011)
"Polaris" war das lebensnotwendige Comeback-Album, doch erst mit dem folgenden "Elysium" fand man bei STRATOVARIUS auch musikalisch in der neuen Formation zu hörbarer Geschlossenheit. Gitarrist Kupiainen war endgültig angekommen, deutlich präsenter in Sachen Songwriting und hörbar dominanter im Klangbild als noch auf "Polaris".
Das letzte Album mit Jörg Michael an der Schießbude beginnt relativ unspektakulär: Der Opener 'Darkest Hours' ist eher im Midtempo angesiedelt, weiß aber durch seinen rockig-groovigen Refrain zu gefallen und bietet zugleich die Startrampe zu zwei flotten Krachern namens 'Under Flaming Skies' und 'Infermal Maze', die gute alte STRATOVARIUS-Schule im etwas moderneren Klanggewand bieten, wenig Kitschgefahr aufweisen und – hier vor allem das sehr rasante 'Infernal Maze' – großes Live-Potential bieten. Die Halbballade 'Fairness Justified' ist für mich aufgrund des bemühten Refrains der einzige unterdurchschnittliche Track des Albums. 'The Game Never Ends' und 'Event Horizon' sind kurz, knackig und kurzweilig, und 'Elysium' als Longtrack zwar noch nicht wieder auf Timo-Tolkki-Niveau, aber schön komponiert und im Albumkontext stimmig.
Meine persönlichen Highlights heißen aber 'Lifetime In A Moment', das verschleppt-stampfig daherkommt und mit seinem tragischen Refrain mitreißt, sowie die Ballade 'Move The Mountain', welche auf ganz schlichte Weise die Themen Tod und Trennung behandelt und Timo Kotipeltos Gesang wunderbar zur Geltung bringt. Kein Album der ganz großen Hits, aber kompositorisch zielstrebig und treffsicher. Hier klingt STRATOVARIUS wieder gänzlich vertraut, ohne zu langweilen. Der siebte Platz in unserem Ranking und vier einstellige Platzierungen bei sechs Redakteuren zeigen, dass "Elysium" durchaus Wertschätzung genießt.
Platz 6 – "Elements Pt.1" (2003)
Nach einer für seine Verhältnisse ungewohnt langen Veröffentlichungspause von drei Jahren, die mit der üppigen Raritätensammlung "Intermission" überbrückt wurde, wollte es Timo Tolkki abermals wissen. "Infinite" sollte überboten werden, so schien der klare, selbstgesetzte Auftrag zu lauten. Mit echter Orchestrierung und dem Ausreizen sämtlicher kompositorischer Stellschrauben und produktionstechnischer Möglichkeiten sollte dieses Ziel erreicht werden.
Und tatsächlich wurden die meisten "Infinite"-Trademarks überboten: 'Eagleheart', die erste Single-Auskopplung, war noch poppiger als 'Hunting High And Low', bei 'Find Your Own Voice' und 'Papillon' musste Timo Kotipelto höher singen als jemals zuvor, das epische 'Elements' fiel noch orchestral-bombastischer aus als 'Infinity'; überhaupt war die Soundproduktion ausgefeilt bis zum Gehtnichtmehr. Daneben ein steriles, grenzüberschreitend kitschiges Cover-Artwork.
War das im Sinne der treuen und stark gewachsenen Hörerschaft? Die Antwort hierauf dürfte zwiespältig ausfallen. Ich selbst (und nicht wenige andere) haben den starken Eindruck, dass der Bogen diesmal überspannt wurde und Tolkki mit einem unüberhörbaren Hang zum Größenwahn in die Erfolgsfalle geraten war, die ihm das hochangesehene Erfolgsquartett "Episode", "Visions", "Destiny" und "Infinite" aufgespannt hatte. Der Sound war hin zu einer beinahe künstlichen Sterilität hochproduziert worden, dem Songwriting hört man auch heute noch den starken Überbietungsdrang an, bei dem sich auch Sänger Timo Kotipelto in unmenschliche Höhen zu quälen hatte. Mir bleibt fast nur das erdige und nicht ganz typische 'Soul Of A Vagabond' in guter Erinnerung; der größte Teil des Albums ist mir zu bemüht, wenn auch beileibe nicht schlecht.
Im Gesamturteil unseres Teams spiegelt sich diese Ambivalenz wider: Der sechste Rang bildet den Schnitt von drei ausgesprochen guten Platzierungen bei Jhonny, Marcel und Hanne (Plätze 3 und 4) und weniger positiven Urteilen von Marius, Rüdiger (letzter Platz!) und meiner Wenigkeit ab.
Platz 5 – "Nemesis" (2013)
2013 gab es eine faustdicke Überraschung: Mit "Nemesis" erschien ein STRATOVARIUS-Album, welches in meinen Ohren (und beispielsweise auch bei Hanne und Jhonny) qualitativ ganz zur Spitze der Band-Diskographie aufschloss. Wie schrieb damals ein User in unserem Form? "Beschde seit "Visions"." Ganz richtig!
Für mich war es nicht einfach nur das starke Song-Material, das uns die Skandinavier mitsamt Nachwuchsschlagzeuger und Jörg-Michael-Nachfolger Rolf Pilve boten. "Nemesis" war und ist das einzige Album, das eine so herausragend düstere und dichte Atmosphäre wie anno 1997 "Visions" heraufbeschwor, und das, ohne einfach nur die neoklassischen Elemente von damals zu kopieren. Im Gegenteil: Man entschloss sich zu einem mutig-modernen Klangbild mit auffällig vielen Synthie-Elementen, was nicht allen Fans gut reinlief (gell, Marius?). Doch vor allem kompositorisch stellt "Nemesis" für mich ein Highlight der STRATOVARIUS-Diskografie dar.
Da hätten wir den Opener 'Abandon', der mit einem düster-rockigen Thema und massig Entschlossenheit den Ton vorgibt, sowie im Anschluss das noch drückendere, groovige und trotzige 'Unbreakable'. Beide Songs transportieren eine gewisse Nachdenklichkeit; beiden wohnt ein tragisches Moment inne, das im weiteren Verlauf noch deutlicher zutage treten sollte. Überhaupt, den Highspeed-Modus hoben sich die Finnen für eine kleine Auswahl an Stücken auf: Eigentlich wird nur bei der Single 'Halcyon Days' so richtig flott nach vorne geprescht. Die starke Effektuntermalung musste auch ich als Langzeitfan erst einmal schlucken, aber es lässt sich nicht abstreiten, dass das Stück ebenso ungewöhnlich wie stimmig und mitreißend ist. Ansatzweise kitschig wird es zwischendurch zwar auch mal, aber selbst bei einer Gratwanderung wie bei 'Fantasy' gelingt es der Band, nicht in übertriebene Schmachtereien abzudriften – im Gegenteil, das Teil ist ebenso schlicht wie wunderschön! Wiederum düster, im Bandkontext geradezu martialisch klingt der Fünfer bei 'Out Of The Fog', das beinahe wie eine Schlachthymne daherkommt. Die Tatsache, dass mit Jani Liimatainen ein kompositorisches Genie beim Songwriting mitwirkte, tritt hier deutlich zu Tage. Jens Johanssons 'Castles In The Air' schlägt anschließend tiefgrimmige Töne an; selten klang die Choruntermalung der Instrumentalfraktion dermaßen packend, selten gab es von den Nordmännern ein dermaßen erwachsen-ernstes, resignatives Stück zu hören.
Ein ganz kleiner Spannungsabfall ist bei 'Dragons' und 'One Must Fall' zu verzeichnen, ehe 'If The Story Is Over' mir komplett den Boden unter den Schuhen wegzieht, und zwar jedesmal wieder, auch heute, über zehn Jahre nach dem Release: tieftraurig, resigniert, ein Stück für ein Lebensende in Einsamkeit, ein letzter Hilferuf in ernüchterter, elegischer Klarheit. Und mit 'Nemesis' werden die Lichter ausgeblasen, ach was, wird das infernalische Feuer des Cover-Artworks so richtig entfacht! Wieso die vertonte Wanderschaft eines Propheten nicht zu einem ähnlich epischen Longtrack wie 'Visions' ausgebaut wurde, verstehe ich nicht ganz, aber auch in seiner Kompaktheit knallt dieser grimmige Rausschmiss durch die Bank und rundet das Gesamtbild eines absolut stimmigen, dichten, atmosphärisch herausragenden Albums ab.
Marcel und Marius teilen meine Euphorie nicht, doch auch ihre (Fehl-^^)Einstufung hindert "Nemesis" nicht am Erklimmen des fünften Platzes, womit es das am besten bewertete Werk der Post-Tolkki-Phase darstellt.
Platz 4 – "Episode" (1996)
Erneut vergeht nur ein Jahr zwischen zwei Veröffentlichungen, doch das fünfte STRATOVARIUS-Album kommt dem Durchbrechen der Schallmauer gleich. Angeblich aufgrund limitierter musikalischer Fertigkeiten wirft Tolkki die Ur-Mitglieder Lassila und Ikonen aus der Band und heuert Jörg Michael an der Schießbude sowie Jens Johansson an den Keyboards an. Und das Ergebnis ist tatsächlich ein musikalischer Quantensprung: Ab "Episode" besteht der Fünfer aus handwerklich durchweg herausragenden Könnern; gerade Jörg Michaels Schlagzeugspiel sucht im Genrevergleich seinesgleichen, ebenso glänzt der Schwede Johansson mit einer Virtuosität, die sich exakt mit Tolkkis Können an der Gitarre deckt, was beide in zahlreichen, bisweilen atemberaubenden Solo-Duellen bewiesen.
Produktionstechnisch wird ein bedeutender Schritt nach vorne vollzogen, kompositorisch erreicht Tolkki bereits beinahe den Zenit seines Schaffens, und "Episode" ist – meiner bescheidenen Meinung nach – zudem das erste STRATOVARIUS-Album, das als Ganzes, als durchgängig packendes Werk funktioniert. Zu Beginn das Ticken einer Uhr, ehe 'Father Time' einen mit entschlossenem Riffing, hochpräzisem, ultraschnellem Drumming und einem umwerfenden Chorus aus den Latschen fegt. 'Speed Of Light' zeigt dann namensgemäß die komplette Instrumentalfraktion, vor allem aber Tolkki in bestechender Form, mit 'Babylon' und 'Uncertainty' ist auch weiterhin der Mut zu etwas schrägen Tönen vorhanden, 'Tomorrow' ist Optimismus und Lebensfreude in Reinform, 'Forever' am Ende dann eine absolute Gänsehautballade und ein Klassiker der Rock-Geschichte. Mein Favorit ist allerdings das getragene, ausladende 'Night Time Eclipse', das so wunderbar wie es nur Finnen können die Atmosphäre einer langen Winternacht einzufangen vermag. Das ebenso schlichte wie mystische Coverartwork rundet diesen großartigen Langspieler ab.
"Episode" ist das erste von mehreren vollständig runden STRATOVARIUS-Alben und landet nur aufgrund weiterer Hochkaräter der Folgejahre nicht ganz an der Spitze des Diskografie-Rankings. Zweimal Platz 2 (von Marcel und mir) sowie Platz 4 von Rüdiger sind Zeichen des hohen Stellenwertes des 1996er Werkes; bei Jhonny und Hanne haben Michael und Johansson seinerzeit offenbar noch keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Platz 3 – "Infinite" (2000)
Das Millennium-Album von STRATOVARIUS ist einfach nur spektakulär; an allen Ecken versucht Tolkki noch einen draufzusetzen: bombastischerer Sound, höheres Tempo, mehr Gänsehaut, einfach mehr Power im Metal, aber definitiv auch mehr Kitsch als zuvor. Meiner Meinung nach markiert "Infinite" Höhe- und Wendepunkt im Schaffen Tolkkis, bei dem es nach dem weltweiten Erfolg des Albums und der ausgiebigen Tournee psychisch-gesundheitlich bergab ging.
Davor allerdings bescherte er uns auf "Infinite" gleich eine ganze Reihe an melodisch-metallischen Highlights: den Über-Ohrwurm 'Hunting High And Low', seither quasi DIE Live-Hymne der Band, das krachend-bretternde 'Phoenix', das schmachtende, aber noch gut erträgliche 'A Million Lightyears Away' sowie mit dem einfühlsamen, von Klavierklängen getragenen 'Mother Gaia' und dem bombastischen 'Infinity' zwei lange Nummern, bei denen einmal mehr Umweltzerstörung, Leid und Krieg thematisiert werden und STRATOVARIUS ein höheres Maß an Glaubwürdigkeit bescheren als die Fantasy-Epen vergleichbarer Bands. Das Album wurde live mit einer für damalige Verhältnisse und gemessen am Status der Band recht aufwändigen Pyro-, Licht- und Videoshow auf beeindruckende Weise umgesetzt. Ich durfte im April 2000 Zeuge des denkwürdigen Auftritts im Stuttgarter LKA werden, wo der Fünfer euphorisch abgefeiert wurde und gerade die Songs von "Infinite" durch die Bank weg zündeten. Besonders 'Phoenix', oder auch das beeindruckend bretternde 'Millennium' waren seinerzeit Garanten für Adrenalinwellen im Publikum.
Wen wundert es, dass "Infinite" auch redaktionsintern einen hohen Stellenwert genießt: Der dritte Platz im Gesamtranking, hauchdünn hinter "Destiny"; Platz eins und zwei bei Marcel und Hanne und zweimal Platz vier (bei Marius und mir).
Platz 2 – "Destiny" (1998)
Der Nachfolger des alles überragenden "Visions"-Albums hatte aufgrund der Strahlkraft seines Vorgängers und der Unmöglichkeit, die stilistische Ausrichtung (neoklassische Färbung, biblisch-düsteres Szenario) glaubwürdig aufzugreifen, keinen leichten Stand. Bei den Fans hat das 1998er Werk allerdings ebenfalls Klassikerstatus.
Diesmal eröffnete Tolkki, der das kompositorische Heft fest in der Hand hielt, seinen neuesten Streich mutigerweise direkt mit dem titelgebenden Longtrack, der mit einer wunderschönen, fast gehauchten Frauenstimme ansetzt, ehe die Instrumentalfraktion die einprägsame Melodie übernimmt. Und bereits bei diesem ausufernden, packenden Meisterstück über das menschliche Schicksal wird hörbar, dass STRATOVARIUS diesmal bewusst heavy-metallisch-klassischer unterwegs ist. Das Riffing, das Klangbild, alles ist schwerer, satter, sprichwörtlich metallischer als auf den Alben zuvor. '4000 Rainy Nights' ist eine Hard-Rock-Ballade wie sie im Buche steht; 'No Turning Back' und 'Rebel' liefern messerscharfe Gitarrenarbeit und 'Playing With Fire' sogar ein ungewöhnliches Gitarre-Keyboard-Thema mit VAN HALEN-Sound. Außerdem gibt es mit 'S.O.S.' noch eine flotte Hitsingle für muntere Live-Action.
Ich muss gestehen, dass ich "Destiny" persönlich trotz der Klasse des Titeltracks als nicht ganz so stark einordne; mit 'Years Go By', 'Anthem Of The World', aber auch 'No Turning Back' gibt es doch einige Nummern, die gerade bei den Refrains eher Durchschnittsware bieten; den Gesamteindruck biegt für mich am Ende noch der in Europa beigefügte Bonustrack 'Cold Winter Nights' gerade. Platz sechs in meiner Liste ist das Resultat. Die meisten meiner Kollegen sehen das allerdings anders und gehen eher mit der landläufigen Fan-Meinung kongruent; für Marius und Hanne ist "Destiny" sogar das persönliche STRATOVARIUS-Nr.1-Album.
Platz 1 – "Visions" (1997)
Mit "Visions" schuf Timo Tolkki ein durch die Bank perfektes melodisches Metal-Album, für meine Begriffe DAS maßgebliche Album für dieses Genre. Vier von uns sechsen vergaben entsprechend den ersten oder zweiten Rang dafür. Wie Tolkki hier neoklassische Elemente auf verblüffend natürliche Weise mit harten Klängen verband, wie die Cover- und Booklet-Gestaltung mit der düsteren Grundstimmung vieler Songs ineinandergreift, wie biblische Motive mit tragischen Chorklängen unter die Stahlsaitenklänge geflochten wurden, das war und ist einfach meisterhaft und bis heute kaum erreicht worden. Von den ersten Klängen des Albums bis zum letzten Ton, einfach nur ganz, ganz großes Kino!
Zunächst überrascht schon der Auftakt: Kein flotter Power-Metal-Galopp, sondern ein gleich einem Schmiedehammer gleichmäßig hämmerndes Schlagzeug mit satter Bass-Untermalung und leicht verstörendem Gitarren-Scratching bilden den Einstieg in 'Kiss Of Judas', das perfekt die grimmige Grundstimmung des Albums aufspannt. Anschließend gibt es mit 'Black Diamond' eine DER absoluten Live-Hymnen der Band, mit Johanssons Gänsehaut-Cembalo-Auftakt und der anschließenden Ohrwurm-Power-Metal-Attacke. Es setzt jede Menge starker Momente; ein beinahe euphorisches 'Forever Free', eine Ode an die Anhängerschaft namens 'Legions Of The Twilight', es gibt die aufwühlende Midtempo-Nummer 'The Abyss Of Your Eyes', das beste Keyboard- und Gitarrenduell aller Zeiten namens 'Holy Light' und einen weiteren flotten Gassenhauer, die Umweltschutzhymne 'Paradise'.
Und dann, ja dann kommen erst die beiden Stücke, mit denen Tolkki bei mir musikalisch beinahe gottgleichen Status erreicht hat: 'Coming Home' ist meiner Meinung nach die BESTE Ballade, die es im Metal jemals gegeben hat; einfach nur perfekt, zerbrechlich im Vers, sehnsüchtig in der Bridge und explosiv-überwältigend im Refrain, dazu natürlich noch ein absolutes Gänsehautsolo... Bereits an dieser Stelle würde ich die Band mit einer glatten 10/10 entlassen – aber sie hat ja noch mit 'Visions' den besten 10-Minüter aller Zeiten im Gepäck. Die Nostradamus-Offenbarung als Metal-Opus vertont, das ist bombastisch, das ist kinotauglich, der schönste Weltuntergang den ich je gehört habe.
Zwar nur knapp vor "Destiny", aber dennoch standesgemäß steht "Visions" an der Spitze unseres bandinternen Rankings. Von da oben grüßt es seit bald 30 Jahren in die Metal-Welt und inspirierte zahllose Nachfolger, die die Fahne des europäischen Power Metals hochhalten. An die Klasse der einstigen Könige der nordeuropäischen Allianz namens STRATOVARIUS, zumindest an die Klasse von "Visions" ist seither niemand mehr herangekommen.
40 Jahre, 16 Alben, und kein Ende in Sicht – die Reise mit STRATOVARIUS geht weiter, und mittlerweile bin ich ganz optimistisch, dass, trotz der mittlerweile reduzierten Schlagzahl an Releases, in zehn Jahren das 50. Bandjubiläum bestritten wird. Bis dahin kann ich euch wärmstens empfehlen, den einen oder anderen Klassiker der Strato-Diskografie wieder hervorzuholen. Vielleicht erlebt ihr ja auch den einen oder anderen Überraschungsmoment. Und hier noch unsere Einzel-Rankings im Überblick:
Marcel Rapp: 01. Infinite 02. Episode 03. Elements Pt.1 04. Destiny 05. Stratovarius 06. Elements Pt.2 07. Visions 08. Twilight Time 09. Dreamspace 10. Polaris 11. Survive 12. Nemesis 13. Elysium 14. Eternal 15. Fourth Dimension 16. Fright Night |
Timon Krause: 01. Visions 02. Episode 02. Nemesis 04. Infinite 05. Fourth Dimension 06. Destiny 07. Elysium 08. Survive 09. Polaris 10. Eternal 11. Elements Pt.2 12. Stratovarius 13. Elements Pt.1 14. Dreamspace 15. Twilight Time 16. Fright Night |
Jonathan Walzer: 01. Nemesis 02. Visions 03. Survive 04. Elements Pt.1 05. Infinite 06. Elysium 07. Elements Pt.2 08. Destiny 09. Polaris 10. Episode 11. Twilight Time 12. Fright Night 13. Stratovarius 14. Eternal 15. Fourth Dimension 16. Dreamspace |
Marius Lühring: 01. Destiny 02. Visions 03. Dreamspace 04. Infinite 05. Twilight Time 06. Fright Night 07. Episode 08. Survive 09. Elements Pt.1 10. Eternal 11. Fourth Dimension 12. Elements Pt.2 13. Polaris 14. Elysium 15. Nemesis 16. Stratovarius |
Rüdiger Stehle: 01. Fourth Dimension 02. Visions 03. Twilight Time 04. Episode 05. Destiny 06. Dreamspace 07. Elysium 08. Nemesis 09. Fright Night 10. Survive 11. Infinite 12. Polaris 13. Stratovarius 14. Eternal 15. Elements Pt.2 16. Elements Pt.1 |
Hanne Hämmer: 01. Destiny 02. Infinite 03. Elements Pt.1 04. Elysium 05. Nemesis 06. Polaris 07. Elements Pt.2 08. Visions 09. Fright Night 10. Fourth Dimension 11. Stratovarius 12. Episode 13. Eternal 14. Survive 15. Twilight Time 16. Dreamspace |
- Redakteur:
- Timon Krause