TAKIDA - Tomas Wallin im Interview

19.02.2024 | 22:53

Mit "The Agony Flame" hat TAKIDA erneut ein exquisites Album vorgelegt, das wohl wieder in den oberen Regionen charten wird. Irgendwie fliegen die Schweden hierzulande aber etwas unter dem Radar, was sehr schade ist, denn es handelt sich bei den Musikern um sehr talentierte Jungs. Wir schnappten uns Gitarrist Tomas Wallin und sprachen über normale Jobs, die Pandemie natürlich und Druck, wie es ist ein weiteres Hitalbum abliefern zu müssen, oder eben auch nicht.

 

Hi Tomas, lange nichts voneinander gehört. Wir haben uns das letzte Mal zur "Bury The Lies"-Tour in Köln gesehen.
Oh, echt? Man, das ist echt lange her.

Wie geht es dir denn?
Mir geht es gut, danke. Ich muss mich noch kurz entschuldigen, dass ich so spät dran bin, aber ich habe den Slot von meinem Gitarrenpartner Matthias übernommen. Seine Kinder spielen in einem Hockey-Team, da musste er hin. Sorry nochmal dafür. Wie geht es dir?

Mir geht es auch gut, danke. Lass uns über das Album sprechen. Konntest du schon irgendwelche Reaktionen erhaschen?
Nicht wirklich (lacht). Natürlich haben wir es einigen Leuten von Napalm Records vorgespielt, unseren Familien und Freunden, die alle angetan von "The Agony Flame" waren. Von daher sind wir natürlich sehr zufrieden mit der CD. Also Daumen hoch (lacht).

Klingt doch gut soweit. Wie lange habt ihr an der Scheibe geschraubt?
Ahh... das ist schwierig zu sagen. Wir sind an das Album genau so, wie an alle anderen Releases herangegangen. Wir treffen uns immer bei unserem Keyboarder Chris zuhause, er ist auch der, der das Studio besitzt. Dann haben wir Ideen zusammengetragen und so haben sich die Songs entwickelt. Insgesamt waren wir wohl sechs der sieben Monate im Studio. Zunächst haben wir die Instrumentalpassagen aufgenommen und schließlich hat Robert (Sänger - cb) seine Texte und Melodien hinzuaddiert, sodass das Album sehr rund klingt, wie ich finde.

Das ging doch vergleichsweise schnell, wenn man den neuen Output mit dem Vorgänger vergleicht, wo ihr wegen der unsäglichen Pandemie nicht in der Lage wart, live zu spielen und stattdessen ein neues Album aufgenommen habt.
Ja, genau das war unsere Überlegung. Was machen wir jetzt, da wir nicht live spielen können? Dann machen wir halt ein neues Album, genau, wie du richtig gesagt hast. Wir haben also mit dem letzten Album eher angefangen, untätig herumsitzen ist nicht unser Ding. Geplant war das aber nicht. Wir haben aber keinerlei Druck verspürt, weder beim letzten Album noch bei "The Agony Flame". Das liegt zu wesentlichen Teilen auch daran, dass wir nur Sachen veröffentlichen, hinter denen wir hundertprozentig stehen und uns da von niemandem reinreden lassen.

Finde ich gut, wenn ihr euch nicht von Außenstehenden ins Songwriting reinreden lasst. Da ihr eine einflussreiche Band in Skandinavien seid, ist das umso erstaunlicher, dass ihr diesbezüglich keinen Druck verspürt.
Ja, wir hatten einige gute Jahre in Schweden und in Deutschland wird das Interesse auch größer, was sehr schön ist.

Zu Recht, wie ich finde.
Danke. Wir spielen sehr gerne bei euch. Ihr Deutschen mögt Musik sehr gerne, wir haben richtig tolle Tourneen bei euch. Danke dafüt, liebe Leser. Zurück zur Ausgangsfrage. Ich hatte ja schon gesagt, dass wir nichts veröffentlichen, von dem wir nicht zu einhundert Prozent überzeugt sind. Wir schreiben die Songs, so wie sie uns vorschweben und lassen uns da von niemandem reinreden. Wir sind glücklich mit den Songs und hoffen natürlich, dass die Fans es genauso sehen.

Seid ihr eigentlich hauptberuflich Musiker, oder habt ihr noch andere Jobs? Du erwähntest, dass ihr Familien habt.
Nein, sind wir nicht (lacht). Ich arbeite als Klempner und Matthias (Gitarre - cb) ist Elektriker mit eigener Firma. Unser Drummer Kristoffer arbeitet auch von Zeit zu Zeit und Chris hat, wie gesagt, das Studio und macht dort Werbejingles und Filme und so Zeugs. Der einzige, der von Musik lebt, ist unser Säger Robert, da er noch in einer schwedischen Band spielt, die ausschließlich schwedisch singt. Also du siehst, ein paar von uns arbeiten halb als Musiker und halb in anderen Berufen.

Ich habe gefragt, da ihr als Band bekannt seid, die gerne tourt. Das war im Laufe der Pandemie nicht so möglich, wie man es gewohnt war. Habt ihr viel Geld verloren durch den Tourausfall?
Oh, das kann ich dir nicht sagen. Aber dadurch, dass zwei komplette Touren ausgefallen sind, dürfte das eine Menge Geld gewesen sein. Darüber denke ich aber nicht nach, sonst bekomme ich schlechte Laune (lacht).

Danke für die ehrliche Antwort. Ihr hattet aber die Möglichkeit, 2023 beim legendären Wacken zu spielen. Erzähl doch mal bitte, was das für ein Gefühl ist.
Oh, mein Gott. Für mich war es das Wahrwerden eines Traumes. Als ich noch ein Kid war, habe ich diese großen IRON MAIDEN-Poster gesehen und mir fest vorgenommen, auch einmal auf einer solchen Bühne zu spielen. Und da spreche ich für die ganze Band, das kannst du mir glauben.

Leider war es aufgrund der Wetterlage der Hälfte der Ticketbesitzer nicht möglich, teilzunehmen, da sie schlicht nicht auf das Gelände gekommen sind.
Ja, das ist natürlich schade für die Fans. Wir hoffen aber, eines Tages wiederzukommen und eine fette Party mit allen zu feiern.

Lass uns noch einmal zum Album zurückkehren. Ich finde, dass man etwas mehr Zeit braucht, um "The Agony Flame" vollends erschließen zu können. Es fehlen, meiner Meinung nach, die offensichtlichen Ohrwürmer, wie auf "Bury The Lies" oder dem Vorgänger. Kannst du da mitgehen?
Weißt du, ich kann das Gefühl verstehen. Manchmal dauert es recht lange, einen Song zu schreiben, sagen wir zwei Monate, und dann wieder geht es total schnell und du hast eine Nummer, die nach zehn Minuten fertig ist und der es an nichts mangelt. Uns ist es immer wichtig, flüssige Harmonien in den Songs zu haben und catchy Melodien zu schreiben. Manchmal ist es einfach so, dass du eine Idee im Kopf hast, die unbedingt heraus muss (lacht), deshalb achten wir sehr darauf, dass die Melodien gut herausgearbeitet sind. Vielleicht sind die älteren Sachen von TAKIDA da einfach melodischer gehalten und gehen so leichter ins Ohr. Wenn du das meintest.

Dass man sich eine Scheibe öfter anhören muss, ist generell ja nicht das Schlimmste, was einem Album passieren kann. Wenn Fans ein Album öfter hören müssen, dann spricht es meist sehr für das Album.
Ja, absolut. Wenn ich ein Album höre, das bei mir nicht sofort zündet oder, ich eine LP öfter hören muss, bleibt dieses Album länger bei mir, wenn du verstehst, was ich meine. Wenn es sofort zündet, dann kann es sein, dass ich das Album nach einigen Monaten nicht mehr so gerne hören mag.

Sehe ich auch so. Denkst du, dass "The Agony Flame" von der Atmosphäre her dunkler ist, als die anderen Alben?
Ahh,...(lacht). Das weiß ich, ehrlich gesagt, nicht. Ich denke aber nicht, da wir immer eine latent melancholische Atmosphäre auf unseren Alben haben. Unsere Songs sind von jeher schon dunkler gehalten, was auch viel an Roberts Gesang und Texten liegt. Er schreibt zudem über sehr persönliche Themen, die meistens sehr dunkel gehalten sind. Ich würde aber nicht sagen, dass "The Agony Flame" generell düsterer als die Vorgänger ist, da wir immer schon melancholische Momente in unserer Musik hatten. Ich verstehe aber, was du meinst und es ist normal für uns. Für die Fans ist "The Agony Flame" aber ein weiteres TAKIDA-Album, das sie hoffentlich mögen werden.

Da hast du sicherlich Recht. Das Album klingt melancholisch, aber nicht depressiv.
Stimmt, ja (lacht). Exakt das ist es, was wir versucht haben, herauszustellen.

Ein Song wie 'Sickening' lebt von seinem kontinuierlichen Aufbau und man denkt, dass nach dem Refrain das Gaspedal durchgetreten werden würde. Tut es aber nicht. War das Zufall, oder beabsichtigt?
Haha...no. Was soll ich dazu sagen? Wir schreiben selten schnelle Songs. Es passiert hin und wieder, ist aber nicht beabsichtigt, dass wir schnellere Songs komponieren. Das hängt von den Ideen ab, die wir für einen Song auf den Tisch legen. Wenn überhaupt würde ich sagen, dass das neue Album eventuell etwas härter, als die anderen ist. Ich denke, "The Agony Flame" ist ein typisches TAKIDA-Album.

Ich denke, dass ihr da auf einem guten Weg seid. Eure Alben unterschreiten niemals ein bestimmtes kompositorisches Niveau, was nur ganz wenige Bands schaffen. Selbst IRON MAIDEN hat ein paar Rohrkrepierer in ihrer Diskografie.
Ich habe mein favorisiertes IRON MAIDEN-Album, du wirst vermutlich ein anderes haben. Aber genau das ist ja das coole an Musik, es ist für jeden Geschmack etwas dabei. Es ist interessant zu sehen, welche Songs verschiedene Leute ansprechen. Deshalb bin ich sehr gespannt darauf, wie "The Agony Flame" angenommen wird. Nicht nur bei uns in Schweden, sondern vor allem auch in Deutschland. Speziell bei euch sind die härteren Stücke gern gesehen (lacht). Bei uns in Schweden sind die softeren Songs en vogue. Deshalb mag ich Deutschland sehr, ich mag die harten Songs (lacht). Von daher lassen wir uns überraschen, wie das Album aufgenommen wird.

Ja, das dachte ich mir, da du im letzten Interview gesagt hast, du magst es eher melodisch als cheesy.
Exactly (lacht). Da gibt es auch einen Unterschied. Deshalb meinte ich ja, es ist wichtig, Melodien in den Songs zu haben. Vor allem bei den Melodien, die in deinem Kopf sind und sich dort festsetzen. Die musst du herauskitzeln.

Photo Credits: Jonathan Perlmann

Redakteur:
Colin Büttner

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