VADER: Interview mit Peter Wiwczarek

28.08.2009 | 17:12

Neben den unbezähmbaren New-Aeon-Säbelzahntigern BEHEMOTH, die unlängst mit ihrem neuen Epos "Evangelion" reihenweise auf internationaler Ebene Wahnsinnskritiken einheimsen konnten, gibt es etwas weiter östlich von Deutschland kaum eine andere Band im extremen Schwermetall-Sektor wie VADER. Zwar sind die Mannen um Piotr "Peter" Wiwczarek (der als einzig verbliebenes Gründungsmitglied im letzten Jahr seine komplette instrumentalistische Batterie ersetzen musste) lange nicht so sinister-setianisch und spirituell-pluralistisch wie ihre nunmehr majestätisch protzigen Todeskünstler, doch gerade das Grundgediegen-Extremmetallische war schon immer ihr tröpfelndes Schankbier. Mit "Necropolis" wagt man deshalb nunmehr auch einen Schritt zurück in Richtung Old-School und polnischem Reinheitsgebot. Waren auf "Impressions In Blood" noch die Tendenz in Richtung symphonische Superstimmungen und jene sadistischen Foltertonbolzen in der Stärke eines Bela Bartoks zu hören, herrscht auf Neuling "Necropolis" wieder eindeutig der Knüppel vor. Back to the roots einfach. Im Gespräch verriet Peter uns seine heimliche Leidenschaft für die deutsche Sprache, sprach unter anderem über den Verlust der Leidenschaft im Zeitalter der digitalen Reproduzierbarkeit, über die Gründe, warum VADER damals ihre Instrumente selber bauten, möglicher Konkurrenzsituation mit obig genannten Kolossen und - last but not least - seiner Vorliebe für H.P. Lovecraft.

 

FRÜHER WAR ALLES BESSER, ODER: WARUM WILDER METAL AUFS INTERNET VERZICHTEN KANN

Im Papierwerk "Choosing Death" vom Schreiberling Albert Mudrian liest man über die notgedrungene DIY-Instrumentenkonstruktion der polnischen Veteranen. Mastermind Peter erinnert sich nur zu gerne an die alte Zeit. "Es ist wirklich schwierig über frühere Tage aus heutiger Sicht Auskunft zu geben. Jene Tage waren einfach so etwas von anders. Obendrein klingt es sogar noch ziemlich aberwitzig, selbst für die heutigen Fans. Diese haben nämlich denkbar alles, was sie brauchen, um ein Metalfan zu sein. Das Internet zum Beispiel kann dazu verführen, ständig im Haus auf seinem Arsch rumzuhocken und alles über die Methode des reinen Durchklickens zu bekommen. Die Grundlage, als wir als Band aktiv wurden, war eben eine gänzlich andere. Du erwähntest zum Beispiel die Instrumente – in erster Linie war es schwierig für uns als Band Instrumente zu erwerben. All diese professionellen Markeninstrumente – sie waren einfach vollkommen außerhalb unseres erschwinglichen Bereichs, deshalb benutzten wir unser hausgemachtes, eigenproduziertes Equipment. Du musst bedenken: Insgesamt ist die Leidenschaft wie eine Batterie, sie gibt dir Energie, eine Energie, die dich leibhaftig dazu beflügelt jedem Hindernis die Stirn zu bieten und dich nicht aufhalten zu lassen. Deshalb benutzten wir einfach das, was wir hatten und spielten an jedem Ort, wo wir nur auftreten konnten. Alles in allem gehörten wir ja unter denjenigen, die damit anfingen das Extreme im polnischen Metal zu etablieren. Auf diesem Weg waren wir nicht allein, aber wir sind unglücklicherweise die Einzigen, welche die Zeit überlebt haben. Und es gibt darüber hinaus wirklich kaum noch Musiker, welche heute noch aus der alten Zeit stammen und bis in die Gegenwart hinein die polnische Metalszene berühren." Wehmütig wird der stets liebenswert dreinblickende Metalhead, wenn er durch meine Fragen an den ursprünglichen Spirit und die schrankenlose Hingabe aus der Vergangenheit gemahnt wird. "Weißt du, diese Tage waren einfach ausgefüllt von so viel Leidenschaft und Emotionen. Das ist etwas, was ich heute sehr vermisse. Vielleicht gerade weil der Metalfan heute alles hat, was er braucht, vielleicht ist das der Grund, warum die Leidenschaft nicht mehr so groß und gewaltig ist, wie sie während den Anfangstagen war, als der Metal noch laufen lernte. Das ist definitiv der größte Unterschied zwischen der Metalszene aus den 80ern und jener des neuen Millenniums." Ziemlich wahr gesprochen (und gewiss gibt der sich hier rein knieende Schreiberling auch sein bereitwilliges Ja, denn was will man als Musikliebhaber denn bitteschön mehr als wahre Leidenschaft?).

 

SOMETHING WILD – WILD IST DENNOCH NICHT GLEICH WILD

Es kursieren auch in gepflegten Kuttenkreisen unter zahlreichen Fans Diskussionen, wie man nicht den Bezug zur ersten Liebe verliert. Für meinen polnischen Gesprächspartner zeichnet sich die Entwicklung klar vor seinen Augen, hat er die Kultur doch schon seit mehr als 25 Jahren erfahren dürfen. "Der heutige Metal scheint wild zu sein und vielleicht sogar wilder als früher, aber die Musik klingt als habe sie an Herz und Seele verloren. Wenn du dir die heute aufspielenden Bands ansiehst, die meisten von ihnen schenken unglaublich viel Aufmerksamkeit dem technischen Aspekt (Instrumente, Tunings etc.), aber sie wissen nicht mehr um die Hauptsache, welche Emotionalität und die Musik an sich umfasst. Du musst verstehen, dass es für mich als Old-School-Typ sehr schwierig ist, etwas Interessantes für mich zu entdecken innerhalb des Angebots von neuen Bands und neueren Trends. Es herrscht dort einfach viel zu viel Illusionismus vor. Die Musik sollte sinnlicher sein, sich gefühlsmäßig aus deinem Innern seinen Weg nach draußen bahnen, als aus dem Verstand herauszukriechen. Der Verstand unterscheidet sich ganz erheblich vom Herzen. Man sollte die Musik machen, weil man auf sie steht und fühlt, wie sie einen beglückt und nicht etwa um populär zu sein oder dem Verlangen so groß wie METALLICA zu werden." Emotionalität heißt natürlich im Heavy Metal nicht nur hippiemäßig-pazifistisches "Make love, not war", sondern eben auch die nötige Portion positive Aggression. "Weißt du was? Du sprichst über eine sehr interessante Angelegenheit des Metals im Allgemeinen und einen großen Einfluss seines Werdegangs. Die Rebellion und der Zorn waren nämlich womöglich die größten Einflüsse überhaupt, um Extreme Metal zu machen. Und möglicherweise heute, wo alles im Leben für viele Menschen besser zu sein scheint (ganz besonders im westlichen Teil von Europa), fehlt genau das – zweifelsohne bis auf die aktuelle Wirtschaftskrise. Das ist vielleicht, warum Metal weniger wild ist verglichen mit den Jahren, in denen du um alles kämpfen musstest, was du hattest und dir fast alles erkämpfen musstest. Und das ist wiederum aller Wahrscheinlichkeit nach der Grund, warum Metal in Polen sich überwiegend dem extremen Weg verschrieben hat: Black-, Death- und Thrash Metal oder Grindcore. Der klassische und leichter zugängliche Schwermetall ist einfach nicht so populär in unserem Land. Die Ursache dafür liegt wohlweislich darin begründet, dass wir nach wie vor menschliche Probleme haben, über die wir unseren Frust auslassen. Die daraus entstehende Wut verfrachten wir dann in unsere Musik oder zwischen den Zeilen unserer Lyrics. Das ist vielleicht auch nur mein Eindruck, aber vielleicht ja doch nicht nur meiner, hahaha."

BUSINESS-ENGLISCH UND DAS DRUMHERUM

Nicht nur in der westlichen Welt sind kapitalistische Wünsche manifest, denn "der Business-Aspekt hat ebenso den Osten infiziert. Unglücklicherweise hat sich dieser Aspekt in zwei Welten aufgeteilt. Die eine Seite, welche im Business stark ist, profitiert von Gegebenem und viele unter ihnen spielen keinen Metal oder zumindest nicht mehr, aber auf der anderen Seite existiert immer noch eine Underground-Szene in Polen und – es klingt vielleicht verrückt, denn wir sind eine erfahrene Band, die schon lange mitmischen und nach wie vor ordentliche Erfolge feiern können, aber meine Empfindung ist immer noch, dass wir eine Undergroundband sind, gleichwenn unsere Existenz nun schon einige Zeit währt." Ost-West, Kommunismus-Kapitalismus. Diese dualen Gegenüberstellungen erscheinen uns fast schon wie überkommene Klischees. In der Schule im ehemalig sowjetischen Polen ging es auch ein bisschen anders her.

"Ja, wir haben Russisch gelernt. Tatsächlich habe ich an der Hochschule sogar Deutsch gelernt für vier Jahre. Ich beherrschte die Sprache sogar ziemlich gut, leider fehlte mir damals etwas mehr Praxis um wirklich in Schwung zu kommen. Mittlerweile habe ich unglücklicherweise schon zu viel vergessen, um sie anwenden zu können. Wirklich schade. Aber um zum Englischen zu kommen: Die Fertigkeit entstand aufgrund von Kommunikation. Als wir außerhalb von Polen mit verschiedenen Bands zu touren begannen und wir Englisch mit ihnen kommunizierten. Das ist der Hauptgrund für meine persönliche Weiterentwicklung diesbezüglich. Selbstverständlich reichen meine Fähigkeiten noch lange nicht dafür aus, all meinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, aber klar ist es für mich heute sehr viel einfacher mich mit jemandem zu unterhalten oder Interviews wie dieses hier zu führen im Vergleich zu den mittleren 90ern, in denen ich Zeile für Zeile mich verständlich machen musste - selbst wenn es dazu kam, "Danke und Tschüss" zu sagen, haha. Die Entwicklung basiert größtenteils auf Praxis. Es ist schlichtweg der natürliche Prozess das System der Kommunikation sich anzueignen, um sich seinen Mitmenschen mitzuteilen und die rechten Worte dafür zu finden, was man sagen möchte." Und warum gerade Englisch, Herr Wiwczarek? "Englisch ist wahrscheinlich schlichtweg die einfachste Sprache, die es zu erlernen gibt und gerade deshalb ist sie ja auch international geworden – besonders unter Musikern. Jedoch alles in allem mag ich – um ehrlich zu sein – Deutsch lieber. Ich wollte diese Sprache schon immer sehr viel besser kennen als andere und das ist auch der Grund, warum ich wieder angefangen habe, alte Dinge wieder aufzufrischen und mir das in Erinnerung zu rufen, was ich früher einmal gelernt habe. Ich habe zum Beispiel wieder angefangen deutsche Bücher zu lesen und mit meinem Computer-Simulator zu sprechen, bloß um nicht alles zu vergessen, was ich einmal erworben habe. Aber ich bedauere es wirklich jetzt nicht Deutsch reden zu können, aber ich tue es deshalb nicht, weil ich mich dumm fühlen würde, würde ich wichtige Vokabeln auf einmal mitten im Gespräch vergessen. Aber es wird der Tag kommen, an dem ich auf der Bühne stehen werde und mit den Fans in Deutschland in ihrer Muttersprache kommunizieren werde, hahaha!"

DIE TOTE WELT UND DAS PASSENDE ALBUM DAZU

Das neue Kampfgeschwader "Necropolis" wartet mit einem wahren Büffet für Old-School-Gesinnte auf. Klar, fragt man sich da, warum der Wagnerianische Weg von "Impressions In Blood" und "The Art Of War" verlassen wurde. "Ich war in jüngster Vergangenheit einmal offensichtlich mehr interessiert daran viel mehr Keyboards und Samples zu benutzen – wie eben auf "Impressions In Blood". Und das war auch gleichzeitig der Grund, die Richtung zu wechseln, unserer Musik einen anderen Anstrich zu verpassen und dieses Vorhaben mündete dann schließlich in "Necropolis". Ich wollte, dass das Album sich näher an unseren ersten Releases orientiert, Ziel war es nicht den Sound einfach zu kopieren (nicht im Geringsten), aber ich hatte eine Rekonstruktion des Feelings der alten Platten im Sinn, welches mehr Erinnerungen weckt an "De Produndis" und "The Ultimate Incantation"." Und wie steht's mit der Moral von der Geschicht'? "Ursprünglich trug das Album den Titel "The Book Of The Dead", denn ich tat dies, aufgrund des persönlichen Gefühls, eben um einen emotionalen Anschluss zu den Anfangstagen unserer Bandgeschichte zu finden. Aber 25 Jahre zurück zu gehen, war jetzt nicht der absolut heraus stechende Anlass so etwas in der Form zu machen. "Necropolis" ist demnach ein ebenso modernes Album wie sein Vorgänger, lediglich die Konstruktion der Songs unterscheidet sich erheblich von "Impressions In Blood" oder z.B. "Litany". Die neue Scheibe ist völlig anders verglichen mit den anderen. Und darin liegt die Ursache begründet, warum dieses Album so viel roher, solider und grundgediegener klingt, besonders für diejenigen, die uns mehr von den letzten Alben her kennen. Aber zusammengenommen trägt die Scheibe immer noch das Gesicht von VADER und im Wesentlichen verzichteten wir eigentlich auf den Einsatz von Keyboards und elektronischen Samples – zumindest sind diese lange nicht so stark vertreten wie auf dem letzten. Was nicht heißt, dass wir auf diese Ideen nicht während der nächsten Alben zurückgreifen werden, aber eben nicht für dieses. Es war gewissermaßen einstimmige Grundhaltung, dass "Necropolis" stabil gebaut und massiv werden muss, wie es unsere Musik zu Anfang war. Selbst Songs, die atmosphärische Momente implizieren wie 'The Seal' oder 'Summoning The Futura' – diese sind nicht typischerweise gemacht wie die Analog-Sounds der Gitarren und der Vocals. Es handelt sich bloß um einen leicht elektronischen Touch innerhalb des Songgefüges. Aber selbst dieser Touch bezieht sich eher auf die "Sothis"-EP aus dem Jahre ’94 denn auf "Impressions In Blood"." Verstehe. Und welche Gefühle, Zustände, Assoziationen und gedankliche Wegbeschreitungen soll der Titel denn nun evozieren? Das wollte ich als nächstes wissen. Peter besinnt sich. "Der Titel beinhaltet zwei Bedeutungen. Die erste ist sehr offensichtlich und sie dreht sich um tote Wesen, tote Zivilisationen, Teufel und Dämonen. Ich kann Wörter gesondert von ihrem Zusammenhang benutzen, um die Bedeutung zu erklären. Diese Sachverhalte sind im Übrigen auch wiederum den ersten Jahren unserer Existenz als Band gewidmet, denn obwohl wir den Sinngehalt eines VADER-Songs nicht geändert haben (ich spreche über die dunklen und verborgenen Seiten unserer Existenz), wir haben ihnen nur eine direktere Kraft verliehen durch die Nutzung von dämonischen Namen und solcherlei eben. Die andere Bedeutung im Gegenzug thematisiert den Vergleich der modernen Welt zur Nekropolis, zur Welt der Toten. Menschen in der modernen Welt verbinden sich fast nur noch mit dem Computer, um Kontakt aufzunehmen, benutzen das Internet und die ganze Technik, um in Beziehung zueinander zu treten, statt sich unvermittelt und von Angesicht zu Angesicht zu treffen. Beziehungen, die nicht anregend und belebend wirken. Das ist das, was ich als tot bezeichne: Menschen ohne Seele. Und verglichen mit der Welt, die ich einstmals kannte, in der ich mit anpackte die Metalwelt in Polen aufzubauen – mit Brüderlichkeit, mit Bedeutungen, mit Solidarität, mit Spaß an der Sache, diesen Spaß gemeinsamer Erlebnisse, Emotionen und echter zwischenmenschlicher Unterhaltung, ist die moderne Welt ein schlechter Scherz. Dies sind meine Eindrücke und Gefühle, welche ich zwischen die Zeilen gelegt habe. Und für mich persönlich bedeutet diese Nekropolis, welche ebenso der Titel unseres ersten in der Bandgeschichte geschriebenen Songs ist, mehr der private Schritt zurück zu diesen Tagen, die ich sehr vermisse. Ich vermisse einfach die Bedeutungen und die Brüderlichkeit unter den Leuten."

H.P. LOVECRAFT UND VERSCHLEIERTE EVOKATIONEN

'Summoning The Futura' – das einzige Zwischenstück auf der Platte ersucht dämonische Kräfte zum Vorschein zu bringen. "Die Beschwörung stammt tatsächlich aus dem Buch der Toten, dem Necronomicon, welches bekannterweise durch H.P. Lovecraft zu größerer Berühmtheit gelangte. Er war es auch, der die sumerische Magie und den Mythos hinter ihnen kreierte über die Folie seiner Geschichten. Aber natürlich ist H.P. Lovecraft weitaus mehr als nur ein gewöhnlicher Schriftsteller. Seine epischen Geschichten sind gewiss ebenso mehr als bloß normale Geschichten für Menschen wie mir, die jenen speziellen Geist und etwas, das die verborgenen menschlichen Ängste dermaßen enthüllt, welche unter der Oberfläche eines jeden schlummern, gefunden haben. Das ist etwas, was ich schon immer mochte und Lovecraft erfreut sich bei mir nach wie vor allergrößter Beliebtheit. Ich liebe seine Werke. Ich liebe dieses Geschick, liebe diese "Kraft", haha. Er ist auch jetzt noch ein Einfluss für mich. Für einige Jahre habe ich mein Augenmerk möglicherweise mehr auf den Aspekt des weltlichen Lebens und die darin lebenden Menschen gewidmet, aber nunmehr besinne ich mich wieder mehr auf jene spirituelle Bedeutungen innerhalb diesem. Tatsächlich ist es nach wie vor dasselbe, denn jeder zu ergatternde Einfluss ist zwischen und um uns herum in dieser Wirklichkeit. Es ist mehr, dass ich die Perspektive ändere und verstärkt mich der spirituellen Sicht zuwende, um eben auch einfach über diesen bestimmten Part unseres Lebens zu schreiben."

POLNISCHE METAL-FORMEL-1

VADER und BEHEMOTH. Das sind mithin die größten und schmackhaftesten tödlichen Exportgüter aus Osteuropa. Konkurrenz findet Peter in der metallischen Industrie- und Handelskammer jedoch lächerlich. "VADER fühlt sich in keiner Weise dazu genötigt, etwas wie einen Konkurrenzkampf oder Rivalitäten zu pflegen, zu so etwas überhaupt dazuzugehören. Wir sind mehr darauf aus mit den Bands zu kooperieren und gemeinsame Dinger durchzuziehen, als einen Wettbewerb anzuzetteln. In Polen ist es ziemlich üblich Konkurrenzkämpfe vom Zaun zu brechen, aber das ist mehr eine Sache zwischen den Fans von BEHEMOTH und VADER. Es berührt natürlich die Frage, was ich machen soll. Meistens lache ich darüber, über das, was ich für Geschichten und Beleidigungen in Internetforen lese, der ganze Bullshit in den polnischen Medien eben. Ehrlich gesagt, habe ich diese Art von Einstellung noch nie wirklich begriffen, warum polnische Fans so etwas machen. Ich versuche einfach jene zu ignorieren, die bloß Streit und Stress wollen und sich aktiv engagieren Probleme zu machen und besonders der Schlag Mensch, der jeden hasst, der irgendeinen Erfolg in seinem Leben verbucht. Aus genau diesem Grund bemühe ich mich meine Aufmerksamkeit denen zuzuwenden, die VADER unterstützen wollen, die Shows besuchen, Spaß haben und Lebensfreude genießen wollen und einfach alles von der Musik haben wollen und von dem, was wir ihnen geben. Aber um auf den BEHEMOTH-Vergleich mit VADER zurückzukommen: Beide Bands verfolgen klar ihre eigene Linie. Und definitiv sind wir miteinander verwandt, denn Nergal von BEHEMOTH und ich haben beide hart für das gearbeitet, was wir unser Eigen nennen können. Der Stand der Dinge wurde uns nicht wie eine Gabe in die Wiege gelegt. Es ist etwas, wofür wir kämpfen mussten." Absolute Hingabe also. "Und wie sollte es auch anders funktionieren, wie, wenn man sich nicht der Sache vollkommen verschreibt?"

DER POLNISCHE CLIFF-BURTON UND SEINE MÄRTYERFUNKTION

Besonders gespannt war ich darauf, wie das Death-Metal-Urgestein den Cliff Burton/Vitek Kiełtyka-Vergleich von mir (Drummer von DECAPITATED, der Dezember 2007 bei einem Busunglück sein Leben verlor) annehmen würde. Ob er Solidarität empfinde, bekundet er lautstark: "O ja! Ja! Unglücklicherweise war dies die einzige Zeit, in der die polnische Metalszene – ja sogar mehr, die komplette Rockszene – begann etwas gemeinsam auf die Beine zu stellen, Shows zu spielen, um das nötige Geld zu erwirtschaften, damit der Sänger von DECAPITATED (welcher den Unfall ungleich seines drummenden Kollegen mit Glück überlebte – Anm. d. Verf.) wieder genesen und zu Kräften kommen konnte, um weiter auf die Bühne zu steigen und zu singen. Vitek ist nicht in der Hölle, weil er während des Unfalls in Russland starb; ein jedes Mal, wenn eine Tragödie über die Menschen einbricht, ist das ein Grund der Solidarität. Die Metalheads in Polen vereinigten sich wegen seines Todes und versuchten bloß irgendwie zu helfen. Ich wünsche in Bezug darauf, einen Tag in der Zukunft zu erleben, von dem an gegenseitige Unterstützung und Vereinigung ohne solch ein Unheil vonstatten geht, nur aus dem Grund heraus, weil wir alle das Selbe tun."

 

Redakteur:
Markus Sievers

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