U.D.O.: Interview mit Udo Dirkschneider
01.01.1970 | 01:00Georg:
Hallo Udo, schätze du hast heute schon wieder einige Interviews hinter dir.
Udo:
Ja, ich mußte auch so einige abwürgen, da wurden einige schon wieder bischen lang und dann kommt man mit der Zeit nicht mehr richtig hin.
Georg:
Also fangen wir dann mal lieber an. Du hast gerade ein Live Album fertiggestellt. Auf diesem Album sind so einige Klassiker nicht vertreten. Lag es daran, daß von diesen Songs schon Live Aufnahmen existieren?
Udo:
Genau, sagen wir es mal so. Es gibt drei offizielle Live Alben von ACCEPT. Auf jedem dieser Alben ist "Balls To The Wall", "Princess Of The Dark", "Metal Heart" und solche Klassiker drauf. Als wir uns entschlossen ein U.D.O. Live Album zu machen, haben wir uns natürlich vorher zusammengesetzt und uns Gedanken gemacht, welche Songs wir verwenden. Dann führten wir auf unserer Homepage ein Voting durch und baten die Fans, daß sie nicht die Klassiker wählen sollten, sondern Songs nehmen, die sie schon immer einmal von U.D.O. oder ACCEPT hören wollten. Und dann kamen so Sachen wie "Midnight Highway" oder "Run If You Can", wo ich doch ziemlich überrascht war. Und wir hatten uns von vorneherein gesagt, daß ja zu ACCEPT Zeiten nach "Russian Roulette" geschrieen wurde, was ja nie live aufgenommen wurde. Das Voting stimmte dann auch weitgehend mit dem überein, was wir uns so vorgestellt hatten. So haben wir in Kauf genommen, daß einige Die Hard Fans enttäuscht sind, daß wir Songs wie "Balls" nicht auf dem Album haben, aber ich denke diese Variante ist interessanter. Bis jetzt, glaube ich, haben wir richtig gehandelt.
Georg:
Nun, nachdem es schon 2 Live Versionen gibt, würde die dritte auch nicht wesentlich anders werden.
Udo:
Ne, denn erstens ändert sich die Stimme nicht. Die Basis ändert sich auch nicht. Sicher kannst du Kleinigkeiten verändern, aber gerade bei diesen Songs kannst und sollst du nicht viel herumdoktorn.
Georg:
Habt ihr die Songs dann auf der Tour trotzdem gespielt?
Udo:
Ja, klar, aber nicht mehr alle, das wäre zu viel geworden. Das ginge zeitlich auch nicht. Bei den Proben fürs Live Album haben wir 30 Stücke gehabt und so 25 wollten wir dann auf das Album packen. Und aus der Erfahrung mit dem "Accept All Areas" Album, bei dem sich viele Leute beschwert haben, daß es kein richtiges Live Album sei, haben wir so eine Setliste gemacht, daß wir 2 Blöcke hatten, die man austauschen kann. Wir haben das auch mit den Anfängen und Enden so gemacht, daß man das wunderbar als Live Aufnahmen verwenden konnte. 26 Stücke am Abend kann man ja auch wirklich nicht machen.
Georg:
Wieviele Shows habt ihr dann aufgezeichnet?
Udo:
Wir haben bei 8 Shows mitgeschnitten und hatten dann eigentlich alles so zusammen wie wir uns das vorgestellt hatten. Die Russen sind dann auch in den Genuss gekommen fast jeden Abend eine unterschiedliche Setlist zu haben.
Georg:
Wie viel habt ihr dann im Studio noch nachbearbeiten müssen?
Udo:
Nichts! Das ist so wie es ist, da ist nichts neu gesungen. Da ist nichts dran gedreht. Das wollten wir nicht, wenn live, dann richtig live. Ein Live Konzert macht es doch auch aus, daß man mal ein paar falsche Töne hört. Und dazu muß man auch stehen können, daß ein Chor mal etwas daneben ging oder so was. Ich kenne auch einige Live Alben, da denkt man, daß kann nicht live sein, aber das wollten wir nicht.
Georg:
Wie kam es, daß die Aufnahmen in Russland stattfanden? Wart ihr von der letzten Tour so begeistert, oder war es dort besonderst günstig?
Udo:
Begeistert waren wir sowieso von Russland. Wir hätten auch noch Amerika, Spanien oder Deutschland nehmen können. Es lag aber auch an der Atmosphäre in Russland. Es ist jetzt nicht so, daß die Fans dort großartig anders wären. Aber die Atmosphäre ist schon speziell und diese wollten wir auf dem Live Album haben. Und das beste Angebot kam dann auch aus Russland. Man muß halt auch aufs Geld gucken.
Georg:
Waren die Konzerte in Russland dann auch besser besucht als in Deutschland?
Udo:
Nun, auf der letzten Tour in Deutschland waren wir gut über 1000 Besucher. Es hat sich mit dem letzten Album gewaltig verbessert. Aber Russland kann man nicht mit dem Rest von Europa vergleichen. Dort kamen zwischen 3500 und 8500 Besucher. Das ist schon ne Nummer größer. Wir haben aber auch in Russland einen sehr großen Status, den haben wir uns einerseits erspielt, aber man darf natürlich nicht vergessen, daß ACCEPT dort schon sehr groß war.
Georg:
Fällt es dir schwer zwischen U.D.O. und ACCEPT Klassikern hin und her zu wechseln?
Udo:
Nö, mittlerweile sehe ich U.D.O. auch als legitimen Nachfolger von ACCEPT. Speziell das letzte U.D.O. Album "Holy" ist schon ziemlich dicht an ACCEPT dran. Und das hat uns eigentlich auch recht gegeben. U.D.O. ist ja eigentlich kein direkter Bandname, das verbinden die Leute ja mit meinem Namen. Und so wie die Fans es mir gesagt haben, war ich ACCEPT, bin ich ACCEPT und es fehlt halt nur der Name ACCEPT und das neue Studioalbum, an dem wir gerade arbeiten wird noch näher an ACCEPT dran sein.
Georg:
Daß heißt, der Schnitt zwischen U.D.O. und ACCEPT, also daß die Leute lieber ACCEPT hören wollten ist vorbei?
Udo:
Nach dem letzten Split (1996) haben die Leute wohl gedacht, jetzt macht der Mann halt ein Solo Album und danach kommen ACCEPT wieder. Und es war auch nicht ganz so einfach für uns. Aber nach dem "No Limits" Album haben die Leute gemerkt, daß da nix mehr von ACCEPT kommt. Und mittlerweile hat sich das Thema auch erledigt.
Georg:
Du hast dann auch keine Ambitionen mehr auf eine weitere Reunion?
Udo:
Nein, das würde auch keiner mehr ernst nehmen. Das kann nicht mehr stattfinden.
Georg:
Auf Festivals bist du mit U.D.O. immer für eine gute Stimmung gut. Meistens spielt ihr aber die alten Klassiker von ACCEPT und kaum U.D.O. Songs.
Udo:
Im Prinzip machen wir auf Tour und auf Festivals unterschiedliches Programm. Auf Festivals gehen die Leute und wollen Partytime. Und da wollen die Leute das auch hören. Da sollte man sie nicht mit Experimenten quälen. Da ist eigentlich Hitparade angesagt.
Georg:
Aber mit U.D.O. hast du ja auch einige Hits gelandet.
Udo:
Die wir im Prinzip auch spielen. Nur wenn man nachmittags um 3 oder 4 Uhr spielt und nur 45 Minuten hat, dann wird's schwierig. Wenn man mal ne Stunde oder 1 ½ hat, dann kann man auch weitere Songs spielen. Aber auf Festivals kannste auch gar nicht ohne "Balls", "Princess" oder "Metal Heart" auftauchen. Die Leute würden es uns ganz übel nehmen.
Georg:
Hegst du auch die Hoffnung mit U.D.O. mal im Headliner Bereich aufzutreten?
Udo:
Es kristallisiert sich heraus, daß wir nächstes Jahr einige Festivals spielen werden und da sieht es so aus, daß wir zu anderen Zeiten auftauchen als bisher. Aber Headliner will ich auf einem Festival gar nicht spielen. Das ist ein schweres Unterfangen so spät noch auf die Bühne zu müssen.
Georg:
Nun, mit Headliner meinte ich auch eher den 20.00 Uhr Bereich.
Udo:
Und es tendiert genau darauf zu, daß wir zu dieser Zeit auftreten werden.
Georg:
Es gibt ja immer wieder Leute die sagen, daß wenn man die ganze Zeit so "rumschreit", dann würde die Stimme in den Eimer gehen.
Udo:
*lacht*
Georg:
Hast du da ein Rezept, daß man es deiner Stimme nicht anhört?
Udo:
Es kommt halt darauf an wie man damit umgeht. Mit Sicherheit kann man nicht jede Nacht über Jahre hinweg Party machen. Wenn man ein bisschen darauf aufpasst und auch etwas dafür tut, dann geht das. Ich geh jedes Jahr zwei mal zum HNO. Es gibt Kollegen, die da Probleme haben, aber bei mir *toi toi toi* ist da nichts. Ich rauche nach wie vor, aber das ist dann auch alles. Alkohol trinke ich recht wenig und ansonsten lebe ich recht gesund.
Georg:
Wie lange willst du noch weitermachen? Du bist ja mittlerweile 20 Jahre im Geschäft.
Udo:
So genau kann ich das gar nicht sagen. Unsere Planung geht bisher bis ins Jahr 2003 (*lacht*). Es wird nächstes Jahr ein neues Studioalbum geben. Und wir basteln schon fleißig an der nächsten Tour die sich bis Ende 2002 hinziehen wird. Und dann kommt das nächste Album und dann haben wir schon 2003. Und dann kommt vermutlich die nächste Tour... ist immer der selbe Kreislauf. Aber ich will auch noch gar nicht aufhören, da habe ich noch viel zu viel Spaß an der Musik. Dann ist es natürlich noch eine zusätzliche Motivation, daß man merkt daß die Arbeit sich gelohnt hat. Und das treibt einen auch wieder voran. Ich habe noch so viele Ideen und Planungen.
Georg:
Man hat es dieses Jahr auf dem Bang Your Head wieder gesehen. Die alten Hasen, so wie Dee Snider, die reißen deutlich mehr als die vielen neuen Bands.
Udo:
Tja, da könnte man jetzt lange drüber reden. Das liegt mit Sicherheit nicht daran, daß diese Bands schlecht wären, ganz im Gegenteil, die sind richtig gut.
Georg:
Ja, aber die Ausstrahlung auf der Bühne ist einfach eine andere.
Udo:
Das ist auch das, was ich bemängele. Da fehlen die Typen, die Charaktere. Man macht sich über so was keine Gedanken mehr. Man geht raus und will ein perfektes Set spielen. Aber was wir eigentlich machen ist Entertainment. Und da fehlt es. Wir proben auch auf Teufel komm raus, auch die ganz alten Sachen, wir sagen auch nicht daß wir das auch so spielen könnten. Aber es ist dann eigentlich egal ob es auf der Bühne zu 100% klappt. Wichtig ist, daß der Funke aufs Publikum überspringt. Live geht es um Power und nicht um Perfektion. Und das vermisse ich bei vielen neuen Bands. Von alten Hasen wie Ken Hensley oder Dee Snider kommt eine ganz andere Präsenz von der Bühne. Musik ist da nur die eine Sache und eine Live Präsentation ist harte Arbeit und darauf arbeiten viele nicht darauf hin. Ich hab das Gefühl die wollen das gar nicht.
Georg:
Du hast ja mit Breaker Records ein ganz junges Plattenlabel aus der Taufe gehoben.
Udo:
Angefangen hab ich damit 1999. Das ist noch nicht so lange. Wenn ich mal irgendwann aufhöre..
Georg:
wirst du uns als Produzent erhalten bleiben.
Udo:
Nein, produzieren will ich eigentlich gar nicht. Ich versuche lieber junge Bands zu finden und ihnen einen Chance zu geben. Und ihnen auch die ein oder andere Unannehmlichkeit zu ersparen, die sie vielleicht mit anderen Leuten haben.
Georg:
Soll das ein reines Metal Label werden.
Udo:
Nein, bei den neuen Veröffentlichungen habe ich auch KLEINKRIEG (um den EXTRABREIT Gründer Stefan Klein - der Verf.). Das muß nicht alles Metal sein.
Georg:
Und du hattest mit CYBERIA auch ne Electronic Band.
Udo:
Das ist Metal, aber die haben keinen Schlagzeuger und arbeiten viel mit Computer. Es ist sehr melodiös und in gewisser Art ist da auch viel neu. Das interessante ist, daß sie zwei Sänger haben, wie bei Beauty and the Biest. Der eine ist mehr für die harte Ecke und der andere mehr für die schönen Sachen.
Georg:
Was hörst du so privat?
Udo:
Ich höre mir natürlich die neuesten Sachen an, man will ja hören, was die "Konkurenz" so macht. Dann habe ich Tonnen von Demos, die ich mir auch soweit es geht anhöre. Und wenn ich mal abschalten will, dann hör ich mir Radio an.
Georg:
Chart oder Oldie Sender?
Udo:
Eher das was gerade in ist. Da hör ich ganz normal Radio. Ansonsten höre ich auch noch sehr gerne Klassik oder spanische Gitarrenmusik.
Georg:
Hast du dann auch schon überlegt ein Klassik Album zu machen?
Udo:
Ja, das wäre bestimmt nicht uninteressant. Es gibt da mit Sicherheit einige Nummern, die sich dafür hervorragend eignen. Aber an so ein Projekt habe ich noch keine Gedanken verschwendet. Vielleicht wenn wir mal ne Pause machen wollen. Wenn du es gut machen willst, dann geht das nicht nebenbei. Und wenn, dann will ich es gut machen.
Georg:
Was war dein Lieblingskonzert?
Udo:
Mit Sicherheit die MONSTER OF ROCK Konzerte und dann war da noch ein Konzert in Amerika, da waren so knapp 140.000 Leute. So was vergisst man nicht
Georg:
Und welches Konzert hättest du am liebsten aus deinem Gedächtnis gestrichen?
Udo:
Das war ein Konzert in London, im Hammersmith Odeon. Das war unsere Headline Show in London und da fiel für 15 Minuten die komplette Anlage aus. Das war so "Sterben ist Schöner" mit der kompletten Weltpresse. Das ist so ein Konzert, das müsste man nicht noch mal haben.
Georg:
Aber heute wäre das ein kleineres Problem.
Udo:
Ja, heute würde einem mehr einfallen. Da würde man mit so einer Geschichte anders umgehen.
Georg:
Was war für euch der Anlass, daß ihr härter geworden seid. Gerade mit der "Breaker" Scheibe.
Udo:
Ja, da wollten wir die härteste Band Deutschlands werden, und das haben wir auch geschafft. Das hat aber schon mit der "Rebel" Scheibe angefangen. Da haben wir noch gesucht, da war von Kommerz bis Punk alles drauf. Da haben wir viel ausprobiert und wir wussten wir wollten anders sein, aber einfach hart, und da kam "Breaker" raus. ACCEPT ist ja hart, aber doch melodiös. Und was ACCEPT ausmacht, das ist diese abartige Stimme (lacht). Und diese Gegensätze, diese Stimme in Verbindung mit der melodiösen Musik. Das macht ACCEPT und U.D.O. aus.
Georg:
Inzwischen wurden ja 2 größere ACCEPT Tribute Alben veröffentlicht.
Udo:
Ja auf dem ersten Album habe ich mit HAMMERFALL was gemacht und auf dem zweiten mit U.D.O. "Extacy" gecovert und mir selber einen Wunsch erfüllt, weil ich bei dem Album nicht dabei war. Die Nummer wollte ich schon immer mal singen.
Georg:
Bist du mit den Umsetzungen zufrieden?
Udo:
Ich sage mal, daß es interessant ist, was die Leute aus den Songs machen. Einige haben sie ja schon ganz schön umgebaut. Viele Bands sind von ACCEPT inspiriert worden und das ist schon so ne schöne Sache.
Hier ging leider das Tape zu Ende, so daß ich den Rest des Gesprächs aus dem Kopf wiedergebe - Georg
Georg:
Welche von beiden gefällt dir am besten?
Udo:
Das erste gefiel mir besser.
Georg:
Wie war das mit der Zusammenarbeit mit Hammerfall. Ich denke da hört man doch einen gewaltigen Unterschied zwischen dem Volumen eurer Stimmen.
Udo:
Der Song war eigentlich komplett aufgenommen, bis auf die Parts die ich singen sollte. Als ich dann ins Studio ging und loslegte, da fielen denen erst mal die Augen aus dem Kopf. Das war viel lauter und kraftvoller als sie es erwartet hatten. Und ich wurde hinterher auch zu meinem Organ befragt, wie ich das machen würde. Das war eine lustige Geschichte.
Georg:
Vielen Dank fürs Interview.
- Redakteur:
- Georg Weihrauch