TRIPTYKON: Ein finsterer, bitterböser Blick auf die Re-Releases
07.05.2025 | 00:11Um den Festivalsommer der Band etwas anzuheizen, der sie u.a. auf das Party.San Open Air, aber auch zum Eindhoven Metal Meeting sowie das Graspop Metal Meeting führt, hat sich Prowling Death Records/Century Media Records im Falle von TRIPTYKON etwas Besonderes einfallen lassen. So werden die beiden Alben "Eparistera Daimones" und "Melana Chasmata" als sehr prunkvolle, hochwertige Vinyl-Versionen wiederveröffentlicht, um nicht nur Plattenliebhabern die Freudentränen in die Augen zu treiben, sondern auch die Besonderheit sowohl der CELTIC FROST-Nachfolgeband als auch deren Schaffen noch einmal in den Fokus zu rücken – und damit auch hoffentlich neue Musik anzukündigen. Doch in diesem Artikel widmen wir uns diesen so wegweisenden Alben von 2010 und 2014.
Bevor wir uns den ersten Re-Release vorknöpfen, schauen wir einmal auf die Historie TRIPTYKONs: 2008 existierte CELTIC FROST zwar noch, doch der Gedanke Fischers, ein Nebenprojekt gemeinsam mit Bassistin Vanja Slajh zu starten, verdichtete sich. Nach der offiziellen Auflösung seiner Hauptband konnte es für Tom G. Warrior und dem nun TRIPTYKON getauften Projekt nun vollends losgehen. Gemeinsam mit DARK FORTRESS-Gitarrist V. Santura und – wenig später – Norman Lonhard von FEAR MY THOUGHTS schuf der Wegbereiter des Avantgarde Metals, der Einfluss so vieler, namhafter Größen im Black-, Death-, Doom- und auch Gothic-Bereich sowie ein so netter, aufrichtiger und zuvorkommender Gesprächspartner, also eine CELTIC FROST-Nachfolgeband, die ihren so legendären Ursprüngen in nichts nachstand und der Wirkung eines Tom G. Warriors den nächsten Schritt ermöglichte. Nachdem es dieser schaffte, die gesamte Infrastruktur CELTIC FROSTs zu übernehmen, konnten nun die Arbeiten an der Vorstellung der Dämonen zu seiner Linken beginnen.
Und hier setzen wir mit der Besprechung der "Eparistera Daimones"-Wiederveröffentlichung an. Als Liebhaber des Visuellen fällt sofort dieses umwerfende Artwork in XXL-Format auf, prädestiniert für eine Vinyl-Veröffentlichung wie die vorliegende. Allein die Optik – ein Bild des Schweizer Künstlers HR Giger aus dem Jahre 1978 – und Haptik, dieses massive Gebilde von einem musikalischen Monstrum ist eine absolute Augenweide. Und erst das Innere, denn wenn wir die beiden Platten herausnehmen, strahlen uns zwei Avantgarde-Schönheiten in tiefstem Lila an, und gemeinsam mit zwei schmucken Postern hat man sich hierbei definitiv nicht lumpen lassen. Viele Stücke waren einst für den "Monotheist"-Nachfolger bestimmt, doch auch im TRIPTYKON-Gewand ist das Album eine Wucht. Eine so dichte Atmosphäre, eine finstere, düstere wie auch hochfaszinierende Sphäre und per se zwar neue, aber insgeheim vage bekannte Töne aus der Feder Fischers, die zum Vorschein kommen. Anstatt die Blastbeats auszupacken, regieren auf dem TRIPTYKON-Debüt die so tiefgreifenden Slow-Motion-Parts, als wenn glühende, pechschwarze Lava in die Adern kriecht, der vergangene und scheinbar bewältigte Schmerz akuter, aktueller denn je ist, diese großen Riffs, dieses CELTIC FROSTsche Alleinstellungsmerkmal, dieser hohe, künstlerische Wert nun auf die nächste Ebene gesetzt wurde. Stücke wie das zermalmende 'Abyss Within My Soul', das recht offensive, aggressive 'A Thousand Lies' oder das vor allem durch den überraschenden Klavier- und Frauenstimmenteil beinah schon unheimlich wirkende 'My Pain' sind immens intensiv, verwandeln auch die hellsten Sonnenstrahlen in absolute Düsternis und mit der akustischen Höllenfahrt 'The Prolonging' schießt TRIPTYKON auf diesem Album ohnehin den Vogel ab. Gepaart mit seiner stimmlichen Präsenz, mit seinem schmerzerfüllenden Ächzen, wirkt die Musik so abgrundtief böse und ohne jegliche Aussicht auf Erlösung und Linderung – also im Endeffekt genau das, was sich CELTIC FROST- und Tom G. Warrior-Fans so sehr gewünscht haben. Und sie werden nicht enttäuscht, nein. Sie finden in TRIPTYKON eine neue, akustische Heimat.
Ein knappes halbes Jahr später folgte mit "Shatter" eine nicht minder gelungene EP, die vor allem durch die beiden CELTIC FROST-Cover 'Circle Of The Tyrants' und 'Dethroned Emperor' für Aufsehen sorgte. Tom G. Warrior setzt sich mit TRIPTYKON also aktiv mit seiner musikalischen Vergangenheit auseinander, scheut ihre Konfrontation nicht und ist hörbar stolz auf das in der Vergangenheit Geleistete. Bis zum heutigen Tag folgten viele Konzerte TRIPTYKONs, bei denen CELTIC FROST-Klassiker zum Besten gegeben wurde und als Zeuge einiger davon muss ich sagen, dass all diese durch und durch gelungen und äußerst geschmackvoll umgesetzt wurden.
Doch widmen wir uns wieder aktuellen Geschehnissen und die werden durch die zweite Wiederveröffentlichung TRIPTYKONs zum morbiden Leben erweckt. Erstmals am 14. April 2014, also vor rund 11 Jahren, erschienen, blicken uns die beiden Platten von "Melana Chasmata" in blutroter, fast schon unheimlich faszinierender Optik mitten ins Gesicht. So und nicht anders wird man der so dichten, schweren und klaren Atmosphäre dieses einmal mehr besonderen Albums aus der Feder Fischers gerecht. In mehr als 65 Minuten treibt es TRIPTYKON auf dem Zweitwerk auf die Spitze des avantgardistischen Doom-, Death- und Black Metals; so bitterböse, so massiv – einerseits blickt das Album majestätisch von oben auf uns herab, andererseits schauen wir mitten in seine schaurig schöne Fratze, die die Marschroute des Vorgängers mühelos weiterverfolgt. Soll heißen, dass der Vierer einmal mehr auf Geschwindigkeitsdrosselung setzt, dass diese zähflüssige Lava aus hundsgemeinem Riffing, dieser unnachahmlichen Präsenz eines Warriors, diese so bitterböse und fast schon morbide Aura vom beginnenden 'Tree Of Suffocating Souls' – man hat den Baum vor dem geistigen Auge – bis hin zum fast abschließenden, schwarzen Schnee, vor dessen Niederfall man sich nicht schützen kann, ehe 'Waiting' dieses famose Epos äußerst würdevoll ausklingen lässt.
Ich kenne niemanden außer Tom, der es so glaubwürdig versteht, das düsterste Metall überhaupt in die richtige Form zu gießen und einerseits seiner eigenen musikalischen Vergangenheit Tribut zu zollen und dabei gekonnt in die Zukunft zu schauen. Ob uns nun 'Breathing' die Köpfe abknüppelt, bleischwere Steine wie 'In The Sleep Of Death' den Abhang herunterrollen oder 'Aurorae' es von Beginn an schafft, den Geist in Gänze einzulullen, ehe TRIPTYKON die nächste Metalllawine in Gang setzt. Auch hier schließt sich wieder der Kreis zum Vorgänger, wurde für das Artwork doch erneut ein Bild – namentlich Mordor VII von 1975 - des im selben Jahr verstorbenen HR Gigers verwendet. Stil- und würdevoller hätte "Melana Chasmata" nicht inszeniert werden können und vor allem als XXL-Version ist das, was ich gerade in den Händen halte, ein Koloss von Wiederveröffentlichung. Erneut 180g feinstes Vinyl, erneut mit zwei hübschen Postern versehen, erneut Fischers Musik in seiner vollen Pracht – Metal-Herz, was willst du eigentlich mehr?
Auch wenn wir nach wie vor auf ein neues, das nunmehr dritte TRIPTYKON-Album warten müssen, blieben Fischer und Co. in den Folgejahren nicht untätig. Im Gegenteil, denn neben vielen Festivalauftritten und der Roadburn-Geschichte 2019, als die Band gemeinsam mit dem niederländischen Metropole Orchestra und der tunesischen Sängerin Safa Heraghi das Album "Requiem" einspielte, sorgte erst 2023 Toms Wiederauferstehung der HELLHAMMER-Geschichte in Form von TRIUMPH OF DEATH für sehr viele Gänsehaut-Momente. Von denen können allerdings auch "Eparistera Daimones" und "Melana Chasmata" ein Liedchen singen.
- Redakteur:
- Marcel Rapp