TRUCKFIGHTERS: Interview mit Niklas "Dango" Källgren

21.02.2014 | 16:23

Die schwedischen Fuzzrocker haben ihre vierte Langrille "Universe" am Start und ein altes Problem wieder einmal an den Hacken. Welches das ist, verrät uns Gitarrero Niklas und erklärt mal eben noch Stoner Rock für tot.

Während das Erscheinen von "Universe" im Januar natürlich das bestimmende Thema im "Bandcamp" gewesen sein dürfte, wurde auch das "unendliche" und leidige Schlagzeuger-Problem wieder einmal aufgeworfen. Erst 2012 war Neu-Drummer Andre "Poncho" Kvarnström zur Band gestoßen - nach Aussage von Niklas einer der besten Trommler, den die TRUCKFIGHTERS bis dato in ihren Reihen hatten (und das waren nicht wenige, allein fünf seit 2008). Doch auch das ist bereits wieder Geschichte. Niklas gibt zu Protokoll, dass Andre zwar weiterhin ein sehr guter Freund sei, aber entschieden habe, für eine Zeit lang etwas völlig anderes zu machen. "Aber die Tür wird immer offen stehen für unseren kleinen Poncho", meint Niklas. Die permanenten Besetzungswechsel am Schlagzeug scheinen also etwas zu sein, mit dem die Band wohl einfach leben muss. Für die Tour im Frühjahr habe man jedoch schon einen sehr fähigen Ersatz gefunden.

Es hat eine Weile gedauert, bis "Universe" endlich das Licht der Welt erblickte. Was hat die Band eigentlich in den viereinhalb Jahren seit "Mania" getrieben? Niklas erzählt, dass sie in den letzten Jahren viel auf Tour rund um den Globus waren - USA, Australien, Neuseeland und natürlich etliche Gigs in Europa. Aber das sei nicht die ganze Wahrheit, da gab es auch das "Standardthema" mit den Drummern. Da man mit einem neuen Bandmitglied erst einmal die alten Sachen einstudieren müsse, gerät in dieser Zeit der kreative Prozess etwas aus dem Blickpunkt. Außerdem seien die Songs tatsächlich schon seit 1-2 Jahren nahezu fertig geschrieben gewesen, doch man wollte keinen Schnellschuss hinlegen, sondern sich die nötige Zeit nehmen, um aus diesem Rundling, nun ja, "das beste Album der Welt zu machen". Zur Überspitzung neigen sie gern mal, die TRUCKFIGHTERS, das darf man nicht so ernst nehmen.

 

Truckfighters Universe Cover

Und doch dokumentiert "Universe" tatsächlich eine musikalische Weiterentwicklung (ohne das jetzt zwangsläufig als besser oder schlechter im Vergleich mit den Vorgängerwerken bewerten zu müssen). Es ist auffällig, dass die typischen Heavy-Riffs der TRUCKFIGHTERS nicht mehr in dem Maße das Album dominieren, wie es früher der Fall war. Es kommt eine größere Variabilität mit vielseitigeren Songstrukturen und neuen Elementen auf "Universe" zum Tragen. Es ist normal, dass Musiker dann von einem "natürlichen Prozess" sprechen und angeben nicht darüber nachgedacht oder dies sogar beabsichtigt zu haben. Man kennt das ja. Niklas beschreibt es so, dass sie versucht haben sich von "allen Einflüssen und Erwartungen loszueisen". Dennoch ist es ja gerade in solch einem Fall interessant, über (neue) Einflüsse zu sprechen, die auf die musikalische Weiterentwicklung eingewirkt haben. Niklas sagt, dass es mit zunehmendem Alter vor allem auch Einflüsse aus dem nicht-musikalischen Bereich gäbe, die eine Rolle spielen und führt aus: "Ich kann in der Wildnis in Nordschweden für mehrere Tage Ski fahren gehen und treffe dabei nur auf ganz wenige Menschen. Wenn man später im Studio an den Songs schreibt, kann einen solch ein Erlebnis stärker beeinflussen als ständig Musik zu hören."

Trotz der vielseitigeren, in gewisser Weise progressiveren Songs und der verminderten direkten Haudrauf-Spielweise glaubt Niklas nicht, dass das traditionell hohe Energielevel auf TRUCKFIGHTERS-Konzerten nachlassen könne. "Nein, wir haben die Energie im Blut. Du kannst nicht aufhören, dich zu bewegen, wenn du gute Musik spielst. Aber hoffentlich können wir mehr Möglichkeiten der Interaktion mit dem Publikum ausprobieren, und es in die TRUCKFIGHTERS-Stimmung versetzen. Herumspringen ist nicht alles, es geht darum, die Energie mit den Zuschauern zu teilen. Wenn uns das gelingt, sind dies die besten Momente auf der Bühne."

Der kreative Prozess im Hinblick auf das Entstehen neuer Musik hat sich seit dem dritten Album "Mania" etwas gewandelt. Bei "Gravity X" und "Phi" basierte das Ganze mehr auf Jam-Sessions aller Musiker, doch durch das ganze Hickhack um den Schlagzeugerposten liege das Songwriting inzwischen komplett auf den Schultern von Ozo (Sänger/Bassist Oskar Cedermalm) und Dango. Eine Situation, mit der sie selbst nicht so ganz zufrieden seien, was aber natürlich den Umständen geschuldet ist.

 

Der Videoclip zum Song 'Prophet' stammt aus der Feder von Jörg Steineck, der zusammen mit Christian Maciejewski auch an der "Fuzzomentary", einer Dokumentation über TRUCKFIGHTERS, beteiligt war. Niklas führt weiter aus: "Bei Videos arbeiten wir nur mit Freunden zusammen, die wir manchmal nicht sonderlich gut bezahlen, weil wir es uns nicht leisten können. Im Gegenzug gewähren wir ihnen aber totale künstlerische Freiheit. Sie können tun, was sie wollen, was uns manchmal gute und manchmal weniger gute Videos beschert. In jedem Fall unterscheidet sich aber jedes Video von den anderen." Heißt also, die drei TRUCKFIGHTERS waren in den kreativen Prozess nicht eingebunden, Jörg Steineck hatte vielmehr völlig freie Hand und das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Kein Standardwerk, aber ein Clip, welcher sich auch ohne opulente Bildgewalt ins Hirn eingräbt.

Woran sich Niklas wirklich reibt, scheint die Einordnung als Stoner-Rock-Band zu sein. Er selbst habe sich seit 5-10 Jahren kein Stoner-Rock-Album mehr angehört, deshalb sei er irritiert, wenn TRUCKFIGHTERS als Stoner Rock bezeichnet werden (eine stilistische Klassifizierung, die im übrigen in Kombination mit Fuzz Rock auch von uns verwendet wird). Die Fuzz-Gitarren seien es dann auch, welche den einzigen kleinen Anflug einer Nähe zum Stoner Rock erklären würden - doch das beträfe Bands wie THE BLACK KEYS gleichermaßen, die auch niemand ernsthaft als Stoner bezeichnen würde. Niklas erklärt: "Ich denke, der Stoner Rock ist tot. Wir spielen progressiven Hard Rock mit Fuzz - das ist die naheliegendste Defintion unseres Sounds, mit der ich dienen kann." Wenn man das "Fuzz-Pedal", welches offensichtlich das einzige Element sei, das sie auf das Stoner-Rock-Genre festnageln lässt, wegließe und stattdessen der Gitarre einen traditionellen Metalsound verpasste, würde die Band total anders wahrgenommen, meint Niklas. Am Ende der musikalischen Reise komme es allerdings auch nur darauf an, wirklich gute Musik zu kreieren, egal welchem Genre sich diese nun zuordnen lasse. Persönlich fühlt sich Niklas zu Fuzz-Bands wie eben den BLACK KEYS hingezogen, auch Jack Whites musikalische Ergüsse sowie OPETH, KATATONIA und dann doch (obwohl er die Band eben seit 5-10 Jahren nicht mehr angehört habe) KYUSS zählen zu seinen Vorlieben.

Bei Konzerten, an die sie sich gern zurück erinnern, fällt sofort der Name Stoned From The Underground. Das renommierte Szenefestival in Erfurt beehrten TRUCKFIGHTERS zum ersten Mal 2006. Man war zwar vorher bereits ein paar Mal in Europa unterwegs gewesen, aber trotzdem noch eine relativ unbekannte Band, die dann auch häufig vor nur wenigen Zuschauern spielte. Anders auf dem SFTU 2006. Niklas erinnert sich: "Als wir ankamen und die Bühne betraten, waren da 1000 Leute - und ständig stürmten weitere Menschen das überfüllte Zelt (Ich war dabei, es war tatsächlich ein denkwürdiger Gig - Anm. d. Verf.). Die Leute sangen sogar unsere Songs mit. Es war uns gar nicht bewusst, dass die harte Arbeit der Jahre zuvor uns eine solche Gefolgschaft eingebracht hatte." Auch die Tour mit FU MANCHU im Jahr darauf ist ihm in Erinnerung geblieben, vor allem dass sie zu den 35 Gigs im eigenen kleinen Bus fuhren - ohne Fahrer (selbst ist der Mann) und aufgrund der großen Distanzen zwischen den Auftrittsorten auch häufig ohne Nachtschlaf, wenn sie unmittelbar nach den Shows zusammenpacken und aufbrechen mussten. Inzwischen ist die Band natürlich bekannter, spielt auf größeren Festivals und ist weiter herum gekommen (nun auch im eigenen Nightliner, was ihnen FU MANCHU anno 2007 noch voraus hatte).

Die derzeitige Situation für die Band in ihrem Heimatland Schweden beschreibt Niklas hingegen so: "Wir gehören in Schweden immer noch zum Underground. Witzigerweise können wir Einzelkonzerte in Clubs mit 300-400 Leuten Kapazität jedes Mal ausverkaufen, aber ich glaube eine Tour würde hier nicht funktionieren. Es gibt in Schweden eine Menge schäbige Orte um vor 10 oder 20 Leuten zu spielen, aber es ist sehr schwer den nächsten Schritt zu machen. Es gibt keine guten Locations dazwischen, als nächstes kommen schon die besten Clubs, die 500-1000 Zuschauer fassen. Um so viel Publikum zu ziehen, muss man schon beinahe die Nummer eins unter den Rockbands in Schweden sein." Sie seien natürlich erfreut gewesen, als von der Band in Europa mehr und mehr Notiz genommen wurde, während sie in Schweden noch ein unbeschriebenes Blatt waren. Für Niklas enthält jedenfalls die Weisheit, dass der Prophet im eigenen Lande nichts zählt, insbesondere in Bezug auf Schweden sehr viel Wahres. Im Gegensatz dazu seien sie auf ihren Tourneen vor allem in Australien und in Südamerika wie Rockstars empfangen worden, was bemerkenswert sei angesichts der Tatsache, dass sie in diesen Ländern nicht mal einen vernünftigen Vertrieb hätten. Niklas meint, es müsse wohl an Downloads - legal wie illegal - liegen, die sie in aller Munde brachten.

Zu wirklichen Rockstars wird es in solch einem - trotz allem - Randbereich der Gitarrenmusik nicht reichen, was aber nicht heißt, dass "Universe" nicht trotzdem ein empfehlenswertes Scheibchen wäre, das auch über den Fuzz- oder Stoner-Rock-Bereich hinaus Anhänger finden dürfte. Und live sollte man sich diese Band sowieso nicht entgehen lassen. Die anstehenden Tourtermine im Februar und März bieten eine gute Gelegenheit dafür.

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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