THERION: Interview mit Christofer Johnsson

09.12.2023 | 21:06

Wenn Vielschichtigkeit und Produktivität in einem Satz fallen, ist der Name THERION auch nicht weit davon entfernt. Binnen weniger als drei Jahren hauen uns die Symphonic-Metaller aus Schweden die opulenten "Leviathan"-Teile um die Ohren und vor allem der nun vorliegende, dritte Teil rundet die Trilogie sehr geschmackvoll ab. Auch wenn er nicht viel Zeit hatte, schnappten wir uns den Kopf der Bande zum kurzen Plausch und befragten Christofer Johnsson zum aktuellen und vor allem zukünftigen Geschehen bei THERION.

Hallo Chris, wie ist die Stimmung im THERION-Lager?
Sehr gut. Wir sind sehr erleichtert, dass der dritte Teil der "Leviathan"-Trilogie endlich veröffentlicht wird. Es war schon eine ganz schöne Reise, in so kurzer Zeit drei Alben zu schreiben und aufzunehmen.

War das Songwriting schon vorher fertig und ihr habt die Songs erst dieses Jahr aufgenommen oder wie habt ihr die zwölf Monate verbracht?
Wir haben zuerst das Schlagzeug, den Bass und die Gitarre für alle drei Alben aufgenommen und dann haben wir nur noch Gesang, Chor, Keyboards und die Orchestrierung für jedes spätere Album einzeln aufgenommen. Die Idee war, nur ein Album zu schreiben, aber wir hatten so viel Inspiration, dass wir über 40 Songs geschrieben haben, was mehr als genug war, um drei Alben mit gutem Material zu füllen. Es war also ein Zufall der Geburt.

Inwieweit siehst du die Unterschiede zwischen den Alben in Bezug auf das Songwriting?
Sie wurden alle in der gleichen Schreibsession innerhalb von etwa einem Jahr geschrieben. Die musikalischen Unterschiede sind trotzdem enorm. "Leviathan III" hat elf Tracks, die in elf verschiedenen Stilen gehalten sind. Auch mit einigen längeren Kompositionen. Während die ersten "Leviathan"-Teile sehr hitorientiert sind mit kurzen Songs, ist der erste mehr gesangsorientiert und der zweite etwas düsterer und melancholischer.

Obwohl es das große Finale der Serie ist, hebt sich "Leviathan III" in Bezug auf das Artwork deutlich von seinen Vorgängern ab. Kannst du mir sagen, was das aktuelle Cover mit den Songs und den ersten beiden "Leviathan"-Teilen zu tun hat?
Die Albumcover haben nichts mit den Songs zu tun, weder auf diesem noch auf einem früheren Album. Es ist einfach Kunst, mit der man seine Musik verpackt. Manchmal ist das Cover mit dem Titel des Albums verbunden. Nachdem wir auf zwei Covern von "Leviathan" inspirierte Kreaturen hatten, dachten wir uns, dass wir für das dritte etwas anderes machen sollten. Das Symbol heißt Leviathan Cross und ist ein alchemistisches Symbol für Schwefel.

Ich kenne Leviathan als kosmisches Seeungeheuer der christlichen Mythologie. Welche Geschichte erzählt das Album?
Leviathan ist nicht aus der christlichen Mythologie.  Der Name Leviathan ist viel früherer, vorchristlicher jüdischer Herkunft, aber die fragliche Kreatur ist eigentlich dasselbe wie Lotan in der kanaanitischen Religion und damit sogar älter als das Judentum. Auf keinem der "Leviathan"-Alben gibt es jedenfalls eine Geschichte, sie sind nicht konzeptionell. Die Texte sind von Lied zu Lied völlig unterschiedlich, genau wie bei den meisten THERION-Alben in der Vergangenheit.

Ich schätze besonders die Vielfalt von THERION. Die Mischung aus Power, Symphonic, Melodic Death Metal und orchestralen klassischen Elementen auf 'Twilight Of The Gods', 'An Unsung Lament' oder 'Baccanale' ist sehr deutlich. Wie würdest du persönlich die Musik bzw. die Vielfalt auf dem dritten "Leviathan"-Teil beschreiben?
Man hat 80er Heavy Metal, 80er Thrash, Death Metal, Flamenco, Punk/Hardcore, Doom, orientalische Musik und mehr in den symphonischen Metal gemischt. Wenn man es analysiert, ist es außergewöhnlich abwechslungsreich.

Absolut. Wer oder was ist eigentlich 'Ayahuasca'?
Ayahuasca ist ein halluzinogenes Gebräu aus (unter anderem) Yagé-Liane und Cacruna-Blättern. Es wird von den Eingeborenen im Amazonasgebiet religiös für Seelenreisen verwendet.

Werdet ihr so etwas wie das Mammutprojekt "Leviathan" noch einmal wagen?
Ich habe keine Ahnung, was wir als nächstes machen werden. Wir werden einfach mit dem Strom schwimmen und sehen, was passiert.

Ich kann mir auch gut eine reine "Leviathan"-Tour von THERION vorstellen, bei der ihr das Beste aus diesen drei Alben präsentiert. Inwieweit ist das für euch denkbar und sogar möglich?
Wir werden nächstes Jahr eine reguläre Tournee machen, bei der wir ganz normal ein paar Songs von jedem Album spielen. Eine reine "Leviathan"-Tour kann ich mir nicht vorstellen. Wir waren seit 2018 nicht mehr in Europa auf Tour, und die Leute wollen Songs von vielen verschiedenen Alben hören.

Mehr als 35 Jahre THERION, in denen so viele hervorragende Alben veröffentlicht wurden. Eure Inspiration scheint kein Ende zu nehmen. Ganz einfach: Woher kommen all die Ideen, all die Feinheiten und Inspirationen?
Ich habe keine Ahnung. Ich habe einfach das große Glück, ein produktiver Songwriter zu sein.

Und gibt es noch etwas, das du dir musikalisch erfüllen möchtest, das du in deinem Leben unbedingt in der Musik umsetzen möchtest?
Ja. Der 11-jährige Chris, der 1983 den Metal entdeckte und Poster von ACCEPT und JUDAS PRIEST an der Wand hängen hatte und davon träumte, eines Tages ein solcher Heavy-Metal-Musiker zu werden - diesem Kind schulde ich ein Heavy-Metal-Album. Und jedes Mal, wenn ich eine Gitarre einstecke, spiele ich ein paar 80er Heavy-Metal-Riffs, das liegt mir im Blut. Also werde ich nach den massiven "Leviathan"-Aufnahmen sowieso eine kreative Pause von THERION für einige Jahre brauchen und dann ist es eine tolle Gelegenheit, die Zeit für etwas anderes zu nutzen. Also werde ich dann dieses traditionelle 80er Heavy-Metal-Album machen. Außerdem möchte ich "Beloved Antichrist" inszeniert sehen, bevor ich sterbe.

Das klingt äußerst spannend. Was möchtest du unseren Lesern und deinen langjährigen, treuen Fans noch sagen?
Danke dir. Wir sehen uns hoffentlich auf Tournee.

Fotocredits: Mina Karadzic

Redakteur:
Marcel Rapp
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