SWASHBUCKLE: Interview mit Admiral Nobeard
09.08.2009 | 22:10Die umstrittenen Thrash-Freibeuter zum vermeintlichen Piraten-Trend, zum Paganfest, zu den verblichenen Genrevätern, zum Sexappeal des Dreispitzes und zum Spaß an der Freude.
Mit ihrem zweiten Album "Back To The Noose", dem Debüt für Nuclear Blast Records, ernteten die Freizeit-Piraten aus New Jersey in unserem Soundcheck sehr wechselhafte Reaktionen, die sich scheinbar auch in der Szene allgemein bestätigen. Die einen haben ihre Freude an den dreschenden Party-Piraten von SWASHBUCKLE, während Szene-Puristen zu viel Nonsens und Karneval wittern. Ging das dem ollen Käpt'n Rolf dereinst anders? Nicht wesentlich. Da ich zu der Gruppe von Leuten gehöre, die an der Mucke der amerikanischen Freibeuter ihren Spaß haben, bat ich den durchaus bärtigen Admiral Nobeard um eine Audienz, die mir gewährt wurde.
Rüdiger Stehle:
Bei uns in der Redaktion wurdet ihr ja recht zwiespältig aufgenommen. Auf der einen Seite meine neun Punkte im Einzelreview, andererseits aber auch vier Noten im Soundcheck im Sechser-Bereich. Da drängt sich die Frage auf, welche Art von Feedback denn bisher allgemein so an eure Ohren gedrungen ist. Und woran liegen die kontroversen Reaktionen?
Admiral Nobeard:
Unser Album hat mehrheitlich gute Reviews bekommen, aber auch ein paar negative. Daran sind wir gewöhnt. Es gibt immer Leute, die das, was du tust, lieben oder hassen. Manche stehen total auf die Musik und lieben die Thematik und das Image, das wir haben, während andere das überhaupt nicht abkönnen und uns allein deswegen schlecht machen. Manche denken, dass wir ALESTORM oder RUNNING WILD kopieren, obwohl wir das gar nicht tun. Wir klingen kein bisschen wie die beiden Bands. Klar, das Piratenimage ist eben besetzt: RUNNING WILD haben es zuerst getan. Das heißt aber nicht, dass wir das nicht auf eine andere Ebene bringen können.
Im Underground wittern manche Leute nun schon den Piraten-Trend, weil hinter euch und ALESTORM größere Labels stehen. Dazu kommt der Erfolg der "Fluch der Karibik"-Filme. Wie reagiert ihr auf den Vorwurf der Trendreiterei?
Admiral Nobeard:
Wenn die Leute das so sehen wollen, dann sollen sie. Wir machen einfach weiter und schreiben Platten und spielen Tourneen, weil es uns Spaß macht.
Rüdiger:
Ich glaube auch nicht, dass man hier schon von einem Trend reden kann. Es gibt insgesamt drei aktive "Piratenbands", von denen eine am vergangenen Wochenende in Wacken endgültig die Segel gestrichen hat und die anderen sich stilistisch total unterscheiden. Siehst du selber einen Trend kommen, wie es mit den satanistischen und heidnischen Themen geschehen ist, oder bleiben die Piraten ein kleines Häufchen?
Admiral Nobeard:
Ich glaube, es wird bei einer kleinen Zahl bleiben. Wenn man sieht, wie viel Flakfeuer auf uns und ALESTORM gerichtet wird, werden es die meisten Leute wohl meiden, sich einen Dreispitz aufzusetzen und Songs über das Befahren der Meere zu spielen. Wir machen das aus Gier nach Bestrafung. Außerdem machen uns die Dreispitze verdammt sexy. Yuk-yuk-yuk.
Rüdiger:
Musikalisch würde ich mich mal aus dem Bullauge lehnen und eure Einflüsse bei thrashigen Punks und punkigen Thrashern wie TANKARD, ANTHRAX, S.O.D. oder späten THE EXPLOITED suchen. Ein Spritzer Grindcore und die eine oder andere Shanty-Melodie. Passt das, oder musst du mich da korrigieren?
Admiral Nobeard:
Nö, da hast du den Nagel schon ziemlich auf den Kopf getroffen. New Jersey ist sehr stark Punk- und Hardcore-orientiert. Das hat einen Einfluss darauf, wie wir unsere Songs schreiben. Ich stehe außerdem auf Grindcore, Thrash und Death Metal, seit ich mich für Metal interessiere, also spiegelt sich das in den Songs wider, die ich schreibe.
Rüdiger:
Wer im Metal unter der Piratenflagge segelt, der wird mit Sicherheit schon mit Vergleichen zu den deutschen Piraterie-Veteranen von RUNNING WILD konfrontiert worden sein. Was fällt dir zu Käpt'n Rolf und seinen Seeleuten ein? Und zur Abschiedsshow in Wacken, wo ihr die Bühne teilen werdet?
Admiral Nobeard:
RUNNING WILD war eine der ersten deutschen Metalbands, die mich begeistert hat. Zusammen mit KREATOR und SODOM. Es wäre also ungerecht zu sagen, dass ich nicht deren Fan sei. "Death Or Glory" ist eines meiner Lieblingsalben von ihnen. Zusammen mit "Pile Of Skulls", "Under Jolly Roger" und "Black Hand Inn". Es ist toll, dass sie dreißig Jahre lang das Piratenthema gepflegt und Platten veröffentlicht haben. Also ist es ziemlich traurig, dass sie jetzt aufhören. Aber es ist auf jeden Fall eine Ehre, auf demselben Festival zu spielen wie sie. Die Enttäuschung dabei ist allerdings, dass wir so nie mehr die Chance haben werden, mit ihnen zu touren. Das wäre sicher toll geworden.
Rüdiger:
Ihr habt ja zusammen mit Bands wie KORPIKLAANI, ELUVEITIE und PRIMORDIAL die Paganfest-Tour gespielt. Wie fandet ihr die Zusammenstellung? Konntet ihr jenes Publikum mit eurem Sound und euren Storys erreichen, oder wart ihr hier das schwarze Schaf?
Admiral Nobeard:
Es ist uns egal, ob wir das schwarze Schaf sind. Wir machen das, weil wir gerne spielen und Spaß mit den Fans haben.
Eure Co-Piraten von ALESTORM sind ja auch öfters mit Pagan-Bands unterwegs und auch auf einem entsprechenden Label. Die sind musikalisch auch näher dran als ihr. Was hältst du von denen?
Admiral Nobeard:
ALESTORM sind verdammt witzige Jungs. Sie passen besser zur Pagan-Szene als wir, weil wir ja auch keine Pagan-Band sind. Das haben wir auch nie behauptet. Man hat uns den Slot auf der Paganfest-Tour angeboten, und wir haben angenommen, weil es Spaß macht, vor einem anderen Publikum und zusammen mit tollen anderen Bands zu spielen.
Zu eurem neuen Album: Es kommt selten vor, dass eine Band akustische und folkloristische Einschübe und Einleitungen mit ziemlich brutalem, punkigem und corelastigem Thrash Metal verbindet. Wie seid ihr auf diese doch recht eigenwillige Kombination gekommen? Der durchschnittliche Fan von NAPALM DEATH oder S.O.D. wird wohl kaum auf Sachen abfahren, die ihn nur entfernt an einen Shanty, ein Hörbuch oder eine Akustikgitarre erinnern.
Admiral Nobeard:
Nun, ich bin ein durchschnittlicher Fan von NAPALM DEATH und S.O.D., und ich mag die Shantys und die Hörbuch-Einlagen. Wir wollten von Anfang an Thrash Metal spielen und auch akustische Sachen machen. Darauf stehen wir, das schreiben wir gerne, das läuft uns gut rein. So einfach ist es: Wir mögen die Songs, wie wir sie schreiben. Eine andere Erklärung gibt es nicht.
Rüdiger:
Gibt es ein Konzept hinter eurem Album oder innerhalb der Songs, oder ist das Piratenthema der einzige lose Zusammenhang?
Es gibt eine sehr lose Story, die sich gegen Ende der Scheibe zu einem Konzept ausformt. Wir haben das Album so aufgebaut, dass es die Geschichte eines Piratenlebens erzählt und mit dem sprichwörtlichen Knall endet. Aber der Hörer kann das Album auch anhören, ohne einer Storyline folgen zu müssen.
Rüdiger:
Woher habt ihr die Inspirationen für die Zwischenspiele? Zitate, Samples ...?
Admiral Nobeard:
Das kommt alles aus unserer zurückgebliebenen Vorstellungswelt. Wir haben nichts aus Filmen oder Romanen geklaut. Wir haben einfach Piraten-Sprüche geklopft und äußersten Blödsinn verzapft.
Rüdiger:
Ihr habt 2005 angefangen, zu einer Zeit als Piratenfilme - mal wieder - sehr populär waren. Hat euch die "Fluch der Karibik"-Trilogie inspiriert, oder sind die Wurzeln eurer Leidenschaft älter?
Commodore RedRum ist ein Fan der Filme. Mich jucken die nicht die Bohne. Das Image ist einfach das grundlegende Piratenimage mit unserem eigenen, kranken und dementen Dreh. Wir haben einige ziemlich lächerliche Vorstellungen, und das schlägt sich in unserem Schaffen nieder.
Rüdiger:
Kannst du irgendwelche Piratenfilme empfehlen?
Admiral Nobeard:
"The Goonies", "Yellowbeard" (="Dotterbart"), "Pirates 2: Stagnetti's Revenge"
Rüdiger:
Und deine fünf Lieblingssongs mit Piratenthema?
Admiral Nobeard:
RUNNING WILD 'Riding The Storm' & 'Conquistadores'
ENGORGED 'Skull And Crossbones'
WHIPLASH 'Walk The Plank'
ALESTORM 'Heavy Metal Pirates'
Was sind eure Pläne für die kommenden Monate?
Admiral Nobeard:
Wir werden die Paganfest-Tour in Europa mitfahren. Mehr Tourdates werden folgen. Haltet also mit euren trüben Augen Ausschau nach dem Horizont, ob ihr unsere schwarze Flagge sehen könnt. Ich arbeite außerdem am Material für unsere nächste Scheibe und bereite alles für die folgenden Touren vor. Ihr werdet also in der näheren Zukunft noch einiges von uns drei Piraten hören.
Abschließende Worte, Herr Admiral?
Admiral Nobeard:
Holt euch "Back To The Noose" im Laden, gebt uns beim Paganfest im September eine Chance und seid vorbereitet für den Ruhm der Metal-Piraterie! Avast!
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle