This Is Spinal Tap. 25th Anniversary Edition

30.12.2009 | 20:30

Beeindruckend wie Stonehenge: "This Is Spinal Tap" wird 25.

 

Auch wenn einem der inflationäre Gebrauch des Wortes "Kult" zuwider ist, kann man hier von einem Kultfilm sprechen, dessen oft zitierte Gags mittlerweile Klassikerstatus haben: der Verstärker bis Stufe 11, das "Hallo Cleveland" im Backstage-Labyrinth oder Gitarrendiva Nigel Tufnel, der mit einer Geige seine Gitarre spielt. Und natürlich die Serie obskurer Todesfälle unter den Schlagzeugern der Band.

25 Jahre ist es nun her, dass der Film "This Is Spinal Tap" herauskam. Das Massenpublikum erreichte er so wenig wie eine häufige Fernsehpräsenz, aber für Rocker ist dieser Film Kulturgut. Seit Ende der 70er bereits verkörperten die amerikanischen Komödianten Michael McKean (als Sänger und Gitarrist David St. Hubbins), Christopher Guest (Leadgitarrist Nigel Tufnel) und Harry Shearer (Bassist Derek Smalls) die fiktive britische Rockband SPINAL TAP. Nach einigen Jahren in einer Comedysendung drehten sie "This Is Spinal Tap" als Tourdokumentation mit dem Regisseur Rob Reiner ("Harry und Sally", "Stand by me"), der den Dokumentarfilmer Marty DiBergi spielte.

DiBergi begleitet SPINAL TAP, die schon bessere Tage gesehen haben, auf ihrer 1982er US-Tournee. Er zeigt die Band auf und hinter der Bühne, im Interview und im Video, mit Manager und Vertretern der Plattenfirma. Nachdem etliche Auftritte kurzfristig abgesagt worden sind, bringt die ehrgeizige Freundin des Sängers die Band an den Rand des Abgrunds. Doch durch einen Glücksfall kriegen SPINAL TAP am Ende doch wieder die Kurve.

"This Is Spinal Tap" ist vor allem eine punktgenaue Satire auf das Rockbiz. Der Film trifft das Rockstargehabe, die Geschäftsgepflogenheiten der Musikbranche und den Stil von Tourfilmen so treffend, dass mancher arglose Zuschauer anfangs gar nicht begriff, dass dies nur eine Komödie über eine erfundene Band war. Auch heute noch könnte man fast an die Echtheit der Aufnahmen glauben, wenn man die Figuren, die typischen Sprüche von Figuren wie Frontmann, Leadgitarrist, Manager oder die vielen kleinen Situationen erlebt. Da man SPINAL TAP eine lange Biographie mit mehreren musikalischen Richtungsänderungen verpasst hatte, konnten verschiedene Rockstile durch den Kakao gezogen werden. Fans der Films können vermutlich stundenlang spekulieren, welche echte Band mit diesem Plattencover oder jenem Liedtitel gemeint ist. Wie treffsicher der Film die Musik- und Medienwelt karikiert hat, kann man daran sehen, dass ein paar Jahre später in einer Schwächephase des Rock tatsächlich eine Unplugged-Mode populär wurde (eigentlich eine Verzweiflungsidee von St. Hubbins) oder von METALLICA ein Album mit rein schwarzem Cover erschien; und DiBergi, der sich mit seiner Baseballmütze gerne selbst vor der Kamera in Szene setzt, wirkt wie eine Vorwegnahme des selbstgefälligen Wichtigtuers Michael Moore. Und nicht zuletzt sind da die genial-debilen Liedtexte...

Dem Ruhm des Films war es sicher nicht abträglich, dass die "Band" ein paar Jahre später wirklich ein Album ("Break Like The Wind", 1992) herausbrachte und einige Auftritte absolvierte.


CDs von SPINAL TAP (in der Mitte das Schwarze Album)

Da der Film nun ein Vierteljahrhundert auf dem Buckel hat, ist in diesem Jahr nicht nur mit "Back From The Dead" eine weitere Platte von SPINAL TAP auf den Markt gekommen, sondern auch mal wieder eine Neuausgabe des Films, und zwar eine "25th Anniversary Edition" als fettes Paket mit drei DVDs im Schuber.


Diese Neuausgabe enthält neben "This Is Spinal Tap" jede Menge Extras. Den Film selber gibt es wieder nur im Originalton mit Untertiteln, das hat allerdings den Vorteil, dass man ein Nebenthema des Films stärker bemerkt, nämlich das Klischee von der spannungsgeladenen und argwöhnischen Beziehung zwischen Engländern und Amerikanern.

Das Bonusmaterial ist von unterschiedlichem Wert: Das Interview mit Reg Presley, dem Sänger der 60er Band THE TROGGS, darüber, dass ein mitgeschnittener Streit in seiner Gruppe vielleicht Szenen aus "This Is Spinal Tap" beeinflusst haben könnte, ist ebenso entbehrlich wie die verschiedenen Werbetrailer auf DVD 3. Die Pressekonferenz der Hippiebesetzung von SPINAL TAP ('Listen To The Flower People') oder die stupiden Stonehenge-Interviews mit Tufnel führen den Spinal-Tap-Süchtigen noch etwas tiefer in das Paralleluniversum von SPINAL TAP ein, das eben größer ist als der Film.

Für Fans von SPINAL TAP - der Band, dem Film und dem Phänomen - dürften wohl die Outtakes am interessantesten sein. Über eine Stunde Filmmaterial, das es letztendlich nicht in den Film geschafft hat, ist zu sehen. Dass darunter einige recht überzogene Gags und überraschende Personendarstellungen (ein dominanter Smalls im Studio, ein entspannt-fröhlicher Tufnel) sind, zeigt, dass die kreativen Köpfe nach vielem Improvisieren beim Dreh spätestens beim Schnitt klare Vorstellungen von dem Film hatten. Als musikalisches Schmankerl werden ein Mitschnitt aus einem Auftritt von 1992 sowie die Videoclips zu fünf Liedern geboten.

In diesem Sinne: Have a good Time all the Time.



This Is Spinal Tap. 25th Anniversary Edition (3 DVDs oder Blu-Ray)
Arthaus
VÖ: 04.12.2009
Original: USA, 1983.

Sound: wahlweise Stereo oder "Dubly" (englisch oder französisch, deutsche Untertitel wählbar)
DVD 1:
# Film "This is Spinal Tap"
# Doku "Up to 11" (Prominente Fans über den Film)
DVD 2:
# Interview mit Reg Presley, THE TROGGS
# Auftritt bei Live Earth 2007
# The Return of Spinal Tap (Konzert 1992 mit Doku-Einspielungen)
#Interview mit Nigel Tufnel über Stonehenge
DVD 3:
# Outtakes
# Trailer
# Musikvideos ('Gimme Some Money', 'Listen To The Flower People', 'Hell Hole', 'Big Bottom', 'Bitch School')
# Heavy Metal Memories
# Cheese Roll Trailer
# Flower People Pressekonferenz
# Featurettes

Redakteur:
Stefan Kayser

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