VAN CANTO: Interview mit Stef

30.05.2021 | 22:51

Anlässlich der bevorstehenden Veröffentlichung des achten Studioalbums "To The Power Of Eight" habe ich mit Stef ein Interview führen können und ihm dabei ein paar Fragen über das neue Album gestellt. Außerdem wollte ich noch so dies und das wissen, worüber er mir auch sehr bereitwillig Auskunft gab.

Hi Stef, ich freue mich sehr, dass ich dieses Interview mit dir machen kann. Ich hoffe, ihr habt diese bescheuerte Zeit zumindest gesundheitlich gut überstanden, da muss man ja schon froh sein. Und produktiv wart ihr auch, das ist sehr erfreulich und noch viel erfreulicher ist es, dass da jetzt wieder einer mehr mitsingt. Ihr klingt auf jeden Fall jetzt noch stärker!

Hi Hanne, danke schön, ich freue mich auch. Gesundheitlich haben wir die Zeit bis hierhin gut überstanden und ja immerhin produktiv genutzt, wenn auch "nur" im Studio.

Vor fast genau zehn Jahren hatte ich schon einmal das Vergnügen. Und weil das ja schon so lange her ist, dachte ich mir, ich fange mal mit ein paar ganz einfachen Fragen an.

Aaalso: Wann habt ihr angefangen a capella zu singen, wie seid ihr überhaupt darauf gekommen, was bedeutet der Bandname und wie war das mit eurer ersten Platte?? Okay, okay, das war natürlich ein Scherz... vielleicht erinnerst du dich, ich wollte damals wissen, welche Fragen ihr in einem Interview am nervigsten findet – diese gehörten dazu.

Ich erinnere mich. Man muss aber ehrlich sagen, dass diese "nervigen" Fragen viel weniger geworden sind. Auch bei der ganzen Online-Zine Geschichte ist ja einfach eine große Menge an Kanälen vorhanden, die ganzen privaten Blogger usw., da haben die jeweiligen Interviewer wohl irgendwann gemerkt, dass man mit interessanten Fragen weiterkommt, haha.

Gut, dann jetzt zu den ernsthaften Fragen. Kannst du mir einfach kurz ein bisschen was über "To The Power Of Eight" erzählen?

Na klar. "To The Power Of Eight" ist unser achtes Album, dieses Mal mit acht Sängern/Musikern, acht Eigenkompositionen und vier Covern. Wenn ein Album gerade fertig produziert ist, fühlt es sich ja immer "besonders" an für den Künstler, ich denke langfristig wird vor allem die Kombination von drei Leadsängern das Besondere sein, was mit diesem Album in Verbindung gebracht wird.

Insbesondere vielleicht auch über das Coverbild? Das erschließt sich mir ehrlich gesagt nicht so ganz. Und nein, bitte keine Witze über das Schiff aus dem Suezkanal, haha.

Es gab ein paar Ideen im Vorfeld, z.B. wollten wir die Welt von "Trust In Rust" weiterführen und ergänzen. So kamen wir neben Rost auf Grünspan, damit in eine Industrie-/Hafenwelt. Dann kamen wir auf die Acht als Knoten, dann auf ein Seil und dann auf Power, und wir dachten, wir ziehen einfach mal was Mächtiges in einen Hafen. Dann haben wir ein paar Modelle ausprobiert und Inga sah einfach am Besten aus. So ist das Cover entstanden, was der Betrachter allerdings darin sieht, wollen wir natürlich nicht vorgeben.

Durch einen Sänger mehr konntet ihr ja sicher auch das Gesangsspektrum erweitern. Musstet ihr da viel ändern, nachdem beschlossen war, dass Sly auf der ganzen Platte dabei sein würde?

Nein, es war relativ früh klar (nach dem Summer Breeze), dass er dabei sein würde für ein oder zwei Songs. Und mit diesen Songs kam dann der gemeinsame Wunsch, dass es mehr Songs werden. Von daher war die Geschichte mit den drei Leadsängern im ganzen Songwriting-Prozess präsent. Es gibt ja einige Songs, wo der Gesang wirklich zwischen allen Leadsängern hin- und hergeht, wie 'Falling Down', 'Dead By The Night', 'From The End', 'Turn Back Time', und dann einige, bei denen wir einen Leadsänger als Hauptsänger in den Vordergrund stellen, der dann von den anderen eher begleitet oder umspielt wird, wie z.B. 'Faith Focus Finish', 'Hardrock Padlock' oder 'Heads Up High'.

Auch wenn ich Corona eigentlich nicht mehr erwähnen wollte: Wie habt ihr das bei den Aufnahmen für "The Power Of Eight" denn jetzt gemacht? Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass man solche komplexen Aufnahmen sozusagen immer NUR von dem jeweiligen Homeoffice-Studio aus machen kann. Das stelle ich mir total schwierig vor. Mal ganz abgesehen davon, dass da auch der Spaß an der gemeinsamen Arbeit ein bisschen zu kurz kommt, überhaupt das Gemeinsamkeitsgefühl.

Also erstmal hatten wir großes Glück, dass bei den Drum-Aufnahmen im Kohlekellerstudio, Anfang September 2020, Corona gerade eine kleine Pause genommen hat. Und danach fanden alle Gesangsaufnahmen wie immer in meinem eigenen Studio statt, das war kein großer Unterschied. Es war die ganze Zeit ja immer eine haushaltsfremde Person als Gast erlaubt, und bis auf die Chöre hatten wir bisher bei allen Produktionen nacheinander und unabhängig voneinander aufgenommen. Unterschiede waren vor allem bei Ross (der aufgrund von Ausgangsbeschränkungen nicht aus Wien rauskam) und Jan (der relativ spät im Aufnahmeprozess dran ist, als Corona gerade wieder recht wild tobte) zu machen, die beiden haben dann "Remote" aufgenommen. Eigentlich ist die heutige Technik da so weit, dass es - zumindest bei Gesang - keinen Riesenunterschied mehr macht. Teilweise habe ich das sogar vergessen, einmal hab ich mir einen Kaffee geholt und hab tatsächlich Ross gefragt, ob er auch einen möchte, haha. So nah hat sich das angefühlt, obwohl 800 Kilometer zwischen uns waren. Und so kam auch der Spaß nicht zu kurz.

Wie lange dauert es normalerweise eigentlich, bis so eine Produktion "im Kasten" ist? Ihr habt ja bisher im Schnitt aller zwei Jahre ein Album herausgebracht.

Na dann würde ich sagen, so ungefähr zwei Jahre, haha. Nein, im Ernst, ich denke von der ersten Komposition bis zur Abgabe des Albums ca. ein Jahr, bis es dann veröffentlicht wird nochmal drei Monate.

Ihr habt natürlich immer wieder Ideen für neue Songs. Habt ihr aber manchmal auch noch Songs "in der Schublade", die es nicht auf die jeweils aktuelle CD geschafft haben und die ihr quasi reaktivieren könnt? Oder textet und komponiert ihr jedesmal neu, nur speziell auf die neue Platte ausgerichtet?

Das meiste wird neu geschrieben. Aber z.B. 'Turn Back Time' ist eine Komposition, die Basti und ich schon für unsere erste gemeinsame Band JESTER'S FUNERAL geschrieben haben, ich nehme an so ca. 1998. Die hat also schon 23 Jahre auf dem Buckel, bevor sie für VAN CANTO ausgearbeitet wurde. Da der Text vom Fortschritt der Zeit handelt, und darum, dass man die Zeit eben NICHT zurückdrehen, sondern sie lieber als Chance auf Weiterentwicklung nutzen sollte, musste man zum Aufnehmen offensichtlich erstmal ein bisschen älter werden, haha.

Wie ist überhaupt die aktuelle Verteilung beim Texte schreiben und beim Komponieren?

Bei der aktuellen Platte habe ich wieder alle eigenen Songs geschrieben, die Ballade zusammen mit Basti, und das Intro zusammen mit Ross, Dennis und Ike.

Zuerst hatte ich ja gedacht, dass ich ganz schnell einen Lieblingssong finden würde, dem ist aber nicht so. Da gibt es natürlich die wunderschöne Ballade 'Turn Back Time', aber das flotte 'Hardlock Padlock' ebenso wie 'From The End' gefallen natürlich auch. Naja, der Titelsong auch...

Das ist in Ordnung, haha. Nein, ehrlich, wir wollten ja auch ein Spektrum bieten, und gerade die Songs, die du aufzählst, reichen ja von Ballade über Hardrock bis zu speedigem Power Metal, das ist doch schön, dass für alle was dabei ist.

Welcher Song ist denn dein Favorit? Und kennst du zufällig auch die Meinung der anderen sieben Mitstreiter?

Ich glaube, das wechselt bei allen. Es gibt nicht diesen einen Lieblingssong, man muss schon all seine Kinder lieb haben, haha. Und das fällt bei diesem Album ja auch nicht schwer. Mein momentaner Lieblingssong (also heute, während dieses Interviews) ist 'Faith Focus Finish', aber frag mich an elf anderen Tagen, und du bekommst elf andere Antworten. Oder sogar zwölf, haha.

Auch diesmal sind ja wieder vier Coversongs dabei. Ich muss sagen, die haben mich in ihrer Intensität ganz schön überrascht. Das Video zu 'Raise Your Horns' ist wirklich toll geworden und Hagen lebt ja praktisch den Song, irgendwie sieht man ihm an, dass das genau sein Ding ist...

Hagen ist ein unfassbarer Sänger, das muss man einfach mal so sagen. Bei "Trust In Rust" "musste" er vornehmlich im normalen VAN CANTO-Register singen, was er auch gerne macht, aber eben nicht nur. Nach vier Jahren zusammen, einer Europatour, einem Abstecher in die USA und ein paar großen Festivals kennen wir uns eben noch besser. Und für das neue Album konnten wir dann seine Stimmextreme von ganz tief (AMON AMARTH) über volle Power ('Dead By The Night') über hoch ('Heads Up High') bis ganz hoch ('Thunderstruck') voll ausnutzen. Dazu dann noch die sanfte Seite bei der Ballade UND außerdem noch Sly und Inga – für mich als Komponist und Produzent war das eine Traumproduktion.

Können wir uns vielleicht auf weitere Videos freuen?

'Faith Focus Finish' kommt in der Woche des Albumreleases.

Obwohl ich AC/DC absolut nicht ausstehen kann - sorry an alle Fans, bitte jetzt keinen Shitstorm, haha - ist euch gerade 'Thunderstruck' aber mal so richtig gut gelungen. Wobei 'Raise Your Horns' von AMON AMARTH und 'Run To The Hills' von IRON MAIDEN auch ziemlich gut rüberkommen. Als QUEEN-Fan habe ich mich natürlich total über 'I Want It All' gefreut. Gerne mehr von QUEEN... Was mich zu der Frage bringt, nach welchen Kriterien ihr denn diese Coversongs gesucht habt, beziehungsweise generell aussucht?

Also erstmal muss uns der Song, den wir covern, gefallen. Sonst bringt man ihn nicht rüber. Und dann müssen die Cover halt auch irgendwie in Kombination auf einem Album Sinn machen, d.h. für verschiedene Sänger geeignet sein, zu den eigenen Songs passen usw. Und dann gibt es grundsätzlich zwei Herangehensweisen. Einmal eher das "Reproduzieren", also wo wir zeigen wollen, dass wir a cappella auch sowas wie 'Master Of Puppets' oder aktuell 'Thunderstruck' und 'Raise Your Horns' hinbekommen. Und dann Cover wie 'Fear Of The Dark', 'Master Of The Wind' oder aktuell 'Run To The Hills', wo wir eher probieren, die Stimmung des Originals in "unsere Welt" zu transportieren.

Was ist denn schwieriger? Einen Song zu covern oder eigene Songs zu singen? Euer Cover-Spektrum ist ja schon ganz schön breit aufgestellt.

Hm. Eigentlich empfinde ich nichts von dem, was wir machen, als "schwierig". Wir machen es ja gerne, haha. Und wenn ein Song wirklich nicht singbar ist, dann singen wir ihn auch nicht. Das, was man dann auf Alben hört, ist ja eben so arrangiert, dass es für uns passt. Viele finden Coversongs wahrscheinlich eher unnötig, man kann sich ja schließlich das Original anhören.

Zeigt das Covern aber nicht eher, dass man bestimmte Bands mag und ihnen damit einen gewissen Tribut zollt?

Absolut. Ich glaube nicht, dass man die Songs von Bands der Größe wie IRON MAIDEN oder METALLICA usw. irgendwie besser machen kann. Wir wollen mit unseren Covern vor allem huldigen und sozusagen "angeben", dass wir das singen können, haha. Für jemanden, der sich auf einen neuen Höreindruck einstellen muss, weil wir eben keine Gitarren haben, sondern alles singen, ist es vielleicht einfacher, das bei einem Song zu tun, den er schon kennt.

Und ich glaube, dass es die "Originale" sicher auch mit einem gewissen Stolz erfüllt, oder zumindest erfüllen sollte. Habt ihr da schon mal Rückmeldungen bekommen?

Also ich möchte jetzt nicht für andere Musiker reden, ob sie da "Stolz" empfinden, aber zumindest hatten wir ja schon das Glück mit vielen der von uns gecoverten Musikern zu touren, aufzutreten, bei Chören mitzusingen oder sogar (wie bei TARJA, SABATON und GRAVE DIGGER) gemeinsam in Songs stattzufinden. Das zeigt zumindest ja, dass sie es mögen. Ansonsten fragst du die Musiker besser selbst, haha. Für uns war auf jeden Fall von Anfang an interessant zu beobachten, dass die Rückmeldungen auf VAN CANTO aus Musikerkreisen viel eindeutiger positiv waren, als z.B. von Journalisten. Wenn man böse ist, könnte man sagen: "Je mehr jemand selbst von Musikmachen was versteht, desto besser findet er uns".

Habt ihr auch schon einmal Anfragen von Bands bekommen, ob ihr nicht Lust hättet, einen bestimmten Song zu covern?

Hm, nicht dass ich mich erinnern würde. Wir suchen die einfach selbst aus.

Vor allen Dingen finde ich es spannend zu hören, wie eine Band einen gewissen eigenen Stil beim Covern einbringt. Worauf achtet ihr da besonders?

Das "Gute" bei unserem Stil ist ja, dass wir durch unseren Sound recht schnell erkennbar sind. Dadurch können wir eben auf einem Album auch AMON AMARTH und AC/DC covern, und trotzdem hörst du, dass es VAN CANTO ist. Von daher ist uns wie gesagt am wichtigsten, dass wir mit dem Song selbst was anfangen können und ihn auch mit voller Hingabe einsingen können. Nur 80% Hingabe würde man wahrscheinlich direkt bemerken.

Welche Musik/Musikrichtung würdet ihr nie covern, oder gibt es da nicht wirklich Grenzen, seht ihr andere Genres eher grundsätzlich als Herausforderung?

Naja, wir sind ja schon recht breit aufgestellt im Hardrock/Metal. Ich bin eh nicht so der Freund von so ganz klaren Schubladen, ich hab in meinem CD-Regal alles von True- und Power Metal, Thrash, Hardrock, Prog, Death Metal usw. Persönlich hab ich nie so den ganz engen Draht zu Black Metal, deutschem Mittelalter und Gothic-Sachen bekommen, aber auch da hab ich ein paar Alben, die ich richtig gerne mag und oft höre. Und Pop-Sachen sowieso, vor allem ROXETTE, haha. 'Holding Out For A Hero' z.B. hat im VAN CANTO-Gewand meiner Meinung nach auch hervorragend funktioniert, ich würde da keine Sachen im Vorhinein beschränken wollen. Es muss uns eben gefallen.

Inzwischen seid ihr ja schon gut 15 Jahre im Geschäft. Ich erinnere mich noch daran, dass es am Anfang nicht ganz leicht war und ihr viel Kritik einstecken musstet, von wegen "das ist ja kein richtiger Metal". Hat sich das inzwischen eigentlich gelegt?

Nein, nicht wirklich, es hat sich nur etwas verlagert ins "anonyme Internet". Wie gesagt, von professioneller Seite hatten wir schon immer sehr wohlwollende und positive Zustimmung, von unseren Fans ja logischerweise sowieso, und auch "die Presse" kann ja inzwischen schlecht sagen, dass wir nur ein "Gag für ein Album sind", das haben wir ja mit jetzt acht Alben wohl mit Fakten widerlegt, haha. Ich glaube insgesamt, dass es uns viel mehr geholfen als geschadet hat, dass uns nicht jeder toll findet, und ganz ehrlich, wenn man Metal ohne Gitarren macht und die ganze Zeit "Randandan" singt, ist es auch völlig in Ordnung, wenn das wer nicht mag, haha.

Hat euch schon jemals jemand nach einem Konzert gesagt, dass er euch nicht gut findet, also so direkt von Angesicht zu Angesicht, nicht versteckt hinter irgendwelchen anonymen Kommentaren?

In 15 Jahren hatten bisher genau vier Menschen die Eier dazu, haha. Dem entgegen ungefähr 2.567.345 anonyme Internetkommentare. Wir können das also einordnen. Und ehrlicherweise liegt die Wahrheit für mich auch immer ein bisschen auf der Bühne. Wenn du um 13 Uhr auf einem Festival spielst und dir danach alle sagen: "So voll wie bei euch war es dann erst wieder um 20 Uhr", dann ist das ja auch was. Ich kann natürlich nicht sagen, ob die alle da stehen, weil sie es total kacke finden, aber da gehe ich mal nicht von aus, haha.

Gerade heutzutage kann man ja jeden fast beliebig über die öffentlichen Medien anfeinden, beispielsweise bei Facebook oder Twitter. Bekommt ihr das auch zu spüren? Und wenn ja, wie geht ihr damit um?

Ja, es ist auch deutlich krasser geworden in den letzten fünf Jahren. Vor allem die Kommentare auf persönlicher Ebene, also nicht "die Musik ist Scheiße", sondern "du bist scheiße, weil du solche Musik machst". Auf der anderen Seite hat sich in jüngster Zeit meiner Meinung nach eine Entwicklung gezeigt, dass reine Hasskommentare dann wirklich auch von anderen "anonymen" Kommentatoren kritisiert, eingeordnet oder als pure "Hate speech" gemeldet werden. Von daher ist das wahrscheinlich einfach eine Entwicklung und man muss damit umgehen lernen. Ich persönlich lese einfach nicht alles, und wenn ich was Negatives lese, denke ich kurz daran, wie gut es mir geht und dass wir mit VAN CANTO all unsere Teenagerträume erfüllen oder gar übertreffen konnten, und dann ist ein fieser Kommentar auch schnell wieder vergessen.

Andererseits ist Youtube auch ein praktisch nie versiegender Quell an Informationen. Oft kann man ganze Konzerte nochmal anschauen, teilweise von Veranstaltern ins Netz gestellt, teilweise von Fans. Stört euch das?

Also mich stört es überhaupt nicht, dass es das von uns gibt, aber ich selbst schaue mir das nicht so gerne an. Auch von anderen Bands nicht. Es gibt tolle Live-Produktionen von Bands, die ich noch nie sehen konnte, aber von Bands, die aller zwei Jahre auf Tour gehen, schaue ich mir dann doch lieber ein Konzert in echt an.

Witzig fand ich auch die Livestreams von den letzten SABATON-Konzerten. Das hatte den Vorteil, dass ich hinterher auch mal hören konnte, was genau Joakim eigentlich auf der Bühne so von sich gegeben hat. Ich will es mal so ausdrücken: Die Festhalle in Frankfurt ist soundtechnisch eher nicht so prickelnd. Könntet ihr euch sowas auch vorstellen, oder ist der Aufwand dafür zu groß?

Ich kann mir das nicht so gut vorstellen. Nicht wegen des Aufwands, sondern einfach weil ich überzeugt bin, dass der "Wow"-Effekt eines VAN CANTO-Konzerts auch in der Lautstärke liegt. Wenn man uns live sieht, und so ein bisschen "badabam"-Gesinge erwartet, aber dann sind wir eben genau so (oder ähnlich) laut und powervoll wie Bands mit 20 Gitarrenboxen, dann macht das schon was mit dem Zuschauer. In Wohnzimmerlautstärke vergleicht man das dann eher mit dem perfekten Albumsound, und den erreicht ja so gut wie keine Band, es sei denn es kommt halt alles vom Band. Deswegen ist VAN CANTO für zuhause am besten auf dem Album zu hören, VAN CANTO für's Auge am besten bei unseren Musikvideos und VAN CANTO live am besten live.

Es muss ja nicht unbedingt ein Livestream sein, aber ein Konzert online stellen, hat ja vielleicht auch Vorteile. Mit der heutigen Technik ist das auch durchaus akzeptabel, eine Live-DVD bedeutet doch sicher mehr Aufwand. Ich mag mich irren, aber eine Live-DVD gibt es doch von euch nicht, außer von Wacken 2008 und 2011, die bei einigen Digipacks als Bonus dabei waren?

Und Wacken 2014. Genau, Bonus-DVDs sind nochmal was anderes, das ist dann eben ein Bonus. Ich denke, es gibt genug Material von uns, bei dem man eine Idee davon bekommt, wie es bei einem VAN CANTO-Konzert abgeht, und dann hoffen wir eher auf die Leute, die in echt vorbei kommen.

Ich habe mir noch einmal Bilder vom dem einen oder anderen Gig angesehen, beispielsweise von der tollen Veranstaltung auf der Loreley, dem Magic Circle Festival. Das war übrigens meine erste "große" Open-Air-Veranstaltung, bei der ich für Powermetal.de dabei war. Davor hatte ich euch allerdings schon in Frankfurt und Trier gesehen. Oder die fürchterlich schweißtreibenden Abende in der alten und neuen Batschkapp. Das letzte Mal hatte ich das Vergnügen 2018, da wart ihr gemeinsam mit EVERTALE und MOON SUN dort. Gibt es eine Veranstaltung, die dir besonders gut in Erinnerung geblieben ist und gibt es auch eine, an die du nicht so gerne zurückdenkst?

Es gibt keine, an die ich speziell negative Erinnerungen habe. Manchmal hat vielleicht was Technisches nicht funktioniert, oder das Publikum war jetzt nicht so euphorisch wie bei anderen Konzerten, aber diese Erlebnisse vergisst man dann halt einfach schneller. Ich fand die letzten Russland-Gigs 2018 sehr beeindruckend, Wacken 2014 auf jeden Fall und ganz viele Gigs, bei denen es einfach unfair wäre, Rangfolgen herzustellen. Wir haben mehr als 300 Gigs gespielt, und immer tolle Menschen getroffen, was für ein Glück ist das?

Noch eine ganz spezielle Frage: Was macht denn HEAVATAR so? Können wir uns da vielleicht auch auf eine Fortsetzung freuen?

Das weiß ich noch nicht. Laut bisheriger "Langsamkeit" müsste das dritte Album 2023 kommen, ich hab also noch Zeit, haha.

Momentan wird ja alles immer nur verschoben, was einer Planung nun nicht wirklich förderlich ist. Wenn es denn endlich mal wieder losgeht, gibt es da vielleicht schon konkrete Pläne? Ich glaube, die Frage zu stellen, wie sehr ihr die Bühne vermisst, erübrigt sich. Wir vermissen euch – und damit meine ich alle Kulturschaffenden! - und all die tollen Livekonzerte auf jeden Fall sehr!

Kurze Antwort: nein. Es gibt keine konkreten Pläne, und ich denke man tut gut daran, nicht soviel zu planen, dann muss man alles wieder umplanen. Wir schauen mal, wann die Festivals wieder losgehen und sehen dann weiter. Die ganze Welt vermisst das, und muss es vielleicht auch erst wieder "lernen", unbeschwert zu feiern und zu Konzerten zu gehen, bei denen der Schweiß von der Decke tropft, haha.

Vielen Dank, dass du meine Fragen beantwortet hast! Ich wünsche euch und euren Familien und Freunden alles Gute, passt auf euch auf und ich hoffe, dass wir uns ganz bald wiedersehen.

Sehr gerne, danke für das schöne Interview, dir auch alles Gute und viele Grüße.

Redakteur:
Hannelore Hämmer

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