THUNDERSTORM: Interview mit Fabio Bellan, Omar Roncalli

16.03.2007 | 16:03

Bereits im Vorfeld der brandneuen Veröffentlichung "As We Die Alone" hatte ich das Vergnügen ein kurzes Interview mit Sänger und Gitarristen Fabio Bellan zu führen. Nach meinem ersten Höreindruck der vorab zur Verfügung gestellten Songs durfte man das bislang reifste und intensivste Werk der italienischen Doomster erwarten, zudem kommt auf besagter Scheibe deutlich zum Ausdruck, dass THUNDERSTORM offenbar auch über den Tellerrand dessen, was wir als Doom zu schätzen wissen, hinausblicken. Dieser erste Eindruck wurde durch das fertige Produkt nicht nur bestätigt, sondern regelrecht fundamentiert, da besagte Scheibe meine Erwartungen sogar noch übertroffen hat. Grund genug also, die Herrschaften nochmals zum Gespräch zu bitten. Neben Fabio war diesmal auch Bassist Omar Roncalli mit von der Partie, der zunächst zusammen mit seinem Bandkollegen meine Lobeshymnen anlässlich der aktuellen Veröffentlichung dankend annahm.

Walter:
Fahr eigentlich nur ich dermaßen auf euer neues Album ab oder ist auch der Rest der Welt dermaßen von "As We Die Alone" angetan?

Fabio:
Die ersten Reaktionen sind allesamt gut ausgefallen. Einige Kritiker haben gemeint, dass wir das beste Album der letzten Wochen und Monate veröffentlicht hätten und das ist ein sehr gutes Gefühl! Was die Reviews betrifft, scheint das Album richtig gut bewertet zu werden, offenbar haben wir wirklich alles richtig gemacht.

Walter:
Daran besteht auch kein Zweifel. Habt ihr euch denn auch schon Gedanken gemacht, was mit "As We Die Alone" alles zu erreichen sein könnte?

Fabio:
Wir erwarten einen großen Schritt in der Entwicklung für THUNDERSTORM. Es sollte durchaus möglich sein mit diesem Album eine wesentlich breitere Fanbase zu erreichen. Ehrlich gesagt, war auch genau das unser Ziel.

Walter:
Neben den überaus beeindruckenden Eigenkompositionen habt ihr abermals eine Coverversion auf das Album gepackt. Für mich macht die HENDRIX-Nummer 'Voodoo Chile' insofern Sinn, da ihr ja an musikalischen Einflüssen auch Jimi und dessen Zeitgenossen offenbart, habt zudem aber auch den Zeitsprung zur Moderne locker gepackt.

Omar:
Einen bestimmten Grund weshalb wir geraden diesen Song ausgewählt haben, gab es eigentlich nicht. Eines Tages begann Fabio im Proberaum das Riff zu spielen und Attilio und ich stiegen daraufhin ebenfalls in die Nummer ein. Als wir dann ein paar Mal diese Nummer gezockt haben, wussten wir, dass es sich nicht mehr nur um einen Pausenfüller handeln würde und in Folge nahmen wir 'Voodoo Chile' eben auf. Jimi Hendrix besonders als Inspiration hervorzuheben, ist jedoch gar nicht notwendig, sein Einfluss auf die Musikszene war derart groß, dass wohl kein Gitarrist ohne seinen Stil auskommen könnte. Er war damals einem Meteor gleich, der am Himmel der Musikszene emporgestiegen ist. Unsere Interpretation von 'Voodoo Chile' darf aber sehr wohl als Hommage an Jimi Hendrix gesehen werden, deshalb ist der Song auch nicht nur als Bonustrack aufgenommen, sondern ein wesentlicher Bestandteil von "As We Die Alone" geworden. Sein Geist weilt immer noch unter uns, seine Gitarre wird niemals verstummen. Hendrix war ein Magier an den Saiten und die Magie seines Spiels wird uns immerzu begleiten.

Walter:
Hendrix' Klänge waren an Intensität ja auch kaum zu überbieten, weshalb ich deinen Lobgesang auf diesen Musiker nur zu gut nachvollziehen kann. Aber Lob gebührt mit Sicherheit auch euch, denn THUNDERSTORM ist meiner bescheidenen Meinung nach soeben das intensivste Werk der bisherigen Karriere gelungen. Lässt sich diese Tatsache auf eine Art Entwicklungsprozess zurückführen?

Omar:
Ob man von "Entwicklung" sprechen kann, vermag ich nicht zu beurteilen, mit Sicherheit aber liegt es daran, dass wir unsere Herangehensweise verändert haben. Das Album ist regelrecht gewachsen, Pläne wurden immer wieder verändert, das Endergebnis hat uns aber sehr wohl Recht gegeben. Das Album so wie du es nun kennst, entspricht genau unserer Vorstellung. Unsere Emotionen und Gefühle kommen dadurch exakt so zum Ausdruck, wie es sein muss, "As We Die Alone" beinhaltet aber auch die Gefühle, die wir Musiker untereinander entwickelt haben.

Walter:
Das bedeutet für mich, dass euer aktuelles Album nicht zuletzt deshalb so intensiv klingt, weil euer Line-up nun seit einigen Jahren stabil ist.

Fabio:
Genau! Seit Attilio zu uns gestoßen ist, also seit den Aufnahmen zu "Faithless Soul", sind THUNDERSTORM nun schon in der aktuellen Besetzung beisammen und das hört man unseren Songs auch an! Attilio fühlt sich so richtig wohl bei uns, das kann man seinem nunmehr wesentlich lockereren Drumming wohl auch anhören. Scheinbar hat die aktuelle Besetzung auch ein derart intensives Verhältnis der Musiker untereinander mit sich gebracht, dass sich unsere Musik sehr zu unserem Vorteil verändert hat. Jeder spielt viel entspannter drauflos und die Ideen sprudeln geradezu aus uns heraus.

Walter:
Sehr erfreulich. Wichtig waren bei THUNDERSTORM aber immerzu nicht nur die Musik, sondern sehr wohl auch die dazugehörigen Texte.

Omar:
Ganz genau. Es ist gut zu wissen, dass sich auch jemand damit auseinandersetzt. Ich dachte schon, ich musste sie bei der Plattenfirma nur deshalb abliefern, damit das Booklet voll wird, haha. Auch auf "As We Die Alone" erzählt jede einzelne Nummer eine eigene Geschichte. Allerdings sind das Leben und der Tod fast immerzu in unseren Songs als Themen vorhanden. Der Tod wird ja gemeinhin auch als ewige Ruhe im Sinne von Schlaf bezeichnet. Und immer wenn man schläft, träumt man auch, egal ob man davon etwas mitbekommt oder nicht. So gesehen ist das Sterben auch eine Art Traumvorgang, was wir im Titel 'We Dream As We Die (Alone)' zum Ausdruck bringen wollten. In 'Hawking Radiation' habe ich versucht Raum und Zeit mit dem menschlichen Gehirn in Einklang zu bringen, was nicht ganz einfach ist, da wir es nicht unbedingt mit greifbaren Elementen zu tun haben. Die Abgrenzung zwischen Wahnsinn und Rationalität ist wohl ebenso abstrakt und unendlich wie jene zwischen dem Weltraum und einem so genannten "schwarzen Loch". In 'Hypnowheel Of Life' dagegen geht es um den Versuch das Alltagsleben zu beeinflussen. Obwohl der Weg des Einzelnen vom Schicksal vorbestimmt ist, versucht jedes Individuum diesen auf seine eigene Art und Weise für sich zu verändern. Als weiteres Beispiel möchte ich noch über 'S.L.O.W.' berichten. Diese Abkürzung steht für 'smell like oniric world'. Jeder ist ab und zu mit derlei "Gerüchen" konfrontiert, denn in der aktuellen Gesellschaft geht es nur noch darum "besser" zu sein als die anderen. Darauf kann ich aber gar nicht, deshalb habe ich es in diesem Song auch auf die Spitze getrieben und teile eben jene Menschen auf meine Art mit, in welch verlogener Welt sie eigentlich leben. Wie unschwer zu erkennen ist, genügt mir das Alltagsleben um zu meinen Texten zu kommen. Ich brauche keinerlei Fantasy-Geschicthen als Inspirationen. Ich halte mich selbst zwar für keinen Poeten, aber zu einem Geschichtenerzähler habe ich es immerhin gebracht, haha. Die Musik kann meiner Meinung erst so richtig wirken, wenn auch die Texte dementsprechend passen. Ich unterscheide nicht zwischen "guten" und "schlechten" Texten, sondern nur zwischen unpassenden und passenden. Einzig 'Mad Monk' wurde nicht von meinem Alltag inspiriert, sondern handelt von Rasputin, dessen Geschichte und Persönlichkeit mich fasziniert. Es gibt nur ein Wort, das diesen Mann beschreiben kann: Doom, und genau deshalb gibt es eben 'Mad Monk'.

Walter:
Das scheinen sich auch TYPE O NEGATIVE gedacht zu haben, weshalb uns der Kerl auch von ihrer neuen Scheiblette entgegenblickt. Rasputin scheint also in der Tat die Vermenschlichung des Doom zu sein. Bei euch wird diesem alten Russen aber nur in einem Song gehuldigt, während das Cover von "As We Die Alone" zum Titel passend ausgewählt wurde. Das Motiv sagt mir zu, aber was die Farbauswahl betrifft, hätte ich mich anders entschieden.

Omar:
Wir wollten das Motiv schlichter gestalten als bei unseren ersten drei Veröffentlichungen. Wir sind zwar auch im Nachhinein damit zufrieden, aber wir brauchten etwas Neues. Die Idee zum Cover ist uns während der Aufnahmen gekommen. Der Titel ist ja schon ein Wortspiel und dieses gaben wir dann an einen Graphiker weiter. Er hat auch die Texte gekannt und danach sämtliche Details, die das Cover ausmachen, in Einklang gebracht. Der Fluss, das Kreuz, aber auch die Farben. Weshalb unser Cover in rot und schwarz gehalten ist? Ganz einfach: Da wir vom Tod singen, war schwarz geradezu notwendig, auch alles Unbekannte wird ja schwarz dargestellt. Zudem ergab sich rot als die Farbe des Blutes als Kontrast dazu. Das Blut bedeutet Leben und der Sonnenaufgang auf dem Cover ist quasi das Synonym für Leben an sich, deswegen unsere Farbgestaltung. Das Kreuz stellt ein weiteres Symbol für den Tod dar und die Statue im Hintergrund steht für die undefinierten Träume fernab jeder Realität. Ich meine, welche Farben hätte man sonst verwenden sollen? Gelb und rosa wohl nicht, oder? Welche Farben hättest du denn verwendet?

Walter:
Entweder nur schwarz und weiß oder ansonsten ein dunkles violett anstelle des rot, aber Farben und Musik sind bekanntlich Geschmacksache. Nach der Veröffentlichung von "As We Die Alone" wäre es wohl an der Zeit eure Version von Doom auch mittels einer Tournee unters Volk zu bringen. Geht da was?

Fabio:
Ja. Wir werden Anfang April für ein paar Dates, die wir als "Release Parties" bezeichnen, nach Deutschland kommen!
Bisher sind folgende Gigs bestätigt:
7. April, Kutter4ever Fest (Headbanger's Ballrom, Hamburg)
8. April, Heike Music Club (Crailsheim)
12. April, Metropolis (München)
Sämtliche Tourdaten und weitere Informationen rund um die Band gibt es natürlich auch auf unserer Webpage http://www.thunderstorm-doom.com zu lesen. Dort könnt ihr euch immer auf dem aktuellsten Stand halten! Für den Sommer hoffen wir, noch einige Festival-Gigs erhaschen zu können und im Herbst sollte es dann mit einer flächendeckenden Tour, die unter dem Motte "As We Die Over Europe" laufen wird, klappen.

Walter:
Da freuen wir uns jetzt schon drauf, zumal THUNDERSTORM bisher ja nicht unbedingt häufig hierzulande zu sehen waren. Welche Gigs waren denn bislang die Highlights eurer Karriere?

Fabio:
Auch wenn wir erst dreimal die Chance hatten auf Festivals zu spielen, waren diese Gigs bestimmt die Höhepunkte in unserer Laufbahn als Musiker. Auf einer riesigen Bühne zu stehen ist immer ein ganz besonderes Ereignis, auch bei Tageslicht. Das absolute Highlight war bestimmt das "Tradate Iron Fest", hier bei uns in Italien. Wir mussten um 16.30 auf die Bühne und es war unglaublich heiß, aber die Zuseher waren dermaßen von unserer Performance angetan, dass sie uns trotz dieser mühevollen Randbedingungen gnadenlos abfeierten.

Walter:
Das macht mich noch ein bisschen neugieriger. Wo außerhalb euer Heimat sind den THUNDERSTORM ansonsten verkaufsmäßig stark im Rennen?

Fabio:
In erster Linie mit Sicherheit in Deutschland! Erst dann würde ich sagen Italien und danach folgt der Rest von Europa. Wir hoffen auf unserer kommenden Tournee auch in anderen Ländern spielen zu können, beispielsweise in Holland, Frankreich und Belgien, einfach überall in Europa.
Was Übersee betrifft, kann ich so gut wie nichts dazu sagen, aber vielleicht geht ja in den USA mit unserem aktuellen Album einmal etwas.

Walter:
Da habt ihr euch ja eine ganze Menge an Aktivitäten vorgenommen, hoffentlich klappt das dann auch.

Omar:
Das hoffen wir auch, jetzt muss "As We Die Alone" aber erst einmal amtlich promotet werden, bevor es an etwaige andere Tätigkeiten geht. Über die Zukunft machen wir uns nicht wirklich Gedanken, wir sind eher die Typen, die ihr Leben von Tag zu Tag planen. Wer unser neues Album mag, dem kann ich aber jetzt schon versprechen, dass er auch in Zukunft von THUNDERSTORM begeistert sein wird!
Wir haben nämlich noch eine Menge an Heavy Psychodoomepic Metal anzubieten! Jetzt sollte ich auch den Presseleuten eine Freude gemacht haben, denn ich habe eine Stilbeschreibung für meine Band abgeliefert, haha.

Redakteur:
Walter Scheurer

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