TRANSMISSION: Interview mit Juan Roos
21.05.2007 | 12:18Mit ihrer wahrlich imposanten Progressive-Metal-Scheibe "ID, Ego And Superego" konnten mich die Herrschaften von TRANSMISSION vor kurzer Zeit mächtig in Wallung bringen. Eingangs dieses Interviews musste ich Sänger Juan Roos natürlich nochmals dazu gratulieren, womit wohl auch eine gute Basis für das Interview geschaffen war.
Walter:
Bevor ich auf euer überaus geschmackvolles und gelungenes Album "ID, Ego And Superego" näher zu sprechen kommen möchte, muss ich erst einmal ein wenig über die Band selbst in Erfahrung bringen, da TRANSMISSION ja noch immer nicht wirklich bekannt sind.
Begonnen hat die Sache als TRANSMISSION in der aktuellen Besetzung offenbar erst 2004. Ich bin mir aber sicher, dass ihr allesamt schon zuvor in anderen Bands gewesen seid. Was gibt es denn aus jenen Tagen Wissenswertes zu berichten?
Juan:
Jeder von uns war in der Vergangenheit schon in unterschiedlichen musikalischen Projekten verschiedenster Stilrichtungen involviert. Jedoch kommt sehr wohl bei jedem einzelnen Musiker der Metal in unterschiedlichsten Formen durch, wie an den Beispielen CHAIN, wo Stephan Kernbach (k.) und Christian Becker (b.) gespielt haben und auch noch spielen, oder WEIRD, der ehemaligen Band von Bodo Schamp (dr.), zu erkennen ist.
Walter:
Aus der Zeit von TRANSMISSION vor 2004 existiert ein selbstbetiteltes Demo. Was gibt es diesbezüglich zu berichten?
Juna:
Die zwei Songs des Demos, 'Calling' und 'Buried Alive' (das damals noch 'Sea of Mourn' gehießen hat) sind in neuem Gewand auf unserem aktuellen Album "ID, Ego and Superego" enthalten. Die Idee, diese beiden Songs für unseren ersten Longplayer ein wenig aufzumotzen, stand von Anfang an, da beide genau in das Konzept und die Stimmung der Platte passten. Das Demo ist außerdem vollständig auf der DVD "ID-TV" enthalten, die jedoch nicht offiziell im Handel, sondern nur über unsere Website zu bekommen ist.
Walter:
Seid ihr euch bewusst, dass es noch eine Band namens TRANSMISSION gibt, die zurzeit in England ihr Unwesen treibt?
Juan:
Ja, haben wir dann auch irgendwann einmal bemerkt. Wir sehen jedoch auf Grund der unterschiedlichen musikalischen Ausrichtung diesbezüglich keine Probleme.
Walter:
Dein Optimismus in Ehren. Was wäre zu tun, wenn es diesbezüglich zu etwaigen rechtlichen Problemen kommen würde?
Juan:
Wir sehen die Sache eher entspannt. Wir glauben und hoffen nicht, dass es zu rechtlichen Problemen kommen könnte.
Walter:
Die Historie der Band scheint in den Anfangszeiten offenbar von einigen Line-Up-Wechseln geprägt gewesen zu sein. War es denn schwierig die richtigen Musiker zu finden?
Juan:
Nein, gar nicht. Es gab eigentlich in der Vergangenheit nur eine Änderung in der Besetzung. Und zwar als Thorsten König 2004 aus persönlichen Gründen die Band verließ. Ansonsten kann man schon von so etwas wie einem "Sechser im Lotto" sprechen, da wir sozusagen auf Anhieb eine Band am Start hatten, die so gut auf musikalischer und vor allem auch auf menschlicher Ebene zusammen harmoniert. Da wir auch außerhalb der Aktivitäten von TRANSMISSION miteinander befreundet sind, ist das schon eine wirklich tolle Sache und anders als bei so mancher anderen Band, was vor allem live zum Tragen kommt. Wir haben immer einen Heidenspaß miteinander, der sich so natürlich auch auf das Publikum übertragen kann. Das ist schon etwas Besonderes.
Walter:
Kann ich mir gut vorstellen. Der Name TRANSMISSION bürgt also auch auf der Bühne für Unterhaltung. Bekannt gemacht solltet ihr TRANSMISSION als Band mit "ID, Ego And Superego" haben. Was steckt denn hinter diesem ungewöhnlichen Titel?
Juan:
"ID, Ego and Superego" - Das Es, Ich und Über-Ich, also die Lehre Sigmud Freuds, in der er das menschliche Seelenleben in drei Schichten einteilt, bietet sozusagen die Plattform, auf der sich unsere Songs und Texte bewegen. Der ständige Konflikt des Unterbewussten mit dem Bewussten ist eine schöne Metapher, die auch die musikalischen Gegensätze auf "ID, Ego and Superego" beschreiben kann. Spannung und Entspannung - ruhige, sphärische Klänge und aggressive Parts - alles verschwimmt und ist am Ende doch ein großes Ganzes. Genauso wie in der menschlichen Psyche. Triebe und Moralvorstellungen ringen miteinander und kommen doch zusammen aus. Der Song 'ID, Ego and Superego' zum Beispiel beschäftigt sich mit der Konfrontation mit der eigenen Vergangenheit. Es gibt eben Ereignisse, die zwar passiert und abgeschlossen sind, die man aber auch nicht vergessen kann und das auch gar nicht tun sollte. In der Gegenwart steckt nämlich meistens mehr Vergangenheit als man denkt. In Songs wie 'Buried Alive' oder 'Calling' geht es um andere seelische Daseinszustände. Verzweiflung und Hass, Wut, aber auch um Liebe.
Walter:
Wie sind denn die Kritiken darauf bislang ausgefallen?
Juan:
Durchwegs positiv! Du warst einer der ersten, die eine CD-Kritik auf unsere Platte gegeben hat. Man wird sehen, was noch so kommt, aber bis jetzt haben wir absolut keinerlei Gründe gehabt böse E-Mails zu schreiben, haha.
Walter:
Keine Angst. Ob der Qualität eurer Scheibe kannst du es dir sicher schenken böse Mails zu verfassen. Mit welchen Erwartungen seid ihr denn an die Veröffentlichung des aktuellen Albums herangegangen?
Juan:
Zunächst standen unsere eigenen Erwartungen und Ansprüche allein im Vordergrund, da von vornherein nicht klar war, ob jemand unser Album veröffentlichen wird. Nachdem die Zusammenarbeit mit Point Music zustande kam, waren wir alle natürlich gespannt, wie die Platte von der Öffentlichkeit, also von Fans und Presse, aufgenommen wird. Da wir selbst sehr zufrieden mit dem Resultat sind, hoffen wir sicherlich, dass der Großteil der Leute das genauso sieht.
Walter:
Das Album erscheint demnach in Eigenregie, wird aber von Point Music vertrieben. Wie kam dieser Deal zustande?
Juan:
Genau. Wie schon erwähnt, war zunächst noch nicht klar, auf welchem Wege das Album erscheinen würde. Nachdem wir die Vorproduktion dem Team von Point Music haben zukommen lassen, ging aber alles recht schnell. Alle waren begeistert und wir denken mit Point Music einen kompetenten Vertriebspartner gefunden zu haben.
Walter:
Das hoffe ich für euch. Interessant finde bei TRANSMISSION aber nicht nur die Musik an sich, sondern sehr wohl auch die lyrische Komponente. Woher kamen (und kommen) denn die Inspirationen für derlei Texte?
Juan:
Die Inspirationen für die Texte lieferten hauptsächlich eigene Erfahrungen, die wohl jeder in seinem Leben irgendwann einmal sammelt. Gefühle wie Verlust und Trauer, oder auch Ärger über Entscheidungen in der Politik oder generell über aktuelle Ereignisse, kennt wohl jeder. Der Song 'Make You Believe' beispielsweise - eine harte, direkte und sehr straighte Nummer - setzt sich kritisch mit der US-Politik bezüglich des Iraks auseinander. Der Song 'The Darker Days Of Life' handelt vom Verlust eines guten Freundes. Alles Dinge, die für jeden nachvollziehbar sind und zum Nachdenken anregen können.
Walter:
Mit Michael Sadler hattet ihr auch einen Stargast auf dem Album. Wie genau ist es zu dieser Kooperation gekommen, abgesehen von der Connection über CHAIN?
Stephan:
Durch die Arbeit von Juan für ein Label in Los Angeles, für das auch unser Freund Henning Pauly (u.a. FRAMESHIFT, CHAIN) als Produzent tätig ist. Henning stand uns außerdem immer mit Rat und Tat zur Seite und dadurch kam auch der persönliche Kontakt zu Michael Sadler zustande. Auf die Frage, ob er als Gastsänger auf einem Song unseres Albums mitwirken wolle, gab er uns eben die Zusage.
Walter:
Gibt es denn weitere Nebenprojekte, in die ihr involviert seid und von denen demnächst mit neuem Material zu rechnen ist?
Juan:
Momentan sind keine Nebenprojekte in Planung.
Walter:
Wird es denn in Bälde einen Nachfolger zu "ID, Ego And Superego" geben?
Juan:
Bis jetzt sind schon einige neue Ideen in Arbeit und sogar schon vorproduziert. Die Ausrichtung des neuen Albums lässt sich dadurch schon vage erahnen. Wann genau der Nachfolger zu "ID, Ego and Superego" erscheinen wird, lässt sich aber momentan noch nicht genau sagen. Es darf aber definitiv mit einem neuen Album gerechnet werden!
Walter:
Bestehen diesbezüglich abermals Ideen für große Namen als Gäste?
Juan:
In dieser Hinsicht ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nichts geplant. Ausschließen kann man das aber natürlich auch nicht.
Walter:
Auf dem Live-Sektor habt ihr bereits eine recht beachtliche Referenzliste vorzuweisen. Welche Gigs waren denn bislang die Highlights?
Juan:
Ein tolles Konzert war sicherlich das "Headway-Festival" 2005 in Amsterdam. Dort durften wir mit Bands wie FATES WARNING oder auch ENCHANT spielen. Ein schönes Erlebnis war aber auch die Live-Präsentation unseres Albums in einem kleinen Club in unserer Heimatstadt. Das war quasi eine Art Feuerprobe, um festzustellen, wie sich unsere neuen Songs live für uns und für das Publikum anfühlen. Da haben wir "ID, Ego and Superego" zum allerersten Mal komplett auf die Bühne gebracht und es hat funktioniert.
Walter:
Von euren Gigs könnte es eventuell auch Mitschnitte geben. Wäre da nicht auch einmal eine DVD fällig? Gibt es Pläne diesbezüglich?
Juan:
Auf unserer DVD "ID-TV", die jedoch nicht offiziell im Handel, sondern nur über unsere Website zu bekommen ist, befinden sich einzelne Ausschnitte von oben erwähntem Livegig. Ebenso Studiologs, zum Beispiel aus Henning Pauly's Studio in Los Angeles, auf dem zu sehen ist, wie Michael Sadler gerade seine Takes für den Song 'ID, Ego And Superego' einsingt. Ansonsten gibt es noch keine Pläne für eine Live-DVD. Zunächst einmal konzentrieren wir uns auf den Nachfolger zum Album "ID, Ego and Superego".
Walter:
Kommt Zeit, kommt DVD. Eure Fans würden sich mit Sicherheit auch darüber freuen. Wo sind denn die meisten eurer Fans beheimatet?
Juan:
Na ja, schwer zu sagen, da "ID, Ego And Superego" das erste offizielle Lebenszeichen von TRANSMISSION ist. Jedoch kann man durchaus sagen, dass unsere Fangemeinde eine internationale ist.
Walter:
Ist der Spruch vom "Prophet, der im eigenen Land nichts gilt" für TRANSMISSION zutreffend, oder werdet ihr in der Heimat gebührend gefeiert?
Juan:
Auch schwer zu sagen. Man wird innerhalb der nächsten Monate sehen, wie sich in Deutschland alles entwickeln und wie man hier "ID, Ego And Superego" aufnehmen wird. Da es unser Debüt ist, stehen wir ja am Anfang unseres Weges. Wir können uns schon vorstellen, dass es auch hierzulande einige Leute geben wird, die sich mit der Musik von TRANSMISSION "anfreunden" könnten, haha. Die Resonanz bei unseren Konzerten war bislang jedenfalls durchwegs positiv und wir konnten viele neue Freunde gewinnen.
Walter:
Bevor wir jetzt auf die Band anstoßen, wollte ich fragen, ob das Backcover aus "Überzeugung" entstanden ist, oder hat sich dieses Weinregal "nur" als cooler Hintergrund entpuppt?
Juan:
Eigentlich trifft beides zu. Wir suchten nach einem geeigneten Hintergrund und einer Idee für Fotos. Es sollte relativ deutlich werden, dass wir nicht unbedingt irgendwelche Klischees erfüllen wollen. Es sollte einfach irgendetwas Edles sein. Da bot sich ein Weinregal an, in dem ja auch ausgewogene Kompositionen lagern, so wie auf unserer Platte, haha.
Walter:
Sollte es sich bei TRANSMISSION um passionierte Weintrinker handeln, muss ich als Österreicher natürlich nach der bevorzugten Sorte fragen, damit zumindest ich meinen Teil eines Klischees erfülle.
Juan:
Alle Musiker von TRANSMISSION sind mehr oder weniger passionierte Weintrinker. Jedoch ist keiner einem edlen Tröpfchen wirklich abgeneigt. Dunkelfelder aus der Pfalz und Gran-Reserva aus Spanien sind da wohl die beliebtesten Sorten, zumindest von Stephan.
Walter:
Na denn, besten Dank für die Auskunft und ein Prost auf die kommenden Jahre, oder gibt es noch etwas, dass ihr dringend loswerden wollt?
Juan:
Ja klar! Wir wollen uns an dieser Stelle bei all unseren Fans bedanken, die geduldig waren und uns die lange Produktionszeit von "ID, Ego and Superego" über treu geblieben sind.
Außerdem freuen wir uns mit unserer ersten Veröffentlichung neue Leute mit unserer Musik zu erreichen, denn es geht doch im Endeffekt vor allem um eines: ZUSAMMEN ZU ROCKEN!
Außerdem bedanken wir uns auch bei dir, Walter, für das unterhaltsame Interview bei Kaffee und Kuchen (den jedenfalls wir hatten, haha).
Mahlzeit nachträglich und hoffentlich hat's geschmeckt! (Der wesentlichste Vorteil von "Head-To Head"-Interviews sollte durch Juan's Schlusskommentar einmal mehr ganz klar und deutlich hervorgehoben worden sein... )
- Redakteur:
- Walter Scheurer