TOURNIQUET: Interview mit Ted Kirkpatrick
01.01.1970 | 01:00MetalS:
Hallo Ted! Schön dich zu hören! Ich habe mich schon lange auf dieses Interview gefreut. Wie ist das Wetter in Amerika?
Ted:
Hallo Stefan, aha, wow! Heute haben wir Sonne in Süd-Kalifornien, es ist sehr schön. Und bei euch in Deutschland?
MetalS:
Heute haben wir Regen und Sonnenschein gleichzeitig, typisches April-Wetter. Aber der Frühling kommt bald.
Ted:
Aaah. Wo genau seid ihr in Deutschland?
MetalS:
Kaiserslautern, zwischen Frankfurt und Stuttgart.
Ted:
Oh, ist das eine hügelige Landschaft?
MetalS:
Ähh, ja..
Ted:
Das ist schön. Wir haben noch nicht die schönen Plätze in Deutschland besucht, das wollen wir noch nachholen.
MetalS:
Ja, du kannst mich ja besuchen... Ok, kannst du mir sagen, wie es mit Tourniquet begann und wie ihr auf den Namen kamt?
Ted:
Es begann 1990 in Los Angeles. Der Bandname sollte ein Wort sein. Wenn´s geht sollte es ein Name sein, der christliche Leute und Menschen, die nicht einmal in die Kirche gehen gleichermaßen anspricht. Kein Name wie z.B. "God´s Army", etwas kreativeres.
MetalS:
Gratulation zu euerm neuen Album! Es hat super kritiken bekommen, ich denke die habt ihr auch verdient. Es ist schön, das es endlich wieder heavier ist. Wann hast du die Songs geschrieben und bist du mit dem Resultat zufrieden?
Ted:
Oh, danke! Jaa, sehr zufrieden sogar. Rein von der Produktion her ist es wahrscheinlich unser bestes Album. Wir wußten, daß viele Leute ein Heavy Album erwarteten. Bill Metoyer hat eine großartige Arbeit geleistet. Er schafft es immer wieder einen transparenten Sound zu meistern, egal wieviele Instrumente zugange sind. Tourniquet haben viele Elemente in ihrer Musik, wie z. B. dreistimmiger Gesang, harmonische Gitarren usw.
MetalS:
Wie seid ihr zu dem Vertrag mit Metal-Blade gekommen?
Ted:
Das zweite "Psycho Surgery" und dritte Album "Pathogenic Ocular Dissonance" wurde schon vertrieben von ihnen. Da wurde keine große Werbung gemacht, aber weil Bill Metoyer viel mit Metal Blade arbeitet kam dann der Kontakt zu stande - und weil unser neues Album wieder härter werden sollte.
MetalS:
Ich dachte der einzig neue (und harte) Song auf "Acoustic Archieves" sollte auf dem neuen Album sein ?
Ted:
Oh, nein, der Song ist nur auf "Acoustic Archieves". Brian Slagel meinte lediglich, wenn das die Richtung vom nächsten Album ist, dann können wir was ausmachen.
MetalS:
Glaubst du ihr habt jetzt eine Chance aus dem Untergrund hervorzukommen?
Ted:
Ja! Ich habe gehört das Album verkauft sich gut. Metal Blade sind jedenfalls zufrieden, die erste Pressung ist vergriffen, es mußte gleich nachgepresst werden. Ich glaube es geht sehr gut.
MetalS:
Was ist der Unterschied zwischen Metal Blade und euren vorherigen christlichen Vertrieben?
Ted:
Der Hauptunterschied ist der Vertrieb. Viele Leute halten "Microscopic..." für unser erstes Album, weil zum ersten mal vernünftig Werbung gemacht wird. Vorher konnte man unsere Platten auch nicht überall bekommen. Jetzt habe ich schon um die 50 Interviews gegeben und es ist schön Kollegen wie Amored Saint und Fates Warning zu haben. Und es ist schön, daß sie uns machen lassen was wir wollen und uns die künstlerische Freiheit gewähren.
MetalS:
Es ist ein ziemliches Schlagzeug-Album. Du hast wieder großartiges geleistet. Wolltet ihr z. B. ein Album wie "Justice for all" von Metallica machen, with the Drums not only keeping the timing... um den Leuten zu zeigen, was für ein talentierter Schlagzeuger du bist?
Ted:
Vielen Dank! Ich schreibe die Songs normalerweise um die Gitarren-Riffs. Doch bei dieser Platte habe ich mit Aaron zwei Wochen lang geprobt, so daß ich mich wieder mehr auf die Drums konzentrieren konnte. Deshalb hat Aaron diesmal auch alle Rhythmus-Parts alleine eingespielt. Ich wollte wieder mehr wie früher trommeln, mit mehr technischem Aspekt.
MetalS:
Warum habt ihr euren Sound verändert, früher hattet ihr eine "Soundwall", mehr fett und thrashmäßig. Jetzt ist er manchmal mehr Richtung Power Metal oder auch etwas Richtung Hardcore. Meinst du das ist jetzt besser, da ihr nur zu dritt seid, um das live dann direkter umsetzen zu können?
Ted:
Ich glaube nicht bewußt. Weißt du, einige Songs sind sehr tief gestimmt. Wir mögen das wie z. B. bei "Drinking from the poisoned Well". Es ist hauptsächlich eine Veränderung in der Produktion. Was meinst du welche Alben klingen mehr nach thrash?
MetalS:
Ich denke z. B. "Pathogenic Ocular Dissonance" ist ziemlich hart, liegt das vielleicht an der zweiten Gitarre?
Ted:
Nein, du kannst im Studio verdoppeln und verdreifachen wie du willst.
MetalS:
Wenn ich mir z. B. "Hand Trembler" im Auto anhöre, dann klingt das *wuuuuuuuuuhhfffff*, es bläst einen halt um...
Ted:
Dafür ist der Song nicht so transparent. Manche Leute mögen mehr den klaren Sound, manche eben mehr den matschigen, den du grade genannt hast. Bei dem Song war wohl mehr Bass dabei. Ich habe über die Jahre gelernt, daß jeder eine andere Auffassung hat von dem Begriff "heavy". Für mich sind manchmal gerade melodische Sachen sehr heavy.
MetalS:
Interessant. Ok, was sind deine Lieblings Tourniquet Platten und warum?
Ted:
Oh, ich glaube ich bin mit allen sehr zufrieden. Ich habe nicht wirklich ein Lieblingsalbum. Es gibt einige Dinge, die ich nicht so sehr mag, wie z. B. der sehr hohe Gesang auf "Stop the Bleeding".
MetalS:
Das ist aber was ziemlich besonderes.
Ted:
Ja sicher und manche mögens, manche nicht.
MetalS:
Welches Album glaubst du ist musikalisch das beste?
Ted:
Ähhhhhhhhhh... Ich hoffe, wir haben uns ständig weiterentwickelt und sind auch gewachsen. Z. B. durch die Klassik-Einflüsse und das Drumming und die Tightness. Ich glaube "Microscopic..." ist das beste.
MetalS:
Naja, ich glaube das ist ok für das Drumming.
Ted:
Was ist dein liebstes?
MetalS:
Mein persönlicher Geschmack sind die ersten drei Alben. Ich LIEEEEEBE sie. Es war Musik von einem anderen Planeten.
Ted:
Es gibt viele Leute, die die ersten drei am besten finden bis das neue erschien.
MetalS:
Ja, ich mag die neue CD, ich habe viel Zeit damit verbracht. Aber mir persönlich gefallen die ersten 3 besser.
Ted:
Aha. Naja das ist toll.
MetalS:
Jetzt habe ich einige Fragen zur Geschichte... Wie kam es damals zum Kontakt mit Gary Lenaire und Guy Ritter?
Ted:
Guy hatte eine Anzeige in einer Zeitung. Er suchte einen christlichen Drummer. Gary war damals noch in Oregon (oder Oregano oder so). Er kam nach L.A. und wir legten los.
MetalS:
Mit denen beiden hattet ihr meine ich eine großartige Zeit. Könntest du mir sagen warum Guy und dann Gary die Band verlassen haben?
Ted:
Einige Gründe kann ich dir nicht nennen, die sind sehr persönlich. Guy wollte von sich aus die Band verlassen, weil er etwas softere Musik machen wollte, "Pathogenic.." war ihm schon zu heavy. Früher hat Gary die thrash-Vocals übernommen, die Guy nicht so sehr lagen. Das wurde dann immer mehr. Dies war natürlich nicht so toll für Guy. Luke kann dagegen live seine Stimme variieren und dabei noch aktiv sein. Seine Art mit dem Publikum zu arbeiten gefällt mir immernoch sehr gut.
MetalS:
Dafür hat Guy eine ziemlich geile, eigenwillige Stimme, wie z. B. bei "Broken Chromosomes" auf "Psycho Surgery". Habt ihr keinen Kontakt mehr?
Ted:
Nein, gar nicht mehr. Gary verließ nach der "Collected Works" die Band. Wir hatten früher immer die Regel, wer im Studio den Part am präzisesten spielt, der packt ihn auf´s Album (Gary, Eric, Aaron oder Ted selbst). Bei "Microscopic..." war das nicht nötig und das sag ich nicht weil Aaron jetzt in der Band ist. Er ist definitiv der beste Rhythmus-Gitarrist, den wir bis je hatten. Das konnte man auf der "Crawl to China" vielleicht nicht so hören... Wir wissen auch, daß diese CD in Europa nicht so der Hit war, aber in Amerika schon. Wir hatten aber bis jetzt 16 Nummer Eins Hits in Amerika (christl. Charts).... and i wrote 15 of them (ganz nebenbei...). Mit Luke und Aaron bin ich jetzt seit 5 Jahren zusammen und wir verstehen uns bestens.
MetalS:
Ich verstehe nur nicht, ihr seid doch eine christliche Band und das wichtigste was uns die Bibel lehrt ist Liebe und Vergebung. Warum habt ihr dann keinen Kontakt mehr?
Ted:
Ja, das ist absolut wahr. Aber du weißt, Freundschaft hat sehr viel damit zu tun, dass du dich mit Leuten umgibst, die du schätzt und respektierst, es hat nichts mit Liebe und Vergebung zu tun. Viele Leute meinen man müßte Freundschaft halten, obwohl man sich auseinander gelebt hat. Die Trennung kam auch von beiden Seiten. Die Beziehung in einer Band ist wie mit Freunden, das ändert sich über die Jahre. Ich frage oft Leute, ob sie über 10 Jahre die gleichen Freunde haben und sie sagen höchstens wenige, und in einer Band ist das das gleiche. Deshalb habe ich auch mit ihnen seit einigen Jahren nicht mehr gesprochen, weil wir uns einfach nicht mehr über den Weg gelaufen sind. Aber Liebe und Vergebung sind schon die Eckpfeiler des christlichen Glaubens.
MetalS:
Um die Band History zu vervollständigen, warum haben Eric und Victor die Band damals verlassen, hast du noch Kontakt zu denen?
Ted:
Ja, Eric lebt nur eine Stunde von mir entfernt. Wir sehen uns aber nicht oft, weil er kaum ausgeht. Eric hat einen Malereibetrieb. Er hatte Schwierigkeiten mit Gary auszukommen. Wir mögen Eric und er hat zwischendurch mal bei einigen Shows wieder mitgemacht. Victor ist vollständig in eine russisch-orthodoxe Gemeinde übergetreten. Eine sehr rituelle Form der orthodoxen Kirche. Er hat einige mit seiner Einstellung durcheinandergebracht und es hat einfach nicht mehr zusammengepasst.
MetalS:
Ok, ich denke das war jetzt mal genug für die Geschichte...
Ted:
Ja! Aber es ist nunmal auch ein Teil von uns und viele interessieren sich noch dafür.
MetalS:
Fehlt euch die zweite Gitarre live nicht manchmal?
Ted:
Weißt du, wir hatten zwar 2 Gitarren, es gab allerdings nur wenige Stellen, wo beide genau gleich laut waren. Und live waren sie oft matschig und haben nicht richtig harmoniert. Dann waren auch die Zweistimmigkeiten futsch. Das kann man auf den 40 Live Videos sehen, die ich habe. Außerdem ist die 4er Besetzung praktischer für unterwegs und wegen der Hotelzimmer (Brüller!). Außerdem haben wir uns früher live manchmal auf den Füßen gestanden (Kult!). Jetzt haben wir Platz auf der Bühne zum rumrennen (Klasse). Das sind nur einige der Gründe ...
MetalS:
Gut, wie wäre es mit einem festen Bassisten?
Ted:
Sehr gut, wir hätten gern jemanden. Wir suchen schon lange jemanden, der zu uns passt. Die Leute sollen Videos schicken mit drei Tourniquet Songs ihrer Wahl, wir schauen uns dann an, wie sie dazu Bass spielen. Und wir haben nur ganz wenige erhalten. Aber Steve Audino (spielt auf Konzerten) ist live super, was sehr wichtig ist.
MetalS:
Wie sieht´s mit der Zukunft bei Metal Blade aus, kommt bald mal ein Live Album?
Ted:
Viele Leute fragen nach einem Live Album. Doch im Moment sieht es eher danach aus, dass wir erst noch eine Studioplatte machen, wenn die aktuelle ja so gut läuft. Ich schreibe eigentlich permanent an Songs, aber wir wollen ja auch auf jeder Platte was neues machen. Ich würde gerne bei Metal Blade bleiben und die nächste CD wird auch definitiv hart werden. Und wir versuchen die "Soundwall" von der du gesprochen hast drauf zu bekommen.
MetalS:
Werdet ihr bald nach Deutschland kommen, vielleicht eine kleine Support Tour?
Ted:
Es gibt Pläne. Im Dezember werden wir wohl auf der Christmas Rock Night in Ennepetal spielen. Vielleicht können wir einige Shows dranhängen. Es ist nicht so leicht, weil das auch ziemlich teuer ist.
MetalS:
Werdet ihr alte Songs spielen, wie "Ark of Suffering" oder so?
Ted:
Ich kenne das. Wenn ich mir früher Bands angesehen habe, wollte ich auch immer die alten Songs hören. Und sie haben meißtens nur ein kurzes Medley gespielt. Wir mögen auch sehr unser altes Zeug, also spielen wir definitiv alte Songs wie "Ark of Suffering", "Test for Leprosy", "Broken Chromosomes" und "Pathogenic Ocular Dissonance". Das sind Stücke, die die Leute über die Jahre immer mochten.
MetalS:
Mein absoluter Lieblingssong ist ja "Psycho Surgery".
Ted:
Das haben wir mal live gespielt, aber es ist sehr schwer live gut rüberzubringen.
MetalS:
Gibt es Unterschiede zwischen dem europäischen und amerikanischen Publikum?
Ted:
Wir sind jedesmal überrascht, wieviele Leute unsere Texte mitsingen können und wieviele im Ausland zu unseren Konzerten kommen. Die Amerikaner sind sehr wechselhaft in ihrem Geschmack...
MetalS:
Wir in Deutschland lieben immer den Powermetal
Ted:
Ja, das weiß ich.
MetalS:
Auf der "Live in Studio" singt Les Carlsen von "Bloodgood". Weißt du zufällig was er jetzt macht, er ist ja schon etwas älter.
Ted:
Das letzte was ich gehört habe ist, das er Gemälde verkauft. Das ist schon Jahre her.
MetalS:
Du hast mal kurz bei "Trouble" gespielt. Kannst du mir dazu noch was sagen?
Ted:
Ja, ich war kurz dabei, nach dem "Run to the Light" Album. Ich war ein großer Fan von Trouble. Sie waren auch sehr zufrieden mit mir. Die Band hatte dann aber eine ziemlich schlechte Zeit. Tours mit Savatage und Motörhead wurden abgesagt. Wir haben zwar ein paar Konzerte in Milvaukee (oder so) gespielt, aber ich mußte nach L.A. zurück und das wars dann.
MetalS:
Als letztes wollte ich noch kurz was zu dem umstrittenen Drum Solo in "Viento Borrascoso" fragen. Hast du das alles auf einmal gespielt?
Ted:
Well...tatsächlich. Viele haben gefragt ob es zwei Takes sind.
MetalS:
Spielst du die Kuhglocke mit dem Stock innen?
Ted:
Nein. Bei diesem Beat spielt man mit der rechten Hand auf der Kuh-glocke und die linke spielt das Hi-Hat, die Snare und die Toms 1+2.
MetalS:
So das war´s. Ich glaube ich habe jetzt ziemlich viel Arbeit, das alles zu tippen was du gesagt hast. Danke für ehrlichen Auskünfte auch bei den unbequemeren Fragen. Alles Gute und viele Grüße an Luke und Aaron.
Ted:
Ok, danke und beste Wünsche, vielleicht treffen wir uns ja mal.
Wir bedanken uns bei Ted Kirkpatrick, für ein ehrliches, freundliches Gespräch und für die Zeit, die er sich genommen hat (statt 30 min. eine ganze Stunde).
Patrick Ivory und
- Redakteur:
- Stefan Lang