Stoner Rock Is Where You Are! Ein Rückblick auf das psychedelische Rockjahr 2012.

15.01.2013 | 11:53

2013 hat gerade begonnen, es wird also Zeit, auch auf das letzte Jahr in die Katakomben und auf die Blumenwiesen der ausufernden Rockmusik zurückzublicken oder zurückzuhören. Was hat sich in den Weiten der Psychedelik getan? Wer ist im Doom besonders eindrucksvoll tiefgestimmt gewesen? Welche sogenannten Stonerrocker sind besonders aufgefallen? Lassen die Sludger die Welt immer noch nicht in Ruhe?

2013 hat gerade begonnen, es wird also Zeit, auch auf das letzte Jahr in die Katakomben und auf die Blumenwiesen der ausufernden Rockmusik zurückzublicken oder zurückzuhören. Was hat sich in den Weiten der Psychedelik getan? Wer ist im Doom besonders eindrucksvoll tiefgestimmt gewesen? Welche sogenannten Stonerrocker sind besonders aufgefallen? Lassen die Sludger die Welt immer noch nicht in Ruhe? Zunächst ist festzustellen, dass sich auch bei uns bei powermetal.de die Anwesenheit  dieser Genres ständig erhöht. Bands mit doomigen, laaaangeseeehnten Parts landen regelmäßig auf vorderen Platzierungen, ausschließlich instrumental agierende Truppen erfreuen sich immer mehr größerer Beliebtheit. Spannend ist zudem, wie es immer mehr Künstler verstehen, diverse Unter-Arten des Sektors zu verknüpfen. Postrockkflächen werden von Kreischattacken und zum Teil Black Metal-Sprengseln abgelöst, der Begriff Doom Metal wird gerade so weitläufig interpretiert wie nie zuvor.
Auf der anderen Seite gibt es auch einen Trend zu beobachten, der –wenn mann und frau das so sehen möchte – rückwärtsgewandt ist. Mit den Begriffen Protometal oder Retrorock können heute viele Interessierte etwas anfangen. Vielfalt parallel zum Purismus, zum Blues, zum einfachst gespielten Nachvornerock mit „echtem“ unverstelltem Gesang. Vor allem mal wieder Schweden, die Amis und auch die druidennahen Engländer sind in dem zweiten Bereich tonführend, sehen wir da mal auf BLACK PYRAMID, CONAN, ALUNAH, ORCHID, THE SWORD, RIVAL SONS oder HORISONT. Diese Liste ist lang.
Es folgen zwei Einschränkungen, eher Erweiterungen. Zum einen entwickelt sich Berlin zunehmend zum Zentrum dieser Spielarten, wenn hier an KADAVAR, HEAT oder auch das SAMSARA BLUES EXPERIENCE erinnert wird. Volle, übervolle Clubs, und eine sehr dynamische, aber stetige Clublandschaft gibt es hier, die leider wieder mit einer ganzen Menge an Schließungen und Einschränkungen zu kämpfen hat. Beispielhaft sei hier das nicht mehr existente Red Rooster zu nennen. Mit dem Kulturhaus Nürnberg hat 2012 leider ein weiterer ausgewiesener Szene-Club die Pforte geschlossen, welches Schicksal zum Beispiel auch die Rockstation in Halle an der Saale leider teilen musste. Bei allen waren behördliche Probleme oder anstehende irre Bauvorhaben die Gründe. Lichtblicke sind natürlich, dass sich direkt im Anschluss an den Orten andere viel versprechende Räumlichkeiten etablieren konnten. Die Berliner Jägerklause, das Hallenser Hühnermanhattan, das Nürnberger … auch der kleine Potsdamer Nil-Club und das altehrwürdige Leipziger UT Connewitz und das Bandhaus, das Erfurter , Jena,  sind Anlaufpunkte, deren Besuch hiermit energisch empfohlen wird. Das ausverkaufte Desert Fest, welches 2012 neben der Londoner Version in Berlin zum ersten Mal stattfand, zeigt aber das stabile und wachsende Interesse an den Bands.
Die zweite Richtung, die zunehmend an Fahrt gewinnt, ist die steigende Anzahl weiblicher Frontfrauen und Sängerinnen: JEX TOTH, ALUNAH, ROYAL THUNDER und manchmal auch SIENA ROOT stehen hier und prägen mit ihrer Musik mehr und mehr die Bühnenpräsenz in diesem von Männern dominierten Musiker-Sektor. Gibt es die sehr große Menge weiblicher Fans und Konzertbesucherinnen wegen dieser ansteigenden Quote von Künstlerinnen, wegen des entspannten Männeranteils, wegen der Vielfältigkeit der Musik insgesamt oder wirkt sich das ausgesprochen friedliche Miteinander in der Szene so attraktiv aus? Solche und weitere Fragen können hier rundum gefragt werden, stellen schon sie allein die Individualität des Stonerrock-Postrock-Doom-Genres heraus. Neben den bereits bekannten Zentren gibt es eine ganze Reihe von Bands aus– nennen wir sie Schwellenländer – die sich vor allem durch Blogs oder Festivals vernetzen und präsentieren können: Argentinien, Chile, Australien, Polen, Japan, die Ukraine, Russland, Frankreich, Spanien, Italien, Kroatien, Serbien, Griechenland, Dänemark, Norwegen - die Liste ist erfreulich lang und wird täglich länger. Eine ideal ausgelebte Globalisierung.
Logisch folgerichtig ist die Organisation von in diesem Sinne multikulturellen Festivals, wo instrumentalem Jam-Rock aus  Rumänen spanischer Postrock folgt, der dann von Retro- Japanern abgelöst wird, bevor ein italienisches Boogieblus-Duo abgefeiert wird. Zu den herausragendsten Events dieser Art zählt das Stoned From The Underground jeweils am ersten Juliwochenende des Jahres. In der Nähe von Erfurt, idyllisch gelegen, kann hier nach Belieben lauthals in die Thüringer Hügellandschaft gelärmt und gegammelt werden. Wir von powermetal.de mitpräsentieren das Fest bereits seit einigen Jahren, sind von seinem Habitus immer wieder neu begeistert und werden nach dem wiederholten Erfolg von 2012 auch 2013 wieder vor Ort sein.
Das Roadburn-Festival im niederländischen Tilburg ist innerhalb von zwei Tagen ausverkauft, weitere  Szenetreffs wie das erwähnte Desert Fest, das belgische Yellowstock, das kleinere brandenburgische Sout Of Mainstream jeweils am ersten Septemberwochenende, das kleinfeine Blue Moon Fest in Cottbus jeweils Anfang Oktober, auch die UP IN SMOKE –Touren sind weitere Brennpunkte. Auf brandenburgischen Gewässern wie der Havel oder dem Arendtsee schippern gecharterte Ausflugschiffe, in dessen Bäuchen Breitwandbands aufspielen. Jahresübergreifend vergeht aber keine Woche, dass nicht irgendwo in unserem Lesegebiet eine interessante Neuentdeckung oder die Größen der Szene aufspielen.
Apropos Neuentdeckungen: Typisch ist im Bereich des fuzztrockenen Handwerks, dass es jedes Jahr Musikkapellen gibt, die die Prädikate„Gewinner des Jahres“ einheimsen können. Und das geht so: nach ein paar von vielen empfohlenen Auftritten folgt eine EP oder ein Album, die intensiv betourt werden, die eindrucksvollen Live-Erfahrungen der Leute werden auf Festivals oder auf Szeneblogs und speziellen Sozialnetzwerkseiten mündlichschriftlich überliefert und ähnlich der Logik eines Hypes können sich die Betroffenen dann das bedeutsame Prädikat anheften. Immer wichtig ist die wahrnehmbare Live-Haftigkeit, die Authentizität und Spielfreude, die sich insbesondere bei den Besuchern der genannten Festivals beobachten lässt. Nachdem 2010 UFOMAMMUT, LONELY KAMEL, THE MACHINE oder SUMA herausragend agierten, folgten 2011 die Holländer SUNGRAZER, die WHITE HILLS oder die Elfenbrigade JEX THOT. Im letzten Jahr 2012 sind vor allem die Über-Durchstarter KADAVAR; die Franzosen von MARS RED SKY und GLOWSUN, auch die fleißigen BEEHOOVER und die durchgeschepperten Schweißermaskenträger THE CYBORGS aufgefallen. Alle genannten Bands haben zwischenzeitlich frisches Material produziert und werden auch 2013 unterwegs sein. Testen lohnt sich, lest die Rezensionen auf unserer Webseite!
Dazu stoßen regelmäßig höchst agile alte Säcke wie THE OBSESSED, SAINT VITUS, CROWBAR, EYEHATEGOD, MONSTER MAGNET, SONS OF OTIS durch die Nebelwände der Festivalbühnen. Als vor zwei Jahren KYUSS LIVES! auf ihre Nachspieltour gingen, konnten zwar viele gierige Leute endlich die altbekannten tausende Male gehörte Stücke dieser Genregründer endlich live erleben, aber auch einzelne Stimmen von „Ausverkauf“ schimpfen. Immer griffig und spannend ist die Mixtur aus Silberrücken und Jungspunden, die sich relaxt an den Mikrophonen abwechseln. So hatte das SFTU 2012 wiederholt ein überaus abwechslungsreiches Programm zusammengebucht, weil die altgedienten Euphoriebriten von ORANGE GOBLIN oder die Statuen SAINT VITUS von Neuankömmlingen wie ARENNA etc. flankiert wurden. Sogar die Schwarzpinnen von TITO & TARANTULA spielten einen Exklusivgig. Auch wer sich als Szenekenner fühlt, wird sich alljährlich vom Booking der Thüringer überraschen lassen müssen. Während die vielen Freiwilligen, die dieses Szenefest möglich machen, gerade die Boxen der Hauptbühne einpacken, ist das Erfurter Team allabendlich dazu übergegangen, im kleineren Festzelt, spezielleren und unbekannteren Bands die Chance zu geben, die weitere Nacht zu gestalten. Ein geschickter Schachzug, wie sich herausstellte, THE CYBORGS, BEEHOOVER und NEUME konnten viele Punkte sammeln und formidable Auftritte abliefern.
Außerdem hat eine weitere Veränderung Einzug gehalten: der klassische Festivalrhythmus Freitagsanreise, Samstagabsturz, Sonntagswundenlecken ist nun um den Ich-kann-es-nicht-mehr-erwarten-Donnerstag erweitert worden. Ein Großteil der vorher bereits verkauften Gesamtkarten-Besitzer taucht bereits im Laufe des vorwochenendlichen Donnerstags auf, richtet sich häuslich-zeltlich-caravanig ein, geht im steinwurfentfernten See baden und kann des abends bereits kostenlos auf das Festivalgelände und sich die ersten Bands zuführen. Wahrscheinlich wäre das SFTU schon ein Wochen-Festival, wenn ein Sommerfest nicht auch so Kräfte zehrend wäre. Apropos: 2012 war es letztendlich abenteuerlich, vom völlig verschlammten Zeltplatz hinunter zukommen, zwei Tage Regen war dann für viele vollbesetzten Karren doch eine Herausforderung. Solidarisch aber klebten an jedem Gestrandeten automatisch mehrere Anschieber. Gut so.
Diesen Dreieinhalbtagemodus hat übrigens 2012 auch das South Of –Mainstream –Festival im westmärkischen Stolzenhain eingeführt. Hier brannten Bands wie STINKING LIZAVETA, WHALERIDER, OBBELYSKH, ANTLERED MAN ihre Fackeln ab, ist der musikalische Ansatz also etwas diffiziler und noisig-vertrackter als auf den Treffen, die den Stonerrock zum Zentrum haben. Hier dürfen auch mal Randgruppen ihre Kunst anbieten. Den zweijährigen Rhythmus wird die Mannschaft um Andreas Kohl beibehalten, glücklicherweise hat sich nun auch dieses Kleinod eines Spezialfestivals fest etabliert.
Einen anderen Ansatz verfolgt das Desert Fest in Berlin, dessen Setliste sich wie das Who is Who? des Sektors gelesen hat: AMPLIFIER, LONELY  KAMEL, TRUCKFIGHTERS, … gaben sich an den beiden ausverkauften Tagen die Kabel in die Hände, wer einen umfassenden Überblick über den Stand der gegenwärtigen Szene erhalten möchte, sollte hier zukünftig getrost anwesend sein. Mann und Frau muss aber auch mit einer Exklusivität leben: Fast eine Unmöglichkeit ist es, an Karten für das Roadburn-Festival und das Abenteuer des Duna Jam zu gelangen, da die spezielle familiäre Atmosphäre sehr schnell im Voraus sehr viele Anfragen bedingt. Entweder es gibt wie für den bestens beschallten Strandurlaub in Sardinien ein Anmeldungs- und Auswahlsystem per Mail. Wenn mann und frau den genauen Vorverkaufsstart für die drei tollen Tage in Tilburg verpasst hat, muss es im nächsten Jahr wiederversucht werden. Auch für die „deutschen Festivals“ und Geselligkeiten kann es zu Kartenknappheiten kommen. So erging es auch dem SFTU vor zwei Jahren, als das Programm kurzfristig noch um KUYSS LIVES!, BRANT BJORK und KARMA TO BURN aufgestockt wurde. Abendkartenwillige sahen sich leider einem ausverkauften Festival gegenüber. Alle Veranstalter haben jedoch ein jeweils aktuelles Frühmeldesystem auf ihren Webseiten oder informieren zeitnah mit ihren Newslettern.
Charakteristisch für diese gut vernetzte Rockszene ist ein zunehmend ausgebautes Heruntertrimmen: für deftigen psychedelischen Krach reichen heute zwei Gestalten: ein Krakendrummer und wahlweise ein Bassist oder Gitarrist. KHUDA, BLACK COBRA, SCHNAAK, NEUME oder die HOTEL WRECKING CITY TRADERS, auch BEEHOOVER und THE CYBORGS stehen für diese Tendenz zum Duo. Vielfach wird rein instrumental gewerkelt, GRANDLOOM, KERRETTA, KARMA TO BURN, SWITCHBLADE, BEELZEBONG, …
Das birgt für die Musiker die Chance, sich intensiv auszuprobieren und dadurch mehrheitlich fesselnde und spannende Songstrukturen zu bauen. Die gerade erwähnten Polen BEELZEBONG zum Beispiel haben mit ihrem wütenden Set das Cottbuser Blue Moon Festival 2012 geprägt, durch den giftgrünen Qualm wurde das gesamte Chekov zum Erzittern gebracht. Vieles spricht dafür, dass sich dieses Herbsttreffen als e weiterer Szenetreffpunkt etabliert. Streift man bei all diesen Jahreshöhepunkten des Stonerrockjahres über die Parkplätze, so fällt ein weitläufiges, deutschlandweites Einzugsgebiet auf, teilweise werden die Nummernschilder immer internationaler. Wir trafen umgängliche Polen, schwatzhafte Schweizer, nimmermüde Österreicher, entspannte Holländer, euphorische Spanier.
Immer wieder wird der geliebte charakteristische bassorientierte Sound von jungen Bands reproduziert und weiterentwickelt. Das ist ein Spiegel für die Zusammensetzung des Publikums: Die Doomer und Stoner können nicht auf ein Alter eingeschränkt werden, jedes Jahr tauchen neue frische Gesichter auf, integrieren sich wie selbstverständlich in den umherstehenden Gruppen psychedelischer Zauselbärte, die teilweise ihre gesamten Plattensammlungen mitführen um 6 Uhr in der Früh stolzgebrüstet ihre dunkelviolette japanische Sonderpressung einer Peruanischen Psychplatte von 1973 präsentieren
Eines freilich verbindet alle: es ist laut, es ist lange laut, es ist pausenlos Gewimmel, dabei gibt es keinerlei Gewalttätigkeiten, allen Festivals ist eine ausgesprochen gepflegte, familiäre und bierselige Atmosphäre gemeinsam. Auf ein aufregendes, zugedröhntes, überraschendes und spannendes Stoner-Doom-Psychedelic-Jahr 2013!
Zunächst ist festzustellen, dass sich auch bei uns bei POWERMETAL.de die Anwesenheit dieser Genres ständig erhöht. Bands mit doomigen, laaaangeseeehnten Parts landen regelmäßig auf vorderen Platzierungen im Soundcheck, ausschließlich instrumental agierende Truppen erfreuen sich immer mehr größerer Beliebtheit. Spannend ist zudem, wie es immer mehr Künstler verstehen, diverse Unterarten des Sektors zu verknüpfen. Post-Rock-Flächen werden von Kreischattacken und zum Teil Black-Metal-Sprengseln abgelöst, der Begriff Doom Metal wird gerade so weitläufig interpretiert wie nie zuvor.

Auf der anderen Seite gibt es auch einen Trend zu beobachten, der – wenn Mann und Frau das so sehen möchte – rückwärtsgewandt ist. Mit den Begriffen Protometal oder Retrorock können heute viele Interessierte etwas anfangen. Vielfalt parallel zum Purismus, zum Blues, zum einfachst gespielten Nachvornerock mit "echtem", unverstelltem Gesang. Vor allem mal wieder Schweden, die Amis und auch die druidennahen Engländer sind in dem zweiten Bereich tonführend, sehen wir da mal auf BLACK PYRAMID, CONAN, ALUNAH, ORCHID, THE SWORD, RIVAL SONS oder HORISONT. Diese Liste muss viel länger sein.

Es folgen zwei Einschränkungen, oder eher Erweiterungen. Zum einen entwickelt sich Berlin zunehmend zum Zentrum dieser Spielarten, wenn hier an KADAVAR, HEAT oder auch das SAMSARA BLUES EXPERIMENT erinnert wird. Volle, übervolle Clubs, und eine sehr dynamische, aber stetige Clublandschaft gibt es hier, die leider wieder mit einer ganzen Menge an Schließungen und Einschränkungen zu kämpfen hat. Beispielhaft sei hier das extrem angefeindete Red Rooster zu nennen. Auch der Kunstverein Nürnberg hatte 2012 leider anhaltende Bestandsprobleme, welches Schicksal zum Beispiel die nun letztlich geschlossene Rockstation in Halle an der Saale leider teilen musste. Bei allen waren behördliche Probleme oder anstehende irre Bauvorhaben die Gründe. Lichtblicke sind natürlich, dass sich direkt im Anschluss an den Orten andere viel versprechende Räumlichkeiten etablieren konnten. Die Berliner Jägerklause, das Hallenser Hühnermanhattan, das Nürnberger Hirsch, auch der kleine Potsdamer Nil-Club und das altehrwürdige Leipziger UT Connewitz und das Bandhaus, der Erfurter Museumskeller, das Cafe Central in Weinheim, das Alhambra in Luckenwalde oder die Garage in Saarbrücken sind Anlaufpunkte, deren Besuch hiermit energisch empfohlen wird. Auch diese Liste stellt natürlich nur einen kleinen Auszug dar.
Das ausverkaufte Desert Fest, welches 2012 neben der Londoner Version in Berlin stattfand, zeigt aber das stabile und weiter anwachsende Interesse an den Bands dieser Farbe.

Die zweite Richtung, die zunehmend an Fahrt gewinnt, ist die steigende Anzahl weiblicher Frontfrauen und Sängerinnen: JEX TOTH, ALUNAH, ROYAL THUNDER und manchmal auch SIENA ROOT stehen hier und prägen mit ihrer Musik mehr und mehr die Bühnenpräsenz in diesem von Männern dominierten Musiker-Sektor. Gibt es die sehr große Menge weiblicher Fans und Konzertbesucherinnen wegen dieser ansteigenden Quote von Künstlerinnen, wegen des entspannten Männeranteils, wegen der Vielfältigkeit der Musik insgesamt oder wirkt sich das ausgesprochen friedliche Miteinander in der Szene so attraktiv aus? Solche und weitere Fragen können hier rundum gefragt werden, stellen schon sie allein die Individualität des Stonerrock-Postrock-Doom-Genres heraus.

Neben den bereits bekannten Zentren gibt es eine ganze Reihe von Bands aus – nennen wir sie Schwellenländer – die sich vor allem durch Blogs oder Festivals vernetzen und präsentieren können: Argentinien, Chile, Australien, Polen, Japan, die Ukraine, Russland, Frankreich, Spanien, Italien, Kroatien, Serbien, Griechenland, Dänemark, Norwegen - die Liste ist erfreulich lang und wird täglich länger. Eine ideal ausgelebte Globalisierung. Logisch folgerichtig ist die Organisation von in diesem Sinne multikulturellen Festivals, wo instrumentalem Jam-Rock aus Rumänen spanischer Post Rock folgt, der dann von Retro-Japanern abgelöst wird, bevor ein italienisches Boogieblues-Duo abgefeiert wird.

Zu den herausragendsten Events dieser Art zählt das Stoned From The Underground jeweils am ersten Juliwochenende des Jahres. In der Nähe von Erfurt, idyllisch gelegen, kann hier nach Belieben lauthals in die Thüringer Hügellandschaft gelärmt und gegammelt werden. Wir von POWERMETAL.de mitpräsentieren das Fest bereits seit einigen Jahren, sind von seinem Habitus immer wieder neu begeistert und werden nach dem wiederholten Erfolg von 2012 auch am 11.07.2013 bis zum 13.07.2013 wieder vor Ort sein.
Das Roadburn-Festival im niederländischen Tilburg ist innerhalb von zwei Tagen ausverkauft, weitere Szenetreffs wie das erwähnte Berliner Desert Fest, das belgische Yellowstock, das kleinere brandenburgische South Of Mainstream jeweils am ersten Septemberwochenende, das kleinfeine Blue Moon Fest in Cottbus jeweils Anfang Oktober, auch die UP IN SMOKE–Touren sind weitere Brennpunkte. Auf Ost-Binnen-Gewässern wie der Havel oder dem Arendsee schippern gecharterte Ausflugschiffe, in dessen Bäuchen Breitwandbands aufspielen. Jahresübergreifend vergeht aber keine Woche, dass nicht irgendwo in unserem Lesegebiet eine interessante Neuentdeckung oder die Größen der Szene aufspielen.

Apropos Neuentdeckungen: Typisch ist im Bereich des fuzztrockenen Handwerks, dass es jedes Jahr Musikkapellen gibt, die die Prädikate "Gewinner des Jahres" einheimsen können. Und das geht so: Nach ein paar von Vielen empfohlenen Auftritten folgt eine EP oder ein Album, die intensiv betourt werden, die eindrucksvollen Live-Erfahrungen der Leute werden auf Festivals oder auf Szeneblogs und speziellen Sozialnetzwerkseiten mündlichschriftlich überliefert und ähnlich der Logik eines Hypes können sich die Betroffenen dann das bedeutsame Prädikat anheften. Immer wichtig ist die wahrnehmbare Live-Haftigkeit, die Authentizität und Spielfreude, die sich insbesondere bei den Besuchern der genannten Festivals beobachten lässt. Nachdem 2010 UFOMAMMUT, LONELY KAMEL, THE MACHINE oder SUMA herausragend agierten, folgten 2011 die Holländer SUNGRAZER, die WHITE HILLS oder die Elfenbrigade JEX THOTH. Im letzten Jahr 2012 sind vor allem die Über-Durchstarter KADAVAR, die Franzosen von MARS RED SKY und GLOWSUN, auch die fleißigen BEEHOOVER und die durchgeschepperten Schweißermaskenträger THE CYBORGS aufgefallen. Alle genannten Bands haben zwischenzeitlich frisches Material produziert und werden auch 2013 unterwegs sein. Testen lohnt sich, lest die Rezensionen auf unserer Webseite!

Dazu stoßen regelmäßig höchst agile alte Säcke wie THE OBSESSED, SAINT VITUS, CROWBAR, EYEHATEGOD, MONSTER MAGNET, SONS OF OTIS durch die Nebelwände der Festivalbühnen. Als vor zwei Jahren KYUSS LIVES! auf ihre Nachspieltour gingen, konnten zwar viele gierige Leute endlich die altbekannten, tausende Male gehörten Stücke dieser Genregründer endlich live erleben, aber auch einzelne Stimmen von "Ausverkauf" schimpfen. Immer griffig und spannend ist die Mixtur aus Silberrücken und Jungspunden, die sich relaxt an den Mikrophonen abwechseln. So hatte das SFTU 2012 wiederholt ein überaus abwechslungsreiches Programm zusammengebucht, weil die altgedienten Euphoriebriten von ORANGE GOBLIN oder die Statuen SAINT VITUS von Neuankömmlingen wie ARENNA etc. flankiert wurden. Sogar die Schwarzspinnen von TITO & TARANTULA spielten einen Exklusivgig. Auch wer sich als Szenekenner fühlt, wird sich alljährlich vom Booking der Thüringer überraschen lassen müssen. Während die vielen Freiwilligen, die dieses Szenefest möglich machen, gerade die Boxen der Hauptbühne einpacken, ist das Erfurter Team allabendlich dazu übergegangen, im kleineren Festzelt, spezielleren und unbekannteren Bands die Chance zu geben, die weitere Nacht zu gestalten. Ein geschickter Schachzug, wie sich herausstellte, THE CYBORGS, BEEHOOVER und NEUME konnten viele Punkte sammeln und formidable Auftritte abliefern.

Außerdem hat eine weitere Veränderung Einzug gehalten: Der klassische Festivalrhythmus Freitagsanreise, Samstagabsturz, Sonntagswundenlecken ist nun um den Ich-kann-es-nicht-mehr-erwarten-Donnerstag erweitert worden. Ein Großteil der vorher bereits verkauften Gesamtkarten-Besitzer taucht bereits im Laufe des vorwochenendlichen Donnerstags auf, richtet sich häuslich-zeltlich-caravanig ein, geht im steinwurfentfernten See baden und kann des Abends bereits kostenlos auf das Festivalgelände und sich die ersten Bands zuführen. Wahrscheinlich wäre das SFTU schon ein Wochen-Festival, wenn ein Sommerfest nicht auch so Kräfte zehrend wäre. Apropos: 2012 war es letztendlich abenteuerlich, vom völlig verschlammten Zeltplatz hinunter zukommen, zwei Tage Regen war dann für viele vollbesetzten Karren doch eine Herausforderung. Solidarisch aber klebten an jedem Gestrandeten automatisch mehrere Anschieber. Gut so. Redakteur Stephan Voigtländer hat hier ebenfalls seine Eindrücke geschildert.
Diesen Dreieinhalbtagemodus hat übrigens 2012 auch das South Of Mainstream–Festival im westmärkischen Stolzenhain eingeführt. Hier brannten Bands wie STINKING LIZAVETA, WHALERIDER, OBBELYSKH, ANTLERED MAN ihre Fackeln ab, ist der musikalische Ansatz also etwas diffiziler und noisig-vertrackter als auf den Treffen, die den Stoner Rock zum Zentrum haben. Hier dürfen auch mal Randgruppen ihre Kunst anbieten. Den zweijährigen Rhythmus wird die Mannschaft um Andreas Kohl beibehalten, glücklicherweise hat sich nun auch dieses Kleinod eines Spezialfestivals fest etabliert.

Einen anderen Ansatz verfolgt das Desert Fest in Berlin, dessen Setliste sich wie das "Who is Who" des Sektors gelesen hat: AMPLIFIER, MOTORPSYCHO, TRUCKFIGHTERS, COLOUR HAZE u.v.a. gaben sich an den beiden ausverkauften Tagen die Kabel in die Hände. Wer einen umfassenden Überblick über den Stand der gegenwärtigen Szene erhalten möchte, sollte hier zukünftig getrost anwesend sein. Mann und Frau muss aber auch mit einer Exklusivität leben: Fast eine Unmöglichkeit ist es, an Karten für das Roadburn-Festival und das Abenteuer des Duna Jam zu gelangen, da die spezielle familiäre Atmosphäre sehr schnell im Voraus sehr viele Anfragen bedingt. Entweder es gibt wie für den bestens beschallten Strandurlaub in Sardinien ein Anmeldungs- und Auswahlsystem per Mail. Wenn Mann und Frau den genauen Vorverkaufsstart für die drei tollen Tage in Tilburg verpasst hat, muss es im nächsten Jahr wieder versucht werden. Auch für die "deutschen Festivals" und Geselligkeiten kann es zu Kartenknappheiten kommen. So ergeht es auch dem SFTU alljährlich, wenn das Programm kurzfristig noch um Monumente wie KUYSS LIVES!, MONSTER MAGNETBRANT BJORK und KARMA TO BURN aufgestockt wurde. Abendkartenwillige sahen sich leider einem ausverkauften Festival gegenüber. Alle Veranstalter haben jedoch ein jeweils aktuelles Frühmeldesystem auf ihren Webseiten oder informieren zeitnah mit ihren Newslettern.

Charakteristisch für diese gut vernetzte Rockszene ist ein zunehmend ausgebautes Heruntertrimmen. Für deftigen psychedelischen Krach reichen heute zwei Gestalten: ein Krakendrummer und wahlweise ein Bassist oder Gitarrist. KHUDA, BLACK COBRA, SCHNAAK, DŸSE oder die HOTEL WRECKING CITY TRADERS, auch BEEHOOVER und THE CYBORGS stehen für diese Tendenz zum Duo. Vielfach wird rein instrumental gewerkelt, GRANDLOOM, KERRETTA, KARMA TO BURN, SWITCHBLADE, BELZEBONG, um nur die wenigsten zu nennen...
Das birgt für die Musiker die Chance, sich intensiv auszuprobieren und dadurch mehrheitlich fesselnde und spannende Songstrukturen zu bauen. Die gerade erwähnten Polen BELZEBONG zum Beispiel haben mit ihrem wütenden Set das Cottbuser Blue Moon Festival 2012 geprägt, durch den giftgrünen Qualm wurde das gesamte Chekov zum Erzittern gebracht. Vieles spricht dafür, dass sich dieses Herbsttreffen als weiterer Szenetreffpunkt etabliert. Streift man bei all diesen Jahreshöhepunkten des Stoner-Rock-Jahres über die Parkplätze, so fällt ein weitläufiges, deutschlandweites Einzugsgebiet auf, teilweise werden die Nummernschilder immer internationaler. Wir trafen umgängliche Polen, schwatzhafte Schweizer, nimmermüde Österreicher, entspannte Holländer, euphorische Spanier.

Immer wieder wird der geliebte, charakteristische bassorientierte Sound von jungen Bands reproduziert und weiterentwickelt. Das ist ein Spiegel für die Zusammensetzung des Publikums: Die Doomer und Stoner können nicht auf ein Alter eingeschränkt werden, jedes Jahr tauchen neue frische Gesichter auf, integrieren sich wie selbstverständlich in den umherstehenden Gruppen psychedelischer Zauselbärte, die teilweise ihre gesamten Plattensammlungen mitführen und um 6 Uhr in der Früh stolzgebrüstet ihre dunkelviolette japanische Sonderpressung einer Peruanischen Psychplatte von 1973 präsentieren
Eines freilich verbindet alle: Es ist laut, es ist lange laut, es ist pausenlos Gewimmel, dabei gibt es keinerlei Gewalttätigkeiten, allen Festivals ist eine ausgesprochen gepflegte, familiäre und bierselige Atmosphäre gemeinsam.
Auf ein aufregendes, zugedröhntes, überraschendes und spannendes Stoner-Doom-Psychedelic-Jahr 2013!

Redakteur:
Mathias Freiesleben
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