TANKARD: Die Noise-Ära - Teil 1

28.12.2017 | 21:36

Wiederveröffentlichungen sind hoch im Kurs. Erst neulich wurde jedem RUNNING WILD-Fan warm ums Herz, als seine liebsten Scheiben noch einmal als schmucke Re-Releases - entweder als tolles Digipack oder optisch ansprechende Vinyl - noch einmal das Licht der Welt erblickten. Anders wird es auch TANKARD-Fans nicht gehen.

Noise Records veröffentlichte am 24. November hochwertige Deluxe-Editionen der ersten drei TANKARD-Alben als Digipack-CDs und Splatter-Vinyl. Natürlich wurden "Zombie Attack", "Chemical Invasion" und "The Morning After" gemeinsam mit der kultigen "Alien"-EP vollständig remastered und mit brandneuen Liner-Notes und - zumindest in den Digipack-Versionen - mit einem jeweils 12- bis 16-seitigen Booklet samt bisher unveröffentlichtem Bildmaterial versehen. Und Hand aufs Herz, liebe Freunde: Allein für die immer noch unübertroffenen Artworks lohnt sich die Vinyl-Anschaffung bereits!

Wir nehmen also die Noise-Wiederveröffentlichungen einmal mehr zum Anlass und wagen die Zeitreise. Wir entstauben den Plattenspieler, füllen den Krug und lassen noch einmal die TANKARD-Alben von damals Revue passieren, um die Klasse und Notwendigkeit der Re-Releases auf den Punkt zu bringen.

Wir schreiben das Jahr 1986 - der deutsche Thrash Metal war auf dem Vormarsch! KREATOR hisste mit "Pleasure To Kill" bereits zum zweiten Mal die Flagge des Hasses, SODOM legte nach der legendären "In The Sign Of Evil"-EP ordentlich nach und der dreiköpfige DESTRUCTION-Wirbelsturm mähte alles nieder. Und was machten unsere Lausbuben aus Frankfurt? Diese würzten ihren Thrash Metal mit Gerstensaft, Punk und einer deftigen Prise Humor.

TANKARD gab es zu diesem Zeitpunkt schon vier Jahre. Die ersten Songs wurden geschrieben, die längst nicht letzten Bier vernichtet und so manche Auftritte in Grund und Boden gestampft. Gerre und Frank sind von Beginn an die Zahnräder, dank denen sich das TANKARDsche Uhrwerk drehen kann. "Heavy Metal Vanguard" und "Alcoholic Metal" machten schon früh deutlich, wo der Frankfurter Frosch die Locken hat. Nach zwei Demos war es im Juli 1986 also endlich soweit und die Zombies eroberten den deutschen Underground. Mit "Zombie Attack" veröffentlichte TANKARD ein tolles Debütalbum, das nicht nur mit dem Titeltrack und '(Empty) Tankard' zwei astreine Hits am Start hatte. Der Sound war typisch für die damalige Zeit, es ging ein wenig chaotisch, aber leidenschaftlich zu: Die Partys dauerten meist Tage, die Kästen wurden reihenweise vernichtet und "Zombie Attack" lieferte uns einen perfekten Soundtrack zum Zeitgeist der 1980er Jahre. Hier ein wenig Punk, dort ein bisschen Hardcore, die Brise war frisch und wohltuend. Natürlich waren die meisten Stücke durch die beiden Demos schon bekannt, doch auf dem TANKARD-Debüt merkte man, wie gut die Band auch auf voller Distanz funktionierte, wie viel Spaß die Musik macht und vor allem mit wie viel Spaß die Band selbst zu Werke geht. So machten auch die "neuen" Songs - namentlich 'Thrash Till Death', 'Maniac Forces' und 'Chains' - richtig Bock und fügten sich toll ein.

Nur ein Jahr später stürmte dann zum ersten Mal der verrückte Professor auf das Artwork und machte noch einmal 27 lange Jahre später auf sich aufmerksam. Doch die "Chemical Invasion" erreichte die Bundesrepublik im Oktober 1987 und mit ihr abermals ein Thrash-Inferno bestehend aus rasendem, wütendem Thrash, der locker-flockigen Punk-Einstellung und jeder Menge Durst. Durst nach Bier, Live-Auftritten und Partys. Denn hierfür war das TANKARD-Zweitwerk prädestiniert. Bis heute gilt es als eines der besten TANKARD-Alben der Geschichte, was in Anbetracht des verbesserten Sounds, der zunehmenden Souveränität und bockstarken Thrash-Metal-Songs wie 'Total Addiction', 'Don't Panic' oder 'For A Thousand Beers' auch nicht verwunderlich ist. Bis heute dreht "Chemical Invasion" stolz seine Runden im heimischen Abspielgerät, bis heute bin ich von der Weiterentwicklung seit "Zombie Attack" mächtig beeindruckt, bis heute reiße ich mir bei Stücken wie 'Puke' und nicht zuletzt 'Chemical Invasion' die Rübe ab. Diese Platte hat einfach alles, was ein tolles, in sich stimmiges Album dieser Ära und dieses Genre damals ausmachte und darf in einem Atemzug mit "Persecution Mania" oder "Terrible Certainty" genannt werden.

Und was danach folgte, war eine abermalige Steigerung. Normalerweise ist der Morgen danach eine totale Tortur: Kopfschmerzen, Übelkeit und das Versprechen, nie wieder Alkohol zu trinken. Im Falle von TANKARD war "The Morning After" jedoch ein absoluter Erfolg, schoss dieses Album die Frankfurter doch endgültig in die Champions League des Thrash Metals. An der musikalischen Ausrichtung haben Gerre und Co. nicht viel verändert, die Songs waren lediglich griffiger, der Sound besser, die Band entschlussfreudiger. Wer zu "Chemical Invasion" bereits seine Matte schüttelte, kam auch auf dem ein Jahr später erschienenen Nachfolger nicht zu Ruhe. Zusammen mit der "Alien"-EP, die wiederum ein Jahr später, nämlich 1989, erschien, macht das TANKARD-Drittwerk natürlich auch als schmuckes Re-Release eine superbe Figur. Geniales Artwork, tolle Songs, bei denen selbstverständlich 'Shit-Faces', 'Desperation' und der bockstarke Titeltrack definitiv hängen bleiben, sowie die Gewissheit, dass das man sich auf seine vier Kampftrinker verlassen kann. 1989 war im Übrigen auch das erste Jahr, in dem uns das spätere Maskottchen zum ersten Mal begrüßte und uns dann auf vielen Folgealben fröhlich und ungeniert zuwinkte. Ob "Stone Cold Sober", "Beast Of Bourbon" oder zuletzt "One Foot In The Grave" - waren das giftgrüne Alien oder später auch der dicke Biertrinker oder der verrückte Professor auf dem Cover, war TANKARD drin - das war so sicher wie die Gezeiten.

Natürlich geht der Noise-Schwung weiter. Hierfür müssen wir zwar bis Ende Januar 2018 warten, doch in Anbetracht des Programms wird sich das Warten lohnen. "The Meaning Of Life", "Stone Cold Sober", "Two-Faced" und "The Tankard" bekommen ebenfalls eine Generalüberholung und ausführliche Beschreibung. Doch davon mehr, wenn am 26. Januar Noise wieder zuschlägt!

Redakteur:
Marcel Rapp

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