TO/DIE/FOR: Interview mit Jape Perätalo

01.01.1970 | 01:00

Mit „Jaded“ haben die Pop/Rock-Gothen von TO/DIE/FOR am vergangenen Montag ihr Drittlingswerk auf den Markt gebracht, und wieder lässt sich deutlich die Liebe zu den guten alten 80er Jahren heraushören, diesmal allerdings gewürzt mit einer kräftigen Zusatzdosis brachialer Gitarrenriffs.
Sänger Jape Perätalo stand bereits Anfang des Monats zu einem kleinen Interview bereit, und trotz leichter sprachlicher Verständigungsprobleme (entweder frischt der Herr sein Englisch auf, oder ich lerne beizeiten doch noch Finnisch :-)) entwickelte sich ein nettes Gespräch rund um Trennungsgerüchte, 80er-Popmusik, die finnische Mentalität, was man tunlichst auf einem Festival dabeihaben sollte und warum Jape es erwägt, irgendwann mal nach Jamaika auszuwandern.


Kathy:
Bevor wir uns über euer neues Album unterhalten würde ich gerne wissen, was es mit den Trennungsgerüchten von TO/DIE/FOR, die Anfang 2002 aufkamen, auf sich hatte, was genau war da los?

Jape:
Nun, wir waren schlicht und ergreifend total im Arsch (lacht). Nach der Tour, die wir gemeinsam mit LACRIMOSA gemacht haben, und einigen weiteren Gigs in Russland und Mexiko, waren wir einfach nur noch müde. Das war der Hauptgrund. Aber als wir für etwa einen Monat ein komplett „bandloses“ Leben geführt hatten, entschieden wir, dass wir doch nicht einfach aufhören können. Der Urlaub war sehr erholsam für uns, wir tankten neue Energie, und danach machte es richtig Spaß, wieder ins Studio zu gehen und das neue Album aufzunehmen.

Kathy:
OK, dann mal zur neuen Scheibe: „Jaded“ wird in ein paar Wochen auf den Markt kommen. Aufgefallen ist mir, dass ihr darauf sowohl mehr Pop-Elemente als auch härtere Rockkomponenten einfließen lasst als auf den Vorgängeralben. Wie würdest du eure musikalische Entwicklung umschreiben, angefangen von „All Eternity“ über „Epilogue“ bis hin zu „Jaded“?

Jape:
Wir entschieden uns damals, diese ganzen Computer-/Pop-Elemente zusätzlich zu verwenden, da wir nicht wollten, dass alle Alben so klingen wie „All Eternity“. Wir brauchten was Neues. Auf „Jaded“ haben wir nun unseren Stil gefunden, das ist die Art von Musik, die wir heute machen wollen. Wir sind zwar keine Elektro- oder Computermusik-Typen, aber es macht einfach Spaß, diese Mittel zu benutzen (lacht).

Kathy:
Wollt ihr durch das Verwenden der härteren Gitarren und der Grunts und Growls auch ein bisschen euer Soft-Rock-Image loswerden?

Jape:
Ja, das ist auch ein Grund. Aber ich finde, das ist jetzt kein wirkliches Problem mehr, Bands wie CHARON und ENTWINE klingen softer als wir (lacht). Wir möchten auch nicht mehr in diese Sparte der HIM-Klone gesteckt werden, das langweilt. Wir sind es einfach müde, ständig mit HIM verglichen zu werden. Das soll jetzt aber nicht heißen, dass wir sie hassen, sie sind großartige Musiker und Songschreiber, aber jetzt ziehen wir unser eigenes Ding, unseren eigenen Stil durch, und das hoffentlich noch auf zehn weiteren Alben.

Kathy:
Ihr scheint große Fans der 80er zu sein, denn ihr habt mit „(I Just) Died In Your Arms Tonight“ einen weiteren Song aus dieser Zeit gecovert (auf „Epilogue“ nahm man sich „In The Heat Of The Night“ von SANDRA an – d. Verf.)... .

Jape:
Arg, jeder stellt diese Frage (gluckst). Ja, wir sind wirkliche großer 80er-Fans und es macht einfach Laune, Disco-Songs zu covern, das ist schon fast so eine Art Spaß, den wir uns immer machen. Ich hab jetzt aber wirklich Angst, dass wir dieses CUTTING CREW-Cover „(I Just) Died In Your Arms Tonight“ echt auf jedem fucking Konzert spielen müssen, das wir hier in Finnland geben – ich hoffe, das passiert nur in meinen Albträumen (lacht). Obwohl ich den Song natürlich sehr mag, er erinnert mich und die anderen immer an unsere Kindheit.

Kathy:
Marco Hietala von NIGHTWISH, mit dem ihr schon auf “Epilogue” zusammengearbeitet habt, steuert auf „Jaded“ erneut Gast-Vocals bei, warum habt ihr euch erneut für ihn entschieden?

Jape:
Diese Information ist falsch, Marco, mit dem wir übrigens gut befreundet sind, singt gar nicht auf „Jaded“ mit. Das steht zwar in der Presse-Info und wir haben auch versucht, Marco ins Studio zu bekommen, aber dann hatte er so viel mit NIGHTWISH um die Ohren, dass er es zeitlich nicht mehr einrichten konnte. Wir haben aber eine weibliche Gastsängerin dabei, ihr Name ist Anna und sie ist ein junges Mädel aus unserer Heimatstadt, grade mal 16 Jahre alt. Als wir sie das erste Mal singen hörten, wussten wir gleich: Die müssen wir fragen, ob sie auf „Jaded“ mitsingen möchte, denn ihr Stil passt perfekt dazu. Und sie hat ihre Sache wirklich klasse gemacht, ich bin mir sicher, dass sie eines Tages Sängerin in einer eigenen Band sein wird.

Kathy:
Mit „The Unknown II“ (erinnert ein bisschen an METALLICAs „The Unforgiven II“, oder? :-) – d. Verf.) habt ihr ein Sequel des „Epilogue“-Songs „The Unknown“ auf dem neuen Album. Warum diese Fortführung?

Jape:
Wenn du die Lyrics liest, erst die von „The Unknown“ und dann die von „The Unknown II“, dann wirst du merken, dass es sich bei beiden Songs um fast die gleiche Story handelt, und zwar, wie es sich anfühlt, irgendwo fremd, am falschen Platz, unter den falschen Leuten zu sein. Dieses Thema ist für mich wichtig, da ich mich zuweilen auch so fühle, und deshalb wollte ich es nochmals auf „Jaded“ angehen, mehr darüber erzählen.

Kathy:
Überhaupt drehen sich sämtliche Lyrics auf „Jaded“ Gothic Rock-typisch um ernste und melancholische Themen wie unerwiderte Liebe, Leid, Schmerz, Angst etc. Glaubst du, dass die Leute eines Tages mal die Nase voll haben könnten von dieser ganzen Herz-Schmerz-Poesie?

Jape:
Vielleicht, aber es sind ja Texte, die dem realen Leben entstammen, die „Songs „Jaded“ und „Too Much Ain’t Enough“ handeln ja beispielsweise von den ganzen Dramen, die wir in unserem Leben zu ertragen haben. Außerdem: Wenn man an so einem dunklen Ort wie Finnland lebt, ist es ziemlich einfach, solche Lyrics zu schreiben (lacht), sogar finnische Evergreens klingen alle irgendwie traurig. Ein etwas zu schwermütiges Land, vielleicht sollte ich umziehen nach Jamaika und auf Reggae umsatteln (lacht).

Kathy:
Neben euch gibt es ja noch einige Bands aus Finnland, die sich ebenfalls mit der dunkleren und ernsteren Seite der Musik beschäftigen. Warum, glaubst du, ist das so, habt ihr Finnen eine emotionalere, tiefgründigere Mentalität?

Jape:
Ich denke, das liegt in unserer Natur. Wenn wir depressive oder melancholische Melodien oder Texte schreiben, dann müssen wir uns nicht verstellen. Es ist leichter für uns, diese Art von Musik zu machen, für mich z.B. wäre es unmöglich, einen Happy-Song zu schreiben wie diesen „Las Ketchup Song“ (lacht).

Kathy:
Aber du siehst dich deshalb nicht als melancholische oder gar depressive Person, oder?

Jape:
Hm, ein bisschen schon. Ich bin ein leicht melancholischer Typ, schon immer gewesen. Aber ich denke, man kann nicht gänzlich dauerfröhlich und naiv durch dieses Leben gehen, denn es besteht ja mitnichten nur aus schönen und freudigen Momenten. Leute müssen in Jobs arbeiten, die sie nicht mögen, haben keine Zeit für sich selbst oder Spaß, das ist traurig.

Kathy:
Hast du das Gefühl, dass TO/DIE/FOR, als noch relativ junge Band, neben großen Kollegen wie HIM, SENTENCED oder THE 69 EYES Schwierigkeiten hat, sich auf dem europäischen Musikmarkt zu behaupten?

Jape:
Nun, ich weiß nicht, was außerhalb von Finnland abgeht bzgl. dieser Musik-Sparte, deshalb kann ich dazu schwerlich was sagen. Schon möglich, dass wir es schwerer haben, nach der Veröffentlichung von „Jaded“ werden wir auf Tour gehen, dann werden wir es ja sehen. Hier in Finnland zumindest gibt es keine wirklich vergleichbare Band zu TO/DIE/FOR, wir haben TO/DIE/FOR, HIM, CHARON und SENTENCED, und wir alle machen in meinen Augen doch recht verschiedene Musik, somit kommt man sich nicht wirklich in die Quere. Was aber unseren Status außerhalb von Finnland angeht, da habe ich echt keine Ahnung, wir wissen nicht mal, wie viele Alben wir bisher verkauft haben.

Kathy:
Wie gehst du mir der immer wieder aufkommenden Kritik an deinem Gesang um? Vielen Leuten scheint er ja zu nasal und zu lasch zu sein.

Jape:
Da scher ich mich überhaupt nicht mehr drum, es ist mir ziemlich egal, was die Leute sagen. Aber als wir unser erstes Album „All Eternity“ rausgebracht haben, da hat’s mich schon ganz schön geärgert, dazu kam dann natürlich wieder der ständige Vergleich mit HIM und Ville Valo. Aber heute denk ich mir einfach: Die reden alle doch nur Bullshit! (lacht)

Kathy:
Auf der offiziellen TO/DIE/FOR-Homepage habe ich von mehreren Tourdaten in Deutschland gelesen, die aber samt und sonders noch nicht bestätigt wurden. Hast du da mittlerweile aktuelle Informationen?

Jape:
Ich bin mir nicht mal sicher, ob wir diese Tour überhaupt noch in Angriff nehmen werden, weil’s da einige Probleme mit diversen Promotern gibt, es dreht sich hauptsächlich um das liebe Geld. Natürlich würden wir gerne die Tour machen, aber das liegt ja nicht an uns. Momentan warten wir einfach und hoffen, dass sich doch noch was ergibt.

Kathy:
In wenigen Wochen geht die Festival-Saison wieder los, wie steht’s mit dir, wirst du bei einigen dabei sein, ob nun privat oder mit Band?

Jape:
Wir würden natürlich gerne bei ein paar Festivals mitmischen, mal schauen, was unsere Booking-Agentur ergattern kann. Wir würden uns echt freuen, beim Summer Breeze und einigen anderen europäischen Open Airs spielen zu können. Und wenn’s halt nicht klappt, dann gehe ich eben privat auf welche, trinke Bier und habe Spaß.

Kathy:
Was sind deiner Ansicht nach denn die drei wichtigsten Dinge, die man auf ein Festival mitnehmen sollte?

Jape:
Geld und gute Laune (lacht). Und Kondome... . Aber wenn ich auf Festivals gehe, brauch ich eigentlich nichts außer Geld für Bier.

Kathy:
Und wenn du dir dein persönliches Festival-Traum-Billing zusammenstellen könntest, welche Bands wären dann dabei?

Jape:
Hm, am besten ganz viele verschieden Bands: DURAN DURAN und IN FLAMES, das sind z.B. zwei meiner absoluten Lieblingsbands. Die beiden auf ein und demselben Open Air zu sehen würde mir sogar schon reichen (lacht).

Kathy:
OK Jape, die letzten Worte gehören Interview-typisch dir.

Jape:
Ich möchte gerne unseren Fans Hallo sagen: Habt Spaß, und zwar so lange ihr lebt!

Redakteur:
Kathy Schütte

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