TRICKY LOBSTERS: Interview mit Aggi und Sarge

11.03.2010 | 17:22

Kann sich jemand von euch an das letzte TRICKY LOBSTERS-Album "Black Songs" erinnern? Also ich nicht!

Umso erstaunter war ich, als die Fragen anlässlich des letzten Outputs der Dresdner bei mir im Postfach gelandet sind. Angesichts der Tatsache, dass die Band im Zweijahres-Rhythmus ins Studio geht, ist es aber noch nicht zu spät.

Tolga:
Zwischen "Dead Man's Ball" und "Black Songs" liegen zwei Jahre. Wieso hat's diesmal ein Jahr länger gedauert bis ihr mit neuem Material am Start ward?

Aggi:
Eigentlich sind zwei Jahre unser natürlicher Rhythmus. Das war vorher auch so, allerdings war die "Untouched" bei der Veröffentlichung durch Abandon Records schon fast ein Jahr alt. Daher der kurze Zeitraum bis zur "Dead Man's Ball". Jetzt stimmt es wieder. Aber grundsätzlich nehmen wir auf, wenn es für uns richtig erscheint und alle Vier rot glühend im Aufnahmemodus sind. Dann wird es höchste Zeit.

Sarge:
Die Schnellsten, was den Songwriting-Prozess angeht, waren wir eigentlich nie. Bei uns entstehen die Songs eher beim Jammen. Jeder gibt seinen Senf dazu, was wir gut finden, behalten wir, was schlecht ist, fliegt raus. Schöner wär's natürlich, zum Songs schreiben drei Monate nach Ibiza zu fliegen, aber das ist aus verschiedenen Gründen nicht immer möglich. Es dauert eben, bis sich vier Ultra-Egos auf eine Sache geeinigt haben. Zumal uns die Plattenfirma nicht im Nacken saß. Nach der "Dead Man's Ball" waren wir auch gut ausgebrannt, was den Kreativ-Prozess angeht, da wollten wir das neue Zeug spielen und uns keine Gedanken machen. Also haben wir uns Zeit gelassen. Was nicht heißt, dass die Stücke für "Black Songs" entspannt entstanden sind. Irgendwie sind wir gerade so fertig geworden.

Tolga:
Was hat es mit dem Titel "Black Songs" auf sich? Durchzieht ein roter Faden thematisch das komplette Album oder ist es eine Anspielung auf METALLICAs "schwarzes Album"?

Aggi:
Schon bei der Vorproduktion haben wir gemerkt, dass sich dieses Album anders anfühlt. Zu diesem Zeitpunkt gab es so gut wie keine Texte oder eine spezielle Thematik. Während der Studiosessions bei Claus Grabke wurden die Songs in die passenden Sounds gekleidet und es fiel auf, dass die meisten Tracks recht düster wirkten. Die Texte sind anschließend passend zu den Stücken entstanden und wollten auch nicht wirklich fröhlich werden. Auf den Vorgängeralben hatten wir auch immer zwei oder drei Songs, die zumindest in unseren Augen emotional tiefer im Wasser lagen und nicht zwingend der Party-Rock'n'Roll-Attitüde entsprachen. Bei den "Black Songs" ist es halt umgekehrt. War nicht beabsichtigt, es wollte eben so aus uns raus und schielt in keinster Weise auf anderer Leute Alben, Namen oder Stile, sondern fasst einfach die Stimmung der Songs oder des Albums zusammen.

Sarge:
Also METALLICA ist ein bisschen weit hergeholt, oder? Nur weil ein Black im Namen vorkommt? Das mit dem roten (oder schwarzen) Faden trifft's schon eher. Während der Namenssuche ist uns aufgefallen, dass ein Großteil der Songs in wirklich dunklen und trüben Gewässern fischt, also lag es nahe, das im Albumtitel festzuhalten. Aggi war dann der, der es ausgesprochen hat und alle fanden's gut. End of story.

Tolga:
Was könnt ihr zu den Texten oder einzelnen Songtiteln verraten?

Aggi:
Gar nix. Selbst lesen und denken. Einiges wird sich erklären, einiges bleibt kryptisch und einiges wird jeder anders beurteilen.

Sarge:
Texte sind Ausdruck einer subjektiven Sichtweise auf Dinge, die entweder schon geschehen, noch nicht geschehen sind oder nie geschehen werden. Also zum großen Teil übertrieben und schlichtweg frei erfunden. Ob der Zuhörer damit etwas anfangen kann, steht auf einem anderen Blatt. Meiner Meinung nach müssen Texte nicht unbedingt etwas transportieren, was vom Zuhörer sofort als klare Information verstanden werden muss. Sprache gehört zum Instrument Gesang. Wir bedienen uns zugegebenermaßen einiger Klischees, aber eher augenzwinkernd. Das ist wohlgemerkt nicht bei allen Songs so, einige haben sehr wohl eine Geschichte zu erzählen. Aber wie alles andere sind Texte auch mit Geschmack verbunden und darüber kann man bekanntlich streiten bis man schwarz ist. Wir benutzen alles, was sich in unseren Ohren gut anhört, Sinn kommt erst an zweiter Stelle. Manchmal erschließt sich der Sinn erst, nachdem der Song aufgenommen ist. Alles Auslegungssache. Das Ziel ist erreicht, wenn der Zuhörer sich mit dem Text auseinander setzt.

Tolga:
Im Gegensatz zu "Dead Man's Ball", was mir seinerzeit schon sehr gut gefallen hat, habt ihr bei "Black Songs" lediglich auf elf Songs zurückgegriffen, was meiner Meinung nach ein kluger Schachzug war, da das hohe Niveau über Albumlänge gehalten wird, was beim Vorgänger nicht der Fall war. Eine bewusste Entscheidung oder habt ihr detaillierter an den elf Songs gefeilt?

Aggi:
Zunächst haben wir wirklich mehr Zeit mit den einzelnen Songs verbracht und alles an Ideen zugelassen und viel ausprobiert und umarrangiert, bis uns jedes Lied zu 100% gekickt hat. Des Weiteren wollten wir kein Material verwenden, das schon vor der "Dead Man's Ball" vorhanden war und somit aus einer anderen Periode der Band stammt. Somit braucht es eben seine Zeit. Wir hatten also irgendwann zwölf Nummern beieinander, von denen es elf geschafft haben und die Band so wiedergeben, wie sie momentan klingt.

Sarge:
Eigentlich gab es sogar noch ein, zwei Songs mehr, die es aber nicht über die Ziellinie geschafft haben. Hauptsächlich, weil unser Produzent Claus Grabke uns die Augen geöffnet hat. Als jemand, der eine andere Sichtweise auf die Songs hatte, sind ihm Schwächen natürlich eher aufgefallen. Also haben wir sie weg gelassen, was dem Album definitiv zu Gute kam. Somit war es eine bewusste Entscheidung.

Tolga:
Gewisse Sachen sind gleich geblieben, wie z.B. die MOTÖRHEAD-Hommage 'Moto Mojo', andere Sachen sind neu, wie z.B. 'One Way Hero', was mit einem verzerrtem Bass und einem eher langsamen Beat aufwarten kann. Was wolltet ihr gegenüber dem letzten Album neu machen bzw. welche Trademarks beibehalten?

Aggi:

Grundsätzlich wollten wir "Dead Man's Ball" nicht wiederholen. Das wäre mit Sicherheit einfacher gewesen, hätte aber unseren Anspruch an uns selbst untergraben. Na klar gibt es auch Nummern, die typisch für uns sind und den Schulterschluss zum Vorgängeralbum suchen. Ein paar große Einflüsse wird man ebenfalls wohl immer heraushören. Das darf sein und das wollen wir auch so. Wir haben jedoch mehr zu bieten und wollen das genauso zeigen. Deshalb waren wir auch sehr offen gegenüber den Vorschlägen von Claus gewesen, neue/andere Sounds zu verwenden und auch damit die Strukturen der Songs noch zu unterstreichen. Trotzdem kommt nicht das Gefühl auf, "Black Songs" sei von einer anderen Band. Es klingt immer noch nach den TRICKY LOBSTERS. Wir haben halt eine bestimmte Art und Weise zu spielen und dazu verfügen wir über recht markante Stimmen. Das alles sind unsere Trademarks.

Tolga:
Meiner Meinung nach kommen jetzt auch Elemente aus dem Country-Bereich ('Hate You') oder melancholische Stimmungen ('Abandon Hope') zum Tragen. Habt ihr schon Musikstile im Hinterkopf, die ihr auf dem nächsten Album in den Sound einfließen lasst bzw. gibt es Stile, die überhaupt nicht zu den LOBSTERS passen?

Sarge:
Stile, die nicht zu uns passen? Techno, Free Jazz und True Metal, alle anderen haben eine gute Chance darauf, durch den LOBSTER-Wolf gedreht zu werden.

Aggi:

Naja, eine Slidegitarre macht noch keinen Country-Song. Aus der Ecke kommt die Inspiration eher weniger. Die Songs sind zum Teil sehr bluesy, ohne allerdings das typische Bluesschema zu bedienen. Hinzu kommt unser Faible für schweren Riff-Rock und Melodien, die gern auch etwas melancholisch sein dürfen. Die Songs betonen mal den einen oder den anderen Einfluss oder vermischen eben alles. Was auf dem nächsten Album passiert, können wir jetzt natürlich noch nicht sagen. Wenn uns irgendetwas inspiriert, dann werden wir es benutzen, wahrscheinlich auf eine ganz miese Art und Weise. Ich lehne mich jedoch nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass HipHop oder Techno vermutlich keine Option auf Einflussnahme haben. Voraussichtlich wird das nächste Album anders werden und trotzdem nach den LOBSTERS klingen.

Tolga:
Steht nächstes Jahr noch eine Tour oder ein Support-Slot auf dem Programm?

Aggi:

Sollte sich etwas ergeben - warum nicht? Wir sind jedoch eher die Weekend-Mugger, buchen die Shows selbst und entscheiden demnach, wann wir wo auftreten. Dankenswerterweise wächst die Zahl der Anfragen, es könnte trotzdem mehr sein...

Redakteur:
Tolga Karabagli

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